Das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket der Bundesregierung
Der Grundstein für den wirtschaftlichen Aufschwung wird mit dem Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket der Bundesregierung gelegt.
Zusammenfassung und Einordnung für KMU zu den Ergebnissen des Koalitionsausschusses vom 3. Juni 2020
Die Corona-Pandemie hat die deutsche Wirtschaft unerwartet getroffen und in die größte Krise seit Bestehen der Bundesrepublik gestürzt. Aufgrund massiver Umsatzeinbrüche fürchten zahlreiche Unternehmen um ihre wirtschaftliche Existenz. Gerade der Mittelstand, der in den letzten zehn Jahren Beschäftigungsmotor und Garant für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands war, ist besonders stark von der Krise betroffen. Dass es einen konjunkturellen Impuls benötigt, der das Wachstum wieder ankurbelt und Starthilfe für den wirtschaftlichen Aufschwung leistet, ist unter Ökonomen, Wirtschaftsverbänden und Parteien unumstritten.
Die Spitzen der Regierungsparteien CDU, CSU und SPD haben sich im Koalitionsausschuss am 3. Juni 2020 auf ein umfassendes Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket geeinigt, das von einem Zukunftspaket flankiert wird. Der DMB fasst die wichtigsten Maßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus dem Paket zusammen. Die Maßnahmen gliedern sich in die folgenden Themenbereiche auf:
1 Finanzen & Steuern
Mehrwertsteuersenkung und Co: viele steuerliche Maßnahmen sind für KMU relevant
- Mehrwertsteuersatzwird (befristet) gesenkt: Vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 wird der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent gesenkt. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz wird in demselben Zeitraum von 7 Prozent auf 5 Prozent gesenkt.
- Überbrückungshilfen für KMU:Als Nachfolgeprogramm der Soforthilfe legt der Bund eine neue „Überbrückungshilfe“ mit einem Volumen von maximal 25 Milliarden Euro für besonders von der Krise betroffene KMU auf. Antragsberechtigt sind alle Unternehmen, deren Umsätze aufgrund der Corona-Krise in den Monaten April und Mai 2020 um mindestens 60 Prozent gegenüber April und Mai 2019 zurück gegangen sind und deren Umsatzrückgänge in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 Prozent fortdauern. Im Rahmen dieses Programmes werden bis zu 50 Prozent der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat erstattet. Bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 Prozent sind bis zu 80 Prozent der fixen Betriebskosten erstattungsfähig. Lebenshaltungskosten können nicht angerechnet werden. Der maximale Erstattungsbetrag beträgt 150.000 Euro für drei Monate. Bei Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten soll der Erstattungsbetrag 9.000 Euro, bei Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten 15.000 Euro betragen. Die Antragsfristen enden jeweils spätestens am 31.8.2020 und die Auszahlungsfristen am 30.11.2020.
- Steuerlicher Verlustrücktrag wird erweitert: Für die Jahre 2020 und 2021 können so maximal 5 Millionen Euro bzw. 10 Millionen Euro (bei Zusammenveranlagung) als steuerlicher Verlustrücktrag unmittelbar finanzwirksam in der Steuerklärung 2019 nutzbar gemacht werden. Dies soll z.B. über die Bildung einer steuerlichen Corona-Rücklage möglich gemacht werden.
- Degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) als steuerlicher Investitionsanreiz: Diese wird mit dem Faktor von 2,5 gegenüber der derzeit geltenden AfA und maximal 25 Prozent pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in den Steuerjahren 2020 und 2021 eingeführt.
- Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wird verschoben: Die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wird auf den 26. des Folgemonats verschoben. Heißt konkret: Die Vorauszahlung der Einfuhrumsatzsteuer, die erst später wiedererstattet wird und damit Liquidität zwischenzeitlich bindet, wird gestundet.
- Modernisierung des Körperschaftssteuerrechts: Ein Optionsmodell zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften und die Anhebung des Ermäßigungsfaktors bei Einkünften aus Gewerbebetrieb auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags werden eingeführt.
- Entschuldungsverfahren nach einer Insolvenz werden verkürzt: Um einen schnellen Neustart nach einer Insolvenz zu ermöglichen soll das Entschuldungsverfahren für natürliche Personen auf drei Jahre verkürzt werden. Zudem soll bei Unternehmensinsolvenzen ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren eingeführt werden(Hintergrund hierzu ist die EU-Richtlinie zur präventiven Restrukturierung, die ohnehin bis spätestens Mitte 2021 in nationales Recht umgesetzt werden muss).
- Öffentliche Investitionen und geplante Aufträge mit Volumen von 10 Milliarden Euro sollen vorgezogen werden: Anstehende Digitalisierungsvorhaben, Sicherheits- und Rüstungsprojekte sollen nach Möglichkeit vorgezogen und sofort umgesetzt werden. Inwiefern KMU davon direkt profitieren, bleibt abzuwarten.
- Temporäre Vereinfachung des Vergaberechts:Das Vergaberecht soll temporär vereinfacht werden, etwa durch eine Verkürzung der Vergabefristen bei EU-Vergabeverfahren und die Anpassung der Schwellenwerte für beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben in Deutschland. Die Europäische Ratspräsidentschaft Deutschlands soll genutzt werden, um auf europäischer Ebene ein Programm zur Entbürokratisierung, zur Beschleunigung des Planungsrechts, zur Vereinfachung des Vergaberechts und zur Reform des Wettbewerbsrechts anzustoßen. Mehr als diese wage Ankündigung gibt es allerdings bislang nicht.
- Bemessungsgrundlage der steuerlichen Forschungszulage wird erhöht:Der Fördersatz der steuerlichen Forschungszulage wird rückwirkend zum 1.1.2020 und befristet bis zum 31.12.2025 auf eine Bemessungsgrundlage von bis zu 4 Millionen Euro pro Unternehmen gewährt und damit verdoppelt.
2 Arbeit & Soziales
Ausbildungsplatzprämie und Deckelung der Sozialabgaben sind einige Maßnahmen im Bereich Arbeit & Soziales
- Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent: Die Corona-Krise belastet die Sozialversicherungen (u.a. Renten-, Arbeitslosen-und Krankenversicherungen) erheblich. Damit aus finanziellen Engpässen der Versicherungen keine größeren und unmittelbaren Beitragserhöhungen entstehen, ist eine „Sozialgarantie 2021“ beschlossen worden. Diese sieht bis 2021 vor, die Lohnnebenkosten bzw. Sozialversicherungsbeiträge nicht über (insgesamt) 40 Prozent ansteigen zu lassen.
- Vereinfachter Zugang zur Grundsicherung: Der vereinfachte Zugang in die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wird über die bisherige Geltungsdauer hinaus bis zum 30. September 2020 verlängert. Damit bleibt unter anderem die Aufhebung der Vermögensprüfung bestehen.
- „Attraktive“ Möglichkeit der Mitarbeiter(kapital)beteiligung für Start-Ups: Es sollen– insbesondere für Start-Ups – Möglichkeiten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessert werden, sich an ihren Unternehmen zu beteiligen. Weitere Details fehlen bislang allerdings.
- Ausbildungsplatzprämie wird eingeführt:KMU, die ihr Ausbildungsplatzangebot im Jahr 2020 im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringern, wird für jeden neu geschlossenen Ausbildungsvertrag eine einmalige Prämie in Höhe von 2.000 Euro ausgezahlt. Unternehmen, die ihr Angebot sogar erhöhen, erhalten für die zusätzlichen Ausbildungsverträge jeweils 3.000 Euro.
3 Digitalisierung & Bürokratieabbau
Beschleunigung bei der Verwaltungsdigitalisierung und beim Netzausbau sind vorgesehen.
- Beschleunigung beim Netzausbau:Der 5G-Ausbau soll massiv beschleunigt werden. Ziel ist der Aufbau eines flächendeckendes 5G-Netzes in ganz Deutschland bis zum Jahr 2025. Dafür soll die neue Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes mit fünf Milliarden Euro ausgerüstet werden, um weiße Flecken im Netz zu schließen.
- Digitalisierung der Verwaltung:Das Online-Zugangs-Gesetz, das die Verbesserung des Onlinezugangs zu zahlreichen Verwaltungsleistungen anstrebt, soll zeitnah umgesetzt werden. Diese Maßnahme führt zu einer bürokratischen Entlastung von KMU, bleibt aber ohne konkrete Zielvorgabe sehr vage.
4 Energie & Klima
Maßnahmen im Bereich Energie: Gebäudesanierung, EEG-Umlage und Umweltprämie
- Die EEG-Umlage und damit der Strompreis wird gesenkt: Um den Strompreis für Unternehmen und private Haushalte günstiger zu machen, plant die Regierungskoalition, die EEG-Umlage zu senken. Diese soll im Jahr 2021 bei 6,5 Cent/kWh, im Jahr 2022 bei 6,0 Cent/kWh liegen (derzeit liegt sie bei 6,75 Cent/kWh).
- Umweltprämie für E-Fahrzeuge wird verdoppelt: Um den Austausch der Kfz-Fahrzeugflotte durch klima- und umweltfreundlichere Elektrofahrzeuge zu fördern, werden die bestehenden Umweltprämien des Bundes als neue Innovationsprämie verdoppelt. Die Prämie der Hersteller bleibt davon unberührt. So steigt beispielsweise die Förderung des Bundes bei E-Fahrzeugen bis zu einem Nettolistenpreis von 40.000 Euro von 3.000 auf 6.000 Euro. Die erhöhte Förderung ist bis zum 31.12.2021 befristet. Zudem wird bei der vergünstigten Besteuerung von rein elektrischen Dienstwagen von 0,25 Prozent die Kaufpreisgrenze von 40.000 Euro auf 60.000 Euro angehoben.
- Fördervolumen der Gebäudesanierung:Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm wird für die Jahre 2020 und 2021 um eine Milliarde Euro auf 2,5 Milliarden Euro aufgestockt. Damit können mehr Antragssteller eine entsprechende Förderung in Anspruch nehmen.