25.10.2024PositionDMB+

Analyse: Impuls für eine Modernisierungsagenda

Sinnvolle Impulse für den Mittelstand? Eine Analyse des Impulspapiers von Wirtschaftsminister Habeck

Die wirtschaftlichen Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland sind vielfältig: Die Nachwirkungen der Pandemie, der Ukraine-Konflikt und die steigenden Energiekosten haben viele Betriebe an ihre Belastungsgrenzen gebracht. Mit dem "Impuls für eine Modernisierungsagenda" von Bundesminister Habeck wird ein umfassender Reformvorschlag vorgelegt, der diese Probleme adressieren soll. Doch wie mittelstandsfreundlich sind die vorgeschlagenen Maßnahmen wirklich?

1. Innovationsförderung – Chancen für KMU?

Das Impulspapier stellt die Innovationskraft Deutschlands in den Mittelpunkt. Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit oder erneuerbare Energien sollen gestärkt werden. Aus mittelständischer Sicht stellt sich jedoch die Frage, ob diese Maßnahmen tatsächlich für kleinere Unternehmen zugänglich sind.

Zwar werden Start-Ups und kleinere Unternehmen erwähnt, doch bleibt unklar, wie diese konkret unterstützt werden sollen. Die oft aufwendigen Antrags- und Prüfverfahren für Fördergelder sind gerade für kleine Unternehmen eine große Hürde. Ein oder mehrere gezielte Programme, die KMU niedrigschwellige Zugänge zu Fördermitteln für Innovation bietet, wären hier wünschenswert – mehr Details zur Innovationsförderung ebenfalls.  

2. Bürokratieabbau – Ein Lichtblick für den Mittelstand?

Bürokratie ist ein großes Hemmnis für viele KMU. Im Papier werden verschiedene Ansätze zur Entbürokratisierung vorgestellt, insbesondere durch sogenannte Praxis-Checks, die realitätsnah auf die Bedürfnisse der Unternehmen abgestimmt werden sollen.

Das klingt vielversprechend, zumal sich die Kritik an überbordender Bürokratie insbesondere bei kleinen Betrieben häuft. Wichtig wird jedoch sein, dass die Umsetzung dieser Maßnahmen tatsächlich – und tatsächlich zügig – erfolgt und nicht in bürokratischen Verfahren hängen bleibt. Gerade die Praxis-Checks müssen konsequent auf KMU abgestimmt und deren Rückmeldungen ernst genommen werden.

Sinnvoll ist aus DMB-Perspektive der Vorschlag, die Berichterstattungspflichten für KMU im Rahmen der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) zu verschieben und anzupassen. Das gibt kleineren Unternehmen dringend benötigte Zeit und Planungssicherheit. Beim Thema Bürokratieabbau fehlt es allerdings auch derzeit nicht an großen Ankündigungen, sondern an konkreten Taten!

3. Fachkräftemangel – eine Frage der Umsetzung

Der Fachkräftemangel ist ein weiteres drängendes Problem für den deutschen Mittelstand. Das Papier schlägt unter anderem vor, durch erleichterte Einwanderung und schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse neue Fachkräfte zu gewinnen. Auch die Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen durch bessere Kinderbetreuungsangebote wird als Hebel gesehen. Allesamt keine neuen Vorschläge!

Diese Maßnahmen sind zwar grundsätzlich zu begrüßen, doch die Praxis zeigt, dass die Integration internationaler Fachkräfte vor allem für KMU eine Herausforderung ist. Es bedarf nicht nur bürokratischer Erleichterungen, sondern auch gezielter Unterstützung bei der Integration der Fachkräfte in den Betrieb und ins soziale Umfeld. Ohne flankierende Maßnahmen bleibt es für viele kleine Unternehmen schwierig, im Wettbewerb mit Konzernen um internationale Talente mitzuhalten. Hier wäre eine stärkere Unterstützung durch Beratungsangebote und finanzielle Anreize sinnvoll.

4. Klimaschutz und Energiekosten – Risiken und Chancen

Klimaschutz wird in dem Papier als eine zentrale Herausforderung für die Zukunft der deutschen Wirtschaft beschrieben. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Senkung der Strompreise werden als essenzielle Maßnahmen vorgestellt. Doch für viele KMU stellt sich die Frage, wie sie die mit der Dekarbonisierung verbundenen Investitionen stemmen sollen. Zwar bietet das Papier abstrakte Aussagen zur Unterstützung durch Förderprogramme, doch gerade für kleine Betriebe sind die hohen Anfangsinvestitionen eine erhebliche Belastung.

Positiv hervorzuheben ist die Senkung der Stromsteuer und die Reduzierung der Netzentgelte, die die laufenden Kosten der Unternehmen spürbar senken könnten. Aber wo sollen die Mittel dafür hergenommen werden? Eine Antwort auf diese Frage sucht man in dem Impulspapier vergeblich. Deshalb bleibt die Frage offen, wie praktikabel die Vorschläge zur Dekarbonisierung für kleinere Betriebe in der Breite sind.

5. Deutschlandfonds für Investitionen – ambitioniert, aber unrealistisch

Der vorgeschlagene Deutschlandfonds zur Förderung von Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Bildung setzt zwar wichtige Impulse für die Modernisierung des Mittelstands, ist jedoch aufgrund der angespannten Haushaltslage aktuell mehr als schwer realisierbar. Dies ist sicherlich auch die größte Enttäuschung: Denn die im Koalitionsvertrag versprochene Investitionsprämie (in Form einer sogenannten „Superabschreibung“) wurde – vermeintlich aus Kostengründen – nicht realisiert.

Warum und wie nun die angestrebte und sehr kostspielige „Investitionsprämie“ von 10 % irgendwie finanziert werden könnte, bleibt vollkommen offen. Vorschläge für unbürokratische Anreize für KMU, um notwendige Zukunftsinvestitionen anzugehen, sind sehr willkommen. Doch in Anbetracht der begrenzten öffentlichen Mittel ist es mehr als fraglich, wie ein solcher Fond ausgestaltet werden könnte. Ein Ansatz, der Prämien oder zinsfreie Darlehen in Verbindung mit konkreten Zielvorgaben für KMU und einer pragmatischen Zugangsregelung vorsieht, wäre hier realistischer.

6. Außenhandel und neue Handelsverträge – Bedeutung für KMU

Die Forderung nach einer stärkeren Diversifizierung der deutschen Außenhandelsbeziehungen ist vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Lage sinnvoll. Neue Handelsverträge, die schneller und schlanker abgeschlossen werden sollen, könnten den Mittelstand entlasten. Besonders exportorientierte KMU könnten von diesen Vereinfachungen profitieren. Allerdings bleibt abzuwarten, ob die politischen Verhandlungen diesen Anspruch einlösen können. Hier könnte der Mittelstand durch spezialisierte Beratungsangebote besser in die Exportförderung eingebunden werden.

Fazit: Mittelstandsfreundlich in Ansätzen, aber mit vielen Einschränkungen

Das Impulspapier von Bundesminister Habeck enthält einige mittelstandsfreundliche Ansatzpunkte, die allerdings allesamt kaum ins Detail und deshalb weitestgehend oberflächlich bleiben.  

Die Impulse von Wirtschaftsminister Habeck wirken ein wenig so, wie ein Update der Mittelstandsstrategie seinem Amtsvorgängers, Peter Altmaier, die im Jahr 2019 vorgestellt wurde. Doch während Altmaiers Mittelstandsstrategie stark darauf ausgerichtet war, die Stabilität des Mittelstands zu sichern geht es bei Habeck insbesondere um Modernisierungsimpulse. Letztlich geht es in Habecks Strategie weniger um das Bewahren des Status quo – was in der jetzigen Zeit auch wenig ratsam wäre – und mehr um die aktive Gestaltung der Zukunft. Das liest sich zwar in Teilen gut, aber eben zu wenig konkret und in seiner Umsetzbarkeit zu begrenzt. Zumal der Mittelstand aktuell vor allem pragmatische, schnell wirksame Lösungen benötigt, um in der aktuellen wirtschaftlichen Lage bestehen zu können.

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