06.04.2021Fachbeitrag

Win-win-Situation durch Mitarbeiterkapitalbeteiligung

Durch die Mitarbeiterbeteiligung können Beschäftigte am Erfolg und am Produktivkapital eines Unternehmens teilhaben.

Die Mitarbeiterbeteiligung etabliert sich im deutschen Mittelstand kontinuierlich weiter, besonders die „stille Gesellschafft“ gilt als attraktive Form. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können von der Etablierung der Beteiligung profitieren. Gastautor Dr. Heinrich Beyer erläutert in diesem Fachbeitrag warum Beteiligungsprogramme auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) interessant sind, wie die steuerliche Förderung dabei ausfällt sowie weitere finanzielle und innerbetriebliche Vorteile.

Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung (MKB) hat sich in mittelständischen Familienunternehmen in den letzten Jahren rapide verbreitet. Nicht zuletzt der intensivere Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte hat dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen die Vorteile einer Beteiligung ihrer Mitarbeiter*innen am Unternehmenskapital ausschöpfen wollen.

Die finanz- und personalwirtschaftlichen Auswirkungen einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung schaffen eine Win-win-Situation für das Unternehmen und seine Beschäftigten. Neben mehr Mitarbeiterbindung, einer höheren Arbeitgeberattraktivität und einer verbesserten Performance schätzen die Unternehmen zunehmend auch die positiven Auswirkungen auf die Ausstattung mit Eigenkapital.

Für die Mitarbeiter*innen ist eine Kapitalbeteiligung ein Zeichen der Wertschätzung und zugleich eine hochrentierliche Kapitalanlage sowie ein weiterer Baustein für die persönliche Vermögensbildung und Altersvorsorge.

Mitarbeiterbeteiligung gewinnt nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Globalisierung, Digitalisierung, Automatisierung und demographischem Wandel zusätzliche Bedeutung. Und die Erfahrungen in schwierigen Zeiten - wie der Finanzkrise und der aktuellen Pandemie - zeigen, dass Unternehmen mit Mitarbeiterbeteiligung mehr Möglichkeiten für einvernehmliche Lösungen haben und flexibler reagieren können.

 

Nicht nur für Großunternehmen

Bei einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung macht das Unternehmen den Mitarbeiter*innen (regelmäßig) das Angebot, eine Kapitaleinlage zu leisten, die in der Regel durch einen steuer- und sozialabgabenfreien „Zuschuss“ („Kapitalbildungszuwendung“) von Seiten des Arbeitgebers aufgestockt wird. Die beteiligten Mitarbeiter*innen erhalten darüber hinaus eine vom Unternehmenserfolg abhängige Dividende bzw. Verzinsung. Die Teilnahme an derartigen Programmen ist freiwillig.

Mitarbeiterbeteiligung wird oftmals gleichgesetzt mit der Ausgabe von Belegschaftsaktien an die Beschäftigten. In mittelständischen Unternehmen, die in der Regel als GmbH oder Personengesellschaften firmieren, hat sich die stille Gesellschaft als attraktivste Beteiligungsform herausgebildet: Der Einführungs- und Verwaltungsaufwand ist sicher kalkulierbar und für jedes Unternehmen verkraftbar; Eigentums- und Entscheidungsrechte der Gesellschafter werden nicht berührt und die rechtlichen und steuerlichen Vorgaben für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sind sicher kalkulierbar.

In Deutschland haben etwa 3.500 Unternehmen Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogramme eingeführt, an denen sich etwa 2. Millionen Beschäftigte beteiligen. Davon sind etwa eine Million Mitarbeiter*innen als stille Gesellschafter bzw. Inhaber von Genussrechten beteiligt.

 

Staatliche Förderung

Das seit 2009 geltende Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz (MKBG) regelt die steuerliche Förderung von Beteiligungsprogrammen. Die Regelung sieht vor, dass jeder Arbeitgeber seinen Mitarbeiter*innen Unternehmensanteile bis zu einer Höhe von 360 € p.A. steuer- und sozialabgabenfrei überlassen kann (§3,39 EStG).

Ab dem 1.07.2021 steigt der Freibetrag auf 720 €. Diese Steuervergünstigung kann in Anspruch genommen werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Die steuerfreie Überlassung des Arbeitgebers darf nicht mit tariflichen und einzelvertraglichen Ansprüchen der Arbeitnehmer verrechnet werden.
  • Es gilt das Gleichbehandlungsgebot, d.h.: allen Mitarbeiter*innen eines Unternehmens, die länger als ein Jahr sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, muss das Angebot zur Mitarbeiterbeteiligung offenstehen.

 

Ein typisches Beteiligungsprogramm in einem Familienunternehmen

Um die Bindung der Mitarbeiter*innen an das Unternehmen und die Attraktivität für (neue) Fach- und Führungskräfte zu steigern, bietet ein Familienunternehmen aus dem Schwarzwald mit ca. 200 Beschäftigten seit einigen Jahren ein Kapitalbeteiligungsprogramm in Form der stillen Gesellschaft an. Dabei wurden u.a. folgende unternehmensspezifische Regelungen festgelegt:

  • Die Beschäftigten haben die Möglichkeit pro Jahr eine Einlage von 300 €, 600 €, 900 € oder 1.200 € zu erbringen. Das Unternehmen gewährt eine Überlassung von 120 €, 240 €, 300 € oder 360 €. Darüber hinaus sind weitere Einlagen bis zu einer Höhe eines dreifachen Monatsgehalts möglich.
  • Die Festlegungsfrist beträgt fünf Jahren. Nach Ablauf kann der Beschäftigte sein eingebrachtes Kapital aus dem ersten Jahr mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsende kündigen.
  • Das Kapital wird mit einem erfolgsabhängigen Zins auf Basis der EBIT-Marge bedient. Der maximal mögliche erfolgsabhängige Zinssatz beträgt 10 %. Im Falle eines Verlustes fällt ein Negativ-Zins von maximal - 3 % an.

 

In einer Mitarbeiterinformation die Motivation zur Einführung eines Beteiligungsprogramms für die Mitarbeiter*innen auf den Punkt gebracht: „Investieren Sie in das, was Sie am besten kennen! Mitarbeiterkapitalbeteiligung ist ein ideales Konzept für die Unternehmenskultur eines mittelständischen Familienunternehmens – so wie wir eines sind. Für Sie bedeutet das nicht nur mehr Nähe zum Unternehmen und Arbeitgeber, sondern auch eine sehr interessante und lohnenswerte Form der Vermögensbildung, eine persönlichere, engere Einbindung im Rahmen einer partnerschaftlichen Unternehmenskultur und eine starke Motivation, gemeinsam erfolgreich zu sein – sei es als Team, als Abteilung oder als gesamtes Unternehmen.“

 

Aus Personalkosten wird Eigenkapital

Die Einlagen der Mitarbeiter*innen und die Zuwendungen des Unternehmens können bei geeigneter Ausgestaltung des Beteiligungsprogramms als wirtschaftliches und steuerliches Eigenkapital gewertet werden.

Eine kleine Modellrechnung zeigt die beachtenswerten Wirkungen eines (typischen) Kapitalbeteiligungsprogramms für die Unternehmen und ihre Beschäftigten:

  • An dem Programm eines mittelständischen Unternehmens mit 200 Beschäftigten beteiligen sich pro Jahr 100 Mitarbeiter*innen.
  • Die durchschnittliche Einlage der Beschäftigten beträgt 800 € und das Unternehmen gibt noch einmal 360 € dazu.
  • Nach fünf Jahren kumulieren sich die Einlagen für das Unternehmen auf 580.000 € Eigenkapital. Nach zehn Jahren kann dieser Betrag auf mehr als eine Million € anwachsen.
  • Das Unternehmen kann seine Zuwendungen und die Zinsenzahlungen vollständig als Betriebsausgaben absetzen.
  • Diejenigen Mitarbeiter*innen, die sich jedes Jahr an dem Programm beteiligt haben, halten nach fünf Jahren jeweils 5.800 € Beteiligungskapital und haben bei einem durchaus üblichen (erfolgsabhängigen) Zinssatz von 6 % insgesamt 1.044 € an Zinsen erhalten, die ausgeschüttet wurden. Nach zehn Jahre wäre das Vermögen auf 11.600 € angewachsen und die Zinsen addieren sich auf 3.828 €. Nach zwanzig Jahren beliefe sich das Vermögen auf 37.816 € (Kapital plus Zinsen).

 

Fazit

Mitarbeiterkapitalbeteiligung bietet Unternehmen und ihren Beschäftigten weitreichende Vorteile. Es geht den meisten Unternehmen zunächst um die personalwirtschaftlichen und unternehmenskulturellen Auswirkungen eines Beteiligungsprogramms. Dass damit zumindest auf längere Sicht auch die Eigenkapitalausstattung nachhaltig gestärkt werden kann, ist mehr als nur ein „Nebeneffekt“.

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