09.06.2022Fachbeitrag

Mitarbeiterbindung: So bleiben die besten Kräfte

Der gelebte Alltag am Arbeitsplatz wirkt sich maßgeblich auf die Unternehmenskultur aus.

Angesichts des weit verbreiteten Fachkräftemangels stehen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) heute in einem besonderen Wettbewerb um die besten Köpfe. Um dabei zu punkten und seinen Bedarf an Fachkräften zu sichern, wird es für KMU immer wichtiger, bei potentiellen Mitarbeitern als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Was Fachkräfte von einem attraktiven Arbeitgeber erwarten und was Unternehmen dafür tun können, erklärt Martin Schmidt in diesem Beitrag.

Gute Mitarbeiter haben zumeist die Wahl zwischen mehreren Jobangeboten und können sich aussuchen, wo sie arbeiten. Aus diesem Grund wird die Mitarbeiterbindung im Unternehmen immer wichtiger. Geld allein hält die Spitzenkräfte nicht mehr, das Gesamtpaket muss einfach stimmen. Die folgenden Maßnahmen sind dafür besonders hilfreich.

Warum kündigen Mitarbeiter?

Um die richtigen Maßnahmen zu finden, die die Spitzenkräfte im Unternehmen halten sollen, ist es zunächst wichtig, sich damit zu beschäftigen, warum sie das Unternehmen verlassen möchten.

Laut einer Studie des Unternehmens Businesssolver liegt das vor allem an der Empathie ihres Vorgesetzten. 92 Prozent der Befragten gaben dabei an, es würde sie dazu veranlassen, im Unternehmen zu bleiben, wenn ihre Führungskraft mehr Einfühlungsvermögen zeigen würde.

Eine Umfrage des Job-Portals Monster zum Thema Wertschätzung zeigt darüber hinaus, welches Potenzial bei diesem Thema in Deutschland für die Mitarbeiterbindung noch vorhanden ist. Rund 46 Prozent der knapp 2.000 befragten Personen gaben an, sich an ihrem Arbeitsplatz noch nie wertgeschätzt gefühlt zu haben.

Das soziale Karrierenetzwerk LinkedIn hat rund 2.000 Personen befragt, wie wichtig ihnen das Thema Flexibilität am Arbeitsplatz ist. Das Ergebnis: Etwa vier von zehn Personen würden ihrem Arbeitgeber den Rücken kehren, wenn das Unternehmen bei diesem Thema ihren Bedürfnissen nicht nachkommt. 17 Prozent der Befragten haben das tatsächlich bereits getan.

Es geht um wesentlich mehr als Geld. Das zeigt eine Befragung des Marktforschungsunternehmens The Harris Poll zum Thema Unternehmenskultur. Mehr als drei Viertel der etwa 1.000 befragten Personen gaben dabei an, dass sie die Kultur eines Unternehmens in Betracht ziehen, bevor sie sich dort um eine Stelle bewerben. Nahezu ebenso viele meinten, sie würden sich nicht bei einem Unternehmen bewerben, deren Werte nicht ihren eigenen entsprechen.

Zusammenfassend ist es also vor allem in vier Bereichen wichtig, entsprechende Maßnahmen zu setzen:

  • Pflege und Förderung der Unternehmenskultur
  • Flexibilität am Arbeitsplatz
  • Wertschätzung der Mitarbeiter
  • Empathie der Vorgesetzten

Wie lässt sich die Unternehmenskultur verbessern?

Die Kultur eines Unternehmens ist nicht etwas, was von heute auf morgen entsteht. Die Geschichte des Betriebes trägt maßgeblich dazu bei. Es geht einfach darum, welche Entscheidungen in der Vergangenheit getroffen wurden, was das Unternehmen daraus gelernt hat und welche Überzeugungen es verfolgt.

Dennoch ist sie nicht in Stein gemeißelt, sondern lässt sich langfristig verändern. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der gelebte Alltag. Dabei kommt es vor allem darauf an, wie die Atmosphäre im Unternehmen und der Umgang der Mitarbeiter untereinander ist. Das zeigt sich vor allem an den Arbeitsbedingungen sowie am Umgang mit Konflikten, Kritik und neuen Ideen.

Mögliche Maßnahmen, um seinen Mitarbeitern hier Wertschätzung entgegenzubringen, ist beispielsweise, die Ergonomie am Arbeitsplatz zu verbessern und generell flexiblere Arbeitszeitmodelle anzubieten. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Gesundheitsförderung. Die Palette der Maßnahmen reicht hier von der Ernährungsberatung über Suchtprävention und Raucherentwöhnung bis zum gemeinsamen Bewegungstraining.

Eines muss dabei jedoch bedacht werden: Ohne Transparenz, Offenheit und Vertrauen geht heutzutage gar nichts mehr. Die Mitarbeiter wollen einfach wissen, was Sache ist und lehnen Geheimniskrämerei strikt ab.

Um verkrustete Strukturen aufzubrechen, ist es manchmal auch wichtig, ein Zeichen zu setzen. Das kann zum Beispiel ein lustiger Spruch als Aufdruck auf das T-Shirt sein, der typisch für das ganze Unternehmen oder eines Teams ist. Oder die Aufnahme eines gemeinsamen Songs im Tonstudio. Es geht hier einfach darum, positive Emotionen zu wecken.

Flexibilität am Arbeitsplatz bedeutet mehr als Homeoffice

Das Thema Flexibilität hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Dabei geht es nicht immer nur darum, von zuhause aus zu arbeiten. Viel wichtiger ist es, flexible Arbeitszeiten und unterschiedliche Arbeitszeitmodelle anzubieten, von denen alle im Unternehmen profitieren können.

Neben der klassischen Teilzeit-Arbeit gibt es beispielsweise die Möglichkeit, das Modell durch Jobsharing zu ergänzen. Dabei wird eine Stelle im Unternehmen von zwei Mitarbeitern gleichzeitig besetzt, die das entsprechende Know-how mitbringen und sich das Stundenkontingent dabei selbst aufteilen können.

Die Schlagwörter der Zukunft sind jedoch Vertrauensarbeitszeit und Funktionsarbeitszeit. Bei der Funktionsarbeit gibt es keine festgelegten Zeiten, in denen Pflicht zur Anwesenheit besteht. Entscheidend ist vielmehr das Arbeitsergebnis und nicht mehr das Zeitkontingent. Bei der Vertrauensarbeit geht es darum, die Ergebnisse termingerecht abzuliefern, ohne dass dafür die Arbeitszeiten erfasst werden.

Wertschätzung und Empathie: Welche Maßnahmen können helfen?

Die Wertschätzung der Mitarbeiter zeigt sich am Umgang mit ihnen. Die hier bereits erwähnten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Unternehmenskultur und den Arbeitszeitmodellen spielen deshalb eine entscheidende Rolle.

Ergänzend dazu ist es wichtig, nicht alle Personen über einen Kamm zu scheren, sondern individuell zu entwickeln und zu fördern. Dazu ist es erforderlich, sich mit seinen Arbeitnehmern auseinanderzusetzen und ihre Denkweisen kennenzulernen. Damit sind wir auch schon beim Thema Empathie für Führungskräfte angelangt.

Wer sich ehrlich für seine Mitarbeiter interessiert, der bekommt auch ein Gefühl für ihre Stärken und Schwächen und kann sie demnach gezielt fördern. Dabei geht es um wesentlich mehr als nur Seminare und Fortbildungskurse. Es geht vor allem auch darum, mit den Leuten zu kommunizieren und ihnen interessante Fragen zu stellen wie etwa „Was würdest du machen, wenn das Unternehmen dir gehören würde?“ oder „Was ist der entscheidende Punkt, der alles sofort verbessern würde?“.

Grundsätzlich lässt sich Empathie erlernen. Dazu gehört vor allem die Auseinandersetzung mit der eigenen Person. Wer es schafft, seine eigenen Gefühle wahrzunehmen und einzuordnen, das Verhalten anderer zu verstehen und Vorurteile beiseitezuschieben, ist auf einem guten Weg. Die Arbeit im Unternehmen beginnt aber bereits beim Recruiting. Hier geht es vor allem darum, empathische Führungskräfte zu finden, die im hohen Maße mit den Unternehmenswerten übereinstimmen.

Fazit: Alles beginnt mit dem ersten Schritt

Viele Unternehmen verzweifeln an der Fülle an Maßnahmen, die es gibt, um die Kultur zu verbessern. Doch jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen empfiehlt es sich deshalb, kein umfangreiches Gesamtkonzept zu entwickeln, sondern einzelne Maßnahmen nach und nach im Unternehmen zu etablieren. Dabei ist es auch keine Schande, aus den Erfahrungen anderer Betriebe zu lernen.

Die Erfolge werden sich mittel- bis langfristig auch für die Spitzenkräfte im Unternehmen bemerkbar machen. Sie werden schätzen, was sie an ihrem Arbeitgeber haben und dem einen oder anderen verlockenden Jobangebot eines Mitbewerbers eine Absage erteilen.

Dieser Artikel ist Teil von Mittelstand WISSEN zum Thema "Personalbedarf im Mittelstand: So punkten Unternehmen bei Fachkräften"

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