12.12.2024Hintergrund

KI verändert Betriebsprüfungen der Rentenversicherung

 

Ist ihr Unternehmen für die nächste Betriebsprüfung ausreichend vorbereitet? 

Die Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wird digitaler und effizienter – und für Unternehmen anspruchsvoller. Mit der Einführung von KIRA, einer KI-gestützten Prüfsoftware, erhöht sich ab dem 1. Januar 2025 die Wahrscheinlichkeit, dass Unstimmigkeiten in den Beitragsdaten der Unternehmen aufgedeckt werden. Um Nachzahlungen und rechtliche Risiken zu vermeiden, sind Personalverantwortliche dazu angehalten, alle relevanten Daten für die Prüfung korrekt und fristgerecht zu übermitteln. 

Die Bedeutung der Betriebsprüfungen 

Der Betriebsprüfdienst der DRV ist eine tragende Säule des deutschen Sozialversicherungssystems. Er gewährleistet, dass Sozialabgaben wie Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherungsbeiträge korrekt erfolgen. Dies sichert Arbeitnehmer im Bedarfsfall ab und sorgt gleichzeitig für eine faire Verteilung der Beitragslast unter den Arbeitgebern. 

Eine Betriebsprüfung erfolgt regelmäßig alle vier Jahre, was angesichts der 400.000 jährlichen Prüfungen, die von lediglich 1.700 Mitarbeitenden durchgeführt werden, eine Herausforderung darstellt. Jährlich werden bereits Beiträge im dreistelligen Millionenbetrag nachgefordert. Da den Mitarbeitenden pro Prüfung weniger als ein Arbeitstag zur Verfügung steht, bleiben jedoch viele Fälle von Scheinselbstständigkeit oder Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit) ungesehen. Dies soll sich mit der Einführung einer neuen KI-Anwendung ändern. 

Wie plant die Deutsche Rentenversicherung KI einzusetzen? 

Um die Effizienz und die Qualität der Betriebsprüfungen zu steigern, setzt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) ab dem 1. Januar 2025 auf den Einsatz der KI-gestützten Software KIRA (Künstliche Intelligenz für Risikoorientierte Arbeitgeberprüfung). Die seit dem 1. Januar 2023 verpflichtende Teilnahme an der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung (euBP) bildet dabei die Datengrundlage für die Software. Unternehmen müssen ihre Daten über systemgeprüfte Entgeltabrechnungsprogramme bereitstellen. Anschließend werden die von den Unternehmen eingereichten Daten mithilfe von KIRA auf Unregelmäßigkeiten, fehlende Nachweise oder fehlerhafte Beträge überprüft und entsprechend gekennzeichnet. 

Auf diese Weise soll den Mitarbeitenden der DRV die Arbeit erleichtert werden. Die Ergebnisse der KI sollen dabei helfen Prioritäten bei den Prüfungen zu setzen und Fälle zu identifizieren, die einer genauen Prüfung bedürfen. Dabei bleibt die endgültige Entscheidung über die Prüfungen den Mitarbeitenden überlassen – KIRA unterstützt lediglich bei der Vorauswahl der Stichproben und soll somit die Zielgenauigkeit der Prüfungen erhöhen. 

Was müssen Unternehmen ab dem 1. Januar 2025 beachten? 

Mit KIRA wird die Schlagkraft der Betriebsprüfungen deutlich erhöht, was auch für Unternehmen neue Herausforderungen mit sich bringt. Arbeitgeber müssen sich auf häufigere und detailliertere Prüfungen einstellen. Unternehmen, die bisher darauf hoffen konnten, dass Leiharbeit oder Scheinselbstständigkeit unentdeckt bleibt, werden sich verstärkt einer konsequenteren Prüfung gegenübersehen. 

Um rechtliche Risiken vorzubeugen, sollten Unternehmen frühzeitig ihre internen Prozesse überprüfen, Compliance-Maßnahmen implementieren und gegebenenfalls auf technische Lösungen wie sogenannte Abgrenzungstools zurückgreifen. Compliance Management Systeme können dabei helfen, die Einhaltung gesetzlicher Regelungen sowie Regelkonformität sicherzustellen. Unternehmen ohne solche Systeme laufen Gefahr, sozialversicherungsrechtliche Nachforderungen oder sogar strafrechtliche Konsequenzen zu riskieren. 

Chancen und Herausforderungen 

Die Einführung von KIRA markiert einen bedeutenden Schritt in der Digitalisierung des Sozialversicherungssystems. Grundsätzlich profitieren alle Beitragszahler von effizienzsteigernden Maßnahmen der Rentenversicherung, die bei Projekterfolg Personalkosten einspart und bisher unbeachtete Beitragsdifferenzen nachfordert. Für Unternehmen bedeutet dies, ihre Compliance-Strukturen zu stärken und digitale Lösungen zu nutzen, um den Anforderungen weiterhin gerecht zu werden. Mit diesem Wandel schafft die DRV nicht nur mehr Effizienz, sondern leistet auch einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsgleichheit. 

Dennoch ist zu Beginn nicht von diesem Optimalfall auszugehen. Es wird sich zeigen, ob die Software im Vorfeld ausreichend trainiert wurde und entsprechend richtige Stichproben liefert. Dabei sollte vor allem auf algorithmische Verzerrungen geachtet werden. Die fehlende Nachvollziehbarkeit und Zuverlässigkeit von KI-Ergebnissen sind in diesem Kontext allerdings als weniger problematisch zu bewerten, da die KI lediglich Vorschläge für Prüfungen unterbreitet. Mögliche Fehler, wie falsche Kennzeichnungen von Daten, führen zu keiner Verschlechterung gegenüber der bisherigen menschlichen Auswahl. 

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