07.04.2020Fachbeitrag

Krisenmanagement in Unternehmen neu denken

Große Teile der Wirtschaft sind von der Corona-Krise erfasst worden. Die Auswirkungen spüren Unternehmen branchenübergreifend. Betroffen sind klassische Mittelständler bis hin zu großen Konzernen. In diesen Zeiten sollte ein gutes Krisenmanagement in Unternehmen eigentlich selbstverständlich sein. In der momentanen Krise zeigt sich jedoch, dass die Pläne und Strategien der Unternehmen oft auf falschen Prämissen basieren.

Störfälle oder Katastrophen sollten für Unternehmen eine seltene Ausnahme darstellen. Trotzdem bedarf es einer entsprechenden Vorbereitung. Die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter müssen vor Schaden geschützt und negative wirtschaftliche Auswirkungen für das Unternehmen minimiert werden.

Die meisten Schadensfälle, wie ein Großbrand, treten als plötzliche Ereignisse auf und verlangen sofortige und zielgerichtete Reaktionen. Für solche Situationen bestehen in den meisten Betrieben Katastrophenpläne, die mit den außerbetrieblichen Institutionen abgestimmt worden sind und in Übungen regelmäßig getestet werden.

Die Besonderheiten einer dynamischen Lage

Was plötzlich auftretenden Krisenszenarien gemeinsam haben: Sie alle stellen eine Ausnahmesituation für Unternehmen dar, die jedoch statisch ist. Das heißt: Wenn eine Produktionshalle ausbrennt, kann das Krisenmanagement bei einem „Null Punkt“ ansetzen und die Krise Schritt-für-Schritt bewältigen.

Die Corona-Krise unterscheidet sich dabei in wesentlichen Punkten von solchen Krisenszenarien: Eine Pandemie ist ein zeitlich und räumlich nicht begrenztes Ereignis. Charakteristisch ist dessen Dynamik, die Vorhersagen über die Dauer, die Ausbreitung und die Geschwindigkeit äußerst schwierig gestalten.

Es gibt keinen „Null-Punkt“ an dem man in der jetzigen Situation sinnvoll aufsetzen könnte. Die Corona Pandemie verursacht eine „dynamische Lage“, wie es Gesundheitsminister Jens Spahn immer wieder betont. Von besonderer Bedeutung ist in solchen Situationen, die Lage stetig zu evaluieren und entsprechend dynamisch zu reagieren. Darauf ist das Krisenmanagement der Unternehmen in den seltensten Fällen wirklich vorbereitet.

4 Ratschläge für das Krisenmanagement in Unternehmen

Ratschlag 1 – Die betriebliche Pandemieplanung

Jeder Betrieb ist von der Pandemie betroffen. Mitarbeiter werden krank oder fehlen aus anderen Gründen, wie Schulschließungen oder Quarantänemaßnahmen. Lieferketten werden unterbrochen, bestimmte Rohstoffe und Dienstleistungen werden zur Mangelware. Der Absatz von fertigen Produkten bricht ein oder können nicht mehr abgeholt werden. Gleiches gilt für die Nachfrage von bestimmten Dienstleistungen.

Es kann aber auch umgekehrt sein, dass die Produkte und Dienstleistungen eines Betriebes gerade im Falle einer Pandemie besonders gefragt sind. Die Hersteller von Atemschutzmasken, Desinfektionsmitteln oder Klopapier müssen ihre Produktion kurzfristig hochfahren. Aber auch Dienstleister jenseits des Gesundheitssystems, werden in besonderer Weise beansprucht, wie Anbieter eines Pizza- oder Lieferservice für Lebensmittel.

Andere müssen umdenken, um den eigenen Betrieb am Laufen zu halten, wenn beispielsweise die Nachfrage nach Büchern zwar groß ist, der eigene Buchladen aber geschlossen bleiben muss. Zudem gibt es Leistungen, die kontinuierlich weiter erbracht werden müssen, z.B. die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Energie und Informationen.

Unternehmen können in von den Auswirkungen der Corona-Pandemie unterschiedlich betroffen, daher braucht jedes Unternehmen seinen eigenen Plan, um eine solche Krise zu bewältigen.

  • Machen Sie sich Gedanken darüber, wie sich eine Pandemie auf Ihr Geschäft auswirkt. Die Nachfrage kann völlig zum Erliegen kommen oder stark ansteigen. Die aktuelle Corona-Krise gibt Ihnen genügend Anhaltspunkte.
  • Überlegen Sie sich, wie Sie Ihren Betrieb aufrechterhalten, insbesondere wenn Sie die Bevölkerung mit lebenswichtigen Produkten und Dienstleistungen versorgen.
  • Vergessen Sie nicht, dass auch Maßnahmen notwendig werden können, um die Ausbreitung des Virus selbst zu verlangsamen (z.B. Home-Office). Ernennen Sie zu diesem Zweck einen Pandemie-Beauftragten.

Ratschlag 2 – Die Einsetzung eines Krisenstabes

Da die herkömmlichen Führungsstrukturen oft nicht geeignet sind, um Krisen zu bewältigen, empfiehlt es sich, einen „Leiter-Krisenstab“ für das Krisenmanagement zu ernennen. Diese Person ist für den betrieblichen Pandemieplan zuständig.

Der Leiter des Krisenstabes trifft bei Not- und Katastrophenfällen – also nicht nur im Falle einer Pandemie – nach Beratung mit dem Krisenstab die erforderlichen Entscheidungen. In mittelständischen Unternehmen ist es in der Regel der Unternehmer oder Geschäftsführer. Der Leiter des Krisenstabes muss einen Überblick über die Geschäftsabläufe und mögliche Schwachpunkte haben. Die Einzelvorschläge aus dem Krisenstab laufen hier zusammen und müssen zu einem konsistenten Gesamtplan zusammengeführt werden.

Der Krisenstab erarbeitet Maßnahmen und Konzepte, um die Krise zu bewältigen. Dieser kann sich aus Personen mit unterschiedlichen Funktionen im Betrieb zusammensetzen. Der Krisenstab erarbeitet Lösungen für festgelegte Aufgaben, die anschließend aufeinander abgestimmt werden. In großen Betrieben mit mehreren Betriebsteilen (Werken) werden lokale Krisenstäbe erforderlich sein, die dem zentralen Stab zuarbeiten.

  • Sorgen Sie im Katastrophenfall für klare Führungsstrukturen und schnelle Entscheidungen. Ein Brandmeister setzt bei einem Feueralarm auch kein Team-Meeting an.
  • Setzen Sie zügig einen Krisenstab ein, der alle relevanten Funktionen im Betrieb abdeckt. Der Krisenstab erarbeitet Lösungen, um die Krise zu bewältigen.
  • Im Falle einer Pandemie sollten Sie zusätzlich einen Pandemie-Beauftragten benennen. Er unterstützt den Krisenstab und hält Kontakt zu den Behörden.

Ratschlag 3 – Den Minimalbetrieb aufrechterhalten

Im Zuge einer Pandemie kann es zu einem Einbruch der Nachfrage oder zu einer Steigerung kommen. Die Einschränkung der Produktion oder des Dienstleistungsangebots muss an feste Kriterien gebunden sein, die sich in der Regel aus der Gegenüberstellung der Kosten für die Aufrechterhaltung des Betriebs und des zu erwartenden Nutzens ergeben.

Kann eine geregelte Produktion nicht aufrechterhalten werden, weil viele Beschäftigte der Arbeit fernbleiben, ist eine Einstellung oder eine Beschränkung der Produktion auf wichtige Produkte zu empfehlen. Ähnliches gilt für Dienstleistungsangebote. Zu bedenken ist außerdem: Am Ende der Pandemiephase müssen die Produktion und Leistungsangebote wieder normalisiert werden. Auch das kann mit erheblichen Anstrengungen verbunden sein.

  • Bestimmen Sie die Personen in Schlüsselfunktionen, welche zur Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich sind. Benennen von Ersatzpersonen, die im Krankheitsfall einspringen können. Denken Sie daran, dass unter Umständen innerbetriebliche Prozesse, wie IT, ebenfalls ständig überwacht werden müssen.
  • Entscheiden Sie, welches Personal vorübergehend zuhause bleiben soll. Legen Sie Kriterien fest, nach welchen eine Mindest- bzw. Notbesetzung sichergestellt werden kann.
  • Ergreifen Sie erforderliche Maßnahmen, um die Mindestbesetzung in besonderer Weise – beispielsweise vor einer Infektion – zu schützen. Überlegen Sie, welche Arbeiten von zu Hause aus erledigt werden können.

Ratschlag 4 – Den Notfallplan konsequent abarbeiten

Je länger eine Krise anhält, desto gefährlicher wird sie für ein Unternehmen. Entsprechende Vorsorgemaßnahmen, wie ein Notfallplan, helfen wirtschaftliche Schäden zu minimieren und bringt das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs.

Hier abschließend einige Beispiele, was ein sorgfältig ausgearbeiteter Notfallplan beinhalten könnte:

  • Die ausbleibenden finanziellen Gewinne oder Probleme bei der Kapitalbeschaffung führen in der Folge zur Liquiditätskrise – das schränkt den Handlungsspielraum des Unternehmens ein. Die kurzfristige Liquiditätsbeschaffung gehört deshalb ganz oben auf die Liste der Notfallmaßnahmen.
  • Bei Produkten kann es zu Lieferengpässen oder Ausfällen kommen. Legen Sie fest, welche Produkte bzw. Dienstleistungen von außerhalb für Ihr Unternehmen unverzichtbar sind und treffen Sie entsprechende Absprachen mit Ihren Lieferanten.
  • Schon bei der Planung kann sich zeigen, dass Lieferanten oder Dienstleister für den Pandemiefall keine Garantie geben können, ihre Produktion oder ihr Angebot aufrecht zu erhalten. Treffen Sie Vereinbarungen mit Lieferanten oder Dienstleistern, die ersatzweise einspringen können.
  • Aber auch Ihr Unternehmen hat Verpflichtungen gegenüber anderen Unternehmen, die für den Pandemiefall abgestimmt werden müssen. Erkundigen Sie sich, welche Produkte bzw. Dienstleistungen Sie für Ihre Kunden gewährleisten müssen.
  • Denken Sie daran, dass Ihre Gebäudetechnik aufrechterhalten werden muss. Insbesondere die Notstromversorgung muss regelmäßig auf ihre Funktionstüchtigkeit geprüft werden. Für einen Dieselgenerator sollte beispielsweise ein ausreichender Treibstoffvorrat vorgehalten werden, da es in Katastrophenfällen schnell zu Treibstoff-Lieferengpässen kommen kann.

Mehr zu diesen Themen