11.08.2021Fachbeitrag

Eine Entschuldigung kostet nichts und schafft Vertrauen

Die Beitragsserie „Markteinstieg in Japan“ fasst alles Wissenswerte für wirtschaftliche Aktivitäten in „Nippon“ (jap. für Japan) zusammen.

„Entschuldigung“. Ein Wort das vielen Menschen hierzulande schwer über die Lippen geht. Denn damit verbunden ist, die Schuld für Fehler auf sich zu nehmen und dafür gerade zu stehen. In Japan hingegen kann es leicht für Entrüstung sorgen, nicht um Verzeihung zu bitten – selbst wenn man sich keiner Schuld bewusst ist.

 

Ein weiteres Thema ist für die Zusammenarbeit mit Japanern extrem wichtig. Entschuldigungen spielen in der japanischen Kultur eine große Rolle. Auf den ersten Blick ist man versucht zu sagen, dass eine Entschuldigung wohl überall auf der Welt einem Ausdruck des Bedauerns entsprechen sollte. Und doch verstehen Kulturen unter einer Entschuldigung ganz verschiedene Dinge.

Als Einleitung in dieses Thema ist es interessant, sich eine vermeintlich unscheinbare Nachricht aus der Wirtschaft vom Winter 2016 anzusehen. Es geht um den Verkauf der Japansparte eines renommierten Schweizer Aufzugherstellers an einen Konkurrenten und den damit vollzogenen Abschied vom einst lukrativen Japangeschäft.

Der Hintergrund war, dass das Unternehmen in Japan seit einem tödlichen Unfall im Jahre 2006, bei dem ein Fahrgast im Aufzug ums Leben kam, mit einem extremen Reputationsverlust zu kämpfen hatte. Grund war weniger der Unfall selbst, der wie durch ein Gerichtsurteil bestätigt eigentlich von einem externen Wartungsunternehmen verschuldet worden war. Es war vielmehr die öffentliche Reaktion der Firma auf den Unfall selbst.

Was war passiert? Wie im Westen üblich erfolgte 2006 nur eine Stellungnahme der Firma, dass man erst den Abschluss der Untersuchungen zur genauen Ursache abwarten wolle, um dann entsprechend zu reagieren. In Japan war dies aber nicht der angemessene Weg, da der erste Schritt bei solchen Vorfällen stets eine Entschuldigung sein muss. Dort bezeugt ein japanischer Hersteller in einer Pressekonferenz sofort sein tiefes Bedauern und das oberste Management entschuldigt sich, ganz unabhängig von Schuld oder Unschuld an einem Missstand.

 

Entschuldigung als Ausdruck von Mitgefühl und nicht als Schuldeingeständnis

Da man in Japan mit einer solchen Entschuldigung nur anerkennt, dass die eigenen Produkte nicht wie erwartet funktioniert haben und daher der Kunde Unannehmlichkeiten hatte, besteht keinerlei Gefahr, damit vorschnell die Verantwortung auf sich zu nehmen.

Es gibt zahllose japanische Phrasen der Entschuldigung für alle Lebenslagen und so wird in diesem Zusammenhang oft von einem sozialen “Schmiermittel” (“junkatsu-yu“) gesprochen. In Japan handelt es sich also nicht wie hierzulande um ein klares Schuldeingeständnis, wie es ja im deutschen “Ent-schuld-igung” schon im Wort selbst angelegt ist. Es geht eher um eine Anerkennung der emotionalen Stresssituation des Gegenübers, des Kunden oder der Öffentlichkeit. Eine ausführliche Erläuterung, welche Umstände vielleicht zur eigenen Entlastung angeführt werden könnten und wer sonst noch verantwortlich sei, ist fehl am Platz.

Diese rituelle Entschuldigung aber verweigerte der Hersteller. Sogar mehr als 10 Jahre später erwähnen japanische Teilnehmer unserer Seminare beim Einsteigen in einen Aufzug dieser Marke sofort dieses Thema. Die Zeit heilt also in Japan in diesem Fall keine Wunden und erst recht keinen verlorenen guten Ruf.

Wie wir wissen, kann einem wiederum im Westen und gerade in Deutschland eine Entschuldigung nach japanischem Verständnis teuer zu stehen kommen. Wenn man sich vorschnell bei einem deutschen Kunden entschuldigt, obwohl die Schuldfrage noch nicht geklärt ist, wird dieser davon ausgehen, dass man selbst auch für den Schaden aufkommen wird. Das mussten auch schon viele Japaner leidvoll erfahren.

In unserem Beispiel mit den Aufzügen hat der ausländische Hersteller wohl eine Entschuldigung als nachrangig bewertet und die Verantwortung anderer Beteiligter wie dem Wartungsunternehmen betont. Japaner hatten aber dadurch den Eindruck, dass auf einen tragischen Unfall nur mit Ausreden („wir können nichts dafür, weil…“) reagiert wurde. Wenn wir uns selbst in die Rolle des Kunden hineinversetzen, erkennen wir, dass so jegliches Vertrauen verspielt wurde.

 

2 Tipps für die reibungslose Zusammenarbeit mit Japanern

1. Entschuldigen Sie sich im Zweifelsfall lieber ein paar Mal zu viel als einmal zu wenig! Sie übernehmen dadurch nicht die Schuld, sondern entschärfen nur die Situation.

2. Bemühen Sie sich bei einem Problem im ersten Schritt konstruktiv um die zügige Abhilfe und klären Sie die jeweilige Zuständigkeit und/oder Schuldfrage erst im Nachgang!

Ein Nichtbefolgen dieser Tipps kann wie in unserem Beispiel zum vollkommenen Verlust allen Vertrauens führen.

Wer sich hingegen bei einem Problem sofort entschuldigt zeigt, dass er die Situation ernst nimmt und bereitsteht, unabhängig von eigener Schuld oder Unschuld an der Lösung mitzuarbeiten.

 

Teil XI der Beitragsserie Markteinstieg in Japan

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