Auszüge aus den Wahlprogrammen zum Thema "Finanzen"

Auszug aus dem

Wahlprogramm von

Die Linke zum Thema

"Finanzen"

Auszüge aus dem Wahlprogramm der Linken zur Bundestagswahl:

Sozial. Gerecht. Frieden. Für alle. Die Zukunft, für die wir kämpfen!

11.06.2017

V. Ungleichheit ist unsozial. Wir steuern um

S. 37-38

Reichtum und Armut in Deutschland nehmen zu. Die reichsten zehn Prozent besitzen weit mehr als die Hälfte des gesellschaftlichen Reichtums, die untere Hälfte gerade mal ein Prozent. Ein Hundertstel. Deutschland ist eines von vier Ländern mit den meisten Millionärinnen und Millionären. Über eine Million Menschen besitzen mehr als eine Million Euro (1,2 Millionen Menschen besitzen über eine Million US-Dollar). Wer viel hat, kann das leicht vermehren. Auf Vermögen werden keine Steuern gezahlt. Auf Gewinne aus Kapital und Aktien wird eine Billigsteuer erhoben, weniger als die Hälfte von dem, was unter Helmut Kohl gezahlt wurde. Wer hingegen wenig oder nichts hat, zahlt mehr und mehrfach: Lohnsteuer kann man nicht hinterziehen, sie wird sofort abgezogen. Die Mehrwertsteuer trifft prozentual Menschen mit niedrigem Einkommen stärker. Weil öffentliches Eigentum privatisiert wurde, müssen viele Dienstleistungen privat bezahlt werden. Dem privaten Reichtum steht eine verarmte öffentliche Infrastruktur gegenüber: Bibliotheken und Schwimmbäder schließen, Personal im Krankenhaus wird gekürzt, um notwendige Reparaturen finanzieren zu können. Hier würden die Einnahmen aus einer Millionärssteuer besonders helfen: Sie geht an die Länder und kann die öffentliche Infrastruktur stärken.

Die Reichen haben viele Verbündete in der Politik. Sie können ihrer Stimme mehr Gewicht verleihen. Wir halten dagegen. Mehr Gerechtigkeit und eine starke öffentliche Daseinsvorsorge gibt es nur, wenn die Unteren entlastet werden – und die Oberen stärker belastet. Hohe Einkommen und Vermögen, Erbschaften und Gewinne aus Kapital und Aktien müssen stärker besteuert werden. Damit finanzieren wir Investitionen in eine gute öffentliche Versorgung und einen Sozialstaat, der alle Menschen sicher vor Armut schützt. Wir wollen solidarische und ökologische Formen von Wirtschaft stärken und Arbeitsplätze schaffen.

Profit, Privatisierung und Preisdruck beschädigen die sozialen Grundlagen der Demokratie. Der öffentliche Nahverkehr, die Wohnungen der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften sollten keinen Profit abwerfen müssen. Die öffentliche Daseinsvorsorge bildet die Strukturen, die die Menschen in unserer Gesellschaft verbindet. Dafür ist notwendig, dass diese Strukturen am Bedarf in der Gesellschaft ausgerichtet werden.

Unser Programm für eine Zukunft, für die es sich zu kämpfen lohnt, ist kein Wunschdenken. Es ist nicht unrealistisch. Es ist machbar und wir wissen, wie wir es bezahlen werden. Es ist genug für alle da, wenn alle genug beisteuern.

  • Wir wollen, dass Vermögen ab einer Million Euro mit fünf Prozent besteuert werden. Die erste Million ist davon freigestellt. Betriebsnotwendiges Vermögen kann bis fünf Millionen freigestellt werden. Wir stellen sicher, dass Privatvermögen nicht in Betriebsvermögen »versteckt« wird und dass Betriebsvermögen in ausländischem Eigentum ebenso besteuert wird wie inländische Eigentümer. Eine solche Vermögensteuer würde 80 Milliarden Euro Mehreinnahmen im Jahr bringen.
     
  • Erbschaftsteuer: Reichtum wird vererbt – und das meist ohne dass nennenswerte Steuern bezahlt werden. Gerade die Superreichen können ihre Millionenvermögen in Unternehmensanteilen steuerfrei vererben oder verschenken. Die von der Großen Koalition beschlossene Reform der Erbschaftsteuer ändert das nicht, im Gegenteil. Wir werden dafür sorgen, dass diese Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Normales, selbstgenutztes Wohneigentum bleibt freigestellt. Mehreinnahmen im Jahr: fünf Milliarden Euro.
     
  • Die Unternehmenssteuern wurden schon vor Jahren massiv gesenkt. Die Körperschaftsteuer muss wieder auf 25 Prozent erhöht werden. Wir wollen den Wettlauf der Unternehmen um Steuervermeidung unterbinden und drängen auf europaweite Mindestsätze für Unternehmenssteuern. Wir werden sicherstellen, dass Unternehmen und Konzerne sich nicht den Steuern entziehen.
     
  • Für arbeitsintensives Handwerk, Produkte für Kinder und Arzneimittel wollen wir ermäßigte Steuersätze bei der Umsatzsteuer.
     
  • Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Subventionsbetrug wollen wir wirksamer bekämpfen. Dafür wollen wir eine Bundesfinanzpolizei aufbauen und das Personal im Steuervollzug bedarfsgerecht aufstocken. Es ist realistisch, mit einem konsequenteren Steuervollzug und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung in Steueroasen jährlich etwa 15 Milliarden Euro mehr einzunehmen.
     
  • Mit einer Finanztransaktionsteuer dämmen wir die Spekulationen auf den Finanzmärkten ein. Die eingenommenen Gelder sollen für eine nachhaltige Entwicklung in den Ländern des Südens und für globalen Klimaschutz einerseits und für den sozial-ökologischen Umbau unserer Industriegesellschaft andererseits genutzt werden. Bei jeder Finanztransaktion soll ein Steuersatz von 0,1 Prozent fällig werden. Jährliche Mehreinnahmen in Deutschland: mindestens 30 Milliarden Euro.

Die DMB-Einschätzung: Die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer und die Erhöhung der Körperschaftssteuer führen zu enormen finanziellen Belastungen des Mittelstandes und sind daher mittelstandsfeindlich.

Lebensqualität hat mit dem Angebot der Kommunen zu tun: Können sie nur das Nötigste finanzieren oder stellen sie Kulturveranstaltungen, Schwimmbäder, kommunalen Wohnungsbau, kostenfreie Kitas und Jugendzentren zur Verfügung? Wir wollen die Ausstattung der Kommunen verbessern. Wenn vom Bund oder von den Ländern Aufgaben an die Kommunen abgegeben werden, müssen sie auch die Finanzierung liefern (Konnexitätsprinzip: Wer bestellt, zahlt).
 

  • Wir wollen die bisherige Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftsteuer umwandeln. Die Bemessungsgrundlage wird ausgeweitet (Pachten, Mieten, Leasingraten und Lizenzgebühren werden berücksichtigt) und gutverdienende Selbständige und Freiberufler einbezogen. Dafür werden wir den Freibetrag auf 30.000 Euro anheben und die festgesetzte Steuer bei der Einkommensteuer berücksichtigen. Die Gewerbesteuerumlage wird abgeschafft, was Städte und Gemeinden finanziell entlastet. Mehreinnahmen für die Kommunen: 15 Milliarden Euro.


Mit diesen Mehreinnahmen können wir den Einstieg in eine solidarische Gesellschaft finanzieren: Bessere soziale Sicherheit, mehr Personal in Bildung, Gesundheit und Pflege und einen Neustart im gemeinnützigen Wohnungsbau, Barrierefreiheit und den Einstieg in einen sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft. Unsere Forderungen sind gegengerechnet und realistisch.

Auch die Besteuerung von Einkommen wollen wir gerechter machen. Niedrige und mittlere Einkommen wollen wir entlasten. Hohe Einkommen müssen stärker besteuert werden.

Die DMB-Einschätzung: Eine Umwandlung der Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftssteuer stellt eine zusätzliche Belastung für Selbständige und Freiberufler dar und wird somit negativ bewertet.

Quelle: Die LINKE, Programm zur Bundestagswahl 2017