Auszug aus dem Wahlprogramm der Partei Die Linke zum Thema "Arbeit"

Auszug aus dem

Wahlprogramm von

Die Linke zum

Thema "Arbeit"

Auszüge aus dem Wahlprogramm der Linken zur Bundestagswahl:

Sozial. Gerecht. Frieden. Für alle. Die Zukunft, für die wir kämpfen!

11.06.2017

I. Gute Arbeit für alle statt Niedriglohn, Dauerstress und Abstiegsangst

S. 11-19

Millionen Menschen in Deutschland wünschen sich bessere Löhne, sichere Arbeitsplätze, weniger Stress und Arbeitszeiten, die mit dem Leben mit Kindern, Familie und Freundschaften vereinbar sind. Aber diese berechtigten Ansprüche werden für viele Beschäftigte und Selbständige nicht eingelöst. Viele arbeiten bis zur Erschöpfung und kommen doch mit ihrem Lohn kaum bis zum Monatsende über die Runden. Ein Viertel der Beschäftigten arbeitet in unsicheren Arbeitsverhältnissen wie Leiharbeit, Werkverträgen, befristeter Beschäftigung, Minijobs, Solo- und Scheinselbständigkeit. Prekär Beschäftigte können das eigene Leben kaum planen und sich kaum eine berufliche Perspektive aufbauen. DIE LINKE vertritt genauso die Interessen der vielen Beschäftigten, die mit auskömmlichem Gehalt und unbefristeten Arbeitsverhältnissen arbeiten. Sorgen um den Arbeitsplatz und die berufliche Zukunft, Dauerstress und belastende Arbeitszeiten machen krank. Wir stellen uns den Versuchen der Arbeitgeber entgegen, die Belegschaften spalten: in Beschäftige in unsicheren Arbeitsverhältnissen und Beschäftigte, die nicht direkt davon betroffen sind.

DIE LINKE kämpft für einen grundlegenden Kurswechsel in der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftspolitik und für ein neues Normalarbeitsverhältnis. Das alte Normalarbeitsverhältnis, das nach dem Zweiten Weltkrieg von Beschäftigten und Gewerkschaften erkämpft wurde, bedeutete Sicherheit gegen das Risiko von sozialem Abstieg. Es erlaubte, die Zukunft zu planen und die Grundlagen dafür zu legen, dass es den Kindern einmal besser geht. Wir wollen ein neues Normalarbeitsverhältnis, das für alle Menschen soziale Sicherheit ermöglicht und auf individuelle Lebenslagen Rücksicht nimmt: Die Löhne müssen für ein gutes Leben und für eine Rente reichen, die den Lebensstandard im Alter sichert. Arbeit darf nicht krank machen, sie muss planbar und mit dem Leben mit Kindern vereinbar sein. Arbeit muss für alle Menschen sicher und unbefristet, tariflich bezahlt, sozial abgesichert und demokratisch mitgestaltet sein. Das gilt, egal ob die Arbeit mit Laptop oder Wischmopp, im Pflegekittel oder Blaumann geleistet wird. In einem reichen Land wie Deutschland fängt sozial gerechte Politik damit an, dass Armut trotz Arbeit, sozialer Abstieg und permanente Unsicherheit in prekären Jobs sofort gestoppt werden. DIE LINKE will als Sofortmaßnahmen durchsetzen:
 

  • Der gesetzliche Mindestlohn wird auf 12 Euro erhöht. Der Mindestlohn von 8,84 Euro, den die Große Koalition auf Druck der Gewerkschaften, Sozialverbände und der LINKEN endlich eingeführt hat, ist zu niedrig. Der gesetzliche Mindestlohn muss jährlich angehoben werden, dabei ist mindestens die Produktivitäts- und Preisentwicklung zu berücksichtigen. Er muss so bemessen und fortlaufend angepasst werden, dass er wirksam vor Altersarmut schützt. Und er muss flächendeckend gelten: Alle Ausnahmeregelungen wollen wir streichen. Um die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns zu kontrollieren, müssen dringend mehr staatliche Kontrolleure und Kontrolleurinnen eingestellt werden.
     
  • Befristungen stoppen! Immer mehr Menschen hangeln sich jahrelang von einem befristeten Job zum nächsten. Jeder zweite neu abgeschlossene Arbeitsvertrag ist befristet. DIE LINKE fordert daher die ersatzlose Streichung der »sachgrundlosen Befristung« aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Sachgründe müssen strikt beschränkt, Kettenbefristungen verboten werden: Der zweite Arbeitsvertrag beim gleichen Arbeitgeber muss unbefristet sein, Befristungen sollen auf längstens ein Jahr beschränkt werden. Auch im Öffentlichen Dienst arbeiten Beschäftigte immer öfter und länger befristet – vor allem junge Berufseinsteiger. Der Öffentliche Dienst muss Vorbild sein: Sachgrundlose Befristungen müssen ausgeschlossen werden.
     
  • Lohndumping durch Leiharbeit und Werkverträge verhindern! Leiharbeit schafft im gleichen Betrieb Beschäftigte zweiter Klasse. Beschäftigte in Leiharbeit verdienten 2015 nur knapp 60 Prozent des Durchschnittslohns. Wir wollen die Leiharbeit abschaffen. Bis dahin kämpfen wir um bessere Bedingungen für die Beschäftigten! Lohndumping muss sofort unterbunden werden: Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen müssen den gleichen Lohn wie Festangestellte plus eine Flexibilitätszulage von 10 Prozent erhalten! Kein Einsatz von Leiharbeitsbeschäftigten darf länger als drei Monate dauern. Leiharbeiter müssen nach drei Monaten im Betrieb übernommen werden und dürfen nicht gegen andere Leiharbeiter ausgetauscht werden. Der Einsatz von Leiharbeit und die Vergabe von Werkverträgen müssen an die Zustimmung des Betriebsrates und die Einhaltung der im Kernbetrieb gültigen Tarifverträge gebunden werden. Der Missbrauch von Werkverträgen durch Scheinwerkverträge muss wirksam unterbunden werden, indem die Beweislast umgekehrt wird und zukünftig beim Arbeitgeber liegt.
     
  • Immer mehr Beschäftigte, mehrheitlich Frauen und Alleinerziehende, werden in unfreiwillige Teilzeit, Mini- und Midi-Jobs und damit in Altersarmut abgedrängt. DIE LINKE fordert soziale Absicherung: Ab dem ersten Euro muss eine volle Pflicht zur Sozialversicherung gelten. DIE LINKE setzt sich für die Ersetzung von Mini- und Midi-Jobs durch unbefristete Arbeitsverträge und existenzsichernde Einkommen ein. Dazu wollen wir einen Rechtsanspruch auf eine Mindeststundenzahl im Arbeitsvertrag von 22 Stunden pro Woche einführen. Dieser soll für alle Beschäftigten gelten. Ausnahmen darf es nur aus schwerwiegenden wirtschaftlichen Gründen geben. Die Beweispflicht hierfür muss beim Unternehmen liegen. Zudem müssen Arbeitgeber verpflichtet werden, den Abschluss von Teilzeitverträgen unter 22 Stunden mit dem Betriebsrat zu erörtern, der Betriebsrat muss ein Vetorecht erhalten.

[…]

  • Die Regelungen im Arbeitsschutzgesetz, dass die Verhütung psychischer Belastung zum gesetzlich verpflichtenden Arbeitsschutz gehört, muss mit Leben erfüllt werden. Das gesetzliche Instrument der Gefährdungsbeurteilung ist deshalb schärfer durchzusetzen, zu kontrollieren und offensichtliche Mängel sind zu sanktionieren. Die Arbeitsschutzämter sind finanziell und personell besser auszustatten.
     
  • Um die gleichberechtigte Teilhabe der Beschäftigten zu verbessern, müssen entsprechende Strategien entwickelt und umgesetzt werden (Diversity-Strategien). Auch entsprechende Dienstvereinbarungen müssen abgeschlossen werden. Diskriminierungen und Mobbing sind zu ahnden. Für alle Beschäftigtengruppen, die von Diskriminierung betroffen sind oder sein könnten, müssen Gleichstellungspläne erstellt werden.

Höhere Löhne statt steigender Rendite

Die Einführung der Agenda 2010-Reformen durch die Regierung von SPD und Grünen – mit Zustimmung von Union und FDP – bereitete Niedriglöhnen, prekärer Beschäftigung und Tarifflucht den Weg. In den vergangenen Jahren sind die Löhne kaum gestiegen. Tarifverträge gelten nur noch für eine Minderheit der Beschäftigten. Wo Unternehmen Tarifflucht begehen, sinken häufig die Löhne; prekäre Arbeit, Stress und die Erpressbarkeit der Belegschaften nehmen zu. DIE LINKE kämpft für eine Umverteilung des Reichtums von den Profiten zu den Löhnen. Die Löhne für Gering- und Normalverdienende müssen deutlich steigen!

Die Bundesregierung hat nichts gegen die Tarifflucht der Unternehmen getan. Wir wollen die Verhandlungsposition von Beschäftigten und Gewerkschaften verbessern. Die Arbeitgeberseite kann gegen die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen ein Veto einlegen. Das wollen wir abschaffen.
 

  • Ein Tarifvertrag muss auf Antrag einer Tarifvertragspartei für allgemeinverbindlich erklärt werden, z.B. wenn ein Drittel der Beschäftigten der jeweiligen Branche von diesem Tarifvertrag erfasst werden. Ein Tarifvertrag ist ferner im öffentlichen Interesse auf Antrag einer Tarifvertragspartei für allgemeinverbindlich zu erklären, wenn die Absicherung des Tarifvertrages gegen die Folgen wirtschaftlicher oder sozialer Fehlentwicklungen erforderlich ist. Es muss als »öffentliches Interesse« angesehen werden, Tarifverträge in ihrer Reichweitezu stärken und einen Unterbietungswettbewerb zu Lasten von Löhnen und Arbeitsbedingungen zu verhindern. Bei Betriebsübergängen in nicht tarifgebundene Unternehmen und Auslagerungen müssen die bisherigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung unbefristet geschützt bleiben und auch für neu Eingestellte gelten.
     
  • Einige Unternehmen verstoßen systematisch gegen den Mindestlohn, das Arbeitsrecht und das Betriebsverfassungsgesetz. Recht muss durchgesetzt werden: In der Arbeitswelt gibt es aber häufig einen Freifahrtschein, der Rechtstaat versagt häufig. DIE LINKE fordert die Einrichtung einer staatlichen Beschwerdestelle unter Einbeziehung des DGB. Wir wollen Staatsanwaltschaften für Straftatbestände aus dem Arbeitsrecht schaffen und mehr Personal fürdie Aufsichtsbehörden einrichten.
     
  • Der Staat muss eine Vorreiterrolle für gute Löhne einnehmen: Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen wollen wir daran knüpfen, dass Tarifverträge eingehalten werden und an Kriterien der Gewerkschaften für gute Arbeit gebunden sind. Die Löhne in den unteren und mittleren Einkommensgruppen des Öffentlichen Dienstes müssen deutlich steigen.


DIE LINKE will gute Löhne für alle Beschäftigten. Wir wollen verbindliche Obergrenzen für Manager- und Vorstandsgehälter: Sie dürfen nicht mehr als das Zwanzigfache des niedrigsten Gehalts im Unternehmen betragen. Die Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der Schweiz hatten ein Verhältnis von 1 zu 12 gefordert – das ist der nächste Schritt. Jahresgehälter über einer halben Million Euro dürfen nicht mehr steuerlich abzugsfähig sein. Wir wollen Wege prüfen, wie sie in Portland (USA) gegangen werden: Dort wird für Unternehmen eine Strafsteuer erhoben, deren Löhne zu weit auseinander gehen. Wir fordern verbindliche Regeln für alle öffentlichen Unternehmen. Obergrenzen für Gehälter in Unternehmen sollen dazu beitragen, die Einkommen in der Gesellschaft gerechter zu machen. Wir schlagen vor, dass niemand mehr als 40 Mal so viel verdienen sollte wie das gesellschaftliche Minimum. Das sind derzeit knapp eine halbe Million Euro im Jahr.

Die DMB-Einschätzung: Allgemeingültige Tarifverträge führen dazu, dass Unternehmen und Beschäftigte in einen Rahmen gezwungen werden können, der nicht von den jeweiligen Sozialpartnern verhandelt worden ist. Die Bindung öffentlicher Vergabeverfahren belastet insbesondere kleine Unternehmen mit wenigen Beschäftigten. Hinzu kommt eine stärkere Bürokratisierung von Gehältern für Führungskräfte sowie des Mindestlohns.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit

Um die Lohndiskriminierung von Frauen zu überwinden, braucht es einen grundlegenden Kurswechsel in der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftspolitik. Ein verbindliches Entgeltgleichheitsgesetz und Lohnmessungsinstrumente sind wichtige Schritte. DIE LINKE will darüber hinaus den Niedriglohnbereich, in dem mehrheitlich Frauen tätig sind, abschaffen. Alle Geschlechter müssen die gleichen Chancen haben, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Deshalb schaffen wir familiengerechte Arbeitszeiten, eine Umverteilung der Arbeit, Ausbau von Ganztagsbetreuung in Kitas und Schulen sowie von Angeboten für Menschen mit Pflegebedarf. Die gesellschaftlich unverzichtbare Arbeit mit den Menschen in Kindertagesstätten, in Pflegeberufen und in der sozialen Arbeit, die immer noch mehrheitlich von Frauen geleistet wird, muss anerkannt und besser bezahlt werden! DIE LINKE wird mehr Geld in soziale Dienstleistungen investieren (vgl. Kapitel V »In die Zukunft investieren«). Wir beenden die Unterfinanzierung von Bildung, Gesundheitsversorgung und Pflege. Der Pflegemindestlohn muss auf 14,50 Euro erhöht und Tarifregelungen für Pflegefachkräfte müssen bundeseinheitlich für verbindlich erklärt werden (vgl. Kapitel IV »Solidarische Gesundheitsversicherung«).

[…]

  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag muss auch für Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter und für Beschäftigte gemäß Arbeitnehmerentsendegesetz gelten.
     
  • Immer noch erhalten Beschäftigte im Osten Deutschlands weniger Lohn als im Westen, im Durchschnitt 24 Prozent. Der Niedriglohnsektor ist größer. Dem stellen wir uns entgegen. Wir unterstützen die Gewerkschaften beim Kampf um bundeseinheitliche Flächentarifverträge (vgl. Kapitel X „Gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West«).

Die DMB-Einschätzung: Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist begrüßenswert. Jedoch fehlen konkrete Maßnahmen zur Ausgestaltung, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Außerdem werden durch die Regulierung von Saisonarbeit die Betriebe belastet, die an sich bereits mit einer schwierigen Unternehmensplanung konfrontiert sind.

Statt digitales Prekariat – soziale Absicherung für alle Beschäftigten

Digitalisierung und die Arbeit und Auftragsvergabe über Clouds und Plattformen schafft neue, oft entgrenzte und prekäre Beschäftigungsformen. Im Zuge der fortschreitenden digitalen Vernetzung entsteht eine große Vielfalt an neuen Formen von Arbeit und Beschäftigung. Unternehmen können im Internet – in der Cloud – in großem Stil auf eine große Menge von Arbeitskraftanbietern – die Crowd – zugreifen, Kandidaten fallweise auswählen und für Teilaufgaben beauftragen. Die Beschäftigten haben meist keine soziale Absicherung, Mitbestimmung, Tarifverträge, und sie sind nicht gewerkschaftlich organisiert. Das Arbeitsrecht findet keine Anwendung.

Die Zahl der digitalen Tagelöhner, die ihre Arbeit per Internet anbieten, wächst stetig. Die große Mehrheit verdient wenig. Freelancer sind zumeist nicht für Zeiten der Erwerbslosigkeit versichert und haben keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die digitale Agenda der Bundesregierung gibt keine Antwort darauf, wie diese Prekarisierung zurückgedrängt werden kann.

Crowdworking steht für eine neue digitale und globalisierte Arbeitswelt. Die Begriffe »Beschäftigte« »Arbeitgeber« und »Betrieb« müssen den neuen Gegebenheiten angepasst werden. DIE LINKE verteidigt die Schutzrechte und demokratische Mitbestimmung der Beschäftigten gemeinsam mit den Gewerkschaften. Wir wollen sie so ausweiten, dass Crowd- und Cloud-Arbeit reguliert und gute Arbeit auch in der Cloud möglich wird. Arbeitsschutzrechte müssen umfassend gelten und nach Empfehlungen einer Kommission aus Gewerkschaften, Expertinnen und Experten aus Arbeitsrecht und Arbeitsmedizin auf diese Herausforderungen hin überarbeitet werden. Es muss ein EU-Rahmen zum Thema Crowdworking geschaffen werden, damit Mindestlöhne, Arbeitszeitregulierung, Sozialversicherung, Rentenversicherung, Besteuerung etc. weder ausgehöhlt noch umgangen werden können. Bei Crowdwork-Plattformen müssen sowohl die Betreiber als auch die Auftraggeber an der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme paritätisch beteiligt werden.

Die Entwicklung neuer Technologien und die Digitalisierung führen dazu, dass sich die Anforderungen an die Arbeit und die berufliche Kompetenz der Menschen verändern. Auch im Beruf ist Weiterbildung eine wichtige Voraussetzung, um mit den technischen Veränderungen Schritt zu halten. Das heißt aber nicht, dass die Unternehmen die Verantwortung für die Weiterbildung ihrer Beschäftigten als deren Bringepflicht ansehen dürfen. Bislang werden die Menschen mit dieser Anforderung im Stich gelassen. DIE LINKE will ein umfassendes Recht auf Weiterbildung. Die Qualifizierung der Beschäftigten ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die nicht auf die Einzelnen abgewälzt werden darf.

  • Bei der betrieblichen Weiterbildung dürfen Arbeitgeber nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Fortbildungsmaßnahmen, die im Interesse der Unternehmen sind, müssen auch von diesen finanziert werden. Alle Beschäftigten müssen zum Zwecke der Weiterbildung einen Rechtsanspruch erhalten, ihre Arbeitszeit zeitweise zu reduzieren oder zeitlich begrenzt ganz aussetzen zu können. Wo Unternehmen Regelungen verweigern, muss eine gesetzliche Verpflichtung greifen: Der Arbeitgeber muss während der Bildungsteilzeit einen teilweisen Lohnausgleich von mindestens 70 Prozent des Nettogehalts und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Der Staat muss Bildungsteilzeit von Beschäftigten durch eine stärkere Berücksichtigung bei den Rentenansprüchen und der Höhe von Ansprüchen auf ALG-I unterstützen. Für Geringverdienende (mit Einkommen von 70 Prozent und weniger des Durchschnittslohns einer Branche) muss ein vollständiger Lohnausgleich durch staatliche Zuschüsse garantiert werden.
     
  • Damit sich alle Unternehmen gleichermaßen an der Finanzierung beruflicher Weiterbildung beteiligen, schlägt DIE LINKE einen Weiterbildungsfonds vor, in den alle Unternehmen einer Branche einzahlen.

Die DMB-Einschätzung: Der wachsende Markt des Crowdworking wird übermäßig reguliert. Zwar ist eine Gleichstellung von geleisteter Arbeit wichtig, egal wie sie organisiert ist, jedoch ist Crowdworking nicht bedingungslos schlecht bezahlt und prekär. Auch behindert die Organisation von Weiterbildung bei umfassendem Lohnausgleich, ohne Mitspracherecht der Unternehmen, eine sichere Personalplanung.

Für eine soziale Absicherung für Solo-Selbstständige

In Deutschland gibt es über zwei Millionen Solo-Selbstständige. Ihre sozialen Probleme müssen endlich ernst genommen werden. Viele haben ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen. Ihre Beiträge zur Gesetzlichen Krankenkasse werden aber nicht nach diesem Einkommen berechnet. Die Folgen sind eine starke finanzielle Belastung oder eingeschränkte gesundheitliche Versorgung für viele Selbstständige. Auch die Altersvorsorge ist für viele Selbstständige ein großes Problem, oft droht Altersarmut. So ist lediglich ein Viertel der Solo-Selbstständigen in ein obligatorisches System der Altersvorsorge einbezogen. Das wollen wir ändern.

  • Deshalb fordern wir in einem ersten Schritt, dass der Mindestbeitrag sich nach der Geringfügigkeitsgrenze (aktuell 450 Euro im Monat) bemisst und ab dieser Grenze sich der Beitrag nach dem tatsächlichen Einkommen richtet.
     
  • Solo-Selbständige müssen in die Erwerbslosen-, Gesundheits-, Renten- und Pflegeversicherung einbezogen werden. Dies darf nicht dazu führen, dass sie Solo-Selbständige ergänzend Mindestsicherung in Anspruch nehmen müssen.
     
  • Das gesetzliche Rentensystem werden wir zu einer Erwerbstätigenversicherung ausbauen, in dem auch Selbstständigen pflichtversichert sind. (Vgl. Kapitel II »Gute Rente«) Wir schaffen branchenspezifische Mindesthonorarregelungen, die bundesweit gelten. Damit wollen wir einem ruinösen Preiswettbewerb entgegen wirken. Die öffentliche Hand muss eine Vorreiterrolle einnehmen mit einer Mindesthonorarordnung bei öffentlich finanzierten Aufträgen.

Die DMB-Einschätzung: Zwar wird die Selbstständigkeit durch die soziale Absicherung für Selbstständige weniger risikoreich, jedoch entfällt die Möglichkeit der Selbstentscheidung und der Versicherung in privaten Versorgungswerken.

Dauerstress stoppen! Mehr Zeit zum Leben

Die Arbeitgeberverbände versuchen, unter dem Deckmantel der Digitalisierung eine umfangreiche Deregulierung von Standards und Arbeitszeiten durchzusetzen: immer und überall erreichbar sein, Überstunden und Arbeit auf Abruf, am Wochenende und nachts. Diese Vision einer hochflexiblen Arbeitswelt richtet sich gegen die Interessen der Beschäftigten nach planbarer, begrenzter und selbstbestimmter Arbeit. Dem halten wir entgegen: Flexibilität im Arbeitsleben muss sich nach den Bedürfnissen der Beschäftigten richten. Die Beschäftigten müssen mehr Einfluss auf die Gestaltung ihrer Arbeit und Arbeitszeit haben.

In den vergangenen Jahren haben Burn-Out und psychische Erkrankungen infolge von Dauerstress und belastenden Arbeits- und Lebensbedingungen dramatisch zugenommen. Es wird Personal gespart und der Leistungsdruck wird erhöht. In vielen Berufen – ob in der Pflege, in der Kita oder auf dem Bau – schaffen es die Beschäftigten auf Grund der hohen Belastung nicht bis zur Rente. Arbeit darf nicht krank machen. Sie muss so geregelt werden, dass die Gesundheit ein ganzes Arbeitsleben über erhalten wird.

Home Office oder E-Mails in der Freizeit und am Wochenende abzurufen, führen oft zu Überstunden ohne Freizeit- oder Lohnausgleich. Wir wollen einen Rechtsanspruch für Beschäftigte auf mobiles Arbeiten und Home-Office schaffen, aber nur mit verbindlichem tarifvertraglichem Schutz vor Überlastung und Stress. Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit führt dazu, dass niemals Feierabend ist. Das ist nicht nur für Menschen mit Kindern eine enorme Belastung.

DIE LINKE setzt sich für Gesetzesveränderungen ein, die zu mehr Zeitsouveränität für die Einzelnen und Schutz gegen Dauerstress und Überlastung führen:
 

  • Eine Anti-Stress-Verordnung, wie sie auch von Gewerkschaften gefordert wird. Zudem braucht es ein individuelles Veto-Recht gegen Überlastung. Betriebs- und Personalräte müssen umfassende Mitbestimmungsrechte bei Personaleinsatz, Zielvorgaben und Arbeitsplanung erhalten.
     
  • Es gibt ein Recht auf Feierabend. Die gesetzliche Wochenhöchstarbeitszeit muss auf 40 Stunden reduziert werden. Ausnahmen müssen strikt begrenzt und stärkere Kontrollen durch Arbeitnehmervertretungen müssen gesetzlich vorgeschrieben werden.
     
  • Jedes Jahr leisten die Beschäftigten Millionen Überstunden ohne Bezahlung. Dieser Lohnraub muss sofort beendet werden. Arbeitgeber müssen verpflichtet werden, Arbeitszeiten vollständig zu erfassen und mit Zuschlägen oder Freizeitausgleich abzugelten. Wir wollen das Recht auf Nichterreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit sowie eine Begrenzung und den zeitnahen Ausgleich von Mehrarbeit gesetzlich verankern. Dienstreisen und in der Freizeit erbrachte Arbeitsleistungen müssen vollständig als Arbeitszeit angerechnet werden. Arbeit auf Abruf wollen wir auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken. Ausnahmen von der gesetzlich zulässigen Tageshöchstarbeitszeit und erforderlichen Ruhezeiten lehnen wir ab. Nacht-, Schicht- und Wochenendarbeit müssen strenger reguliert und auf ein unvermeidbares Maß zurückgeführt werden. Wo Schichtarbeit unvermeidbar ist, müssen Arbeitgeber verpflichtet werden, gesundheitlich und sozial verträglichere Modelle zu verwirklichen. So vermindern beispielsweise kurze Schichtblöcke (maximal drei hintereinanderliegende Schichten) die Umstellungsschwierigkeiten durch den Wechsel von Früh-, Spät- und Nachtschicht.
     
  • Wir unterstützen Initiativen von Gewerkschaften und Betriebsräten, atypische und besonders belastende Arbeitszeiten durch zusätzliche Freizeit auszugleichen.
     
  • Den Mindesturlaubsanspruch im Bundesurlaubsgesetz wollen wir schrittweise von 24 auf 30 Werktage anheben.
     
  • Wir wollen den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz verbessern. Dazu gehört eine Arbeitsschutzverordnung zu psychischen Gefährdungen am Arbeitsplatz und wir wollen das Jugendarbeitsschutzgesetz verbessern. Es muss stärker kontrolliert werden, dass die Arbeitszeiten eingehalten werden und der Arbeitsschutz umgesetzt wird. Die zuständige Gewerbeaufsicht und andere Aufsichtsbehörden müssen mehr Personal erhalten.


Ein neues Normalarbeitsverhältnis bedeutet nicht, dass alle ein Leben lang Vollzeit in einem Betrieb arbeiten, sondern kürzere Arbeitszeiten und eine gerechte Verteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit, auch zwischen den Geschlechtern. Die Arbeit muss zum Leben passen und nicht das Leben um die Arbeit kreisen!
 

  • Wir wollen ein Recht auf vorübergehende Arbeitszeitverkürzung: Der bestehende Rechtsanspruch auf Teilzeit (verankert im Teilzeit- und Befristungsgesetz) muss durch ein Rückkehrrecht auf die vorherige vertragliche Arbeitszeit ergänzt werden. DIE LINKE fordert einen Rechtsanspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit, sofern in dem Unternehmen Arbeit mit der entsprechenden Qualifikation vorhanden ist (vgl. Rechtsanspruch auf Mindeststundenzahl).
     
  • Erziehungsarbeit und Pflegearbeit müssen gesellschaftlich anerkannt und bei der Arbeitszeitgestaltung stärker berücksichtigt werden. Es braucht einen Rechtsanspruch auf familiengerechte und kürzere Arbeitszeiten für alle, die Verantwortung in Erziehung und Pflege übernehmen (vgl. Kapitel Familien unterstützen). Alle Beschäftigten müssen eine durch den Arbeitgeber bezahlte Pflegezeit von bis zu sechs Wochen nehmen können, um eine neue Pflegesituation von Angehörigen organisieren zu können (vgl. Kapitel XI Linker Feminismus).
     
  • Sabbatjahre für alle: Beschäftigte sollen zweimal in ihrem Berufsleben die Möglichkeit haben, für ein Jahr auszusteigen (Sabbatjahr). Damit verbunden ist ein Rückkehrrecht auf den gleichen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz. Die Sabbatzeiten können auch als kleinere Auszeiten von drei bis sechs Monaten genommen werden.

Schon heute sind über drei Millionen Erwerbslose von der Erwerbsarbeit ausgeschlossen. Viele Teilzeitbeschäftigte wünschen sich, mehr Stunden arbeiten zu können. Gleichzeitig haben Beschäftigte 2015 insgesamt 1,8 Milliarden Überstunden geleistet, davon fast eine Milliarde unbezahlt! Wenn die Arbeit gerechter verteilt wäre, könnten statt Überstunden und Dauerstress über eine Million Arbeitsplätze in kurzer Vollzeit von 30 bis 35 Stunden geschaffen werden. Die gestiegene Produktivität der Arbeit macht es möglich: Wohlstand und mehr Zeit für alle statt hohe Profite für eine Minderheit von Kapitaleigentümern. Durch eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung kann das Versprechen der Digitalisierung, selbstbestimmter zu arbeiten und zuleben, für alle Wirklichkeit werden. So kann die Massenerwerbslosigkeit auch unter Bedingungen der Digitalisierung wirksam bekämpft und die Arbeit, auch zwischen den Geschlechtern, gerecht verteilt werden.

DIE LINKE will gemeinsam mit Erwerbslosen, Beschäftigten und ihren Gewerkschaften einen grundlegenden Wandel in der Arbeitswelt durchsetzen: gute Arbeit für alle, aber weniger Arbeit für die Einzelnen. Arbeit umverteilen, statt Dauerstress und Erwerbslosigkeit.

Unser Ziel ist klar: Sechs Stunden Arbeit pro Tag im Schnitt sind genug! Im 20. Jahrhundert war der Acht-Stunden-Tag ein Erfolg der Kämpfe der Bewegung der Arbeiterinnen und Arbeiter. Im 21. Jahrhundert brauchen wir eine flexiblere und kürzere Normalarbeitszeit, eine kurze Vollzeit, die um die 30-Stunden-Woche kreist. DIE LINKE kämpft für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und notwendigem Personalausgleich. Wir unterstützen Gewerkschaften und Initiativen beim Kampf um kürzere Arbeitszeiten und mehr Zeitsouveränität. Damit Arbeitszeitverkürzung nicht zu Arbeitsverdichtung führt, braucht es verbindliche Mitbestimmungsrechte bei der Arbeitsorganisation und Personalbemessung. Betriebs- und Personalräte müssen ein erzwingbares Mitbestimmungs- und Vetorecht bei der Arbeitsmenge, Arbeitsorganisation und Personalbemessung (Personal- und Stellenpläne) erhalten.

Die DMB-Einschätzung: Die Unternehmen werden hier mit einem Bündel von Maßnahmen auf einmal belastet. Dazu gehören die Begrenzung der Wochenarbeitszeit, die strenge Regulierung der Schichtarbeit und ein erhöhter Mindesturlaubsanspruch. Auch ein Recht auf Teilzeit, die Finanzierung von Pflegezeit durch den Arbeitgeber und der Anspruch auf zwei Sabbatjahre sind von kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht zu bewältigen.

Gewerkschaften stärken, Mitbestimmung und Streikrecht ausweiten

Die demokratische Mitbestimmung der Beschäftigten wird ausgehöhlt und angegriffen. Immer mehr Unternehmen versuchen Betriebsratsgründungen und gewerkschaftliche Organisierung mit zum Teil kriminellen Methoden zu verhindern. Wer sich nur für Höchstrenditen interessiert, fühlt sich von wirklicher Mitbestimmung der Beschäftigten gestört. Für uns jedoch ist klar: Gute Arbeit gibt es nur, wenn es umfassende demokratische Mitbestimmung gibt.

Starke Gewerkschaften und Streiks sind unerlässlich, um Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten zu verbessern.
 

  • Die Gewerkschaften müssen ein umfassendes Verbandsklagerecht zur Einhaltung von Tarifverträgen und gesetzlichen Bestimmungen erhalten. Sie müssen auch das Recht zu Kollektivbeschwerden nach dem Protokoll der Europäischen Sozialcharta bekommen.
     
  • DIE LINKE verteidigt das in der Verfassung verankerte Streikrecht. Daher fordern wir die Rücknahme des Tarifeinheitsgesetzes, das mit einer Einschränkung des Streikrechts verbunden ist. Das im Grundgesetz verankerte Streikrecht muss ausgeweitet werden: Solidaritätsstreiks mit Beschäftigten anderer Betriebe und Branchen und politische Streiks zur Durchsetzung sozialer Verbesserungen und zur Verteidigung von Demokratie und Frieden müssen ins Streikrecht eingeschlossen werden. Der Antistreikparagraph § 160 SGB III begünstigt die ohnehin stärkere Seite, die Arbeitgeber, und muss daher abgeschafft werden.
     
  • Das Streikrecht und die betrieblichen Mitbestimmungsrechte müssen auch für die Beschäftigten in Kirche, Diakonie und Caritas uneingeschränkt gelten: Der § 118 des Betriebsverfassungsgesetzes mit Ausnahmen für Religionsgemeinschaften und Tendenzbetriebe muss gestrichen werden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz muss auch in kirchlichen Einrichtungen Anwendung finden. Das Arbeitsrecht muss sicherstellen, dass ein aus der Sicht der Kirchen »fehlendes privates Wohlverhalten« nicht zur Grundlage von Kündigungen in kirchlichen Einrichtungen und Betrieben gemacht werden darf.
     
  • Die weißen Flecken auf der Landkarte der betrieblichen Mitbestimmung – Betriebe ohne Mitbestimmung oder gewerkschaftliche Vertretung – müssen beseitigt werden. DIE LINKE setzt sich dafür ein, die Wahl von Betriebsräten zu erleichtern: das vereinfachte Wahlverfahren wird für alle Unternehmen verbindlich. Alle Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten, die keinen Betriebsrat haben, müssen jährliche Mitarbeiterversammlungen durchführen, auf denen Gewerkschaften über das Betriebsverfassungsgesetz informieren. Der Kündigungsschutz muss auf alle Organe der Betriebsverfassung ausgeweitet und ab dem Zeitpunkt der Bewerbung für eine Betriebsratswahl von 12 auf 24 Monate verlängert werden. Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst müssen die gleichen Mitbestimmungsrechte gelten.


Die Aufgaben von Betriebsräten werden auch durch die Digitalisierung vielfältiger. Wir wollen die Freistellungen von Betriebsräten im Verhältnis zu den Mitarbeiterzahlen unter BetrVG §38 deutlich anheben.

Wer die Bildung eines Betriebsrats oder dessen Arbeit behindert, macht sich strafbar. Aber nur in seltenen Fällen kommt es zur Anklage. Um effektiv gegen solche Behinderung von Gewerkschaften und Betriebsräten (Union-Busting und Betriebsräte-Bashing) vorgehen zu können, muss die Straffverfolgung bei Verstößen gegen das Betriebsverfassungsgesetzt verbessert werden.

  • Wir wollen schärfere Sanktionen gegen Arbeitgeber und Anwaltskanzleien, die sich auf Verhinderung von gewerkschaftlicher Organisierung spezialisiert haben.
     
  • Verstöße gegen die Betriebsverfassung müssen auch strafrechtlich stärker verfolgt werden. Die Bußgelder müssen erhöht werden und sich an der wirtschaftlichen Stärke des Unternehmens orientieren. Es muss ein zentrales Melderegister geschaffen werden, in dem Betriebsratswahlen mit ihrem Verlauf und Ergebnis erfasst werden. Darin sollen auch alle Informationen über Behinderung, Manipulation und Beeinflussung zusammenfließen. Über das Melderegister kann nachvollzogen werden, wie viele Betriebsratswahlen eingeleitet, aber nicht erfolgreich abgeschlossen wurden. Dadurch würde es für Gewerkschaften und NGOs einfacher, Strategien gegen Union Busting und Betriebsratsbekämpfung zu entwickeln.
     
  • Wirksame Mitbestimmung braucht starke Betriebsräte, die nicht durch das Management erpressbar sind. Die Verpflichtung der Betriebsräte auf die Wahrung des Betriebsfriedens im Betriebsverfassungsgesetz wollen wir deshalb abschaffen. Wir wollen zwingende Mitbestimmungs- und Vetorechte der Beschäftigten und ihrer Betriebsräte auf alle wirtschaftlichen Fragen. Das gilt besonders für Betriebsänderungen, Standortänderungen und Entlassungen sowie die Gestaltung der Tätigkeiten und der Arbeitsbedingungen.

Viele Beschäftigte machen die Erfahrung, dass kreative Ideen und die Stimme der Belegschaft gegenüber den Vorgesetzten oder dem Management kaum zählen. Die Beschäftigten sind aber Expertinnen und Experten bei der Gestaltung der Arbeit. Deshalb wollen wir die Mitgestaltungsrechte jedes und jeder Beschäftigten durch mehr direkte Demokratie im Betrieb stärken.

Belegschaften müssen einmal im Monat zwei Stunden Beratungszeit während der Arbeitszeit erhalten, um sich über Fragen zur Arbeitsgestaltung und Arbeitszeit austauschen und Initiativen zur Mitbestimmung entwickeln zu können.

Die DMB-Einschätzung: Das kürzlich eingeführte Tarifeinheitsgesetz soll wieder abgeschafft werden. Damit wird die Atmosphäre zwischen den Beschäftigungsgruppen im Unternehmen belastet. Hinzu kommt die Verpflichtung zu Betriebsräten oder Mitarbeiterversammlungen ab fünf Beschäftigten im einem Unternehmen. Gerade kleinere und mittelständische Betriebe werden folglich besonders belastet.

II. Gute Renten für alle!

Die gesetzliche Rente muss den Lebensstandard im Alter wieder sichern und wirksam vor Armut schützen. Das sind die Grundpfeiler unserer Rentenpolitik. In einem der reichsten Länder der Welt muss das selbstverständlich sein.

Wir wollen eine Umkehr in der Rentenpolitik: Mit den Renten»reformen« von SPD und Grünen wurde dafür gesorgt, dass die Unternehmen deutlich weniger in die Rentenkasse einzahlen als die Beschäftigten. Die Folge: Das Niveau der gesetzlichen Rente befindet sich im Sinkflug. Von einst rund 53 Prozent im Jahr 2000 wird es auf 41,7 Prozent im Jahr 2045 fallen. Altersarmut bedroht viele Rentnerinnen und Rentner. Durch die Rente erst ab 67 können wir erst später ohne Abschläge in Rente gehen. Die meisten werden früher in Rente gehen: Damit wird ihre Rente noch mal drastisch gekürzt.

[…]

Die Bundesregierung rechnet aktuell damit, dass der Beitragssatz bis 2030 auf 22 Prozent ansteigen wird und erwartet von den Beschäftigten, dass sie zusätzlich vier Prozent ihres Lohnes in Riester und 3,2 Prozent in die betriebliche Altersversorgung oder die betriebliche Altersvorsorge stecken. DIE LINKE sagt: Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur betrieblichen Altersversorgung bzw. zur betrieblichen Altersvorsorge müssen paritätisch von den Unternehmen bzw. den Auftraggebenden und den Beschäftigten finanziert werden. Das gilt für alle Erwerbstätigen. Die Beitragshöhe darf sich nicht nach der Zahlungswilligkeit der Unternehmen richten! Perspektivisch kann der Arbeitgeberanteil, vergleichbar dem österreichischen Modell, über dem Arbeitnehmeranteil liegen.

Erwerbslosigkeit, Niedriglöhne und prekäre Beschäftigung sind Gift für gute Rentenansprüche im Alter. Das erschwert es vor allem Frauen, sich eine eigenständige Alterssicherung aufzubauen. Auch für sie muss gelten: von guter Arbeit zu guter Rente!
 

  • Wir wollen das Rentenniveau anheben: Das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente muss wieder auf 53 Prozent erhöht werden, damit die Renten für alle spürbar steigen. Ein Rentenniveau von 53 Prozent kostet Beschäftigte und Arbeitgeber bei einem durchschnittlichen Verdienst von 3.092 Euro nur je 32 Euro mehr im Monat. Die vier Prozent Beitrag von 108 Euro (nach Zulagen) für eine Riesterrente könnten dafür entfallen. Durchschnittsverdienende hätten also 78 Euro mehr in der Tasche.
     
  • Solidarausgleich für Niedriglohn: Zeiten niedriger Löhne wollen wir ausgleichen. Die »Rente nach Mindestentgeltpunkten« wollen wir auch für Zeiten nach 1992 einführen. Vollzeiterwerbstätige mit zwölf Euro Stundenlohn und mehr erhielten dann in der Regel eine Rente von mehr als 1.050 Euro. Eine Einzelhandelskauffrau mit einem Verdienst von 1.940 Euro brutto hätte dadurch monatlich gut 270 Euro mehr Rente. Von dieser Rente würden vor allem Frauen und Ostdeutsche profitieren!

[…]

Wir wollen eine Erwerbstätigenversicherung: Für alle Erwerbseinkommen müssen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden. Auch Politikerinnen und Politiker, Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler, Beamtinnen und Beamte und Managerinnen und Manager sollen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Bereits erworbene Ansprüche werden erhalten bzw. überführt. Für Langzeiterwerbslosemüssen endlich wieder Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt werden.

  • Die Beitragsbemessungsgrenze wollen wir vereinheitlichen, dann in mehreren Schritten drastisch anheben und schließlich aufheben. Wer ein Gehalt von 10.000 Euro und mehr im Monat hat, muss auch für 10.000 Euro und mehr Beiträge zahlen. Die Höhe der Rentenansprüche über dem Doppelten des Durchschnittes soll abgeflacht werden.
     
  • Die Riester-Rente wollen wir in die gesetzliche Rente überführen: Individuell erworbene Rentenansprüche können freiwillig auf das persönliche Rentenkonto bei der Rentenversicherung übertragen werden. Extraprofite für die Versicherungswirtschaft wollen wir dabei verhindern. Die staatlichen Subventionen von über drei Milliarden Euro jährlich werden wir abschließen und die Zuschüsse an die Gesetzliche Rentenversicherung entsprechend erhöhen. Außerdem soll es Versicherten und ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern erleichtert werden, bis zu einer bestimmten Grenze freiwillig zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.
     
  • Die Beschäftigten dürfen nicht den Risiken auf dem Kapitalmarkt ausgesetzt werden: Wir lehnen es ab, die Arbeitgeber im Rahmen kapitalgedeckter betrieblicher Altersvorsorge und sogenannter »Zielrenten« aus der Haftung zu entlassen. Das gilt auch für den Verzicht auf Rentengarantien zugunsten einer reinen Beitragszusage.
     
  • DIE LINKE ist für eine betriebliche Altersversorgung, die überwiegend von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern finanziert wird. Der Ausbau der überwiegend von den Beschäftigten finanzierten betrieblichen Altersvorsorge – vor allem durch Entgeltumwandlung – darf nicht als Alibi für ein weiter sinkendes Rentenniveau missbraucht werden. Wir werden die Doppelverbeitragung mit Krankenversicherungsbeiträgen bei betrieblicher Altersvorsorge sofort beenden. Betriebsrenten dürfen nicht frei von Sozialabgaben sein. So werden die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung geschwächt und die Rentenansprüche aller Versicherten – egal ob sie über den Betrieb vorsorgen oder nicht – sinken. Ungleichheit wird so verschärft.
     
  • Die Rente erst ab 67 muss zurückgenommen werden. Forderungen nach einem Renteneintritt erst ab 69, 70, 71 oder 73 sind unrealistisch und unverantwortlich. Arbeiten bis zum Umfallen ist unwürdig und weder gesellschaftlich noch sozialpolitisch akzeptabel. Jede und jeder muss wieder spätestens ab 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen dürfen. Das ist finanzierbar. Wenn Menschen mindestens 40 Jahre Beiträge gezahlt haben, sollen sie bereits ab 60 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können.
     
  • Wer krank wird, darf nicht noch niedrige Renten zu fürchten haben: Der Zugang zu den Erwerbsminderungsrenten muss erleichtert werden. Die Abschläge wollen wir streichen, auch für diejenigen, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Die Zurechnungszeit (die Zeit, die »hinzugerechnet« wird, weil der oder die Versicherte wegen der Erwerbsminderung nicht einzahlen konnte) wollen wir in einem Schritt von 62 auf 65 Jahre anheben.
     
  • Wir wollen die Benachteiligung der ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner endlich beenden. Wir fordern eine zügige Angleichung an das Westniveau (vgl. Kapitel X Gerechtigkeit für die Menschen in Ostdeutschland).

Die DMB-Einschätzung: Negativ zu bewerten ist der Anstieg der Rentenbeiträge durch die geforderten Maßnahmen. Hinzu kommt, dass Betriebsrenten relativ einseitig durch Arbeitgeber finanziert werden sollen. Eine zusätzliche Absicherung für Arbeitnehmer wird damit unwahrscheinlicher. Besonders hervorzuheben ist die Wiedereinführung der Rente mit 65, die den Fachkräftemangel noch weiter verstärkt.

III. Soziale Sicherheit statt Hartz IV, Armut und Schikane

S. 23-27

Gute Arbeit und öffentliche Beschäftigung

Wir wollen eine Arbeitsmarktpolitik, die mehr gute Arbeitsplätze schafft. Wir wollen die öffentliche Daseinsvorsorge stärken und mehr Personal in Bildung, Erziehung, Gesundheit und Pflege schaffen. Dazu legen wir ein Programm für Investitionen in die Zukunft auf (vgl. Kapitel VI »In die Zukunft investieren«.
 

  • Wir wollen den Schutz der Arbeitsplätze stärken: Massenentlassungen bei profitablen Unternehmen wollen wir verbieten. Der Kündigungsschutz wird gestärkt. Das Kündigungsschutzgesetz gilt für alle Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten. Der Betriebsrat hat bei Kündigungen nicht nur ein Beteiligungs-, sondern ein Vetorecht
     
  • Die Mittel für Bildung und Qualifizierung von Erwerbslosen wollen wir erhöhen. Sie sollen einen Rechtsanspruch auf Beratung und Weiterqualifizierung haben. Freiwilligkeit, Interessen und Fähigkeiten müssen bei der Vermittlung im Vordergrund stehen, statt Erwerbslose in sinnlose Schulungsmaßnahmen zu zwingen.
     
  • Wir wollen neue Perspektiven für Menschen, die derzeit keiner regulären Beschäftigung nachgehen können, auch aufgrund körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen. Dafür schaffen wir einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit zusätzlichen existenzsichernden und tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen. Sie sollen Stadtteilzentren, Initiativen und kulturelle Projekte stärken. Sie müssen sich an den regionalen Gegebenheiten und den Bedürfnissen der Erwerbslosen ausrichten. Die Entlohnung darf den Mindestlohn und einen Bruttolohn von monatlich mindestens 1.500 Euro (Vollzeit) nicht unterschreiten. Alle verfügbaren Gelder wollen wir einsetzen, um gesellschaftlich nützliche Beschäftigung statt Erwerbslosigkeit zu finanzieren (sogenannter Passiv-Aktiv-Transfer.)
     
  • Die Beschäftigten haben einen Rechtsanspruch auf mindestens 18 Stunden die Woche. Die Angebote sind für die Erwerbslosen freiwillig

Die DMB-Einschätzung: Die Stärkung des Kündigungsschutzes, die übermäßige Regulierung von größeren Entlassungen und das uneingeschränkte Vetorecht des Betriebsrates bei Kündigungen führen dazu, dass die Schaffung von Arbeitsplätzen in Zukunft zu einem nur schwer kalkulierbaren Risiko wird.

Familien dort unterstützen, wo sie es brauchen

[…]

  • Eltern brauchen Betreuungseinrichtungen mit flexiblen Öffnungszeiten, damit sie Beruf und Familienleben vereinbaren können. Gleichzeitig müssen in diesen Einrichtungen die Standards guter Arbeit realisiert werden. Werden die Dienstleistungen ausgebaut, muss auch das Fachpersonal aufgestockt werden (vgl. Kapitel Gute Bildung. Für alle).
     
  • Wir wollen Arbeitszeitmodelle schaffen, die Müttern und Vätern ermöglichen, ihren Beruf mit Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Statt einer Flexibilisierung von Arbeitszeit, die sich lediglich an den betrieblichen Erfordernissen orientiert, brauchen die Beschäftigten mehr Zeitautonomie. Betriebe brauchen ausreichend Personal, um z.B. den Ausfall durch Kind-Kranktage auszugleichen.
     
  • Eltern erhalten besonderen Kündigungsschutz, bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des Kindes.
     
  • Der Wiedereinstieg in den Beruf nach einer schwangerschafts- und erziehungsbedingten Pause muss durch kostenfreie Weiterbildungsangebote erleichtert werden.

Die DMB-Einschätzung: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist wichtig. Ein uneingeschränkter Kündigungsschutz von Eltern bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr eines Kindes ist jedoch deutlich zu weit gegriffen, um von kleinen Unternehmen gewährleistet werden zu können. Positiv zu bewerten ist hingegen die Qualifizierung von Eltern, um wieder in den Beruf einzusteigen.

XI. Integration heißt soziale Offensive und gleiche Rechte für alle: Eine solidarische Einwanderungsgesellschaft

S. 69

[…]

  • Gute Ausbildung und Arbeit für alle! Gerade Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchtete werden am Arbeitsmarkt ausgegrenzt. Wir wenden uns gegen Ausnahmen beim Mindestlohn und wollen Asylbewerber und Geflüchtete schnell, aber fair in den Arbeitsmarkt integrieren. Wir lehnen Quoten, Kontingente und Punktesysteme ab. Sie dienen lediglich der Verwertungslogik des Kapitals und sind Instrumente einer selektiven Einwanderungspolitik. Die Identitätsprüfung bei der Ausbildungsduldung wollen wir abschaffen. Geflüchtete sollen bereits nach drei Monaten in Deutschland eine Arbeitserlaubnis bekommen.

Die DMB-Einschätzung: Die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt ist ein wichtiges Ziel, um Perspektiven zu schaffen und damit Integration gelingen zu lassen. Hinderlich ist jedoch die Einbeziehung des Mindestlohns, der Unternehmen darin hindern könnte, Geflüchtete trotz Sprachbarriere einzustellen.

XIV. Menschen und Natur vor Profite – für eine soziale, ökologische und demokratische Wirtschaft der Zukunft

Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung stärkt vor allem die Exportkonzerne. Die einseitige Orientierung führt nicht nur zu massiven wirtschaftlichen Ungleichgewichten u.a. zwischen den EU-Ländern und trägt so zu Krisen bei. Sie führt auch dazu, dass die Erwerbstätigen hierzulande trotz harter Arbeit und hoher Produktivität unter den Möglichkeiten eines reichen Landes leben müssen. Prekäre Arbeit und Massenerwerbslosigkeit sind trotz positiver Wirtschaftsentwicklung verfestigt. Die wachsende Polarisierung in Arm und Reich ist nicht nur sozial ungerecht, sondern auch wirtschaftlich destruktiv.

[…]

  • Löhne und Gehälter müssen steigen, insbesondere die unteren und mittleren Einkommen. Das bewirken wir einerseits durch die Anhebung des Mindestlohnes auf zwölf Euro. Andererseits beseitigen wir die Lohnbremsen in der Arbeitsmarktpolitik: Leiharbeit, Werkverträge, Hartz IV und Sanktionen, sinkende Tarifbindung usw. So erhöhen wird die Kaufkraft und stärken den Binnenmarkt (Vgl. Kapitel I Gute Arbeit).
     
  • Gute Arbeit schaffen. Zur Bekämpfung der Massenerwerbslosigkeit, die etwa doppelt so hoch ist wie die offiziellen Erwerbslosigkeitszahlen, setzt DIE LINKE auf die Stärkung der Binnenwirtschaft, der Kaufkraft der Beschäftigten und auf öffentliche Investitionen. Darüber kann durch eine Umverteilung und Verkürzung der Arbeit das Versprechen der Digitalisierung, selbstbestimmter zu arbeiten und zu leben, für alle Wirklichkeit werden (vgl. Kapitel I »Gute Arbeit «).


Wir wollen neue Perspektiven für Menschen, die derzeit keiner regulären Beschäftigung nachgehen können. Dafür schaffen wir einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit zusätzlichen, existenzsichernden und tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen. Sie müssen sich an den regionalen Gegebenheiten und den Bedürfnissen der Erwerbslosen ausrichten (vgl. Kapitel III »Soziale Sicherheit statt Hartz IV«).

[…]

Die DMB-Einschätzung: Eine politische Anhebung des Mindestlohns auf 12€ belastet Unternehmen überproportional. Die Entscheidung hierzu sollte weiterhin von einem paritätischen und unabhängigen Gremium getroffen werden.

Unternehmensmitbestimmung ausweiten

Mehr Demokratie in der Wirtschaft beginnt damit, die Mitbestimmung der Beschäftigten in den Betrieben sowie in Aufsichts- und Verwaltungsräten zu stärken und weiterzuentwickeln. Demokratie braucht angesichts der Machtkonzentration bei den Eigentümern von Konzernen und dem Management ein wirksames Gegengewich.
 

  • In allen privaten, öffentlichen und gemeinwirtschaftlichen Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten wollen wir eine echte paritätische Mitbestimmung einführen. In diesen Unternehmen müssen die Eigentümer und die Beschäftigten zu gleichen Teilen vertreten sein. Den Vorsitz übernimmt eine weitere Person, auf die sich beide Seiten verständigen müssen. Zudem wollen wir Wege finden, die öffentliche Hand an Unternehmensentscheidungen mit erheblichen gesellschaftlichen Auswirkungen zu beteiligen. Wir wollen, dass der Aufsichtsrat bei allen wichtigen Entscheidungen der Unternehmensführung zustimmen muss. Das gilt insbesondere für die Verlegung von Betrieben und Betriebsteilen, die Zusammenlegung oder Spaltung von Unternehmen und Betrieben, Kapitalerhöhungen, Kapitalherabsetzungen sowie der Kauf eigener Aktien, Kreditaufnahmen, Übernahmen von Unternehmen oder Anteilen anderer Unternehmen sowie der Verkauf bzw. die Schließung von Betrieben oder Betriebsteilen. Bei Fragen von erheblicher Bedeutung für die Belegschaft wollen wir, dass zuerst eine Belegschaftsabstimmung durchgeführt wird. Entscheidungen gegen das Votum der Belegschaft bedürfen mindestens einer Zweidrittelmehrheit im Aufsichtsrat.
     
  • Die Aushöhlung der Mitbestimmung durch international agierende Konzerne muss gestoppt werden. Wir wollen es Konzernen erschweren, die Mitbestimmungesetze durch die Verlagerung ihres Unternehmenssitzes oder durch Gründung von Scheinauslandsgesellschaften zu umgehen. Die Unternehmensmitbestimmung muss ausnahmslos auf internationale Unternehmen mit Standortniederlassungen in Deutschland ausgeweitet werden.
     
  • Die Gewerkschaften, Umwelt- und Sozialverbände müssen ein umfassendes Verbandsklagerecht erhalten.

Die DMB-Einschätzung: Die Erschwerung der Prozesse in einem Unternehmen ab 100 Beschäftigten durch die Einführung von paritätischer Mitbestimmung ist negativ zu bewerten. So werden wichtige Entscheidungen komplex und zu langsam, um im Wettbewerb zu bestehen. Positiv gesehen werden kann, dass alle Unternehmen, die in Deutschland Arbeitnehmer beschäftigen, gleichgestellt werden sollen. Damit wird eine Begünstigung ausländischer Rechtsformen vermieden und somit der Wettbewerb gestärkt.

Genossenschaften und solidarische Ökonomie

Wir werden demokratische, öffentliche und genossenschaftliche Eigentumsformen fördern. Sie können in Zukunft im Mittelpunkt einer nicht-kapitalistischen Wirtschaftsweise stehen, einer demokratischen, sozialistischen und ökologisch nachhaltigen Zukunftswirtschaft. Genossenschaften und Belegschaftsbetriebe bauen auf Wissen, Erfahrung und Planungsfähigkeiten der Beschäftigten auf und geben ihnen mehr Möglichkeiten, über Art und Inhalt der Produktion mitzubestimmen.
 

  • Genossenschaften müssen in allen Bereichen der staatlichen Wirtschaftsförderung gleichberechtig berücksichtigt werden.
     
  • Wir wollen Unternehmen fördern, die ganz oder zum Teil im Eigentum der Belegschaft stehen: mit Steuererleichterungen und durch Bevorzugung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.
     
  • DIE LINKE unterstützt Belegschaften, die ihre in die Krise geratenen Betriebe in Eigenregie weiterführen wollen: Staatliche Subventionen an Unternehmen und Hilfen in wirtschaftlichen Krisen müssen, wo die Belegschaften dieses befürworten, in Form von Belegschaftsanteilen vergeben werden. Beim Verkauf von Unternehmen müssen die Belegschaften ein Vorinformations- und Vorkaufsrecht erhalten.

Die DMB-Einschätzung: Genossenschaften zu stärken ist durchaus positiv. Allerdings fehlt es an konkreten Konzepten zur Umsetzung.

Quelle: Die LINKE, Programm zur Bundestagswahl 2017