20.05.2025
Investitionsklima im Mittelstand 2025: Zwischen Unsicherheit, Kosten und Hoffnung

Der deutsche Mittelstand, traditionell das Rückgrat der Wirtschaft, zeigt sich bei Investitionen derzeit äußerst zurückhaltend – und das aus nachvollziehbaren Gründen. Politische Unsicherheiten, steigende Kosten und eine schwache Nachfrage dämpfen die Investitionsbereitschaft vieler Unternehmen. Wie der Mittelstand aktuell agiert, welche Zahlen die Lage belegen und welche Maßnahmen jetzt helfen könnten, zeigt unser Überblick.
Stillstand statt Aufbruch: Warum der Mittelstand auf der Bremse steht
Die Investitionsbereitschaft im deutschen Mittelstand befindet sich auf einem historischen Tiefstand. Laut einer aktuellen Umfrage von Creditreform planen nur noch rund 42 % der Unternehmen Investitionen – ähnlich niedrige Werte wurden zuletzt während der Finanzkrise 2008 gemessen. Die Gründe für diese Zurückhaltung sind vielfältig und eng miteinander verknüpft.
Hauptgründe für die Investitionszurückhaltung
- Politische Unsicherheit und Bürokratie:
Eine der größten Hürden für Investitionen ist die wachsende Bürokratie. Laut einer Studie der LBBW empfinden 94 % der befragten Mittelständler die Bürokratiebelastung als größtes Investitionshemmnis – ein Rekordwert. Unklare politische Rahmenbedingungen, etwa bei der Energiewende oder durch neue Regulierungen wie das Lieferkettengesetz, erschweren die langfristige Planung. Viele Unternehmen beklagen, dass sie immer mehr Zeit und Ressourcen für Berichtspflichten aufwenden müssen, statt sich auf ihr Kerngeschäft und Innovationen zu konzentrieren. - Hohe Kosten:
In den letzten Jahren sind die Kosten für Löhne, Energie und Materialien stark gestiegen. Besonders die Energiekosten liegen weiterhin deutlich über dem Vorkrisenniveau und bleiben laut einer Analyse der IHK Mittlerer Niederrhein für zwei Drittel der Unternehmen eine große Belastung. Auch die Lohnkosten und Sozialabgaben machen inzwischen rund ein Drittel der Gesamtkosten aus, was die Kalkulation neuer Investitionen zusätzlich erschwert. - Schwache Nachfrage:
Viele mittelständische Unternehmen sehen aktuell zu wenig Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen. Laut Creditreform berichten 31 % von Umsatzrückgängen, während nur 20 % eine Steigerung vermelden können. Wer noch freie Kapazitäten hat, investiert derzeit nicht in Erweiterungen, sondern hält das Geld zusammen, um flexibel auf weitere Unsicherheiten reagieren zu können.
Finanzierung: Kredite schwerer, Eigenkapital wichtiger
Auch die Finanzierungssituation hat sich zuletzt spürbar verschärft. Im ersten Quartal 2025 stuften laut KfW-ifo-Kredithürde 33,8 % der Mittelständler die Kreditverhandlungen mit Banken als restriktiv ein – der höchste Wert seit 2017. Besonders das Baugewerbe ist betroffen. Gründe hierfür sind strengere Anforderungen der Banken, gestiegene Zinsen und die insgesamt schwache Konjunktur, die die Kreditwürdigkeit vieler Unternehmen belastet.
Trotzdem ist die Finanzierung nicht das Hauptproblem:
- Immer mehr Unternehmen finanzieren Investitionen aus Eigenkapital. 2023 verzichteten laut KfW 27 % grundsätzlich auf Fremdfinanzierung, 2017 waren es nur 15 %.
- Die Eigenkapitalausstattung vieler Mittelständler hat sich verbessert, was die Abhängigkeit von Banken reduziert. 2023 lag die Eigenkapitquote von KMU bei 30,6 %, 2000 lag sie noch bei 11,9 %.
- Ältere Unternehmer (über 55 Jahre) sind besonders zurückhaltend bei langfristigen Investitionen und Kredit aufnahmen, weil sich diese oft nicht mehr lohnen und Nachfolgen ungeklärt sind.
Was würde Investitionen anregen?
Die Ergebnisse der letzten Jahresumfrage des Deutschen Mittelstands-Bunds e.V. zeigen die größten Investitionshindernisse auf und geben klare Signale an die Politik, wo entlastet werden muss:
- Entfesselung von Bürokratie: Ein umfassender Bürokratieabbau muss die Unternehmen von Reporting-Aufgaben befreien und wieder mehr Raum für die Planung von Investitionen geben.
- Steuerliche Entlastungen und niedrigere Energiepreise: Über 61 % der befragten DMB-Mitglieder sieht für 2025 die steuerliche Belastung als größtes Investitionshindernis. Für über 38 % sind die hohen Energiekosten ein großes Investitionshindernis.
- Verlässliche Wirtschaftspolitik: Die mittelständischen Unternehmen fordern stabile, planbare Rahmenbedingungen. Die Arbeit der neuen Bundesregierung muss von Konstruktivität und nicht von Blockaden geprägt sein.
Der deutsche Mittelstand ist investitionsbereit, aber die Unsicherheit ist zu groß. Die Unternehmen halten ihr Geld zusammen und warten auf bessere, verlässlichere Rahmenbedingungen. Die Politik ist gefordert, durch Bürokratieabbau, steuerliche Entlastungen und eine planbare Energiepolitik wieder Vertrauen zu schaffen. Erst dann wird der Mittelstand wieder investieren – und damit auch die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland sichern.
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