16.01.2017Fachbeitrag

Rechtskommentar:
Chinesisches Markenrecht: Gesetzeslücke geschlossen

Rechtskommentar:

 

Die insgesamt vierte Novellierung des chinesischen Markengesetzes ist ein weiterer Schritt zur Stärkung des geistigen Eigentums in China. Das am 01. Mai 2014 in Kraft getretene Gesetz ist ein Beleg dafür, dass sich auch China im Bereich des geistigen Eigentums letztendlich an die internationalen Gesetze und Rechtsvorschriften anpasst. Ein Kommentar von Patentanwalt Dr. Tim Meyer-Dulheuer.

Ziel der jüngsten Novelle des chinesischen Markengesetzes war eine Modernisierung und Verbesserung der bestehenden Vorschriften sowie eine Stärkung der Rechtssicherheit und eine dedizierte Anpassung an internationale Abkommen. Zugleich ging es darum, Eintragungs- und Widerspruchsverfahren zu straffen sowie verstärkende Maßnahmen gegen Produktpiraterie zu ergreifen. Das novellierte Markengesetz trat am 1. Mai in Kraft. Im Folgenden ein Überblick über die wesentlichen Änderungen.

Einführung von neuen Markenformen

 

Gemäß § 8 des chinesischen Markengesetzes (CMarkenG) können Marken Zeichen aller Art sein – einschließlich Wörter, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, dreidimensionale Zeichen, Farben als solche und Klangbilder – soweit diese Zeichen oder die Kombination dieser Zeichen dazu geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Personen zu unterscheiden.

Nach der bisherigen Definition musste ein Zeichen visuell sichtbar sein, um als Marke geschützt werden zu können. Das nun vorliegende Markengesetz hat diese Anforderung als überholt geändert und neue Markenformen – beispielsweise Hörmarken – zugelassen. Somit wurde eine Regelungslücke im chinesischen Markengesetz geschlossen.

Einführung von Zeitlimits für die Markenprüfung

 

Paragraf 28 CMarkenG sieht vor, dass die Markenstelle innerhalb einer Frist von neun Monaten die Prüfung der Anmeldung abzuschließen hat und einen Beschluss darüber treffen muss, ob die angemeldete Marke zu veröffentlichen ist. In § 35 Abs. 1 CMarkenG wird weiter festgelegt, dass die Widerspruchsabteilung innerhalb von zwölf Monaten eine Entscheidung über eingegangene Widersprüche zu treffen hat.

Durch diese fest vorgegebenen Fristen wird das Eintragungsverfahren deutlich beschleunigt und verschlankt. Vor dem Hintergrund eines verschärften Wettbewerbs und immer kürzerer Produktzyklen hatten in der Vergangenheit international agierende Unternehmen beklagt, dass das bisherige zeitraubende Verfahren der Markeneintragung in China keine Planungssicherheit gewährleiste.

Widerspruchsberechtigung

 

In § 33 CMarkenG werden die Widerspruchsberechtigten in zwei Kategorien unterteilt: solche, die sich auf absolute Eintragungshindernisse stützen können, und solche, die auch relative Schutzhindernisse geltend machen können.

Während jeder Widersprechende seinen Widerspruch auf absolute Eintragungshindernisse stützen kann, das heißt, sich darauf berufen kann, dass die Marke ausschließlich aus Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung besteht, die im allgemeinen Sprachgebrauch üblich geworden sind, ist die Geltendmachung relativer Eintragungshindernisse, vorrangiger Kennzeichenrechte Dritter, nur auf den Inhaber dieser Rechte beschränkt.

Dies ist der Tatsache geschuldet, dass das Widerspruchsverfahren teilweise zum Zweck bösgläubiger Verhinderung der Markenanmeldung und zu Zwecken kommerzieller Erpressung von jedermann missbraucht wurde. Das novellierte chinesische Markenrecht ist nunmehr mit dem europäischen und deutschen Markenrecht vergleichbar.

Vereinfachtes Widerspruchsverfahren

 

Anders als in Deutschland ist das Widerspruchsverfahren in China ein der Eintragung vorgeschaltetes Verfahren. Nach bisheriger Regelung gab es im Widerspruchsverfahren ein vierstufiges Rechtsmittelsystem. Dies hat in der Vergangenheit zu sehr langen Verfahren geführt. In Zukunft wird keine Möglichkeit mehr bestehen, gegen eine Zurückweisung des Widerspruchs durch das Markenamt vorzugehen. Eine Beschwerde des Widersprechenden wird nicht mehr zugelassen. Die angegriffene Marke wird vielmehr eingetragen und der Widerspruchsführer darauf verwiesen, nun eine Löschungsklage gegen die Marke zu erheben.

Piratenmarkenregistrierung

 

Während nach § 4 Nr. 2 des deutschen Markengesetzes Markenrechte auch durch die bloße Benutzung eines Zeichens begründet werden können, ist diese Möglichkeit der Entstehung von Markenschutz im chinesischen Markengesetz nicht eröffnet.

Diese Gesetzeslücke wurde häufig dazu ausgenutzt, um in China nicht registrierte ausländische Marken, die durch Nutzung bereits eine gewisse Geltung erlangt hatten, unlauter, nämlich allein zum Zwecke der Verhinderung des Marktzutritts, anzumelden. Dies machte ausländischen Unternehmen die Nutzung und Anmeldung ihrer international eingeführten Marke in China nahezu unmöglich. Auf dieses Problem der sogenannten Piratenmarkenregistrierung ausgerichtet, führt die Markengesetznovelle zusätzliche Vorschriften im Eintragungsverfahren ein.

Gemäß § 15 Abs. 2 CMarkenG wird nun die Eintragung einer Marke dann untersagt, wenn gegen ihre Eintragung Widerspruch erhoben wird mit der Begründung, dass diese mit einer benutzten, jedoch nicht eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch oder ähnlich ist. Der Absicht des Gesetzgebers zufolge soll die sogenannte Piratenmarkenanmeldung dadurch bekämpft werden, dass eine beabsichtigte zweck fremde Nutzung eines Zeichens wegen ihrer "Bösgläubigkeit" bereits im Rahmen des Markeneintragungsverfahrens berücksichtigt und die Eintragung verhindert wird. Wenn also das wesentliche Motiv des Antragstellers darin zu erkennen ist, Dritte in wettbewerbswidriger Weise zu behindern, wird der Antrag auf Eintragung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens zurückgewiesen.

Bekanntheit einer Marke

 

In § 13 CMarkenG wird ein neuer Absatz 1 aufgenommen. Er stellt klar, dass die Feststellung der Bekanntheit einer Marke erst dann notwendig wird, wenn der Inhaber sich auf die Verletzung seiner Rechte beruft und einen markenrechtlichen Schutz von bekannten Marken beansprucht. Der Absicht des Gesetzgebers zufolge darf das Verfahren zur Feststellung der Bekanntheit einer Marke also nicht mehr von Amts wegen, sondern nur auf Antrag einer beteiligten Partei im konkreten Fall veranlasst werden.

Schadensberechnung

 

Das neue Markengesetz sieht drei verschiedene Methoden der Schadensberechnung bei Markenrechtsverletzungen vor, die in einer bestimmten Reihenfolge anzuwenden sind: Zunächst wird die Höhe des Schadenersatzes nach dem erlittenen Schaden berechnet; wenn sich dieser nicht bestimmen lässt, erfolgt die Berechnung nach dem Gewinn des Verletzers. Scheitert auch diese Ermittlung, wird die Höhe des Schadenersatzes auf Grundlage einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet (§ 63 Abs. 1 Satz 1 CMarkenG).

Der Schadenersatz kann um das Einfache und bis auf das Dreifache der durch die oben genannte Methode berechneten Summe erhöht werden, wenn festgestellt wird, dass die Verletzung vorsätzlich begangen worden ist.

Die Einführung der Schadensberechnung im novellierten chinesischen Markengesetz ist ein Schritt, der einen über die internationalen Anforderungen hinausgehenden Schutz gegen Markenrechtsverletzung gewährt. Es wird anerkannt, dass dasjenige, was als Schadenersatz eingeklagt werden kann, durchaus nicht in jeder Hinsicht dem nachweislich eingetretenen Schaden entsprechen muss. Auch wenn im Vordergrund des Schadenersatzrechts der Ausgleichsgedanke steht, kann es nun unter bestimmten Voraussetzungen eher zu einer Sanktionierung kommen.

Gesetzliche Schadenersatzlimits

 

Für den Schadenersatzbetrag nach richterlichem Ermessen war bisher ein Maximalbetrag von 500 000 Renminbi vorgesehen. Diese Obergrenze wurde häufig infrage gestellt, da sie einerseits vom Gesetzgeber nicht ausreichend begründet wurde und andererseits in vielen Fällen nicht ausreichte, um den tatsächlich erlittenen Schaden zu decken, insbesondere, wenn mehrere Schutzrechte des Rechteinhabers verletzt wurden. Die Obergrenze wird nunmehr auf drei Millionen Renminbi erhöht.

Der Schutzstandard im Markenrecht in China erreicht mit der Novellierung des Markengesetzes ein relativ hohes Niveau. Es spiegelt die Intention des chinesischen Gesetzgebers wider, durch effektiveren Markenschutz die nationale Strategie zum Schutz geistigen Eigentums weiter voranzubringen. Es bleibt aber abzuwarten, ob in der Rechtspraxis auch eine effektivere Durchsetzung der neu gefassten Normen zu erreichen sein wird.

Zumindest auf der Seite des Gesetzgebers ist aber ein erheblicher Schritt zur verbesserten Durchsetzung von Markenrechten, auch für ausländische Unternehmen, unternommen worden.

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