21.07.2021Interview

Interview mit Dr. Lukas Köhler, FDP

„Die wichtigste Unterstützung ist zunächst mal die Vergrößerung der finanziellen Spielräume.“

Um den Herausforderungen bei der Digitalisierung und der Energiewende gerecht zu werden, müssen frische Impulse aus der Politik gesetzt werden. Der DMB hat Dr. Lukas Köhler von der FDP gefragt, mit welchen neuen Ideen und Konzepten sie die Zukunft der KMU in Deutschland gestalten möchte.

Was ist Ihrer Meinung nach für eine zukunftsgerechte Gestaltung der deutschen Gesellschaft und Wirtschaft wichtig, damit auch die nächsten Generationen unbesorgt leben können?

Meiner Meinung nach sind – neben vielen anderen! – vier Aspekte ganz besonders wichtig: 1. Bildung. Unser zersplittertes Bildungssystemystem führt dazu, dass sich Bayern mit Bremen oder Sachsen mit Rheinland-Pfalz vergleicht. Aber das Ziel muss doch sein, dass sich Deutschland mit den besten der Welt messen kann! 2. Digitalisierung. Nicht erst die Pandemie hat uns vor Augen geführt, welch katastrophale Folgen es hat, dass Deutschland noch immer digitales Entwicklungsland bleibt. Dauerhaft werden wir so auch wirtschaftlich abgehängt. 3. Klimaschutz. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen für kommende Generationen ist die Menschheitsaufgabe der kommenden Jahrzehnte. Daher brauchen wir dringend ein striktes CO2-Limit in einem Emissionshandelssystem für alle Verursacher von Treibhausgasen, denn nur das garantiert das sichere Erreichen der Klimaziele. 4. Solide Haushalte. Denn die Staatsschulden von heute sind die finanziellen Zwänge von morgen. Und auch kommende Generationen haben ein Recht auf genügend Spielraum, um ihre Zukunft selbst zu gestalten.

Welche politischen Positionen oder Entwicklungen der FDP aus der Vergangenheit sehen Sie kritisch? Wo muss mehr passieren und warum?

Problematisch war, dass die FDP nach dem überragenden Wahlerfolg mit 14,6 Prozent im Jahr 2009 in eine Koalition gegangen ist, in der das zentrale Wahlversprechen einer umfassenden Steuerreform mit einer deutlichen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nicht eingehalten werden konnte. Politik bedeutet natürlich immer, Kompromisse einzugehen und wer nicht die absolute Mehrheit erreicht, kann auch nicht erwarten, sein gesamtes Programm umsetzen zu können. Dennoch müssen sich die Menschen darauf verlassen können, dass man nach der Wahl das hält, was man vor der Wahl verspricht. Doch die FDP hat 2013 mit dem vorübergehenden Ausscheiden aus dem Bundestag nicht nur die Quittung bekommen, sondern auch für die Zukunft daraus gelernt. Deshalb haben wir uns 2017 schweren Herzens für den Gang in die Opposition entschieden, statt abermals in eine Regierung zu gehen, in der wir unsere Versprechen nicht hätten halten können. Und darauf kann sich auch 2021 jeder verlassen: Wir Freie Demokraten wollen regieren, aber nicht um jeden Preis. Wortbruch kommt für uns nicht infrage. 

Die Staatsschulden wachsen in der Pandemie rasant. Wer zahlt die Zeche bzw. wie kann verhindert werden, dass künftige Generationen diese Schulden stemmen müssen?

Die Neuverschuldung darf kein Dauerzustand werden. Deshalb müssen wir schnellstmöglich wieder zu einem Haushalt nach den Regeln der Schuldenbremse zurückkehren. Insbesondere die Pandemie hat uns den Wert der Schuldenbremse sehr eindrücklich vor Augen geführt. Denn sie ist einerseits so konstruiert, dass der finanzielle Handlungsspielraum in akuten Krisensituationen nicht eingeschränkt wird und andererseits hat sie in den Jahren zuvor zur Haushaltsdisziplin beigetragen, sodass die Hilfsmaßnahmen finanzierbar waren. Um kommende Generationen nicht übermäßig zu belasten gilt es nun, so schnell wie möglich wieder die Schwarze Null zu erreichen. Der Weg dorthin führt nur über kräftiges Wirtschaftswachstum. Deshalb schließen wir Freie Demokraten Steuererhöhungen nach der Bundestagwahl kategorisch aus – abgesehen von den Internetgiganten wie Amazon, Facebook, Google und Co., die endliche einen angemessen Beitrag leisten müssen.

Speziell kleine Unternehmen verfügen über wenig Spielraum für Investitionen, aber auch sie stehen vor enormen Herausforderungen. Wie können diese Unternehmen beim Transformationsprozess hin zu einer digitalen und grünen Wirtschaft wirkungsvoll unterstützt werden?

Auch wenn es vielleicht etwas banal klingt: Die wichtigste Unterstützung ist zunächst mal die Vergrößerung der finanziellen Spielräume. Niedrigere Steuern sind daher ein probates Mittel, um die Investitionsbereitschaft zu fördern. Für viele Unternehmen wäre es gerade nach der Krise auch hilfreich, wenn sie Verluste mit den Gewinnen der Vorjahre steuerlich verrechnen könnten. Aber gerade, wenn es um eine klimafreundliche Wirtschaft geht, müssen auch die Energiekosten deutlich runter, insbesondere die europaweit höchsten Strompreise sind hier ein großes Hemmnis – und die sind zum einem nicht unerheblichen Teil auf Steuern, Abgaben und Umlagen zurückzuführen, deren Höhe der Staat direkt beeinflussen kann. Außerdem würde oft schon eine zeitgemäße Infrastruktur helfen, deren Fehlen vielerorts leider noch immer das größte Hemmnis für die digitale Transformation ist.

Die deutsche Wirtschaft benötigt zukünftig sehr viel grüne Energie. Wie kann deren Produktion zügig und in hohem Maße ausgebaut werden?

Ein wichtiger Ansatzpunkt für den zügigen Ausbau der Erneuerbaren sind die oftmals langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren. Der ganze Prozess von der Idee über die wichtigen Verfahren zur Bürgerbeteiligung, mögliche Rechtsmittel bis hin zur Umsetzung muss deutlich schneller gehen, als das bislang oft der Fall ist. Aktuell planen beispielsweise RWE und BASF einen Mega-Windpark in der Nordsee, um den riesigen Chemiepark Ludwigshafen mit grünem Strom und Wasserstoff klimaneutral zu machen. Als Unterstützung fordern sie nur ein, dass man ihnen keine bürokratischen Steine in den Weg legt. Der CO2-Preis im Emissionshandel sorgt dafür, dass immer mehr Kohlekraftwerke unrentabler werden. Doch ein beschleunigter Kohleausstieg kann nur mit einem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren gelingen – und parallel dazu mit einem massiven Ausbau der Speichermöglichkeiten, damit Wind- und Solarenergie wetterunabhängig zur Versorgungssicherheit beitragen können.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Köhler! 

 

Weitere Interviews finden Sie hier! 

 

Mehr zu diesen Themen