Halbzeitbilanz für die Bundesregierung

Internationalisierung

Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben bereits internationale Kunden. Der Weg hin zu einer echten Internationalisierung ist für KMU allerdings mit Hürden und Unsicherheiten verbunden. Deswegen müssen von Seiten der Politik günstige Rahmenbedingungen zur Ausweitung von Geschäftstätigkeiten ins Ausland geschaffen werden.

Die Vorhaben im Koalitionsvertrag der Bundesregierung im Bereich Internationalisierung sind besonders schwer zu bewerten. Viele der Ziele sind in diesem Bereich nur auf supranationaler Ebene lösbar. Das bedeutet, die Bundesregierung ist oft auf eine Konsensfindung innerhalb der europäischen Union angewiesen. Die Verlagerung auf eine übergeordnete Ebene erschwert die Bewertung.

Optimierung Erhebungs- und Erstattungsverfahren

Die Niederlande und Österreich erlauben Unternehmen die Verrechnung der Einfuhrumsatzsteuer und Vorsteuer im Rahmen der Möglichkeiten, die bei der Harmonisierung der europäischen Mehrwertsteuerregelungen geschaffen wurden. Unternehmen, die Waren aus Drittstaaten einführen, sind durch die Wareneinfuhr über diese beiden Länder in die EU deutlich liquider als bei einer direkten Einfuhr nach Deutschland. In der Vergangenheit wurde von ausländischen Logistikunternehmen gezielt bei deutschen Unternehmen damit geworben, Importe über Nachbarländer abzuwickeln, um Geld einsparen zu können.

Bewertung: Die Bundesregierung will diesen Wettbewerbsnachteil für die gesamte deutsche Logistikwirtschaft aus der Welt schaffen und hat über die interdisziplinäre Bund-Länder Arbeitsgruppe „Optimierung des Erhebungsverfahrens Einfuhrumsatzsteuer“ erste Vorschläge für eine Gesetzesänderung vorgelegt. Die Gesetzesänderung muss zügig umgesetzt werden, um die deutschen Unternehmen nicht noch länger den aktuellen Wettbewerbsbenachteiligungen auszusetzen.

Internationale Gremien wie die Welthandelsorganisation (WTO) stärken

Die internationale Wirtschaftspolitik ist stark von Handelskonflikten und der Einführung von Zöllen geprägt. Eine starke Welthandelsorganisation (WTO) könnte die Einhaltung von Spielregeln in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen viel besser überwachen. Leider ist die WTO momentan nicht handlungsfähig, da die USA die Besetzung von Richterposten blockieren. Im Koalitionsvertrag sprachen sich CDU und SPD für eine Stärkung der WTO aus.

Bewertung: Momentan ist keine deutsche oder europäische Strategie zur Revitalisierung der WTO erkennbar. Die deutsche Bundesregierung sollte sich bei diesem Punkt verstärkt um Bündnispartner mit ähnlichen Absichten bemühen.

Freihandelsabkommen

Wohlstand und Sicherheit sollen durch bilaterale Freihandelsabkommen gesichert werden. Im Laufe der aktuellen Legislaturperiode konnte die EU das JEFTA-Abkommen mit Japan abschließen und das MERCOSUR-Abkommen mit den südamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay finalisieren. Im Fall des MERCOSUR-Abkommens ist der Prozess noch nicht vollständig abgeschlossen. Der Vertrag muss noch ratifiziert werden.

Bewertung: Beide Abkommen sind ein wichtiges Signal in Richtung der USA, die unter dem aktuellen Präsidenten Donald Trump eine Handelspolitik praktizieren, welche von Abschottung geprägt ist. Eine Bewertung in Bezug auf die Arbeit der Bundesregierung ist jedoch nicht möglich, da der Vertrag auf europäischer Ebene geschlossen wurde.

Europas Antwort auf die Seidenstraße

Der Koalitionsvertrag kündigt die Entwicklung einer europäischen Antwort auf die Seidenstraßen-Initiative der chinesischen Regierung an. Peking vergibt Bauaufträge entlang ihres Prestige-Projekts "Neue Seidenstraße" bevorzugt an chinesische Unternehmen. Europäische Zulieferer konnten zwar auch an den Bauvorhaben profitieren – europäische Bauunternehmen waren jedoch in den Projektvergaben außen vor. 

Bewertung: Bislang war die europäische Strategie von Softpower-Maßnahmen geprägt. Das bedeutet, dass keine wirtschaftlichen Anreize in den entscheidenden Regionen gesetzt wurden, um europäische Interessen durchzusetzen. Es muss deutlich hinterfragt werden, ob die europäische Wirtschaft nur mit der Streuung von Informationen in die Position für erfolgreiche Investments entlang der neuen Seidenstraße gebracht werden kann. Die Arbeit der Bundesregierung ist dabei schwierig zu bewerten, da Deutschland nur ein Mitgliedsstaat in der Europäischen Union ist und die Entscheidungen im Konsens mit den anderen Mitgliedsstaaten getroffen werden müssen.

Gesamtbewertung Internationalisierung

Wie oben schon erwähnt, sind die Vorhaben im Koalitionsvertrag der Bundesregierung im Bereich Internationalisierung schwer zu bewerten. Viele der Ziele sind in diesem Bereich nur auf europäischer Ebene lösbar. Deswegen kann sich die Bundesregierung für eine Lösungsfindung einsetzen, aber nicht alleine darüber entscheiden.

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag nicht mit Formulierungen von großen Vorhaben im Bereich Internationalisierung gegeizt. Die europäische Antwort auf das chinesische Großprojekt "neue Seidenstraße" ist noch genauso offen wie eine sichtbare Strategie zur Stärkung der Welthandelsorganisation. In dieser weltpolitisch unruhigen Zeit mit vielen Unwägbarkeiten müssen verlässliche Partnerschaften ausgebaut und intensiviert werden. Genaue Ausarbeitungen von Freihandelsabkommen dauern lange, sind aber der richtige Weg, um mittelständischen Unternehmen den Weg für ihre Geschäfte über Grenzen hinweg zu vereinfachen.

Digitalisierung

Die Digitalisierung ist ein Themenbereich mit besonderer Bedeutung für den Mittelstand. Im Koalitionsvertrag wurde mit großen Ankündigungen im Bereich Digitalisierung nicht gerade gegeizt.

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Finanzen

Der Themenbereich Finanzen hat eine große Bedeutung für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für KMU in Deutschland. Eine gute Wirtschaftspolitik sollte die Entlastung und Stärkung der Unternehmen vorantreiben.

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Nachfolge

Viele KMU stehen vor einem Generationswechsel. Mit welchen Maßnahmen begegnet die Bundesregierung der sich abzeichnenden Nachfolgewelle im deutschen Mittelstand?    

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Arbeit

Fachkräftemangel, Sozialabgaben, Vollbeschäftigung: Welche Reformversprechen aus dem Koalitionsvertrag konnte die Regierung nach der ersten Hälfte der Legislaturperiode umsetzen?

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Bildung

Bildungsmaßnahmen wurden im Koalitionsvertrag angekündigt, um die Herausforderungen der Zukunft anzugehen. Die umgesetzten Vorhaben stellen KMU allerdings auch vor Hürden.

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Eckpunkte der Mittelstandsstrategie

Wirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte bei Amsantritt an, seine Behörde als „das Mittelstandsministerium“ verstehen zu wollen. Die Eckpunkte der Mittelstandsstrategie geben erste Einblicke in seine Planungen.

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Fazit

Die DMB-Bilanz der Regierungsarbeit zur Halbzeit der Legislaturperiode fällt gemischt aus.

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Die Halbzeitbilanz kompakt als PDF

Das DMB-Transparenzversprechen:
Themenbeobachtung aus Perspektive des Mittelstandes

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wandeln sich kontinuierlich. Der DMB begleitet den politischen Prozess Schritt für Schritt und informiert Sie über relevante Gesetzesänderungen und neue politische Initiativen.

 

 

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