DMB-Interview: Nils Brestrich
"Made in Germany" ist ein international anerkanntes Gütesiegel. Die tragende Säule der deutschen Wirtschaft ist der Mittelstand – also die Unternehmer/innen, Gewerbetreibenden und Selbstständigen, die sich ihrer unternehmerischen Verantwortung stellen. Der DMB fragt bei ihnen nach, was sie antreibt und welche Hürden beseitigt werden müssen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein.
"Mich fasziniert unbürokratisches Arbeiten, was das Ausprobieren neuer Ideen und Vorschläge ungemein befördert. Zudem kann man als Unternehmer viel besser Innovationen anstoßen, weil man einfach unabhängiger ist."
Nils Brestrich (X-Tron)
In welchem Bereich sind Sie tätig? Bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vor.
Nils Brestrich: Wir betreiben mit X-Tron eine sehr leistungsfähige, digitale Vermittlungsplattform für Außenhandels- und Exportfinanzierung. Hierrüber können deutsche Exporteure, aber auch Importeure, in Entwicklungs- und Schwellenländern die richtige Bank für ihr internationales Geschäft finden. Neben attraktiveren Konditionen und Angeboten für schwierige Märkte geht es manchen Unternehmen aber auch schlicht um Effizienz und Zeitersparnis und um die besseren Auswertungsmöglichkeiten von Finanzierungsdaten – vor allem, wenn sie regelmäßig exportieren.
Ich widme mich dabei der Entwicklung, Umsetzung und Bekanntmachung dieses Vorhabens. Und das bereits seit meinem Masterstudium, weil ich das Potenzial von Online-Plattformen schon länger interessant finde.
Was macht für Sie den Mittelstand aus und warum ist er wichtig für Deutschland?
Für mich steht der deutsche Mittelstand für Tatkraft, Mut und Risikobereitschaft, gleichzeitig aber auch für ein hohes Maß an Bodenständigkeit. Zudem handeln Mittelständler oft sehr pragmatisch und passen sich schnell den Marktbedingungen an. All das deckt sich auch sehr mit meinen eigenen Vorstellungen und Werten.
Der Mittelstand ist wichtig für unser Land, weil er das Rückgrat der Wirtschaft ausmacht. Nach Angaben der KfW waren 2018 mehr als 31 Millionen – oder über 70 Prozent aller Erwerbstätigen – bei mittelständischen Unternehmen beschäftigt. Das ist jetzt schon Rekord. Aber auch in den nächsten Jahren wird es vor allem der Mittelstand sein, der neue Arbeitsplätze in Deutschland schafft. Denn kleinere und mittelgroße Firmen sind regional verankert und wissen dies als Vorteil zu nutzen.
Was motiviert Sie, tagtäglich unternehmerisch zu denken und zu handeln?
Mich persönlich motiviert vor allem zweierlei: Einerseits finde ich ganz einfach viele Aspekte des Unternehmertums unheimlich spannend. Mich fasziniert unbürokratisches Arbeiten, was das Ausprobieren neuer Ideen und Vorschläge ungemein befördert. Eine gemeinsame Absprache mit den Mitgesellschaftern kann da in vielen Fällen schon ausreichen. Zudem kann man als Unternehmer viel besser Innovationen anstoßen, weil man einfach unabhängiger ist.
Außerdem finde ich es großartig, etwas für das Land und die Gesellschaft tun zu können. Mit zunehmendem Erfolg von X-Tron kann unser Angebot fast dem gesamten Mittelstand dabei helfen, gegenüber internationalen Konkurrenten wettbewerbsfähiger zu werden. Und das nicht nur durch bessere Finanzierungskonditionen, sondern beispielsweise auch durch das effiziente Zusammenbringen deutscher Unternehmen mit neuen potenziellen Kunden im Ausland.
Welche unternehmerischen Kompetenzen sind besonders wichtig, um in turbulenten Zeiten zu bestehen?
Sicherlich sind ein starker Glaube an den Erfolg des eigenen Vorhabens und eine damit verbundene große Ausdauer sowie ein gutes Netzwerk und zuverlässige Kunden essenziell. Diese Faktoren spielen aber auch außerhalb von Krisenzeiten eine zentrale Rolle.
Speziell in Krisenzeiten profitieren Unternehmer deshalb vielleicht vor allem auch von der Fähigkeit, Chancen besser zu erkennen und auch drastischen Veränderungen etwas Positives abzugewinnen. So bedeutet eine Krise oft, dass Unternehmen weniger Ressourcen zur Verfügung stehen. Solange Unternehmer aber regelmäßig über den Tellerrand schauen und offen für neue Ideen sind, können sie durch eine neue Herangehensweise sogar gestärkt aus Krisen hervorgehen. Natürlich braucht man als Unternehmer aber auch immer ein gewisses Quäntchen „Glück“.
Welche Probleme muss die Politik am dringendsten angehen, damit der Mittelstand auch künftig erfolgreich sein kann?
Es gibt in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern, leider nach wie vor viele Hürden für Unternehmer. Dadurch droht Europa, von Staaten wie China oder den USA zusehends abgehängt zu werden. So ist es kaum überraschend, dass von den 50 Firmen mit der größten Marktkapitalisierung lediglich drei aus der EU stammen. Wenn jetzt Unternehmen wie Apple sagen, dass ihr Erfolg so nur in den USA möglich war, hat das also einen wahren Kern und sollte der Politik zu denken geben.
Wir haben Hürden leider an verschiedensten Stellen am eigenen Leib bei unserer Gründung erfahren. Das fängt mit den Steuern an: Wenn wir eine Kapitalrunde durchführen, müssen meine Mitgesellschafter und ich sehr hohe Steuern auf einen virtuellen „Gewinn“ zahlen – obwohl ja das gesamte Geld im Unternehmen verbleibt und ausschließlich für Weiterentwicklung und Wachstum verwendet wird.
Zudem gibt es von staatlicher Seite nach wie vor zu wenig Unterstützung für junge, kleine Unternehmen. Dabei sind das aber gerade diejenigen Unternehmen, die besonders zukunftsfähige Geschäftsmodelle haben und Arbeitsplätze schaffen. Trotzdem besteht bei mir die Hoffnung, dass sich die Situation von Unternehmern in Deutschland verbessert. Sehr zuträglich ist beispielsweise, dass Gründern in Deutschland seit einiger Zeit wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt und dass das Gründen vermehrt als etwas Positives und Spannendes wahrgenommen wird.