14.05.2020Interview

"Wir, Solo-Selbstständige, dürfen nicht vergessen werden."

Die Corona-Krise stellt die Arbeitswelt vieler Unternehmer auf den Kopf. Der DMB will den Problemen seiner Mitglieder Gehör verschaffen und fragt nach, wie es den Mitgliedern geht, ob die Hilfen von Bund und Ländern ankommen und wie die eigene Perspektive eingeschätzt wird.

In diesem Interview berichtet der Solo-Selbstständige Herbert Kindermann berichtet von seinen Erfahrungen in der Corona-Krise, seinem abgelehnten Antrag auf Soforthilfe und dem Gefühl, von der Politik im Stich gelassen zu werden.

 

Die Stimmung der mittelständischen Unternehmen verschlechtert sich zusehends in der Corona-Krise. Wie geht es Ihnen in der Krise?

In der letzten Zeit konnte ich noch vereinzelte Altaufträge abarbeiten. Vor der Krise standen viele Aufträge in Aussicht, die jedoch verschoben wurden, oft mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer kompletten Absage. Die Interessenten sind generell verunsichert und wissen nicht, wie lange die unsichere wirtschaftliche Lage rund um die Corona-Krise anhält. Zum Beispiel wurde vor Kurzem ein großer Auftrag für die Automatisierung von Heizungssystemen von mehreren großen Industriehallen komplett in Frage gestellt. Viele Unternehmen verschieben momentan ihre Investitionen oder legen diese komplett ad acta.

 

Die Bundesregierung sowie die Bundesländer bieten eine Reihe an Hilfsmaßnahmen für Selbstständige und Unternehmen an – von Beratungshilfen über Kurzarbeitergeld bis hin zu Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Wurden staatliche Hilfen von Ihnen beansprucht?

Meine Frau ist ebenso selbstständig und dolmetscht für unterschiedliche Behörden. Wir arbeiten beide von Zuhause aus und haben in der Vergangenheit darauf hingearbeitet, keine großen geschäftlichen Fixkosten anzusammeln.  Unsere Anträge auf Soforthilfe wurden leider genau deswegen abgelehnt. Laut Bayerischem Wirtschaftsministerium sind nur laufende Betriebskosten ansetzbar. Das hat uns sehr verwundert, da am Anfang der Krise die Politiker lauthals verkündet haben, sich für eine unbürokratische Unterstützung der Selbständigen einzusetzen, damit diese nicht Ihre Lebensgrundlage verlieren. Die teilweise Bezahlung der Fixkosten hilft meiner Meinung nach aber in der Haupsache nur den Banken und Versicherungen, die dadurch nicht auf den unbezahlten Beiträgen sitzen bleiben.

 

Der Mittelstand sehnt sich nach einem Fahrplan, nach einer Perspektive. Wie wichtig ist diese für Sie?

Wir müssen gerade unsere private Altersvorsorge anzapfen, die in fast dreißigjähriger selbstständiger Arbeit mühevoll aufgebaut wurde. Das kann uns vielleicht noch ein paar Monate über Wasser halten. Als Folge schwindet aber unsere langfristige Perspektive. Ich frage mich täglich, wie schnell die Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnen kann, damit wieder vermehrt Investitionen von Unternehmen getätigt werden. Bei der unklaren Kommunikation von Bund und Ländern fällt es mir nicht leicht, eine wirkliche Perspektive zu erkennen.

Bis dahin benötigen wir dringend Unterstützung. Die Unterstützung durch Kurzarbeit für Arbeitnehmer ist schön und richtig, jedoch dürfen wir Solo-Selbstständige nicht vergessen werden. Es drohen sonst massenweise Privatinsolvenzen und spätere Altersarmut. Viele Kleinunternehmer in unserem Bekanntenkreis berichten von den gleichen Problemen. Der Gedanke an die hohen Steuerzahlungen in den letzten Jahrzehnten unsererseits und die jetzt ausbleibende Hilfe des Staates, lassen momentan leider Zweifel an der Wertschätzung des Staates gegenüber Kleinunternehmern aufkommen. Wir fühlen uns sehr hilflos.

Mehr zu diesen Themen