21.02.2023Interview

Energie-Scouts als Investition in die Zukunft

Energie-Scouts ist eine bundesweite Initiative, die auf lokaler Ebene von den IHKs organisiert wird.

Angesichts steigender Energiepreise versuchen immer mehr kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Energie zu sparen. Mit dem Qualifizierungsprogramm Energie-Scouts der Industrie- und Handelskammer (IHK) können Auszubildende zu Energie-Scouts ausgebildet werden, die dabei helfen, Einsparpotentiale zu erkennen und zu nutzen. Wie KMU an dem Qualifizierungsprogramm teilnehmen können und wie viel Energie ein Unternehmen mithilfe der Energie-Scouts sparen kann, darüber spricht die für das Projekt verantwortliche Referentin, Stefanie Tornow, in diesem Interview.

Frau Tornow, bitte stellen Sie uns das Energie-Scouts-Programm vor.

Die Reduzierung von CO2-Emissionen und die Nutzung von Effizienzpotenzialen rücken durch gestiegene Strom- und Rohstoffpreise in den Fokus vieler Unternehmen. Die IHK-Organisation bietet im Rahmen des Projekts „Unternehmensnetzwerk Klimaschutz“ das Qualifizierungsprogramm „Energie-Scouts“ an. Energie-Scouts sind Auszubildende, die durch das Qualifizierungsprogramm in ihren Betrieben dazu beitragen, Einsparpotenziale zu erkennen und erfolgreich zu nutzen. Hierfür lernen sie in drei Workshopmodulen die Themen Energieeffizienz, Ressourceneffizienz und betriebliche Mobilität kennen und schließen das Programm mit einem Praxisprojekt in ihrem Betrieb ab. Wir nutzen mit diesem Programm das große Potenzial der jungen Menschen, die noch ca. 40 Jahre ihres Berufslebens vor sich haben, in denen sie ihre Sensibilität für Klimaschutz und Energiewende anwenden und mit Know-how Energieverbräuche und Energiekosten in Betrieben senken können.

Das Projekt Energie-Scouts gibt es seit Anfang 2014. Über 60 Industrie- und Handelskammern (IHKs) im gesamten Bundesgebiet bieten den Unternehmen in ihren Kammerbezirken die Qualifizierungsmaßnahme an.

Welches Ziel verfolgt das Programm?

Das Programm verfolgt mehrere Ziele: Zum einen erfahren Auszubildende durch das Programm ein hohes Maß an Selbstwirksamkeit und identifizieren sich stärker mit ihrem Betrieb, zum anderen profitiert natürlich aber auch das Unternehmen selbst durch die Umsetzung der Praxisprojekte. Die Auszubildenden lernen durch die Qualifizierung, sparsamer mit Ressourcen umzugehen und somit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Das Wissen geben sie dann direkt in das Unternehmen weiter. Die Ausbildungsbetriebe optimieren durch den Praxisteil ihre Prozesse und sparen Kosten, während die Auszubildenden eigenständig Projekte umsetzen und Verantwortung übernehmen. Das trägt weiterhin dazu bei, dass Auszubildende mit einer größeren Motivation zur Arbeit gehen, wenn ihnen im Praxisprozess mit Respekt begegnet wird und ihre Anstöße tatsächlich auch honoriert werden. Viele Unternehmen haben erkannt, dass Energie-Scouts eine gute Investition in die Zukunft sind und fördern ihre Auszubildenden gerne – und die Auszubildenden bleiben als wichtige Fachkräfte langfristiger erhalten. Eine Win-Win-Situation.

Wie können die Auszubildenden kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) am Energie-Scouts-Programm teilnehmen? Welche Teilnahmevoraussetzungen gibt es?

Die gute Nachricht zuerst: Es gibt keine speziellen Teilnahmevoraussetzungen. Jedes Unternehmen ist mit seinen Azubis willkommen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Interessierte Unternehmen können einfach bei ihrer zuständigen IHK anfragen und erhalten dort eine Auskunft und ggf. schon Informationen zum nächsten Durchlauf.

Unternehmen sollten sich aber im Vorhinein schon bewusst sein, dass ihre Azubis vor allem für das Praxisprojekt auf Unterstützung aus dem Betrieb angewiesen sind. Am besten, sie stellen den Energie-Scouts eine verantwortliche Person aus der Mitarbeiterschaft zur Verfügung, etwa eine:n Ausbildungsleiter:in oder auch Fachpersonal. Denn die Azubis werden bei der Umsetzung ihres Praxisprojekts auf die zuständigen Kolleg:innen zukommen und sich mit ihnen abstimmen. Auch die Unterstützung aus der Geschäftsführung sollte schon von Anfang an gegeben sein, denn ein Praxisprojekt beinhaltet teilweise auch neue Anschaffungen oder Änderungen, also Kosten. Das muss nicht sein, kommt aber gerade bei komplexeren Projekten durchaus vor. Wenn das alles mitgedacht und eingeplant wird, steht einem erfolgreichen Energie-Scouts-Durchlauf in den Unternehmen nichts im Wege.

Wie ist die Resonanz bei Unternehmen und Auszubildenden? Wie viele Runden wurden insgesamt bereits durchgeführt und wie viele Auszubildende haben bereits teilgenommen?

Die Resonanz ist, trotz eines kleinen Einbruchs während der Coronalockdowns, durchgehend hoch. Im Schnitt nehmen pro Jahr um die 500 Auszubildende und deren Unternehmen die Qualifizierung wahr. Wir verzeichnen jedes Jahr vor allem viele „Wiederholungstäter“, also Unternehmen, die von dem Programm überzeugt sind und immer wieder Auszubildende zu den Qualifizierungen schicken. Sie haben die ersten Vorteile gesehen und machen einfach weiter, um am Ball zu bleiben. Eine Qualifizierung in diesen Themen erhöht in Zeiten knapper Bewerber:innen für Ausbildungsplätze auch die Attraktivität der Unternehmen, die ihren Azubis ein zusätzliches Angebot bieten. Aber auch viele „Neue“ sind mit dabei, gerade auch durch die Ausweitung des Programms auf weitere IHKs in den letzten Jahren, darüber freuen wir uns sehr. Das Thema nimmt natürlich auch im Rahmen der Energiekrise weiter Fahrt auf, da ist die Nachfrage auch noch einmal gestiegen. Insgesamt haben die IHKs seit Beginn des Programms 2014 über 10.000 Azubis aus über 2.600 Unternehmen qualifiziert und es sollen weitere 10.000 in den nächsten Jahren folgen.

Wie viel Energie konnte ein Unternehmen einsparen, nachdem dessen Auszubildende zu Energie-Scouts wurden?

Das Engagement lohnt sich auf jeden Fall! Selbst nach mehreren Jahren Energie-Scouts-Erfahrung gibt es in vielen Unternehmen immer noch etwas zu entdecken und zu verbessern. Wenn wir im Rahmen unserer Tätigkeit die Projekte der Energie-Scouts bewerten dürfen, staunen wir dann meist nicht schlecht, was die Azubis alles einsparen konnten. Eine Stichprobe von etwas über 110 Projekten zeigt ein durchschnittliches Einsparpotenzial des letzten Durchlaufs (Mitte 2021 bis Mitte 2022) von 52.154 kWh/a pro Unternehmen. Das entspricht dem Stromverbrauch von knapp elf 3-Personen-Haushalten. Wir sehen, dass häufig schon eine kleine Veränderung im Unternehmen ausreicht, um viel Strom zu sparen, beispielsweise die Beleuchtung umzustellen oder regelmäßig nach Leckagen zu prüfen. Damit kann man wirklich viel Energie und Kosten sparen, das ist in heutigen Zeiten ja umso wichtiger.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Tornow!

Im Unternehmensnetzwerk Klimaschutz können alle Unternehmen Mitglied werden, die einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen. Die Netzwerkmitglieder verbindet, dass sie Verständnis für den Einfluss ihres Unternehmens auf das Klima haben, sich eigene Klimaschutzziele setzen, konkret Verbesserungsmaßnahmen umsetzen und Klimaschutz-Knowhow aufbauen wollen. Die Mitgliedschaft im Unternehmensnetzwerk Klimaschutz ist kostenlos.

 

Dieses Interview ist Teil von Mittelstand WISSEN zum Thema "Unternehmerische Widerstandsfähigkeit"

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