10.12.2010Fachbeitrag

Rechtskommentar:
Was für ein Kindergarten: „Klex“ und „Klax“ im Markenstreit

Rechtskommentar:

Ein in Berlin ansässiger privater KITA-Betreiber, der sein Geschäft unter der Bezeichnung Klax betreibt, hat die KITA einer 5000-Einwohner-Gemeinde namens Klex wegen einer möglichen Markenverletzung abgemahnt und der Stadt untersagt, weiterhin als „Klex“ aufzutreten. „Spinnen die?!“ fragen sich viele, doch es ist ein legitimes Beispiel für die Erhaltung seiner Markenrechte. Die ganze Story inklusive Kommentar unserer Rechtsanwältin Angelika Hempel finden Sie in unserem Artikel.

Da staunte Uwe Seibold Anfang dieses Jahres nicht schlecht: Aufgrund einer Markenrechtsverletzung soll die städtische Kindertagesstätte der 5000-Einwohner-Gemeinde Kirchheim am Neckar ihren Namen wechseln – oder alternativ eine Lizenzgebühr in Höhe von 1000€ zahlen. Absender der Abmahnung war die Klax Gruppe, ein Kita-Träger mit Sitz in Berlin, mit 35 Einrichtungen und einem Jahresumsatz von 30 Millionen Euro.

Über den Anwalt informierte Klax die Kirchheimer, dass „gemäß §14 Abs. 2 Ziffer 2 des Markengesetzes für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht.“

Denn „der Unterschied im Vokal (e statt a) ruft keinen für die Verneinung einer Verwechslungsgefahr ausreichend unterschiedlichen klanglichen bzw. visuellen Gesamteindruck hervor.“

Doch das „Angebot“ von Klax, für 1000€ den Namen weiterhin tragen zu dürfen, war dem Bürgermeister schlichtweg zu teuer. Die Lösung: Künftig soll die Kita den Namen „Klecks“ (statt „Klex“) tragen. Eine entsprechende Markenanmeldung wurde bereits beantragt.

Warum diese aber sehr wahrscheinlich scheitern wird, erklären wir später im Artikel!

Klax vs. Klex – völlig Banane oder konsequenter Schutz der Markenrechte?

So unverständlich und teilweise absurd es anmuten mag, dass ein Kita-Betreiber aus Berlin eine Dorf-Kita wie die in Kirchheim angeht, so ernsthaft ist doch der rechtliche Hintergrund. Um dies aber zu verstehen, muss zunächst ein Blick auf das Markenrecht geworfen werden.

In Deutschland und in nahezu allen anderen Staaten auf der Welt ist es möglich, sich Wörter, Slogans oder Bilder sowie Kombinationen von Wörtern und Bildern, unter denen man auf dem Markt seine Produkte anbietet, schützen zu lassen.

Der Gedanke dahinter ist, dass jemand, der Zeit, Mühe und auch Geld investiert hat, um seine Produkte auf dem Markt unter einem bestimmten „Markenzeichen“ bekannt zu machen, sich davor schützen lassen kann, dass Dritte sich diese Bekanntheit des Zeichens zu Nutze für ihre eigenen Produkte machen. Mit anderen Worten: Ein Dritter springt auf den Zug auf und das alles ohne unter Umständen selbst großartig investieren zu müssen.

Marken stehen für das Unternehmen, das darunter seine Produkte anbietet. Sie stehen für eine bestimmte Qualität und der Kunde hat bestimmte Erwartungen, wenn er Waren mit einem bestimmten Zeichen von einem bestimmten Unternehmen kauft. Bestes Beispiel hierfür ist Coca-Cola.

Kaum eine Person auf dieser Welt weiß nicht, wie die Marke aussieht. Und wenn ich eine Coke kaufe, dann erwarte ich einen bestimmten Geschmack. Schmeckt die Coke plötzlich anders, ist es aber die markante Flasche mit dem vertrauten Logo, so werden meine Erwartungen enttäuscht und ich kaufe beim nächsten Mal vielleicht eine andere Sorte Cola. Dem Erfrischungsgetränke-Hersteller gingen durch sog. Nachahmer nicht nur Umsätze verloren, das Unternehmen müsste sich u.U. auch rechtfertigen, wenn durch nachgeahmte Produkte Dritte Schaden nehmen würden.

Aber was hat das jetzt mit dem Streit zweier KITA-Betreiber zu tun? Die Antwort: Sehr viel!

Klax möchte seine Marke nicht „verwässern“

Wenn jemand ein Zeichen für sich registriert hat, darf er dieses nicht nur ausschließlich im geschäftlichen Verkehr in Deutschland benutzen, sondern anderen bundesweiten die Nutzung des Zeichens verbieten. Derjenige muss sogar alles ihm Mögliche tun, um Dritte an der unbefugten Nutzung des Zeichens zu hindern.

Tut er es nicht, kümmert er sich also nicht um seine Marke und die ihm daraus erwachsenden Rechte, so verliert die Marke an Kennzeichnungskraft, d.h. an Schutzkraft. Dies wird auch „Verwässerung“ genannt. Verteidige ich meine Rechte also nicht, so wird es mir mit der Zeit immer schwerer, diese Rechte gegenüber anderen durchzusetzen. Der schlimmste Zustand, den ein Zeichen in den Augen seines Inhabers erreichen kann, ist, dass sich dieses Zeichen in Deutschland als allgemeinüblicher Begriff durchsetzt, wie z.B. „Tempo“. Hierbei handelt es sich eigentlich auch um ein geschütztes Zeichen, es steht aber inzwischen auch stellvertretend für jedes Papiertaschentuch.

Hier hat der KITA-Betreiber aus Berlin sich den Begriff „KLAX“ als Wortmarke für die gesamte Europäische Union und damit auch in Deutschland schützen lassen.

Wortmarke bedeutet, dass jede Art von Verwendung des Begriffs, also auch jegliche Art von Bildzeichen, die den Begriff „KLAX“ enthalten geschützt sind. Geschützt ist der Inhaber der Marke „KLAX“ auch davor, dass andere, wie hier, lediglich einen Buchstaben ändern („e“ anstatt von „a“) und die Zeichen damit zwar nicht mehr identisch, aber doch ähnlich sind. Denn es kommt nicht nur auf die Ähnlichkeit der Zeichen an, sondern auch auf das Zusammenspiel von Waren- und Dienstleistungen und deren Identität / Ähnlichkeit. Je ähnlicher sich die Waren- und Dienstleistungen sind, desto größer sind die Anforderungen, die an die Unterscheidbarkeit der Zeichen zu stellen sind.

Hier geht es um zwei KITA-Betreiber, beide bieten also nicht nur ähnliche, sondern identische Produkte an. Um hier also eine Verwechselung zwischen den Zeichen zu verhindern, reicht es nicht aus, wenn nur ein Buchstabe anders ist. Die Zeichen müssten auch sonst eine bestimmte Distanz zu einander waren.

Wenn man aber nun die Zeichen mal zusammen betrachtet so fällt auf, dass die farbliche Gestaltung und auch die gesamte Aufmachung ähnlich sind.

Es kommt auch nicht darauf an, ob der Berliner KITA-Betreiber auch in Kirchheim am Neckar eine KITA betreibt. Ausreichend ist allein, ob die Zeichen auf dem Papier identisch/ähnlich sind und theoretisch die Möglichkeit besteht, dass man hier die Zeichen miteinander verwechseln könnte. Der Inhaber einer Marke genießt von Gesetzeswegen her Schutz in ganz Deutschland und soll seine Rechte unabhängig davon ausüben können, wo er überall in Deutschland Filialen hat oder seine Produkte anbietet. Dies zeichnet das Markenrecht aus und macht es zu dem scharfen Schwert, dass es mitunter darstellt.

Wenn ich etwas mein Eigen nenne, z.B. meine Wohnung oder mein Auto, so möchte ich auch nicht, dass Dritte diese Dinge nutzen, egal ob ich in der Nähe bin oder nicht. So ist der Fall auch hier.

Der Berliner KITA-Betreiber unterhält an verschiedenen Standorten in Berlin und in Deutschland Kindertagestätten. Er ist sogar für sein Konzept mehrfach ausgezeichnet worden. Diese Stellung, die er sich unter dem Begriff „KLAX“ über Jahre erworben hat, will er nun schützen und dass bundesweit.

Änderung von „Klex“ in „Klecks“ wird nichts nützen

Die Idee des Kirchheimer Bürgermeisters, den Namen von „KLEX“ in „KLECKS“ zu ändern, mag zwar auf den ersten Blick eine gute Lösung sein, aber eben nur auf den ersten.

Wie bereits gesagt, ist die Frage, ob sich zwei Zeichen ähnlich sind, unter verschiedenen Aspekten zu bewerten. So können zwei Zeichen, die auf den ersten Blick unterschiedlich aussehen, doch ähnlich sein, wenn sie sich in der Aussprache ähneln. Dies ist auch der Fall bei der angedachten Änderung von „KLEX“ in „KLECKS“.

Denn was hier nicht bedacht wurde, ist die phonetische Bedeutung des Buchstaben „X“. Er bezeichnet die Verbindung der beiden Konsonanten [k] und [s], also [ks]. Phonetisch würde das Zeichen „KLEX“ also wie folgt dargestellt werden:

[klɛks]

Die Buchstabenkombination „ck“ dient im Deutschen als Variante von „k“ zur Kennzeichnung, dass der vorhergehende Vokal kurz ausgesprochen wird. „KLECKS“ würde phonetisch daher wie folgt aussehen:

[klɛcks]

Beide Wörter würden also gleich ausgesprochen werden, denn das „c“ in KLECKS zeigt nur an, dass der Buchstabe „e“ vor dem „k“ kurz ausgesprochen wird.

Auch die „Klecks“-Markenanmeldung wird scheitern

Die Idee, „KLEX“ in „KLECKS“ zu ändern klingt zwar sehr charmant, ändert aber an der rechtlichen Situation nichts. Die Zeichen wären weiterhin ähnlich, eine Verwechslung könnte nicht ausgeschlossen werden und damit würde auch der neue Name weiterhin in die Rechte des KITA-Betreibers eingreifen.

Auch die eingereichte Klecks-Markenanmeldung dürfte wenig Aussicht auf Erfolg haben: Bei erfolgreicher Veröffentlichung der Markenanmeldung ist diese ja noch nicht final eingetragen. Erst nach Verstreichen der 3-Monats-Widerspruchsfrist ist die Marke „sicher“.

Aber genau ein solcher Widerspruch wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit kommen. Der Grund: Auch bei „Klecks“ ist eine erhöhte Verwechslungsgefahr zu erwarten.

Darüber hinaus ist „Klecks“ bereits zweimal beim DPMA eingetragen: Die erste Variante von „KLECKS“ wurde bereits 1991 eingetragen. Vorrangig soll diese Marke im Bereich „Druckereierzeugnisse“ (aus Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien) eingesetzt werden.

Die zweite Markeneintragung ist zwar erst 2014 vorgenommen worden, aber diese „Klecks“-Marke genießt bereits Schutz in Klasse 41 (Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten), für die die Kirchheimer ebenfalls Schutz beantragt haben.

Es ist daher davon auszugehen, dass es nun nicht mehr nur bei der bisherigen Abmahnung bleibt, sondern auch Widersprüche gegen deren „Klecks“-Markenanmeldung kommt – und das dann nicht nur von der Klax-Gruppe …

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