04.06.2025
Abmahnung wegen Schutzrechtsverletzung erhalten – was ist zu tun?

Abmahnungen sind für Inhaber von gewerblichen Schutzrechten (Marken, Designs, Patenten, Gebrauchsmustern) in aller Regel das Mittel der Wahl, um die ihnen im Verletzungsfall zustehenden Ansprüche auf Unterlassung der Verletzungshandlung und Schadensersatz durchzusetzen. Obwohl Abmahnungen den Ruf eines Schreckgespenstes haben, sind sie letzten Endes noch ein relativ mildes Mittel, um Schutzrechtsverletzungen zu beenden.
Abmahnungen stellen für alle Beteiligten eine Möglichkeit dar, den Schutzrechtskonflikt außergerichtlich abschließend zu lösen, bevor es zu deutlich kostspieligeren gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt. Wenn man eine Abmahnung wegen einer Schutzrechtsverletzung erhält, ist diese daher ernst zu nehmen, allerdings kein Grund in Panik zu verfallen.
Da Abmahnungen, insbesondere aufgrund der Verletzung von Markenrechten, keine Seltenheit sind, den Abgemahnten aber oft aus heiterem Himmel treffen, wird nachfolgend skizziert, wie man sich im Ernstfall nach Erhalt einer Abmahnung verhalten sollte und welche Handlungsoptionen zur Verfügung stehen.
- Was ist der Inhalt von Abmahnungen?
Abmahnungen wegen Marken-, Patent-, Design- oder Gebrauchsmusterverletzungen enthalten üblicherweise zunächst einen Hinweis auf das geltend gemachte Schutzrecht, eine Darlegung der unterstellten Verletzungshandlung sowie Forderungen auf Unterlassung, Schadensersatz und Übernahme der Abmahnkosten. Im Hinblick auf die Unterlassungsforderung ist zudem meistens eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt. Darüber hinaus wird in Abmahnungen eine kurze Frist für eine Rückäußerung zur vorgeworfenen Schutzrechtsverletzung gesetzt und mit weiteren rechtlichen Konsequenzen gedroht, sofern keine fristwahrende Rückmeldung erfolgt.
Sowohl der Verletzungsvorwurf als auch die umfassenden Forderungen und die kurze Rückäußerungsfrist lassen den Abgemahnten oft ratlos zurück. Die häufigsten, mit dem Erhalt von Abmahnungen einhergehenden Fragen werden daher nachfolgend beantwortet.
- Sind die kurzen Rückäußerungsfristen rechtens?
Kurze Fristen in Abmahnverfahren sind nicht nur üblich, sondern explizit vorgesehen. Denn Verletzungen von gewerblichen Schutzrechten können unter Umständen dem einstweiligen Rechtsschutz ("Eilrechtschutz") zugänglich sein. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn das Interesse bzw. Rechtschutzbedürfnis des Schutzrechtsinhabers an einer sehr schnellen Beendigung der Verletzungshandlung besonders hoch ist, beispielsweise wenn rechtsverletzende Handlungen auf einer anstehenden Messe zu erwarten sind. Um die Dringlichkeit der Beendigung der Verletzung zu unterstreichen, ist das Setzen kurzer Fristen erforderlich. Die kurzen Fristen sind daher keine Schikane des Abmahnenden, sondern sichern erforderlichenfalls den Zugang zum einstweiligen Rechtsschutz. Rückäußerungsfristen von nur fünf bis zehn Tagen sind daher in der Regel zulässig.
- Erste Schritte nach Erhalt einer Abmahnung
Nach Erhalt einer Abmahnung gilt es, Ruhe zu bewahren und die vorgeworfene Rechtsverletzung sowie die geltend gemachten Ansprüche zunächst zeitnah gründlich durch einen Patentanwalt oder einen auf den gewerblichen Rechtsschutz spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Oftmals sind Abmahnungen gerechtfertigt, aber nicht immer. Eine anwaltliche Prüfung ist daher unbedingt anzuraten. Der Anwalt wird nicht nur prüfen, ob überhaupt eine Verletzungshandlung vorliegt, sondern auch, ob die geltend gemachten älteren Rechte eventuell angreifbar und damit nicht durchsetzbar sein könnten. Darüber hinaus ist die Abmahnungen meist beigefügte, vorformulierte Unterlassungserklärung oftmals zu weit gefasst. Auch hier helfen eine anwaltliche Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Formulierung.
- Wie geht es weiter?
Nach Prüfung der Abmahnung wird der Anwalt eine Einschätzung der Rechtslage mitteilen, zum weiteren Vorgehen beraten und sich um eine fristwahrende Rückäußerung kümmern. Im Falle einer eindeutigen Rechtsverletzung werden die zur Beendigung der Auseinandersetzung erforderlichen Schritte, welche unter anderem die Abgabe der Unterlassungserklärung umfassen, begleitet. Gegebenenfalls werden die in der Abmahnung geltend gemachten Schadensersatzansprüche auf Angemessenheit überprüft. Für den Fall, dass eine Abmahnung nicht gerechtfertigt war, ist eine anwaltliche Stellungnahme an die Gegenseite angezeigt, mit welcher die Abmahnung zurückgewiesen wird. Dabei stehen auch verschiedene Gegenmaßnahmen zur Anspruchsabwehr zur Verfügung, wie der Angriff des Rechtsbestands des geltend gemachten Schutzrechts oder die Aussprache einer Gegenabmahnung wegen ungerechtfertigter Abmahnung ausgesprochen. Während bei berechtigten Abmahnungen die Marschrichtung weitgehend klar ist und der Verhandlungsspielraum begrenzt ist, ist bei ungerechtfertigten Abmahnungen oder bei nicht eindeutiger Rechtslage die Bandbreite an Möglichkeiten zum weiteren Vorgehen größer. Die Abwehr einer Abmahnung sollte daher auf keinen Fall auf eigene Faust erfolgen, sondern immer anwaltlich begleitet werden.
- Kann Abmahnungen oder Schutzrechtsverletzungen vorbeugt werden?
Ja, durch die Durchführung von Recherchen nach gewerblichen Schutzrechten Dritter kann das Risiko, Marken, Patente oder Designs ungewollt zu verletzen, signifikant reduziert werden. Dies gilt vor allem im Hinblick auf Markenverletzungen, aber letzten Endes auch für Patent- und Designverletzungen. Markenverletzungen stellen jedoch den mit Abstand häufigsten Abmahngrund dar. Dies liegt nicht nur an der Vielzahl von eingetragenen Marken, sondern vor allem auch an der dank Internet und Suchmaschinen verhältnismäßig einfachen Nachvollziehbarkeit von Markenverletzungen. Bevor ein neues Zeichen im geschäftlichen Verkehr als Marke oder Firmenname benutzt oder ein neues Produkt auf den Markt gebracht wird, ist eine Recherche nach älteren Marken-, Design- bzw. Patentrechten ein Muss. Insbesondere eine Markenverletzung ist aufgrund der Vielzahl an eingetragenen Marken schnell passiert, wohingegen die Kosten für die Durchführung einer professionellen Markenrecherche durch einen Patent- oder Rechtsanwalt verhältnismäßig gering sind. Die durch eine Markenverletzung ausgelösten Kosten übersteigen die Kosten für eine Recherche bei weitem. Aber auch bei neuen Produkten ist eine Recherche vor Markteintritt grundsätzlich zu empfehlen. Zwar sind Abmahnungen wegen Patent- oder Designverletzungen grundsätzlich seltener, aber in der Regel mit höheren Anwalts- und Schadensersatzzahlungen verbunden. Darüber hinaus müssen die rechtsverletzenden Produkte in der Regel vernichtet und nicht nur mit einer alternativen Marke gekennzeichnet werden. Daher sollte bereits im Zuge der Produktentwicklung ein Patentanwalt konsultiert werden, der einschätzen kann, ob eine Recherche erforderlich ist und diese dann auch durchführen. Grundsätzlich gilt: Lieber einmal zu viel recherchiert, als einmal zu wenig!
Fazit
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass bei Erhalt einer Abmahnung sehr zügig, aber nicht kopflos reagiert werden sollte. Die Abmahnung sollte zeitnah durch einen Anwalt geprüft werden und es muss innerhalb der gesetzten Frist reagiert werden. Sofern die Abmahnung gar nicht gerechtfertigt war, wird der Anwalt für die rechtliche Situation angemessene Gegenmaßnahmen zur Abwehr der geltend gemachten Ansprüche einleiten. Unter gar keinen Umständen sollte die Abmahnung einfach ignoriert und der Kopf in den Sand gesteckt werden. Um nach Möglichkeit gar nicht erst in die Verlegenheit einer Schutzrechtsverletzung zu geraten, empfiehlt sich vor Benutzungsaufnahme einer neuen Marke oder vor Markteintritt neuer Produkte die Durchführung von Recherchen nach älteren, der Nutzung entgegenstehenden Schutzrechten Dritter.
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