Themenschwerpunkt
Ausbildung im Mittelstand

Handlungsempfehlungen für Politik und Unternehmen

Die duale Berufsausbildung ist für die Fachkräftesicherung in Deutschland unverzichtbar, denn die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen. Wer Azubis ausbildet und das duale Ausbildungssystem stärkt, legt den Grundstein für die zukünftige Beschäftigung.

Unternehmen und die Politik sind deshalb gleichermaßen gefragt, die bestehenden Herausforderungen anzugehen, um die Zukunft der dualen Berufsausbildung zu sichern. Im Folgenden werden 6 Handlungsempfehlungen vorgestellt.

Unternehmen

Gezielt nach Auszubildenden suchen

Gerade kleine und mittlere Betriebe haben aufgrund ihrer geringeren Bekanntheit im Vergleich zu Großunternehmen bei der Suche nach Auszubildenden oft das Nachsehen. Eine Annonce in der örtlichen Lokalzeitung reicht deshalb heutzutage schon lange nicht mehr, um die offenen Ausbildungsstellen zu besetzen. KMU müssen neue Wege gehen und gezielt nach Auszubildenden suchen. Von Informationsveranstaltungen an Schulen über Lehrstellenbörsen bis hin zu Jobmessen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, um auf das eigene Ausbildungsangebot aufmerksam zu machen.

Vielversprechend ist es auch, die eigenen Azubis als Ausbildungsbotschafter einzusetzen oder offene Ausbildungsstellen über Social-Media-Kanäle zu verbreiten. Wichtig ist es zunächst, sich in der Heimatregion als Ausbildungsbetrieb bekannt zu machen. Sollte die Bewerberlage in der eigenen Region besonders angespannt sein, lohnt es sich aber auch, den Radius zu erweitern und sich zudem überregional nach Azubis umzuschauen. Im DIHK-Ausbildungsreport 2019 gaben 30 Prozent der Unternehmen an, dass sie ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen konnten, weil sie überhaupt keine Bewerbungen erhielten.[1] Damit das nicht zur Regel wird, müssen Mittelständler die Initiative ergreifen und proaktiv nach Auszubildenden suchen.

Vorteile der Ausbildung und des eigenen Unternehmens kommunizieren

Mittelständische Unternehmen sollten bei der Suche nach neuen Auszubildenden gemeinsam mit Verbänden und berufsständischen Organisationen aktiv für die Vorteile einer betrieblichen Ausbildung – auch im Vergleich zum Studium – werben. Für eine Ausbildung sprechen z.B. die Praxisorientierung, die vielfach exzellenten Jobperspektiven und die hohe Übernahmequote. Eine duale Berufsausbildung bietet damit große Sicherheit und Verdienstmöglichkeiten ab dem ersten Tag. Wichtig ist, dass das Ansehen der dualen Ausbildung so wieder nachhaltig gesteigert wird.

Darüber hinaus sollten Unternehmen ihre Vorteile als Arbeitgeber gezielt herausstellen. Die Stärken von KMU liegen oftmals in der persönlichen Betreuung der Auszubildenden und einem sehr guten Betriebsklima. Viele Unternehmen bieten für ihre Azubis zudem attraktive Sonderleistungen wie Fahrtkostenzuschüsse oder ein kostenloses Betriebssportangebot. 

Politik

Berufsorientierung verbessern

Knapp die Hälfte aller Ausbildungsbetriebe gibt an, dass realistischere Berufsvorstellungen von Jugendlichen die Ausbildungsaktivität erleichtern würden.[2] Um dies zu gewährleisten, braucht es eine verbesserte Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern. Die bestehenden Berufsorientierungsangebote sollten daher ausgebaut und praxisorientierter gestaltet werden.

Zudem muss die Berufsorientierung als fester und umfassender Bestandteil in schulischen Lehrplänen verankert werden. Insbesondere an Gymnasien darf der Fokus bei der Berufsinformation nicht nur auf der akademischen Bildung liegen. Wichtig ist eine transparente Kommunikation über Arbeitsmarktperspektiven, Verdienstmöglichkeiten und Karrierechancen der beruflichen Bildung, die auch Weiterbildungs- und Aufstiegschancen (z.B. Meister oder Techniker) einbezieht. Auf diesem Weg können zukünftig wieder mehr Jugendliche für die duale Ausbildung gewonnen werden. Denn die Berufsausbildung bietet vielfach ebenso gute Perspektiven wie ein Hochschulstudium.

Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss reduzieren

Im Jahr 2018 verließen 53.598 Schüler die Schule ohne einen Abschluss (6,8 Prozent des Jahrgangs).[3] Diesen Jugendlichen fehlen oftmals grundlegende schulische Kenntnisse, weshalb sie in vielen Fällen nicht für die betriebliche Ausbildung in Frage kommen. Es liegt daher in der Verantwortung der Landesschulbehörden, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss durch gezielte Fördermaßnahmen deutlich zu reduzieren, um ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt zu erhöhen.

Meisterausbildung kostenlos anbieten

Die Zahl der Meisterprüfungen im Handwerk hat sich innerhalb der letzten 25 Jahre mehr als halbiert: 1994 legten noch über 45.000 Personen eine Meisterprüfung ab,[4] 2019 waren es nur noch etwa 20.000.[5] Diese Entwicklung ist eine Gefahr für den Arbeitsmarkt, denn ohne Meister fehlen dem Handwerk nicht nur besonders qualifizierte Fachkräfte, sondern auch Personen, die zur Ausbildung des Fachkräftenachwuchses berechtigt sind.

Während das Studium hierzulande abgesehen von Semestergebühren kostenfrei ist und aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, zahlen beruflich Qualifizierte die Weiterbildung zum Meister noch immer aus eigener Tasche. Neben den Fortbildungskosten fallen dabei Fahrt- und Unterbringungskosten sowie Prüfungsgebühren an.

Zwar können Meisterschüler über das Aufstiegs-BAföG einen 50 prozentigen Zuschuss zu Lehrgangs- und Prüfungsgebühren beantragen und erhalten in vielen Bundesländern zudem Meisterprämien, die nach erfolgreichem Abschluss ausgezahlt werden. Dennoch können trotz dieser Fördermaßnahmen noch immer schnell private Kosten von mehreren Tausend Euro entstehen. Obwohl die Bundesregierung den Meistertitel als gleichwertig zum Bachelorabschluss ansieht, besteht hier immer noch eine nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung bei der Finanzierung. Um die duale Ausbildung zu stärken und die Attraktivität der

In Berufsschulen investieren

Berufsschulen vermitteln den theoretischen Teil der Ausbildung und sind damit ein Grundpfeiler des dualen Ausbildungssystems. Die technische Ausstattung der Berufsschulen ist jedoch häufig unzureichend. Zudem müssen viele Auszubildende weite Wege vom Ausbildungsbetrieb bis zur nächsten Berufsschule zurücklegen. Ein Drittel der Betriebe stellt bereits heute zu weite Entfernungen zur Berufsschule fest.[6] Besonders groß ist dieses Problem im ländlichen Raum, wo viele Mittelständler angesiedelt sind. Die Politik muss deshalb gewährleisten, dass bestehende Berufsschulstandorte erhalten bleiben und die Modernisierung der Schulen durch eine Investitionsoffensive vorantreiben. Das „Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung“ ist dafür ein erster wichtiger Schritt, der zügig umgesetzt werden muss.

Quellennachweise

[1] DIHK (2019): Ausbildung 2019. Ergebnisse einer DIHK-Online-Unternehmensbefragung, Seite 8.
[2] DIHK (2019): Ausbildung 2019. Ergebnisse einer DIHK-Online-Unternehmensbefragung, Seite 12.
[3] Leibniz-Institut für Bildungsforschung (2020): Bildung in Deutschland 2020, Seite 144.
[4] Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) (2002): Meisterprüfungen. Zeitreihe 1980-2002.
[5] Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) (2020): Meisterprüfungsstatistik – Detailauswertung 2019.
[6] DIHK (2019): Ausbildung 2019. Ergebnisse einer DIHK-Online-Unternehmensbefragung, Seite 3.

Bedeutung, Chancen und Herausforderungen der dualen Berufsausbildung

Die duale Berufsausbildung ist ein Grundpfeiler des deutschen Arbeitsmarkts. Aber was macht das Ausbildungssystem so besonders, welche Rolle spielen KMU bei der Berufsausbildung und wo liegen Chancen und Herausforderungen für das Ausbildungssystem?


 

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