Auszüge aus den Wahlprogrammen zum Thema "Digitalisierung"

Auszug aus dem

Wahlprogramm von Die Linke

zum Thema "Digitalisierung"

Auszüge aus dem Wahlprogramm der Linken zur Bundestagswahl:

Sozial. Gerecht. Frieden. Für alle. Die Zukunft, für die wir kämpfen!

11.06.2017

I. Gute Arbeit für Alle statt Niedriglohn, Dauerstress und Abstiegsangst

S. 14-15

 

Statt digitales Prekariat – soziale Absicherung für alle Beschäftigten

Digitalisierung und die Arbeit und Auftragsvergabe über Clouds und Plattformen schafft neue, oft entgrenzte und prekäre Beschäftigungsformen. Im Zuge der fortschreitenden digitalen Vernetzung entsteht eine große Vielfalt an neuen Formen von Arbeit und Beschäftigung. Unternehmen können im Internet – in der Cloud – in großem Stil auf eine große Menge von Arbeitskraftanbietern – die Crowd – zugreifen, Kandidaten fallweise auswählen und für Teilaufgaben beauftragen. Die Beschäftigten haben meist keine soziale Absicherung, Mitbestimmung, Tarifverträge, und sie sind nicht gewerkschaftlich organisiert. Das Arbeitsrecht findet keine Anwendung.

Die Zahl der digitalen Tagelöhner, die ihre Arbeit per Internet anbieten, wächst stetig. Die große Mehrheit verdient wenig. Freelancer sind zumeist nicht für Zeiten der Erwerbslosigkeit versichert und haben keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die digitale Agenda der Bundesregierung gibt keine Antwort darauf, wie diese Prekarisierung zurückgedrängt werden kann.

Crowdworking steht für eine neue digitale und globalisierte Arbeitswelt. Die Begriffe »Beschäftigte« »Arbeitgeber« und »Betrieb« müssen den neuen Gegebenheiten angepasst werden. DIE LINKE verteidigt die Schutzrechte und demokratische Mitbestimmung der Beschäftigten gemeinsam mit den Gewerkschaften. Wir wollen sie so ausweiten, dass Crowd- und Cloud-Arbeit reguliert und gute Arbeit auch in der Cloud möglich wird. Arbeitsschutzrechte müssen umfassend gelten und nach Empfehlungen einer Kommission aus Gewerkschaften, Expertinnen und Experten aus Arbeitsrecht und Arbeitsmedizin auf diese Herausforderungen hin überarbeitet werden. Es muss ein EU-Rahmen zum Thema Crowdworking geschaffen werden, damit Mindestlöhne, Arbeitszeitregulierung, Sozialversicherung, Rentenversicherung, Besteuerung etc. weder ausgehöhlt noch umgangen werden können. Bei Crowdwork-Plattformen müssen sowohl die Betreiber als auch die Auftraggeber an der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme paritätisch beteiligt werden.

Die Entwicklung neuer Technologien und die Digitalisierung führen dazu, dass sich die Anforderungen an die Arbeit und die berufliche Kompetenz der Menschen verändern. Auch im Beruf ist Weiterbildung eine wichtige Voraussetzung, um mit den technischen Veränderungen Schritt zu halten. Das heißt aber nicht, dass die Unternehmen die Verantwortung für die Weiterbildung ihrer Beschäftigten als deren Bringepflicht ansehen dürfen. Bislang werden die Menschen mit dieser Anforderung im Stich gelassen. DIE LINKE will ein umfassendes Recht auf Weiterbildung. Die Qualifizierung der Beschäftigten ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die nicht auf die Einzelnen abgewälzt werden darf.

Die DMB-Einschätzung: Durch die aufgeführten Maßnahmen drohen eine gesteigerte Bürokratisierung und mehr Komplexität beim Crowdworking. Eine Gleichstellung von gleicher Arbeit, ist allerdings sinnvoll. Ein Weiterbildungskonzept für neue Anforderungen im Bereich der Digitalisierung ist im Sinne des Mittelstands. Es mangelt jedoch an konkreten Maßnahmen, wie die Weiterbildungen organisiert sein sollen.

VIII. Gute Bildung. Für Alle

S. 59

Zugang für Alle, auch digital

Die Digitalisierung bietet die Chance, vielen Menschen einen schnellen Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Das geschieht aber nicht von selbst, sondern muss durchgesetzt werden.
Wir wollen stärker Kompetenzen im Bereich Medien und Information vermitteln. Ein selbstbestimmter und kritischer Umgang mit digitalen Technologien und dem Internet sind mit Bildung verbunden.
 

  • Der Ausbau der IT muss einhergehen mit der Ausbildung und mit Fortbildungsangeboten für Lehramtsstudierende und die aktiven Lehrkräfte.
     
  • Digitale Medien dürfen nicht zum Einfallstor für Privatisierung der Bildung durch private kommerzielle Anbieter, Unternehmen oder Verlage sein. In Bildungseinrichtungen eingesetzte Software sollte Freie Software sein, die Hardware sollte nach Möglichkeit offen spezifiziert sein.
     
  • Wir wollen, dass jedes Kind ein mobiles Endgerät als Teil der Bildungsausstattung zur Verfügung hat und frühzeitig und regelmäßig mit den Prinzipien der digitalen Technologien (etwa Funktionsweise von Speichern, Sensoren, Programmierkenntnisse) vertraut gemacht wird. Deshalb brauchen Schulen kostenlose Leihgeräte für alle, die sich selbst keines leisten können.
     
  • Die IT-Infrastruktur an Schulen muss durch Fachpersonal betreut werden. Entsprechende Planstellen sollen kurz- und mittelfristig geschaffen werden. Die IT-Infrastruktur aller Schulen und Hochschulen muss mit schnellen und leistungsfähigen Breitbandanschlüssen, WLAN für alle und einer zeitgemäßen Hard- und Software-Ausstattung ausgebaut werden.

Die DMB-Einschätzung: Positiv in die Bewertung eingeflossen ist die Identifizierung der digitalen Bildung als Kernelement der Digitalisierung. Auch der Anschluss von Schulen ans Breitbandnetz sowie die Einbindung von geschulten Administratoren ist sinnvoll. Wie die digitale Bildung organisiert werden soll, wird jedoch nicht konkret dargelegt.

XV. Für eine Demokratie, in der es etwas zu entscheiden gibt

S. 130-131

Für ein offenes und freies Internet: solidarisches Handeln stärken, Überwachung beenden

[…]

  • Die von Internetzugangsanbietern beworbenen Verfügbarkeiten und Geschwindigkeiten der Anschlüsse müssen auch tatsächlich zur Verfügung stehen: Wo 100 MBit drauf steht, müssen auch 100 MBit drin sein. Die Anbieter müssen statt maximal zu erreichender Datenmengen die garantierte Mindestmenge angeben.
     
  • DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass jeder Haushalt ein Anrecht auf einen bezahlbaren, schnellen Breitband-Internetanschluss hat.

[…]

In der digitalen Welt gilt es, den Zugang zu Informationen zu verteidigen. Wir fordern, dass Daten und Informationen, die von Regierungen mit öffentlichen Geldern gesammelt und erstellt wurden, allen Menschen frei zugänglich und nutzbar gemacht werden. Die so geschaffenen »offenen Daten« (Open Data) können ein Beitrag zu einer Öffnung und Demokratisierung von Verwaltung sein. Dabei muss selbstverständlich der Datenschutz berücksichtigt werden. Wir wollen, dass die Nutzerinnen und Nutzer sich im Internet frei informieren, weiterbilden, äußern und partizipieren können. Wir wollen die offene Architektur des Netzes bewahren und so sein Potenzial für Innovation und Entwicklung fördern. Dazu gehört für uns, die Netzneutralität abzusichern. Um Netzneutralität und gute Versorgung sicher zu stellen, sollen die Telekommunikationsnetze in öffentliches und gemeinwirtschaftliches Eigentum überführt werden. Die Glasfaserinfrastruktur wollen wir rasch und flächendeckend ausbauen (vgl. Kapitel VI »In die Zukunft investieren«). Wir unterstützen Open Content-Lizenzen, die sich an Grundwerten von Offenheit und Teilhabe orientieren.

  • Wenn das Netz als Marktplatz genutzt wird, gelten dieselben Regeln wie auf dem Warenmarkt. Wenn Nutzerinnen und Nutzer nicht mehr Dateien zum Download verkauft bekommen, sondern nur noch einen Zugriff auf Datenbanken, muss es möglich sein, diesen Zugang temporär zu verleihen oder weiterzuverkaufen (Digitaler Secondhand).
     
  • Wir wollen selbstverwaltete, nichtkommerzielle und öffentliche Alternativen zu Mainstream-Angeboten in Form von Freier Software und selbstbestimmten sozialen Medien und Blogs fördern.
     

Die widerrechtliche Erhebung, Speicherung und Weitergabe persönlicher Daten sowie ihre Zusammenführung zu Personenprofilen ist heute sehr weit verbreitet. Das betrifft die sensorgestützte Datenerhebung wie beispielsweise Geolokalisationsdienste ebenso wie die massenhafte Erhebung und Analyse des Internetverkehrs. Staatliche Sicherheitseinrichtungen und privatwirtschaftliche Konzerne machen sich dies zunutze und sammeln enorme Datenmengen über die Nutzerinnen und Nutzer. Wir wollen die datenintensive und flächendeckende Überwachung durch Geheimdienste und Technologiekonzerne beenden und den Datenschutz aktualisieren. Um Privatsphäre im Internet unter der Bedingung des permanenten Datenflusses zu gewährleisten, ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nur mit einem Recht auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in persönlicher Kommunikation realisierbar - ohne Hintertüren.
 

  • Wir wenden uns gegen jede Sperr- und Überwachungsinfrastruktur, denn das Netz soll ein freier gesellschaftlicher Diskursraum sein. Wir wehren uns gegen staatliche Kontroll- und Zensurzugriffen genauso wie gegen ökonomische. Netzsperren und Haftungsverschärfungen bei Verweisen/Links für Provider lehnen wir ab. Illegale Inhalte müssen schon jetzt sofort gelöscht werden.
     
  • Die Nutzerinnen und Nutzer des Netzes sollen über die Erhebung von personenbezogenen Daten umfassend informiert werden. Unternehmen, die gegen Datenschutzauflagen verstoßen, müssen konsequent sanktioniert werden. Dazu gehört eine Stärkung der Datenschutzbeauftragten.

[…]

  • Die automatisierte Auswertung von großen Datenmengen (Big Data) soll dem Gemeinwohl nicht entgegenstehen. Algorithmische Verfahren zur automatisierten Überwachung, Bewertung oder Verhaltensvorhersagen von einzelnen Menschen sehen wir kritisch. Bei der Bewertung und Einordnung von individuellem Verhalten zum Beispiel im Rahmen der Bewertung der Kreditwürdigkeit (Scoring), hinsichtlich der Inanspruchnahme sozialer Sicherungssysteme oder bei Ermittlungstätigkeiten (Predictive Policing) lehnen wir sie ab.

Die DMB-Einschätzung: Der Einsatz von Open-Data in der Verwaltung ermöglicht es Unternehmen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Hinzu kommt, dass die digitale Kommunikation grundsätzlich Potenzial zur Vereinfachung bietet. Ein übermäßiger Datenschutz und Datenrechte sowie komplexe Auskunftspflichten führen zu viel Bürokratie. Negativ bewertet wurde auch die sehr kritische Einstellung gegenüber Algorithmen. Hierdurch wird ein großer Zukunftsmarkt ignoriert und Regulierung von Beginn an voreingenommen geplant.

Quelle: Die LINKE, Programm zur Bundestagswahl 2017