28.10.2025
Investieren vor dem Unternehmensverkauf – Chancen und Risiken aus Sicht des Verkäufers

Wer sein Unternehmen verkaufen oder die Nachfolge regeln möchte, steht vor einer besonderen Doppelrolle: Einerseits soll der Betrieb möglichst attraktiv für Käufer wirken, andererseits darf das Geschäftsergebnis nicht durch Investitionen so stark belastet werden, dass der Kaufpreis sinkt. Frühzeitige und kluge Planung entscheidet darüber, ob Investitionen den Wert steigern – oder ihn mindern.
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Herausforderung: Zwischen Investition und EBIT
Digitalisierung, Fachkräftemangel und steigende regulatorische Anforderungen setzen den Mittelstand unter Druck. Gleichzeitig sind Käufer heute kritischer und führen detaillierte Prüfungen und Analysen (Due-Diligence) durch. Verkäufer müssen sich daher fragen: Welche Investitionen erhöhen den Unternehmenswert und welche verschlechtern nur kurzfristig das EBIT (operativer Gewinn vor Zinsen und Steuern)?
- Wertsteigernde Maßnahmen
Zunächst geht es um Substanz und Risikominimierung. Ein gepflegter Maschinenpark, eine sichere IT und aktuelle Wartungs- und Compliance-Nachweise reduzieren das Risiko aus Käufersicht. Solche Maßnahmen stärken Vertrauen und erleichtern die Verhandlungen.
Auch Investitionen in Prozesse und Strukturen zahlen sich aus. Eine transparente Kostenrechnung, sauberes Reporting und klar dokumentierte Verträge machen das Unternehmen „due-diligence-fest“. Wer ein eingespieltes zweites Führungsteam etabliert, zeigt, dass das Unternehmen nicht allein vom Inhaber abhängt – ein starkes Argument in Preisverhandlungen.
„Soft“-Investments werden oft unterschätzt. Eine professionelle Außendarstellung, eine aktuelle Website, gesicherte Markenrechte oder langfristige Kunden- und Lieferantenverträge erhöhen die Stabilität und damit den Wert des Unternehmens.
Ebenso gefragt sind ESG (Environmental, Social, Governance)- und Nachhaltigkeitsinitiativen, wenn sie glaubwürdig und belegbar sind.
- Wovon abzuraten ist
Problematisch sind Investitionen mit langer Amortisationsdauer, wenn der Verkauf in ein bis zwei Jahren geplant ist. Eine neue Produktionslinie, ein groß angelegtes Forschungs- und Entwicklungsprojekt (F&E) oder ein umfassendes ERP-System können zwar strategisch sinnvoll sein, drücken aber kurzfristig das EBIT – und damit den Kaufpreis. Käufer kalkulieren meist mit den Ergebnissen der letzten drei Jahre; Belastungen heute schlagen direkt auf die Bewertung durch.
Auch Diversifikationen in neue Geschäftsfelder oder teure Marketingkampagnen ohne sofortige Wirkung können den Wert mindern, weil sie das Risikoprofil verändern und Planbarkeit erschweren. Gleiches gilt für den Personalaufbau ohne klare Rendite aus einer Investition (ROI) oder für eine Flottenerneuerung, wenn der Käufer ohnehin eigene Fahrzeuge einbringen würde.
Vorlaufzeit und Kapitalbedarf
Als Faustregel gilt: Wer sein Unternehmen verkaufen möchte, sollte zwei bis drei Jahre vorher mit der aktiven Vorbereitung beginnen. In dieser Zeit können sinnvolle Investitionen ihre Wirkung entfalten und im EBIT sichtbar werden. Maßnahmen, die sich innerhalb von zwölf Monaten amortisieren, sind meist unkritisch. Alles, was erst nach drei Jahren Erträge bringt, sollte kritisch geprüft und gegebenenfalls zurückgestellt werden.
Wichtig ist auch der Blick auf die Gewinnschwelle: Eine Investition, die noch vor dem Verkauf ihre Gewinnzone erreicht, lässt sich in Verhandlungen positiv darstellen. Liegt der sogenannte Break-even deutlich nach dem geplanten Verkaufszeitpunkt, wird der Käufer den Risikoabschlag einkalkulieren.
Bewertungseffekte verstehen
Professionelle Käufer normalisieren das Ergebnis, um Sondereffekte herauszurechnen. In manchen Fällen lassen sich einmalige Belastungen plausibel darstellen und so der Kaufpreis stabil halten. Dennoch gilt: Je klarer und stabiler die Ergebniszahlen, desto besser die Verhandlungsposition.
Neben dem EBIT spielen Substanz- und Liquiditätswerte eine Rolle. Ein sauberer Lagerbestand, optimiertes Betriebskapital und transparente Finanzierungen (z. B. Leasing vs. Kauf) erleichtern die Bewertung. Auch steuerliche Aspekte – etwa Sofortabschreibungen kurz vor dem Verkauf – können das Ergebnis und damit den Preis beeinflussen.
Beispiele aus der Praxis
Wertsteigernd:
- Ein Produktionsbetrieb lässt alle Maschinen zertifizieren und erstellt lückenlose Wartungsnachweise. Das signalisiert Käufern Zuverlässigkeit und reduziert deren Risikoabschläge.
- Ein Softwarehaus führt ein sauberes Lizenz- und IP-Management ein. Die klaren Rechteverhältnisse machen das Unternehmen für Käufer attraktiver.
- Ein Handwerksunternehmen aktualisiert seine Website, stärkt seine Arbeitgebermarke und gewinnt neue Fachkräfte. Das erhöht die Stabilität und Marktposition zum Verkaufszeitpunkt.
- Ein Logistikdienstleister optimiert Lagerbestände und Betriebskapital. Die bessere Liquiditätslage wirkt sich direkt positiv auf die Bewertung aus.
- Ein Familienunternehmen etabliert ein zweites Führungsteam und klare Stellvertreterregelungen. Das mindert Abhängigkeit vom Inhaber und steigert den Kaufpreis.
- Ein Handelsunternehmen schließt langfristige Lieferantenverträge ab und dokumentiert Prozesse. Diese Maßnahmen erhöhen Stabilität und steigern den Kaufpreis.
- Ein Dienstleister zahlt Mitarbeiterbindungsprämien. Kurzfristig belastet das den Gewinn, langfristig reduziert es Fluktuation und sorgt für einen reibungsloseren Übergang – mit potenziell positivem Effekt auf den Kaufpreis.
Wertmindernd:
- Ein Metallverarbeiter startet ein dreijähriges F&E-Projekt für eine neue Produktlinie, das erst nach dem Verkaufserlös Früchte trägt. Käufer werten das als Risiko und kalkulieren Abschläge.
- Ein Dienstleistungsunternehmen investiert massiv in ein neues, teures Bürogebäude. Die Abschreibungen und Zinslast belasten kurzfristig das EBIT und verringern die Unternehmensbewertung.
- Ein Handelsunternehmen nimmt für eine aggressive Auslandsexpansion hohe Kredite auf. Die Verschuldung und das erhöhte Risiko schrecken Käufer ab.
- Ein Maschinenbauer kauft kurz vor dem Verkauf mehrere Spezialmaschinen, die nur für eine Nischenproduktion taugen. Käufer ohne diese Spezialisierung werden den Wert nicht anerkennen.
- Ein Unternehmen gewährt großzügige Rabatte und Marketingausgaben für Neukunden, die erst nach Jahren profitabel werden. Kurzfristig sinkt das EBIT und damit der Kaufpreis.
- Ein Maschinenbauer investiert 500.000 € in ein neues ERP-System. Einführungskosten senken das EBIT um 200.000 €, Nutzen erst ab dem zweiten Jahr. Bei einem geplanten Verkauf nach 18 Monaten wirkt dies preismindernd.
Empfehlungen für Verkäufer
- Frühzeitig planen: Mindestens zwei Jahre vor dem Verkauf eine Investitionsstrategie entwickeln.
- Checkliste nutzen: Muss-, Soll- und Kann-Investitionen unterscheiden.
- Käuferperspektive einnehmen: Welche Maßnahmen steigern den Wert wirklich?
- Experten einbinden: M&A-Berater und Steuerberater frühzeitig hinzuziehen, um Effekte auf den Kaufpreis zu simulieren.
Fazit
Investitionen vor einer Unternehmensnachfolge sind ein Balanceakt. Wer zu spät oder planlos investiert, riskiert, den Kaufpreis zu schmälern. Wer hingegen gezielt in Substanz, Prozesse, Transparenz und Management investiert, erhöht Vertrauen und Wert. Entscheidend ist eine klare Investitionsstrategie mit Blick auf Amortisationszeit, EBIT-Effekte und Käuferinteressen. So wird aus der Vorbereitung kein Kostenfaktor, sondern ein echter Werttreiber für den erfolgreichen Unternehmensverkauf.

Gastautor: Oliver Laube
Oliver Laube ist Unternehmer, Diplom-Kaufmann und M&A Specialist (ACA). Er war in der Mittelstandsberatung sowie in verschiedenen Managementfunktionen. Heute begleitet er als geschäftsführender Gesellschafter der SevenReasons Consulting Unternehmer bei Nachfolge und Unternehmensverkäufen.
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