Exportkreditvergabe im Wandel?
Gespräch mit Nils Brestrich, Gründer von X-Tron, einer digitalen Plattform für Exportfinanzierung
Der Markt für Exportkredite ist unübersichtlich – und gerade kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fällt es oftmals schwer, passende Finanzierungslösungen für kleinere Einzelvorhaben zu finden. Diese Marktlücke haben Start-ups wie beispielsweise X-Tron aus München erkannt und sich auf die Vermittlung von Exportkrediten für KMU und größere Mittelständler spezialisiert. Das junge Unternehmen will noch in diesem Jahr den Markstart bewältigen und hat den selbstgesteckten Anspruch, DER digitale Marktplatz für Exporteure zu werden.
DMB: Herr Brestrich, was ist X-Tron und wie kamen Sie als Start-Up-Gründer auf die Idee in den Markt rund um Exportkredite für Unternehmen einzutreten?
Brestrich: Die Idee für X-Tron basiert im Grunde genommen auf meinem großen Interesse für Online-Plattformen generell und digitale Marktplätze im Speziellen. Auf dem digitalen Marktplatz X-Tron können Exporteure Suchanfragen stellen und die passende Bank zur Finanzierung des Exportgeschäfts finden.
Vom Thema Plattformen habe ich das erste Mal während meines Studiums gehört und fand es gleich spannend. Digitale Plattformen sind disruptiv und haben das Potential, traditionelle Märkte komplett zu verändern. Denken Sie nur an Airbnb. Als nächstes habe ich überlegt, in welchem Bereich es sinnvoll wäre, einen digitalen Marktplatz umzusetzen.
Schließlich habe ich mich auf mein Praktikum im genossenschaftlichen Finanzsektor besonnen, durch das ich verstärkt auf das Thema Exportfinanzierung aufmerksam wurde. Bei der anschließenden Marktanalyse habe ich schnell festgestellt, dass es für Exporteure in Deutschland kaum digitale Angebote gibt. Dies ist erstaunlich für ein Land wie Deutschland, das sehr stark vom Außenhandel profitiert und dort viele Arbeitsplätze schafft.
Wie setzen Sie als Nicht-Informatiker X-Tron in die Tat um?
Ich wusste sehr bald, dass es unerlässlich ist, eine leistungsfähige und professionelle, den hohen Ansprüchen der zukünftigen Nutzer genügende digitale Plattform zu bauen. Schließlich soll X-Tron auch hohen Sicherheitsstandards genügen und auf einer Technologie basieren, die zukunftssicher ist.
Vor dem Hintergrund, dass ich schon während meines Studiums ausführlich nach einer IT-Firma zur Umsetzung gesucht habe, kannte ich die Kriterien für den idealen IT-Partner sehr gut. So habe ich jetzt endlich einen Technologiepartner für X-Tron gefunden, bei dem alles passt und mit dem ich auch persönlich sehr gut klarkomme.
Wofür steht der Name X-Tron?
Wir waren bei der Namenssuche dahingehend ambitioniert, möglichst viele inhaltliche Anspielungen in den Namen einzubringen. Am Ende haben wir uns aber doch etwas zurückgenommen, damit der Name noch aussprechbar bleibt. Deshalb haben wir uns für den Namen X-Tron entschieden. Hier steht „X“ für Export und Exportfinanzierung, „T“ für Trade bzw. Trade Finance und „on“ für online/digital.
Wichtiger noch als die konkrete Bedeutung dahinter ist uns aber, dass der sehr technisch klingende Name X-Tron vor allem Exporteure ansprechen soll, weil wir auch sprachlich unterstreichen wollen, dass der digitale Marktplatz in erster Linie für die Exporteure da sein soll.
An wen richtet sich das Angebot von X-Tron?
X-Tron richtet sich an exportorientierte Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, vor allem aus dem Maschinen- und Anlagenbau, die bereits ausreichende Erfahrung mit dem Thema Export- und Außenhandelsfinanzierung mitbringen. Regional konzentrieren wir uns dabei auf Exporteure aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Durch unseren Sitz in München und unsere starke Verbindung mit der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), in deren exklusives Start-Up-Programm wir im April aufgenommen wurden, gilt unsere Aufmerksamkeit dabei erst einmal ganz besonders dem Mittelstand in Bayern. Natürlich sind uns aber auch NRW und Baden-Württemberg sehr wichtig.
Was bietet X-Tron speziell dem Mittelstand?
Unser digitaler Marktplatz ist aus dem Wunsch entstanden, dem exportorientierten Mittelstand die Möglichkeit zu geben – durch Schaffung von mehr Bankenwettbewerb – effizienter die passende Bank mit den besten Finanzierungskonditionen zu finden.
Da wir auf absehbare Zeit keine Beratung anbieten können, bieten wir unter anderem strukturierte Finanzierungsanfragen und Erklärungshilfen. Dadurch helfen wir gerade mittelständischen Exporteuren, die eventuell nicht so häufig Anfragen für Exportgeschäfte stellen, diese mit einem Klick an eine Vielzahl von Banken zu senden.
Zudem können jetzt auch mittelständische Exporteure via X-Tron komfortabel Banken erreichen, die sie sonst vermutlich nie erreicht hätten, zum Beispiel Banken im Ausland. Dadurch können sie bessere Konditionen, aber auch einfach mehr Transparenz über den Gesamtmarkt oder zum Beispiel für schwierige Exportmärkte erhalten. Mit einem Vergleichsrechner sollen Exporteure schneller das beste Bankangebot identifizieren. Natürlich ist das gesamte X-Tron-Angebot kostenlos und unverbindlich, da sich der digitale Marktplatz ausschließlich über geringe Provisionen von der Bankenseite finanziert.
Ist das Angebot bereits online verfügbar?
Der X-Tron-Marktplatz soll Anfang November in der ersten Ausbaustufe zunächst für Akkreditive und Bestellerkredite stehen. Alle wichtigen Prozesse für diese beiden Finanzprodukte von der Suchanfrage bis zum Angebot der Bank werden voll digitalisiert sein. Exporteure sollen bereits in der 1. Umsetzungsphase die wichtigsten Funktionalitäten nutzen können.
Wir haben mittlerweile eine ganze Reihe von erfahrenen Exporteuren von unserem Konzept überzeugen können. Einige von ihnen geben uns jetzt konkretes Feedback zu den verschiedensten Aspekten der Umsetzung. Nun wünschen wir uns, dass nach dem Launch viele Exporteure X-Tron testen und uns ihr Feedback dazu geben. Dazu müssen Sie auf der Startseite von x-tron.tech lediglich das Kontaktformular nutzen. Für uns ist das sehr wertvoll, denn wir haben den Anspruch, der digitale Marktplatz von Exporteuren für Exporteure zu werden. Je nach Feedback werden wir das Produktspektrum entsprechend ausbauen.
Die Bundesregierung hat ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nach eigenen Aussagen umgesetzt und die Vergabe von Exportkreditgarantien digitalisiert und entbürokratisiert. Hat dieser Schritt bei der Optimierung des Angebots von X-Tron geholfen?
Sie meinen sicherlich die Einführung spezieller Absicherungsprodukte für Exporteure und Banken im Bereich der „Small Tickets“. Die Initiative finde ich sehr begrüßenswert und ich könnte mir eine Kooperation mit der AKA und Euler-Hermes perspektivisch durchaus gut vorstellen. Wie Sie wissen, arbeiten viele deutsche Exportfinanziers mit der AKA zusammen. Einige dieser Banken möchten die „kleinteilige“ Finanzierung von unter 10 Mio. Euro bei Bestellerkrediten am liebsten ganz dorthin abgeben. Echter Wettbewerb sieht anders aus.
Die Initiative des Bundes hat uns leider nicht bei der Optimierung unseres Angebots geholfen, da wir von Anfang an ein anderes Konzept vor Augen hatten: Wir haben X-Tron frühzeitig zusammen mit deutschen Exporteuren entwickelt und für die ist Wettbewerb und Flexibilität in einer immer stärker vernetzten Welt sehr wichtig. Derzeit ist es doch leider eher so, dass ausländische Kreditinstitute zum Teil noch Kredite vergeben, wo deutsche Banken längst die Kreditvergabe eingestellt haben. Es ist für Exporteure sehr schwer nachzuhalten, welche Banken noch welchen Risikoappetit für bestimmte Lieferländer oder Abnehmer haben. Über X-Tron sollen Exporteure daher nicht nur verschiedenste Finanzierungsprodukte der Außenhandels- und Exportfinanzierung anfragen können, sondern die Anfragen individuell gestalten können. Das heißt, es soll zum Beispiel keine Restriktion beim Auftragswert oder der Laufzeit geben. Die Exporteure sollen nicht bezüglich ihres Sourcings eingeschränkt werden, wie es beim Small Ticket der Fall ist. Das ist wichtig, da mittlerweile viele von ihnen grenzüberschreitend produzieren. Stattdessen sollen die Exporteure bei der Anfrage den entsprechenden Exportkreditversicherer frei wählen können, denn auch die Exportkreditversicherer haben ihre sehr eigenen Vorstellungen davon, für welche Länder noch Deckungen gewährt werden. Dies bedingt, dass wir möglichst rasch auch nicht-deutsche Banken auf die X-Tron-Plattform bekommen wollen. Über diesen Wettbewerb schaffen wir meines Erachtens einen echten Mehrwert. Dann müssen Exporteure auch nicht mehr wie „Trüffelschweine“ nach der passenden Finanzierung suchen.
Wo sehen Sie weitere Ansatzpunkte für verbesserte Rahmenbedingungen im Markt für Exportkredite?
Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich Exportkreditversicherer und Banken weiter gegenüber Drittanbietern, wie zum Beispiel FinTechs, öffnen könnten (Stichwort Open Banking), damit diese mit neuen Angeboten die klassischen Banking- und ECA-Services ergänzen können. Dies würde einen neuen Innovationsimpuls geben und das Kreditangebot für Exporteure verbessern helfen. Mit der kürzlich eingeführten PSD2-Zahlungsrichtlinie der EU ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung getan.