24.02.2025

Finanzen

Wie weit liegen Union und SPD bei der Finanzpolitik auseinander?

Bei den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen müssen die Parteien mehrere potentielle Konfliktbereiche lösen.

Die deutschen Wählerinnen und Wähler haben bei der Bundestagswahl 2025 der Union mit ihrem Spitzenkandidaten Friedrich Merz einen klaren, aber auch komplizierten Regierungsauftrag gegeben. Da CDU/CSU eine Koalition mit der AfD ausschließen, stehen die Weichen auf einem Mitte-Bündnis zwischen Union und SPD. Eines ist klar: Die neue Regierung muss wirtschaftspolitische Reformen im Eiltempo angehen. Doch wie weit liegen die Wahlprogramme von Union und SPD bei dem entscheidenden Thema der Finanzpolitik auseinander? Und gibt es Überschneidungen? 

Werfen wir dazu einen Blick auf die einzelnen Themenbereiche:

Themenbereich CDU/CSU SPD Konfliktpotenzial
Schuldenbremse Strikte Einhaltung Reform Gering, da Reform eher unrealistisch
Einkommensteuer Abflachung des Tarifs Entlastung mittlerer Einkommen, höhere Spitzensteuern Gering bis mittel
Unternehmenssteuern Maximal 25 %, Abschaffung des Soli Keine Änderung vorgesehen Hoch
Vermögensteuer Klare Ablehnung Wiederbelebung für sehr hohe Vermögen Hoch
Erbschaftsteuer Erhöhung der Freibeträge Höhere Besteuerung großer Unternehmensvermögen Hoch
Investitionen Turboabschreibungen Investitionsprämie „Made in Germany“-Bonus, Deutschlandfonds mit 100 Mrd. Euro Gering, da Kompromiss möglich
Finanzierung der Pläne Sozialabbau Schuldenbremse reformieren plus Vermögensteuer Sehr hoch

Konfliktlinien: Schuldenbremse und Unternehmensteuern 

Ein zentraler Konfliktpunkt zwischen Union und SPD ist die Frage nach der Reform der Schuldenbremse. Während CDU/CSU strikt an der im Grundgesetz verankerten Regel festhalten, um die finanzielle Stabilität Deutschlands zu sichern, fordert die SPD eine Reform, um mehr Spielraum für dringend benötigte Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz zu schaffen. Da eine Änderung der Schuldenbremse eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag erfordert, die von den Parteien der Mitte (CDU/CSU, SPD und Grüne) nicht erreicht wird, scheint dieser Streitpunkt erstmal weniger relevant zu sein.

Ein weiterer Konfliktpunkt besteht bei der Vermögens- und Erbschaftssteuer. CDU/CSU lehnen sowohl eine Wiederbelebung der Vermögensteuer als auch eine stärkere Besteuerung großer Unternehmensvermögen bei der Erbschaftsteuer kategorisch ab. Sie sieht darin eine Gefahr für den Mittelstand und den Vermögensaufbau. Die SPD hingegen fordert Reformen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie eine Wiederbelebung der Vermögensteuer, um große Unternehmensvermögen stärker zu belasten. Diese Forderungen stoßen bei der Union auf starken Widerstand, da sie befürchtet, dass dies Investitionen hemmen und Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit schwächen könnte.

Steuersenkungen und Investitionen

Die Union plant hingegen eine Senkung der Unternehmensbesteuerung von maximal 25 Prozent auf einbehaltene Gewinne. Diese Maßnahme soll Wachstum fördern, mit dem zukünftig wieder mehr Steuereinnahmen ermöglicht werden. Zusätzlich will die Union den Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen, um die Steuerlast weiter zu verringern. Diese dringend notwendigen Entlastungen für Unternehmen müssen jedoch im Bundeshaushalt gegenfinanziert werden, was mit einem möglichen Verhandlungspartner SPD alles andere als einfach wird.

Im Bereich der Investitionsförderung könnten sich Union und SPD auf einen Kompromiss einigen. Die SPD schlägt eine Investitionsprämie - den „Made in Germany-Bonus“ - vor, um Unternehmen zu motivieren, in Deutschland zu investieren. Ähnlich zum US-Pedant, den ‚Tax Credits‘, sollen 10 % der Anschaffungssumme bei neuen Investitionen über eine Steuererstattung gefördert werden. Die Union setzt wiederum auf Turboabschreibungen, die es Unternehmen ermöglichen sollen, Investitionen schneller steuerlich geltend zu machen und so ihre Liquidität zu verbessern. Ein Kompromiss bzw. die Festlegung auf eine dieser Maßnahmen sollte möglich sein.

Größtes Konfliktpotential bei der Finanzierung

Die Finanzierung der ambitionierten Pläne beider Parteien wird eine der größten Herausforderungen in den Koalitionsverhandlungen darstellen. Da eine Reform der Schuldenbremse aufgrund fehlender Mehrheiten kaum realisierbar ist, müssen Einsparungen in anderen Bereichen gefunden werden. Dies birgt erhebliches Konfliktpotenzial: Die SPD könnte Kürzungen bei Sozialausgaben ablehnen, während die Union sich gegen Steuererhöhungen sträuben dürfte.

Ohne zusätzliche Einnahmen oder neue Schulden wird es jedoch schwierig sein, sowohl die steuerlichen Entlastungen der Union als auch die umfangreichen Investitionspläne der SPD umzusetzen. Mittel der Wahl könnten darin bestehen, ineffiziente Subventionen abzubauen oder Ausgaben in weniger priorisierten Bereichen wie Verwaltungskosten einzusparen, was aber nicht im Ansatz genug Mittel für den Investitionsbedarf der deutschen Wirtschaft und Infrastruktur bieten dürfte. Die Koalitionsverhandlungen werden aller Voraussicht nach ein zäher Prozess für beide Seiten sein.

Zur Person

Benjamin Schöfer

Referent Wirtschaft und Politik

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