Auszüge aus den Wahlprogrammen zum Thema "Digitalisierung"

Auszug aus dem

Wahlprogramm der SPD

zum Thema "Digitalisierung"

Auszüge aus dem Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl:

Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit: Zukunft sichern, Europa stärken. Das Regierungsprogramm 2017 bis 2021

25.06.2017

Es ist Zeit für eine starke Wirtschaft und Innovationen

S. 21-29

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Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in Deutschland sollen die Möglichkeiten von Digitalisierung und weltweiter Vernetzung nutzen können. Wir investieren in schnelle Glasfaserverbindungen, die überall in Deutschland schnelles Internet ermöglichen. Und wir wollen ein offenes und freies Internet. Dabei sollen Bürgerinnen und Bürger die Kontrolle über ihre Daten behalten.

Handwerk, Mittelstand und industrielle Basis stärken

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Industrie 4.0 ist die vierte industrielle Revolution – nach Dampfmaschine, Elektrifizierung und Automatisierung. Jeder dieser Veränderungsprozesse wurde von der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften sozial verträglich gestaltet. Wir werden auch den digitalen Wandel unserer Wirtschaft aktiv begleiten. Gemeinsam mit Gewerkschaften, Unternehmen und Verbänden werden wir daran arbeiten, dass Industrie 4.0 ein Erfolgsmodell für Deutschland wird. Dafür ist es wichtig, dass wir den Mittelstand und das Handwerk in ihrer ganzen Breite für die Digitalisierung gewinnen. Die Vernetzung von Industrie, Mittelstand und Handwerk mit Startups wird über den Erfolg von Industrie 4.0 mitentscheiden. Darin stecken enorme Potenziale – sowohl für den wirtschaftlichen wie auch den gesellschaftlichen Fortschritt. Diesen Wandel werden wir nach sozialen Prinzipien organisieren.

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Die Grenzen zwischen industrieller Produktion und Dienstleistungen lösen sich weiter auf. Unternehmen werden aus gewonnenen Daten neue Geschäftsmodelle mit neuen Dienstleistungen („Smart Services“) entwickeln. Daher werden wir prüfen, inwieweit Förderprogramme für technologische Innovationen auch auf datengetriebene Geschäftsmodelle ausgeweitet werden können, wie zum Beispiel das erfolgreiche Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM).

Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft wollen wir regionale Innovationsagenturen gründen. Sie treiben gesellschaftlich sinnvolle Innovationsansätze voran, unterstützen den digitalen Wandel in der Fläche und vor allem den Wissensaustausch zwischen Wissenschaft und Unternehmen. Wir setzen hierbei neben dem klassischen Technologie- und Wissenstransfer auch auf neuere Ansätze wie Open Innovation.

Den Einsatz digitaler Technologie im Mittelstand werden wir anschieben. Für digitale Ausrüstung sollen kleine und mittlere Unternehmen einen Zuschuss erhalten, wenn sie sich zuvor beraten lassen und ein Digitalisierungskonzept vorlegen.

Kleinere und mittelgroße Unternehmen wollen wir durch einen „Forschungsbonus“ finanziell unterstützen, wenn sie Personal für Forschung und Entwicklung einstellen. Gerade mittelständische Unternehmen benötigen diese Förderung, um ihre Wachstumschancen nutzen zu können. Darüber hinaus werden wir auch die bestehenden Forschungs- und Innovationsprogramme weiter ausbauen. Und wir werden die Abschreibungsmöglichkeiten für Forschungs- und Entwicklungsausgaben für Unternehmen und Selbstständige verbessern. Nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen wollen wir außerdem einen Mittelstands- und Innovationscheck für Gesetze einführen. In diesem Zuge werden wir auch die Mittel für die Programme ZIM und Industrielle Gemeinschaftsforschung aufstocken.

Die Digitalisierung verändert auch in besonderem Maße den Einzelhandel. Wir wollen die Ergebnisse aus der Dialogplattform Einzelhandel auswerten, um Strategien für lebendige Innenstädte und für die Nahversorgung im ländlichen Raum zu erarbeiten. Wir wollen an Modellstandorten die Strategien gemeinsam mit Akteuren vor Ort erproben und durch die Ergebnisse einen Roll-Out für andere Kommunen ermöglichen.

Es gilt, die Chancen der Digitalisierung für den Handel und die Verbraucherinnen und Verbraucher konsequent zu nutzen.

Das schnelle Wachstum des Internets ist auch der Verfügbarkeit von freier Software zu verdanken, die heute noch einen großen Teil der Infrastruktur betreibt: Diese Idee wollen wir übertragen und den Anteil freier Software in Verwaltung und Bildungseinrichtungen erhöhen, um innovative Unternehmensgründungen im regionalen Markt zu unterstützen.

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Die DMB-Einschätzung: Besonders mittelstandsfreundlich ist die Einführung von konkreten Förderprogrammen für den Mittelstand. Diese werden von Beratungsangeboten und einer vielfältigen Unterstützung flankiert.

Digitalisierung in der Stadt und auf dem Land

Im Jahr 2025 wollen wir in Deutschland eine der modernsten digitalen Infrastrukturen haben. Wir schaffen „Breitband für alle“, auch um die digitale Spaltung zwischen städtischen Ballungszentren und ländlichen Räumen zu überwinden. Wir werden eine flächendeckende digitale Infrastruktur auf hohem Niveau sicherstellen. Die Versorgung mit einer Datengeschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde, soll nur ein erster Zwischenschritt bis 2018 sein. Unser Ziel sind Gigabitnetze. Bis 2025 sollen mehr als 90 Prozent aller Gebäude daran angeschlossen sein. Die hierfür notwendigen Investitionen werden wir fördern.

Die Entwicklung der fünften Generation der mobilen Datenübertragung (5G-Standard) werden wir weiter vorantreiben. Dafür müssen die Antennenstandorte mit Glasfaser erschlossen werden. Die Mobilfunktechnologie schafft weitere notwendige Bandbreiten. WLAN, also ein offenes drahtloses Internet, ist Teil einer modernen digitalen Infrastruktur. Wir wollen, dass alle öffentlichen Einrichtungen offene und kostenfreie WLAN-Hotspots verfügbar machen.

Wir wollen die Gleichbehandlung bei der Datenübertragung im Internet und den diskriminierungsfreien Zugang zu Datennetzen. Diese Netzneutralität ist entscheidend für das offene und freie Internet sowie für fairen Wettbewerb. Die nach europarechtlichen Vorgaben möglichen Ausnahmen vom Prinzip der Netzneutralität müssen eng begrenzt bleiben. In diesen Fällen hat die Bundesnetzagentur streng darauf zu achten, dass sich die Internetqualität nicht verschlechtert.

Die DMB-Einschätzung: Der beschriebene Ansatz zum Breitbandausbau ist aus Sicht des Mittelstandes zu befürworten. Es werden sowohl die Differenz zwischen Stadt und Land angesprochen sowie alle wesentlichen Schlüsseltechnologien und konkrete Ziele benannt. Außerdem wird offenes WLAN in öffentlichen Einrichtungen geplant und die Netzneutralität hervorgehoben.

Datensicherheit und digitale Grundrechte

Ziel unserer Datenpolitik ist es, das Recht auf Privatsphäre zu gewährleisten. Gleichzeitig wollen wir das wirtschaftliche Potenzial von Daten nutzen, denn Datenschutz und Big Data schließen sich nicht aus. Wir werden klare Regelungen schaffen, wie Daten verfügbar gemacht werden können und wer welche Daten wann, zu welchem Zweck und zu welchen Bedingungen verwenden darf. Bürgerinnen und Bürger sollen zu jeder Zeit einen Überblick über die Verwendung ihrer Daten haben. Es dürfen keine neuen Datenmonopole entstehen. Personenbezogene Daten sind dabei besonders schützenswert. Nutzerinnen und Nutzer müssen grundsätzlich einwilligen, wenn personenbezogene Daten über sie erhoben, genutzt oder verwendet werden. Datenspeicher und Netzwerke müssen besser gegen illegale Zugriffe von außen gesichert sein.

Die Aufgabe von Datenpolitik ist auch, Antworten auf zukünftige Entwicklungen zu liefern und den rechtlichen Rahmen vorzugeben. Aus der Verknüpfung von Daten, dem zunehmenden Umgang mit neuen Technologien – wie autonomem Fahren und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz – ergeben sich viele neuartige rechtliche und ethische Fragen. Diese wollen wir in einem umfassenden Dialog mit der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und der Wirtschaft im Rahmen einer Daten-Ethikkommission klären.

Mit der wachsenden Bedeutung des Internets und der wachsenden Abhängigkeit von vernetzter Technik wird die Frage nach Sicherheit im Netz zugleich zur Frage nach der Sicherheit vieler wichtiger anderer Bereiche. Der NSA-Skandal und die Internetkriminalität verunsichern die Menschen. Wir wollen das Freiheitsversprechen des Netzes zurückgewinnen. Der Erfolg des Netzes beruht gerade auf seiner freiheitlichen und offenen Architektur, die wir erhalten und ausbauen wollen. Wir setzen uns für Regelungen auf internationaler Ebene ein, mit denen wir Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und öffentliche Institutionen vor Ausspähung und Cyberangriffen schützen wollen. Unser Ziel ist ein „Völkerrecht des Netzes“, das die digitalen Grundrechte definiert. Vor diesem Hintergrund wollen wir Deutschland und Europa als führenden Standort für Datenschutz und IT-Sicherheit etablieren und werden innerhalb der EU für eine digitale Grundrechtecharta werben.

Wir wollen Hürden in der Nutzung und beim Angebot von digitalen Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger wie auch Unternehmen in ganz Europa abbauen. Wer in Deutschland etwa als Startup mit Dienstleistungen an den Markt geht, ist damit sogleich Teil des gesamten europäischen Binnenmarktes. Hindernisse für das grenzüberschreitende digitale Wirtschaften werden wir konsequent abbauen. Die Aufsicht über digitale Dienste in Europa wollen wir eindeutig regeln.

Die DMB-Einschätzung: Das Ziel, Datenschutz und IT-Sicherheit zum Markenzeichen Deutschlands zu machen ist positiv zu bewerten. Doch es mangelt an konkreten Umsetzungen und damit an Planungssicherheit für Unternehmen.

Es ist Zeit für eine offene und moderne Gesellschaft

S. 73

Urheberrecht im Zeitalter der Digitalisierung

Das geistige Eigentum ist der Rohstoff der Kultur- und Kreativwirtschaft. Fast alles, was wir im Internet tun, ist mit urheberrechtlichen Handlungen verbunden – kopieren, wiedergeben, veröffentlichen. Wir werden die Situation der Urheberinnen und Urheber verbessern und einen gerechten Interessenausgleich mit den Verwertern suchen. Wir wollen Vergütung, keine Verbote. Dazu soll auch das Prinzip der pauschalen Vergütung auf diejenigen ausgeweitet werden, die mit der Vermarktung von kreativen Leistungen im Internet Geld verdienen – beispielsweise Online-Plattformen. Viele Nutzerinnen und Nutzer im Internet produzieren selbst Inhalte und werden damit ebenfalls zu Urhebern. Daher müssen wir die berechtigten Interessen der Nutzerinnen und Nutzer verstärkt berücksichtigen. Wir stehen für ein wissenschafts- und bildungsfreundliches Urheberrecht. Autorinnen und Autoren und Verlage sind angemessen zu vergüten. Dafür müssen die Rahmenbedingungen angepasst werden. Zudem brauchen wir auch eine klare gesetzliche Regelung für den Verleih von e-Books, damit die Bibliotheken ihren wichtigen Informations- und Bildungsauftrag auch in Zukunft erfüllen können.

Wir unterstützen die Bemühungen der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments, ein modernes und zukunftsfähiges Urheberrecht in Europa zu schaffen. Hierbei sind eine stärkere Harmonisierung im Bereich urheberrechtlicher Schranken- und Ausnahmeregelungen - insbesondere bei Bildung, Wissenschaft und Forschung - sowie ein Abbau nationaler Begrenzungen entscheidend. Der Anspruch der Urheberinnen und Urheber und der Verlegerinnen und Verleger auf eine angemessene Vergütung muss stärker berücksichtigt werden. Die Buchpreisbindung ist für uns nicht verhandelbar. Digitale Kulturgüter sollen, wo dies europarechtlich möglich ist, prinzipiell auf dieselbe Mehrwertsteuerstufe gestellt werden wie analoge Kulturgüter.

Die DMB-Einschätzung: Der Anspruch, geistiges Eigentum auch im Internet zu schützen, ist sinnvoll. Zu beachten ist jedoch, dass Regelungen im Bereich des Urheberrechts leicht zu mehr Bürokratie führen können. Ein europäisch einheitlicher Ansatz ist aus diesem Grund zu befürworten. Außerdem ist es positiv, dass durch diese Regelungen insbesondere kreative Selbstständige in ihren Rechten gestärkt werden.

Quelle: SPD, Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zur Bundestagswahl 2017