10.07.2025

Arbeit & Bildung

Führung in der Krise: Warum gute Kommunikation jetzt entscheidend ist

Krisen, Veränderung und Unsicherheit gehören längst zum Alltag vieler Unternehmen – umso wichtiger wird eine klare und vertrauensvolle Kommunikation. Doch wie gelingt Führung in angespannten Zeiten? Welche Rolle spielt die interne Kommunikation, wenn es darum geht, Orientierung zu geben, Vertrauen zu stärken und gemeinsam durch unsichere Phasen zu steuern?

Diese Fragen standen im Zentrum des Webinars „Führung in angespannten Zeiten – Warum die interne Kommunikation jetzt besonders wichtig ist“. DMB-Mitglied und Kommunikationsexpertin Dr. Ulrike Rausch-Rieß teilte ihre langjährige Praxiserfahrung, gab konkrete Empfehlungen für den Führungsalltag und zeigte anhand eines realen Krisenfalls, worauf es in der Kommunikation wirklich ankommt.

»Es sind oft scheinbare Binsenweisheiten, die aber in der Praxis schwer umzusetzen sind. Schweigen schützt nicht. Wer Probleme nicht offen anspricht, erzeugt Unsicherheit. 

– Dr. Ulrike Rausch-Rieß

Warum brauchen Unternehmen interne Kommunikation?

Pandemie, Ukrainekrieg, Energiepreise, geopolitische Spannungen – unsere Welt ist im Krisenmodus. Viele Unternehmen stehen unter Druck, ganze Branchen verändern sich. In dieser Situation braucht es vor allem eines: gute Kommunikation.

Denn Kommunikation schafft Orientierung, Stabilität und Zusammenhalt – gerade nach innen.

Interne Kommunikation meint den Austausch mit Mitarbeitenden auf allen Ebenen – vom CEO bis zur Teamleitung. Sie ist mehr als Information: Sie ist Vertrauensarbeit.

Vertrauen entsteht durch:

  • Transparenz – Informationen rechtzeitig teilen
  • Dialog – Zuhören und Rückmeldungen einholen
  • Zuverlässigkeit – Versprechen halten

Im Unterschied zur externen Kommunikation mit Medien, Kunden oder Öffentlichkeit richtet sich die interne Kommunikation an die eigene Organisation – und legt damit das Fundament für Krisenfestigkeit.
 

Die fünf Funktionen interner Kommunikation:

  1. Orientierung geben – Wo stehen wir, wo wollen wir hin?
  2. Sicherheit vermitteln – Was ist stabil, welche Pläne gibt es?
  3. Verbundenheit stärken – „Wir“-Gefühl fördern
  4. Motivation fördern – Sinn und Ziel vermitteln
  5. Feedback ermöglichen – Mitarbeitende beteiligen
     

Führung in Krisenzeiten: Kommunikation

In Krisenzeiten zeigt sich, wie entscheidend gute Führung ist – etwa, wenn Umsätze zurückgehen, Kurzarbeit droht oder Entlassungen anstehen. Mitarbeitende erwarten dann von ihren Führungskräften vor allem Ehrlichkeit, Empathie, Erreichbarkeit, klare Perspektiven und Verbindlichkeit. Wer in solchen Situationen transparent und nahbar kommuniziert, schafft Vertrauen und hält das Team handlungsfähig.

Die vier Säulen des Vertrauens

Authentizität

Echt bleiben, nichts beschönigen

Konsistenz

Keine Widersprüche zwischen Kanälen

Empathie

Emotionale Lage der Mitarbeitenden anerkennen

Klarheit

Konkrete, eindeutige Aussagen

»Authentizität ist keine Schwäche. Wenn ich als Führungskraft Unsicherheiten habe, darf ich sie benennen – aber muss sie gleichzeitig mit Zuversicht verbinden. Führung heißt nicht, keine Angst zu haben – sondern mit ihr umzugehen.

– Dr. Ulrike Rausch-Rieß

Kommunikationsfehler vermeiden

Kommunikationsfehler wie Schweigen, Beschönigung oder widersprüchliche Aussagen untergraben Vertrauen und führen zu Unsicherheit. Führungskräfte müssen Informationen offen und ehrlich vermitteln – auch wenn sie unangenehm sind. Sie sind die kommunikative Brücke zwischen Management und Team und benötigen dafür vor allem eines: emotionale Intelligenz – also die Fähigkeit, eigene Gefühle und die der Mitarbeitenden wahrzunehmen, einzuordnen und entsprechend zu handeln.

Entscheidungen unter Druck: Denkfallen erkennen

Unter Stress neigt das Gehirn oft zu intuitiven Entscheidungen und so zu kognitiven Verzerrungen

So entstehen unter Druck folgende drei typische Denkfehler:

  1. Bestätigungsfehler: Ausschließliche Wahrnehmung von Informationen, die die eigene Meinung stützen → Warnungen werden ignoriert
  2. Risikovermeidung: Angst vor Verlusten blockiert Innovationsentscheidungen → Keine Investitionen
  3. Überoptimismus: Überschätzung der eigenen Kontrollfähigkeit → Risiken werden verharmlost

Metakognition – also das Nachdenken über das eigene Denken – hilft, Denkfehler zu erkennen und bewusst gegenzusteuern. Denn Führungskräfte, die reflektieren, treffen bessere Entscheidungen.

Moderne Führung setzt auf Vertrauen statt Kontrolle. Wer aus Rückschlägen lernt, schafft Resilienz – bei sich selbst und im Team. Psychologische Sicherheit wird so zum Nährboden für Zusammenarbeit und Innovation, gerade in Krisenzeiten. Gute Führung beginnt mit Selbstreflexion: Wer die eigenen Denk- und Verhaltensmuster erkennt, kann klarer, glaubwürdiger und wirksamer entscheiden. Metakognitive Fähigkeiten – also das Nachdenken über das eigene Denken – sind dabei ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Zukunft.
 

Interne Kommunikation in der Krise

Fahrplan für die interne Krisen-PR

  1. Faktenlage analysieren
  2. Zielgruppen definieren
  3. Botschaften formulieren
  4. Kanäle festlegen
  5. Kommunikation starten
  6. Nachhalten & Feedback
     

»Regelmäßige Kommunikation ist der Anker in bewegten Zeiten, denn mit kontinuierlicher Kommunikation kann Struktur und Ordnung geschaffen werden.

– Dr. Ulrike Rausch-Rieß

Externe Kommunikation in der Krise

Eine starke Krisenkommunikation beginnt immer intern – Mitarbeitende zuerst informieren, dann Stakeholder wie Medien, Kunden, Politik. Zudem müssen die passenden Kommunikationskanäle gewählt werden.

Fahrplan für die externe Krisen-PR

  1. Lage erfassen
  2. Botschaft definieren
  3. Zielgruppen überlegen
  4. Kanäle wählen
  5. Kommunikation durchführen
  6. Feedback auswerten & lernen

Die Veränderungskurve von Krisen

Darstellung nach Kübler-Ross und Streich

Praxisbeispiel: Der Fall Revell

Der Modell- und Spielwarenhersteller Revell geriet in die Kritik, nachdem ein Miniaturmodell eines von den Nationalsozialisten konzipierten „Ufos“ mit einer fehlerhaften Verpackung auf den Markt gekommen war.
Dank der kommunikativen Unterstützung der Dreiklang GmbH gelang es dem Unternehmen, seinen Ruf zu retten: schnelle, offene Kommunikation, aktive Medienarbeit, die sofortige Rücknahme des Produkts und eine klare öffentliche Positionierung machten den entscheidenden Unterschied. Im Anschluss gab es keine weitere kritische Berichterstattung zum Unternehmen oder den Produkten mehr.

5 Tipps für die Krise

  1. Klare, regelmäßige Kommunikation auf Augenhöhe
  2. Ein hohes Maß an Transparenz
  3. Hohe Sichtbarkeit der Führungspersönlichkeiten
  4. Nutzung unterschiedlicher Kanäle – digital & persönlich
  5. Authentizität, Wertebezug und konsistente Botschaften
     

Fazit: Kommunikation ist Führungsaufgabe

In der Krise zeigt sich, wie belastbar Vertrauen und Unternehmenskultur wirklich sind. Gute Kommunikation – ehrlich, empathisch, konsistent und klar – ist das Fundament, auf dem Resilienz, Motivation und Zusammenarbeit in schwierigen Zeiten aufbauen.

»In der Krise müssen sich Unternehmen ihrer Werte bewusst werden und dementsprechend auch ihre Kommunikation gestalten!

– Dr. Ulrike Rausch-Rieß

Zur Person

Dr. Ulrike Rausch-Rieß

Dr. Ulrike Rausch-Rieß ist Gründerin und Geschäftsführer einer PR-Agentur. Bereits seit über 25 Jahren ist sie im Bereich PR und Kommunikation tätig. Die promovierte Musikwissenschaftlerin, Germanistin und Philosophin begann ihre Karriere als Redakteurin beim SWR, arbeitete als PR-Chefin in zwei mittelständischen Full-Service-Agenturen. Seit 2019 ist sie geschäftsführende Gesellschafterin der Nürnberger Kommunikations-Agentur Dreiklang GmbH und unterrichtet als Gast-Dozentin am Campus M21 in Nürnberg.

Zur Autorin

Luisa Lippert

Referentin Wirtschaft & Politik

+49 0211 200525-38
luisa.lippert@mittelstandsbund.de