Vorfahrt für den Mittelstand in Europa - DMB-Position zur Wahl
Der DMB stellt zwölf zentrale Forderungen vor, die darauf abzielen, die erforderlichen Bedingungen für mittelstandsfreundliche Gesetzgebung zu schaffen oder zu erhalten.
12 Forderungen des DMB zur Schaffung oder Erhaltung mittelstandsfreundlicher Bedingungen in der EU
Angesichts einer sich rapide wandelnden Welt und ständig neuer Krisenherde steht Europa vor großen und vielschichtigen Herausforderungen, die eine starke und vereinte Europäische Union erfordern.
Vom 6. bis zum 9. Juni 2024 haben rund 350 Millionen wahlberechtigte Europäerinnen und Europäer die Gelegenheit, durch ihre Stimme die Richtung zu bestimmen, in die sich die EU entwickeln wird. Mehr als 99 Prozent aller Unternehmen in der Europäischen Union gehören zum Mittelstand. Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Beschäftigte haben damit erheblichen Einfluss auf die künftige Zusammensetzung der politischen Landschaft Europas.
Während die Quantität der Verordnungen und Richtlinien aus den europäischen Institutionen beständig zunimmt, wachsen die Anforderungen und Pflichten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie für den Mittelstand. Europa stellt einen wichtigen Rahmen, in dem unsere mittelständischen Unternehmen und KMU operieren. Dennoch sind die sachpolitischen Kompetenzen und Zuständigkeiten der EU klar geregelt, sodass politische Themen und Schwerpunkte in Brüssel und Berlin nicht identisch sind.
Der Mittelstand benötigt eine starke Europäische Union, die das "Think small first"-Prinzip ernst nimmt und Freiheit sowie Wettbewerbsfähigkeit in den Vordergrund ihres Handelns stellt. Eine EU, die Bürokratie abbaut und es den Unternehmen ermöglicht, frei und dynamisch zu agieren.
Der DMB stellt zwölf zentrale Forderungen auf, die auf eine Schaffung oder Erhaltung von erforderlichen Bedingungen abzielen. Der Verband orientiert sich dabei an der DMB-Formel für mittelstandsfreundliche Gesetzgebung: entlasten, vereinfachen, fördern.
ENTLASTUNG
Gesetze und Verordnungen sind aus DMB-Perspektive unter anderem dann mittelstandsfreundlich, wenn bestehende Belastungen durch sie teilweise oder ganz abgeschafft werden. Diese Belastungen können offensichtlich steuerlicher oder abgabenbedingter Natur sein, aber auch etwa bürokratische Hemmnisse betreffen.
1. Forderung | Belastungsstopp und Bürokratieabbau
DMB-Mitglieder haben wiederholt bürokratische Belastungen als größte Bremse für ihr Geschäft genannt. Der DMB fordert die Implementierung einer One-In-Two-Out-Regelung, um sicherzustellen, dass für jede neue bürokratische Regelung zwei bestehende abgeschafft werden, was den Verwaltungsaufwand effektiv reduziert. Zudem sollte jeder neue Rechtsakt der EU einem verbindlichen KMU-Check unterzogen werden, um die Belastungen für kleine und mittlere Unternehmen zu bewerten und zu minimieren.
Der DMB fordert daher:
- One-In-Two-Out-Regelung: Die Einführung einer strikten One-In-Two-Out-Regelung auf EU-Ebene, um sicherzustellen, dass jede neue bürokratische Anforderung durch die Abschaffung einer bestehenden ausgeglichen wird.
- KMU-Check bei Gesetzen und Berichtspflichten: Alle neuen Rechtsakte der EU müssen auf die damit einhergehende Belastung für KMU überprüft werden.
- KMU-Beauftragter: Ein KMU-Beauftragter der Europäischen Kommission, der sich für die Positionen und Belange von KMU einsetzt, muss dringend und zügig – spätestens zur Wahl der EU-Kommissarinnen und Kommissare – bestätigt werden.
2. Forderung | Schaffung einer europäischen CO2-Infrastruktur
Der DMB unterstützt den Aufbau einer europäischen Infrastruktur für CCS (Carbon-Capture-and-Storage)und CCU-Technologien (Carbon-Capture-and-Usage), um Industrien zu ermöglichen, CO2 effizient abzuscheiden und wiederzuverwerten oder sicher zu speichern, was besonders in CO2-intensiven Branchen zur Reduzierung der Klimabelastung beiträgt.
Der DMB fordert daher:
- CCS und CCU ermöglichen: Dort, wo sich CO2-Emissionen nicht vermeiden lassen, sollte CO2 abgeschieden und gespeichert oder gegebenenfalls wiederverwertet werden dürfen. Dafür muss eine entsprechende europäische CO2-Infrastruktur geschaffen werden.
3. Forderung | Senkung der Strom- bzw. Energiekosten
Ein weiterentwickelter Energiebinnenmarkt könnte zu einem effizienteren und wettbewerbsfähigeren Markt führen. KMU, die oft besonders empfindlich auf Energiekosten reagieren, würden von niedrigeren Preisen profitieren.
Der DMB fordert daher:
- Stärkung des Energiebinnenmarktes: Eine konsequente Weiterentwicklung des gemeinsamen Energiebinnenmarktes, um Wettbewerb zu fördern und Preise zu senken.
- Förderung erneuerbarer Energien: Anreize und Förderprogramme für KMU zur Nutzung, Implementierung und Speicherung erneuerbarer Energien, um Energiekosten langfristig zu senken.
4. Forderung | Arbeitsmobilität und Fachkräfte
Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren, ist ein aufwendiger und langwieriger Prozess, der insbesondere KMU vor große Herausforderungen stellt. Leider scheitern diese Bemühungen häufig an bürokratischen Hürden oder fehlenden personellen Kapazitäten bei zuständigen Behörden. Monatelange bürokratische Verfahren bei der Arbeitskräftemobilität, insbesondere der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen, müssen vereinfacht und beschleunigt werden.
Der DMB fordert daher:
- Digitale One-Stop-Shops: Digitale One-Stop-Shops als zentrale Anlaufstellen in jedem EU-Mitgliedstaat, um unter anderem eine schnelle Übersetzung europäischer Abschlüsse zu gewährleisten.
- Blaue Karte EU auch für Nichtakademiker: Die Blaue Karte sollte künftig auch nichtakademischen Fachkräften aus Drittstaaten einen Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnen und Mindestgehaltsgrenzen müssen gesenkt werden.
- Vereinheitlichung der sozialversicherungsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Aspekte: EU-weit, um grenzüberschreitendes Arbeiten innerhalb der Europäischen Union zu erleichtern.
VEREINFACHUNG
Gesetze, Verordnungen und Programme sind aus DMB-Perspektive dann mittelstandsfreundlich, wenn bestehende Regelungen und Verfahren durch sie vereinfacht werden.
5. Forderung | Stärkung des EU-Binnenmarktes
Der DMB betont die Notwendigkeit, Handelsbarrieren weiter abzubauen und die Harmonisierung der Vorschriften so zu gestalten, dass sie den Nutzen für Unternehmen maximieren, ohne unnötige bürokratische Lasten zu schaffen. Dies unterstützt den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital.
Der DMB fordert daher:
- Kapitalmarktunion vorantreiben: Die Vertiefung der Kapitalmarktunion soll den Zugang zu Finanzmitteln über den Kapitalmarkt für Start-ups und KMU verbessern und die Kapitalaufnahme für Unternehmen erleichtern.
- Digital- und Energiebinnenmarkt vorantreiben: Weil Digitalisierung und Energie(versorgung) kritisch für die Zukunftsfähigkeit von KMU und Mittelstand sind, muss die Harmonisierung des Digital- sowie des Energiebinnenmarktes entschlossen vorangetrieben werden.
- Verbesserung der Rechtsetzung: Stärkung der Beteiligung von KMU im Gesetzgebungsprozess, um sicherzustellen, dass neue Gesetze praxisnah und mittelstandsfreundlich gestaltet werden.
6. Forderung | Datenschutzrecht überarbeiten
Im Zeitalter von Industrie 4.0 und Künstlicher Intelligenz sind Daten eine der wichtigsten Ressourcen der Wirtschaft. Der bisherige Rechtsrahmen in Form der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geht über den eigentlichen Zweck des Schutzes persönlicher Daten weit hinaus: Sie schafft bürokratische Hürden, umständliche Abfrageprozesse u. a. bei Webseitenangeboten und bremst den Möglichkeitsrahmen von Künstlicher Intelligenz.
Der DMB fordert daher:
- Update für die DSGVO: Es wird ein Update der DSGVO benötigt, um ursprünglich nicht beabsichtigten Folgen und Hürden zu beseitigen und um sie vor dem Hintergrund technologischer Entwicklungen zu aktualisieren.
7. Forderung | Digitale Kompetenzen erweitern
Digitale Kompetenzen sind entscheidend, um Innovationen voranzutreiben, die Effizienz von Geschäftsprozessen zu steigern und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die auf digitalen Plattformen, Cloud-Computing und künstlicher Intelligenz basieren. Beispielsweise erfordert die Integration digitaler Technologien in die Fertigungsindustrie, bekannt als Industrie 4.0, qualifizierte Arbeitskräfte, die mit komplexen Maschinen und Datenanalyse umgehen können.
Der DMB fordert daher:
- Verbesserung der digitalen Bildung und Förderung des lebenslangen Lernens: Um sicherzustellen, dass die Arbeitskräfte von morgen die notwendigen Fähigkeiten besitzen.
8. Forderung | Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) vereinfachen
Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) zielt darauf ab, CO2-Emissionen importierter Waren zu regulieren, somit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und das Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen in andere Weltregionen (Carbon Leakage) zu bekämpfen. Die Anforderungen von CBAM variieren je nach Produktkategorie und bedeuten insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen einen erheblichen Reportingaufwand.
Der DMB fordert daher:
- Vereinfachung und Vereinheitlichung der Regeln des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM): Die bislang sehr komplexen Dokumentations- und Berechnungspflichten müssen vereinfacht werden.
- Bagatellgrenzen für Importe erhöhen: Unternehmen mit geringen Einfuhrmengen entsteht ein überproportional großer Aufwand, was dazu führen kann, dass sie künftig auf den Import bestimmter Produkte verzichten. Durch höhere Schwellenwerte werden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen entlastet.
9. Forderung | Vertiefung der wirtschaftlichen EU-Außenpolitik
Eine koordinierte EU-Handelspolitik schafft Unternehmen politische Klarheit und stärkt die Position Europas im globalen Wettbewerb. Abgestimmte Interessen der EU-Mitgliedsstaaten ermöglichen zudem ein schnelleres Zustandekommen von Handelsabkommen mit Drittstaaten, was neue Märkte erschließt und Handelshemmnisse abbaut.
Der DMB fordert daher:
- Bessere institutionelle Koordination und Vertiefung der EU-Außenhandelspolitik: Eine engere Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Mitgliedsstaaten und den EU-Institutionen, um eine einheitliche und schlagkräftige Außenhandelspolitik zu gewährleisten.
- Ausweitung und Abschluss neuer Freihandelsabkommen: Aktive Förderung und schnelle Umsetzung neuer Freihandelsabkommen mit wichtigen Wirtschaftspartnern weltweit. Diese Abkommen sollen faire Handelsbedingungen schaffen, den Marktzugang für europäische Unternehmen erleichtern und neue wirtschaftliche Chancen eröffnen.
- Unterstützung für KMU beim Marktzugang: Entwicklung spezifischer Programme und Unterstützungsmaßnahmen, um kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu neuen internationalen Märkten zu erleichtern und sie bei der Nutzung der Vorteile aus Freihandelsabkommen zu unterstützen.
FÖRDERUNG
Gesetze, Verordnungen und Programme sind aus DMB-Perspektive dann mittelstandsfreundlich, wenn Förderstrukturen für KMU neu geschaffen oder bestehende Programme erweitert werden.
10. Forderung | Transformation ermöglichen
Eine wichtige und zielführende Maßnahme, um die europäische Wirtschaft zukunftsfähig aufzustellen, ist der Ausbau der Hilfestellungen für KMU zur Bewältigung der digitalen und ökologischen Transformation. Dafür sollen Finanzmittel für die digitale und ökologische Transformation KMU künftig schnell und unkompliziert zur Verfügung gestellt werden.
Der DMB fordert daher:
- Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln und Märkten: Durch den Ausbau von Programmen wie dem Binnenmarktprogramm, das von der Europäischen Exekutivagentur für den Innovationsrat und für KMU (EISMEA) verwaltet wird, kann der Zugang von KMU zu Finanzmitteln und Märkten verbessert werden.
- Vereinfachung der regulatorischen Rahmenbedingungen: Die EU kann durch die Einführung klarer und berechenbarer regulatorischer Rahmenbedingungen Investitionen in Hochtechnologie fördern und damit die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen stärken.
11. Forderung | Förderung vereinfachen und zukunftsfit gestalten
Besonders kleine und mittlere Unternehmen bis 249 Mitarbeiter benötigen finanzielle Unterstützung, um die Herausforderungen der Transformationen stemmen zu können. Die Vereinfachung des Zugangs zu Fördermitteln ist für diese Unternehmen elementar, da sie im Vergleich zu großen Unternehmen weniger Zeit und Geldmittel für die Durcharbeitung im komplizierten Förderdschungel haben. Nachhaltigkeit und Innovation sind zentrale Bausteine für die Zukunftsfähigkeit des deutschen und des europäischen Mittelstands. Umweltfreundliche Geschäftsmodelle und innovative Lösungen tragen nicht nur zum Schutz unserer natürlichen Ressourcen bei, sondern eröffnen auch neue Marktchancen.
Der DMB fordert daher:
- Zugang zu Fördermitteln: Ausbau und Vereinfachung des Zugangs zu EU-Fördermitteln und Finanzierungsinstrumenten für KMU, insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
- Förderung von Forschung und Innovation: Investitionen in Forschung und Entwicklung sind entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Programme wie „Horizont Europa“ unterstützen Projekte in zahlreichen Fachbereichen und fördern damit Innovationen, die für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen wichtig sind.
12. Forderung | Innovationen verstärkt fördern
Nachhaltigkeit und Innovation sind zentrale Bausteine für die Zukunftsfähigkeit des deutschen und des europäischen Mittelstands. Umweltfreundliche Geschäftsmodelle und innovative Lösungen tragen nicht nur zum Schutz unserer natürlichen Ressourcen bei, sondern eröffnen auch neue Marktchancen.
Der DMB fordert daher:
- Verbesserte Förderung nachhaltiger Geschäftsmodelle: Entwicklung spezifischer Förderprogramme, die KMU bei der Implementierung nachhaltiger Praktiken und der Entwicklung grüner Technologien unterstützen.
- Stärkung der Innovationsfähigkeit: Erhöhung der Investitionen in Forschung und Entwicklung, um die Innovationskraft des europäischen Mittelstands zu stärken und die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen zu fördern.
Vorfahrt für den Mittelstand, Vorfahrt für Europa
Die Zukunft Europas hängt maßgeblich von der Stärke und Resilienz von KMU und des Mittelstands ab. Mit gezielten Maßnahmen zur Entlastung, Vereinfachung und Förderung kann die EU die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum dieser Unternehmen nachhaltig unterstützen.
Es ist daher an der Zeit, dass die Europäische Union eine klare und zukunftsorientierte Mittelstandspolitik verfolgt, die Bürokratie abbaut, Innovationen fördert und die wirtschaftliche Transformation vorantreibt. Ein starker Mittelstand ist unverzichtbar für ein wirtschaftliches starkes Europa.