Auszüge aus den Wahlprogrammen zum Thema "Finanzen"

Auszug aus dem

Wahlprogramm der SPD

zum Thema "Finanzen"

Auszüge aus dem Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl:

Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit: Zukunft sichern, Europa stärken. Das Regierungsprogramm 2017 bis 2021

25.06.2017

Es ist Zeit für eine starke Wirtschaft und Innovationen

S. 21-27

Innovationen und Gründergeist

[…]

Oft scheitern kleine und mittlere Unternehmen an den bürokratischen Hürden für Förderprogramme. Deshalb werden wir die Antragstellung vereinfachen, damit Unternehmensgründer einfach und schnell Unterstützung bekommen und sich voll auf ihr Geschäftsmodell konzentrieren können. Zudem werden wir die Rahmenbedingungen für Wagniskapital weiter verbessern.

Die DMB-Einschätzung: Der geplante Abbau bürokratischer Hürden für Förderprogramme ist besonders für den Mittelstand ein wichtiger Schritt.

Es ist Zeit für Investitionen und gerechte Steuern

S. 37-42

Zeit für Entlastungen bei Steuern und Abgaben

Für uns geht es um Steuergerechtigkeit. Wir wollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit mittleren und kleinen Einkommen bei Steuern und Abgaben entlasten. Dabei legen wir einen Schwerpunkt auf Familien und Alleinerziehende. Starke Schultern können und müssen mehr als schwache tragen. Deshalb machen wir keine Steuerentlastungen mit der Gießkanne!
 

Unser Familientarif

Alle heutigen Eheleute werden auch in Zukunft das Ehegattensplitting nutzen können. Für die Zukunft führen wir einen Familientarif mit Kinderbonus ein. Von dem Kinderbonus des Familientarifs profitieren verheiratete und unverheiratete Eltern mit Kindern, wie auch Alleinerziehende. Jedes Elternteil soll künftig 150 Euro pro Kind von seiner Steuerlast abziehen können. Ein Paar mit drei Kindern kann allein mit dem Kinderbonus 900 Euro im Jahr sparen. Im Familientarif können Ehepartner Einkommensanteile von höchstens 20.000 Euro untereinander übertragen. Dadurch wird auch künftig der sich aus der verfassungsrechtlich gebotenen Freistellung der gegenseitigen Unterhaltsverpflichtung ergebende Splittingvorteil gewahrt. Heutige Ehen können zwischen dem bisherigen System des Ehegattensplittings und unserem neuen Familientarif mit Kinderbonus frei wählen. Wir wollen die Steuerlast bei unterschiedlich hohen Einkommen gerecht zwischen den Eheleuten verteilen.

Unser erweitertes Kindergeld

Um Eltern mit niedrigen Einkommen zu unterstützen, gibt es schon heute einen Kinderzuschlag. Durch ihn kann der Bezug von Arbeitslosengeld II vermieden werden. Viele nutzen ihn nicht – fast immer aus mangelnder Information. Wir wollen, dass der Kinderzuschlag allen zu Gute kommt, für die er gedacht ist. Deshalb werden wir für einkommensschwache Familien das Kindergeld mit dem Kinderzuschlag zu einem erweiterten Kindergeld zusammenfassen und für Alleinerziehende verbessern. Weniger Bürokratie führt über diesen einen einfachen Weg dazu, dass zusätzlich fast eine Million Kinder von unserer Politik konkret profitieren.

Wir entlasten bei den Sozialabgaben

Wir entlasten bei den Sozialversicherungsbeiträgen, ohne die Leistungen zu mindern. Zentral ist hier für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie profitieren durch 39 gleich hohe Beiträge der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden dadurch um fünf Milliarden Euro pro Jahr entlastet.
 

Unsere Entlastung von niedrigen Einkommen

Wir möchten insbesondere die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstärkt unterstützen, die ein sehr geringes Einkommen haben. Sie zahlen nur geringe oder gar keine Einkommenssteuer, sind aber besonders belastet durch Sozialabgaben. Viele Frauen, gerade Alleinerziehende, arbeiten in Teilzeit. Daher führen wir eine Beitragsentlastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein, die zwischen 451 Euro und 1300 Euro verdienen, so dass der Arbeitnehmerbeitrag zu den Sozialversicherungen in dieser Zone nur allmählich ansteigt. Anders als bei der aktuellen Regelung für Beschäftigungsverhältnisse zwischen 451 Euro und 850 Euro, sollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber gleichwohl die vollen Rentenansprüche erwerben, die sie bei einem nicht reduzierten Arbeitnehmerbeitrag erwerben würden. Deshalb wird den Sozialversicherungen das entfallende Beitragsaufkommen aus Haushaltsmitteln erstattet, um die vollen Leistungen bei Rente, Gesundheit, Pflege und Arbeitslosigkeit zu garantieren.

Wir entlasten bei Solidaritätszuschlag und Steuern

Mit unseren Vorschlägen für eine Steuerreform werden wir vor allem den so genannten "Mittelstandsbauch" angehen. Wir verbinden Entlastungen und mehr Gerechtigkeit! Dieses Ziel erreichen wir über zwei Wege:

Abschaffung des Solidaritätszuschlags für untere und mittlere Einkommen:

Seriosität geht bei Steuern vor. Wer entlasten will, muss erklären, wie er mit dem Solidaritätszuschlag umgeht. Mittlere Einkommen werden von dieser Abgabe erheblich belastet. Deshalb schaffen wir den Zuschlag für die unteren und mittleren Einkommen ab 2020 ab. Dies kommt vielen Bürgerinnen und Bürgern zugute – gerade auch Selbstständigen und kleineren Betrieben, die dadurch mehr Luft für Investitionen haben. Das Entlastungsvolumen umfasst etwa 10 Milliarden Euro. Das kann der Bundeshaushalt ohne Verwerfungen bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben verkraften, erst recht aufgrund der Einnahmeverbesserungen durch das konsequente Vorgehen gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung. Von der teilweisen Abschaffung des Solidaritätszuschlages können Singles profitieren, die 52.000 Euro zu versteuerndes Einkommen und Ehepaare, die 104.000 Euro zu versteuerndes Einkommen zur Verfügung haben. Um das zu erreichen, heben wir die Freigrenzen dementsprechend substantiell an. Wer darunter liegt, muss künftig keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen. Wer ein höheres Einkommen hat, zahlt vorerst weiterhin den Zuschlag. An die angehobene Freigrenze schließt sich wie bisher eine Gleitzone an.

Mit dem Auslaufen des Solidarpaktes Ende des Jahres 2019 reduzieren sich die speziellen finanziellen Aufwendungen des Bundes zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern. Deshalb kann der Solidaritätszuschlag nicht unverändert erhoben werden. Die verbleibenden Aufgaben sollen von den sehr hohen Einkommen weiterhin geschultert werden. Aber dauerhaft kann auch der verbliebene Solidaritätszuschlag nicht erhoben werden. Wir werden deshalb auch den restlichen Solidaritätsschlag stufenweise abschmelzen.

Die DMB-Einschätzung: Die schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlages wurde positiv bewertet, da sie mittelständische Personengesellschaften entlastet. Der Abbau könnte allerdings angesichts hoher Steuereinnahmen schneller vollzogen werden.

Eine gerechtere Einkommensbesteuerung

Darüber hinaus planen wir eine gerechtere Einkommenssteuer, die viele Menschen entlastet und aufkommensneutral ist. Der aktuelle Steuersatz in Höhe von 42 Prozent setzt heute bereits bei 54.000 Euro zu versteuerndem Einkommen bei Singles an. Wir erheben diesen Steuersatz künftig bei 60.000 Euro zu versteuerndem Einkommen. Dies entlastet viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um zusätzliche fast zwei Milliarden Euro. Um dies finanzieren zu können, möchten wir den Spitzensteuersatz linear-progressiv auf 45 Prozent anheben, der dann ab 76.200 Euro zu versteuerndem Einkommen für Singles / 152.400 für Ehepaare fällig wird.

Bei einer anhaltenden guten Wirtschafts- und Haushaltslage werden wir außerdem eine Erhöhung des Grundfreibetrags über die jährliche Anpassung aufgrund der Ergebnisse des Existenzminimumberichts hinaus regelmäßig prüfen.
 

Vermögende tragen Verantwortung

Besonders hochvermögende Bürgerinnen und Bürger sollen und können einen größeren Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Investitionen und zur Entlastung von unteren und mittleren Einkommen leisten. Daher möchten wir die so genannte Reichensteuer in Höhe von drei Prozent auf den Spitzensteuersatz zukünftig ab einem zu versteuernden Einkommen für Ledige von 250.000 Euro fix erheben. Wir wollen Einkommen aus Arbeit und Kapital wieder gleich besteuern, indem wir die Abgeltungsteuer abschaffen.

Die DMB-Einschätzung: Die Anhebung des Schwellenwertes ab dem der Spitzensteuersatz fällig wird ist begrüßenswert. Allerdings belasten die geplanten Steuererhöhungen zahlreichen Mittelständler, die die Rechtsform der Personengesellschaft gewählt haben, da diese auch einkommensteuerpflichtig sind.

Zeit für eine gerechte Erbschaftsteuerreform

Wir werden sehr große Erbschaften höher besteuern. Mit einer umfassenderen Erbschaftsteuerreform mit weniger Ausnahmen stellen wir sicher, dass endlich mehr Gerechtigkeit bei der Besteuerung der Erbschaften realisiert wird. Es ist uns bei der zurückliegenden Reform gelungen, zu vermeiden, dass auch sehr große Erbschaften gar nicht mehr besteuert werden. Die Union hat allerdings verhindert, dass wir hier schon zu ausgewogener Gerechtigkeit gekommen sind. Wir konnten nicht alle unsere Vorschläge durchsetzen. Wir werden diese in der neuen Bundesregierung aufgreifen.

Wir wollen eine Umsatzsteuer für Finanzprodukte, die so genannte Finanztransaktionssteuer. Diese muss im Rahmen der europäischen Kooperation mit einer breiten Bemessungsgrundlage und mit niedrigen Steuersätzen gestaltet sein. Besondere Privilegien für einzelne Interessengruppen wollen wir zurücknehmen und auch andere steuerliche Subventionen überprüfen.

Die DMB-Einschätzung: Eine Erhöhung der Erbschaftssteuer ist nicht im Sinne des Mittelstandes, da die Gefahr einer zu starken finanziellen Belastung der Unternehmen mit zu vererbendem Betriebsvermögen besteht.

Steuerbetrug und -vermeidung bekämpfen

Steuerhinterziehung ist kriminell. Es kann nicht sein, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die allermeisten Unternehmen ehrlich ihre Steuern zahlen und andere ihre Steuern klein rechnen oder gar hinterziehen. Manche lassen sich sogar Steuern „zurückerstatten“, die nie gezahlt wurden. Das verursacht Schäden in Milliardenhöhe für unsere Gesellschaft. Steuerbetrug, Steuervermeidung und Geldwäsche werden wir daher hart bekämpfen. Wir machen Politik für die Anständigen.

In Deutschland wollen wir einen gerechten Steuervollzug – von der Steuererhebung bis zur Steuerprüfung. Wir wollen, dass alle Bundesländer ihre Steuerverwaltung, Steuerfahndungen und Betriebsprüfungen personell vernünftig aufstellen. Sämtliche aus einer Straftat erlangten Vermögenswerte und alle rechtswidrigen Gewinne sollen konsequent eingezogen werden. Den Steuerbetrug mit Hilfe von manipulierten Registrierkassen wollen wir unterbinden. Wir werden die bisher ergriffenen Maßnahmen weiterentwickeln. Dabei nehmen wir auf die Belange von Kleinstbetrieben und Vereinen Rücksicht. Wir wollen sicherstellen, dass der rechtmäßige Steuereinzug auch bei Geschäften über Plattformen im Internet tatsächlich gesichert werden kann.

Wir akzeptieren keine Steuervermeidungspraxis innerhalb Europas. Durch die Einführung einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer und von Mindeststeuersätzen sorgen wir in Europa für Fairness und verhindern Dumping. Dadurch schließen wir außerdem Lücken zwischen nationalen Steuersystemen, die von multinationalen Konzernen zur Steuervermeidung genutzt werden.

Steuergerechtigkeit muss national, europäisch und international durchgesetzt werden

Wir werden die Möglichkeiten einer Telefonüberwachung zur Verfolgung besonders schwerer Fälle von Steuerhinterziehung erweitern. Zurzeit ist eine Überwachung nur bei bandenmäßigem Umsatzsteuerbetrug möglich. Neben der Unterstützung beim Aufbau effizienter nationaler Steuersysteme kommt es darauf an, die Kapitalabflüsse durch Steuerhinterziehung und -vermeidung zu stoppen. Die hohen Geldbeträge, die auf diesem Weg am Fiskus vorbei ins Ausland fließen, fehlen uns für Investitionen in unsere Zukunft. Die Enthüllungen durch die „Panama-Papiere“ haben deutlich gemacht, dass wir ein lückenloses Programm zur Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerbetrug auf internationaler Ebene brauchen. Seit 2017 gibt es durch den automatischen Informationsaustausch eine verbesserte Transparenz. Wir wollen die Initiative für fairen Internationalen Steuerwettbewerb vollständig umsetzen. Wir werden mit dieser BEPS-Initiative der OECD die Transparenz internationaler Transaktionen erhöhen, die nationalen Steuersysteme besser aufeinander abstimmen und den schädlichen Steuerwettbewerb international eindämmen. Damit verhindern wir, dass Unternehmen ihre Gewinne künstlich kleinrechnen und sich ihrer Steuerverantwortung entziehen.

Wir wollen zudem ein europäisches Transparenzregister, in dem alle Eigentümer, Begünstigte wie auch die verantwortlichen Personen eines Unternehmens für Steuerbehörden transparent aufgeführt sind. Wir werden uns erneut für eine „schwarze Liste“ der Steueroasen der OECD einsetzen und reine Vermögensanlagen in den Staaten auf dieser Liste beschränken. Es darf keine anonymen Briefkastenfirmen mehr geben, deren einziger Zweck es ist, Steuern zu hinterziehen. Wir wollen ein Verbot anonymer Finanzgeschäfte in Offshore-Gebieten und harte Sanktionen für Banken, die sich nicht an die Regeln halten – bis hin zum Entzug der Banklizenz.

Die DMB-Einschätzung: Die geforderten Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerbetrug- und vermeidung und zur Durchsetzung internationaler Steuergerechtigkeit werden vom Mittelstand unterstützt. Steuerschlupflöcher werden überwiegend von Konzernen ausgenutzt, um sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Mittelstand zu verschaffen.

Quelle: SPD, Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zur Bundestagswahl 2017