27.11.2019Interview

Digitalisierung: Umdenken und durchstarten

DMB-Mitglied André „Brix“ Buchmann (Bitstream Media Lab) über digitale Geschäftsmodelle und die Bedeutung von Social Media und Influencern für den Mittelstand.

Die Digitalisierung erfasst die gesamte Unternehmenswelt von etablierten Branchen bis zu neuen, für einige vielleicht noch exotisch wirkenden Geschäftsbereichen. Und die digitalen Veränderungen sind kaum eindrucksvoller zu spüren als in der Musikindustrie – negative Entwicklungen inklusive. Produzent André „Brix“ Buchmann weiß, wovon er spricht, und macht aus der Not eine Tugend. Denn für ihn eröffnet die Digitalisierung ein ganz neues Geschäftsmodell. So beweist er als Unternehmer Mut und setzt ganz auf die Stars der Zukunft: Influencer. Dank sozialer Netzwerke sind sie die Meinungsführer und Multiplikatoren der jungen Generation.

Herr Brix, wie würden Sie Ihren Werdegang kurz beschreiben?

Ich bin direkt nach dem Abi als DJ für Dance und Techno gestartet und war danach als Remixer und Produzent erfolgreich. 2003 habe ich mit Partnern die Valicon gegründet, die schnell zur größten Musikproduktion Deutschlands wurde. 2016 haben Michael Brycz, der von Warner Music kam, und ich Bitstream Media Lab gegründet.


Welche Geschäftsidee hat das Unternehmen?

Die Idee war anfangs stark vom Thema Musik beeinflusst. Wir setzten aber nicht auf etablierte Künstler, sondern nahmen uns ganz gezielt Influencer in sozialen Medien vor, die selbst auch Musiker waren. Ziel war es, diese zu identifizieren und erfolgreich zu machen. Als Partner hatten wir Universal Music mit im Boot. Leider hat die Idee nicht so funktioniert, wie wir es uns vorgestellt hatten.


Hört sich eigentlich spannend an. Was passte nicht?

Die Branche hat sich durch die Digitalisierung komplett und mit einer hohen Geschwindigkeit verändert. Wir erleben einen inflationären Verfall des Wertes der Musik. Die Gewinner werden digitale Streamingdienste und die Major Companies mit ihren riesigen Katalogen sein. Als kleines Producing-Unternehmen hat man da praktisch keine Chance mehr. Ab 2018 begannen wir daher, das Thema Influencer viel breiter aufzustellen.


Also noch einmal neu erfunden?

Ja, und wir hätten den Switch schon früher machen müssen, noch radikaler sein sollen. Influencer sind die neuen Stars der digitalen Welt, und viele Zielgruppen können über sie in den sozialen Medien perfekt angesprochen werden. Wir sehen uns heute als Social-Media-Agentur, die das Management und die erfolgreiche Entwicklung von Talenten zu Top-Influencern betreibt. Die Entwicklung geht ganz klar dahin, dass sich immer mehr User an ihren Empfehlungen orientieren, was sie in vielen Fällen zu attraktiven Werbepartnern macht.


Worauf kommt es hier an?

Authentizität, hochwertiger Content und: Die Marke muss zum jeweiligen Influencer passen. Wir kümmern uns um praktisch alle Belange der Künstler. Wir helfen ihnen, ihre Online-Karriere weiterzuentwickeln, Reichweiten und ein klares Markenprofil als Persönlichkeit aufzubauen. Wir nehmen nicht jeden unter Vertrag. Substanz und Attraktivität erreicht ein Influencer nicht nur durch eine hohe Anzahl Follower, sondern vor allem durch passende Inhalte, die Dialoge mit ihren Fans auslösen.


Und an Social Media kommt keiner vorbei.

Über Instagram, Facebook, YouTube, TikTok und Co. kann man je nach Zielgruppe alles regeln. Wir konzentrieren uns derzeit primär auf Generation Y und Z. Sagt dir Falco Punch was? Wir haben ihn zum Star-Influencer auf TikTok (Social-Media-Plattform für unter 20- Jährige, Anm. d. Red.) gemacht und von anfangs 100.000 Followern auf jetzt 6,4 Millionen begleitet. So wurde er zum Beispiel zu einem attraktiven Werbepartner für einen großen deutschen Autohersteller. Ich kann nur jedem Unternehmen, nicht nur im B2C-Bereich, empfehlen, sich intensiv mit Social Media und Themen wie Community Management zu beschäftigen.


Welche weiteren Tipps geben Sie Unternehmen zur Digitalisierung?

Es läuft nicht überall so drastisch ab wie im Musikbereich, jede Branche ist anders. Mein Tipp: Don't panic. Am Anfang steht immer eine individuelle Analyse und die Fragen: Ist mein Geschäftsmodell gefährdet oder kopierbar? Wer greift uns an? Zudem sollte geprüft werden, was man mit digitalen Tools effizienter hinkriegt, beispielsweise die Kommunikation. Also nicht hektisch werden, aber allzu lange warten würde ich nicht.


Warum sind Sie Mitglied im Deutschen Mittelstands-Bund?

Ich bin Fan von einer starken Gemeinschaft. Unser Eindruck ist, dass wir als Mitglied des DMB in vielen Bereichen wirtschaftlich profitieren können und gut aufgehoben sind, was unsere Interessen betrifft.

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