27.04.2021Interview

„Für mich als Unternehmer ist jeder Tag ein Aufbruch.“

Dass die Baubranche in der aktuellen Krise vergleichsweise gut aufgestellt ist, verdankt sie zum großen Teil einem hohen Auftragsvolumen, das noch immer abgearbeitet wird. Doch auch hier zeichnen sich bereits Entwicklungen ab, die unternehmerischen Mut und neue Wege erfordern. Jan Hofmann hat mitten in der Corona-Krise die Nachfolge seiner Eltern bei Schäfer III. angetreten, einem stark regional ausgerichteten Bauunternehmen aus dem hessischen Biebesheim am Rhein. Der 32-Jährige ist davon überzeugt, dass für den zukünftigen Erfolg sowohl die Bewahrung der traditionellen Unternehmenswerte als auch ein sorgfältig geplanter Aufbruch in neue Geschäftsfelder erfolgsentscheidend sind.

DMB: Herr Hofmann, Unternehmensnachfolge inmitten einer Krise, wie fühlt sich das an?

Jan Hofmann: Als der Termin zur Übergabe im Mai 2020 bevorstand, haben wir uns in der Familie natürlich noch einmal intensiv ausgetauscht. Das Ergebnis war eindeutig: Der von uns in den Jahren zuvor sorgfältig ausgearbeitete Nachfolgeplan ist unabhängig von einer Krise der richtige Weg.

Das klingt sehr konsequent. Was machte Sie so zuversichtlich?

Wir haben wichtige Entscheidungen schon früh gemeinsam im Führungskreis getroffen. Neben der generellen strategischen Ausrichtung des Unternehmens betraf dies auch die Digitalisierung. 2019 haben wir eine Serverstruktur implementiert, die uns das Arbeiten On-Prem (lokale Nutzung) und auf Cloud-Basis (webbasierte Nutzung) ermöglicht. Auch mit Themen wie GPS-Vermessung, 3D-Baggersteuerung und digitalen Workflows sind wir schon heute gut aufgestellt.

Der Baubranche geht es vergleichsweise gut. Spüren Sie dennoch Auswirkungen der Krise?

Tatsächlich kommen wir von einem konjunkturellen Hoch mit vollen Auftragsbüchern, die wir immer noch abarbeiten. Dennoch ist derzeit zu beobachten, dass bei den Auftraggebern eine gewisse Unsicherheit aufkommt und neue Projekte vorsichtiger bewertet werden. Der Wettbewerb steigt, und das Thema Preis wird eine größere Rolle spielen. Ich gehe davon aus, dass die Baubranche in gewisser Weise zeitversetzt eingeholt wird.

Welchen zukünftigen Weg verfolgen Sie für Ihr Unternehmen?

Schäfer III. wird seit 1932 erfolgreich geführt und wurde durch meine Eltern zu dem gemacht, was es heute ist. Natürlich sieht man als junger Mensch einige Dinge anders, was mich aber keinesfalls dazu verleitet, eine disruptive Brille aufzusetzen. Neue Geschäftsfelder sind in Zukunft auch für uns unverzichtbar, aber nur als Erweiterung der Wertschöpfungskette entlang unserer Kunden und Bauprojekte auch erfolgversprechend.

Bitte nennen Sie uns ein Beispiel.

Unser Schwerpunkt liegt auf der Bauausführung, wir sind Spezialist im Industrie- und Gewerbebau. Zukünftig werden wir den Bereich des schlüsselfertigen Bauens weiterentwickeln und uns noch stärker mit den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit beschäftigen. Dazu gehören Planung und Umsetzung aus einer Hand mit nachhaltigen Baustoffen und reduziertem CO2-Fußabdruck, ergänzt um Beratungsleistungen für den Auftraggeber. Erweiterung also nicht um jeden Preis, sondern da, wo es Sinn für unsere Kunden macht.

Wie ist Ihre Kundenstruktur aufgebaut?

Wir sind schon immer regional ausgerichtet gewesen. Unsere Auftraggeber sind zu über 90 Prozent im strukturstarken Rhein-Main- und Rhein-Neckar-Raum angesiedelt, und wir können uns glücklich schätzen, einen großen Kreis an Stammkunden zu haben. Das haben wir uns vor allem durch Vertrauen, Zuverlässigkeit und Flexibilität unserer Arbeit über viele Jahre erarbeitet.

Regionalität und Familie. Welchen Stellenwert haben diese Themen gerade heute für Sie?

Einen sehr wichtigen. Wir nehmen die Verantwortung als Unternehmen für die Region sehr ernst und engagieren uns für viele gesellschaftliche, kulturelle und soziale Projekte. Als Familienunternehmen legen wir großen Wert auf familiäre Umgangsformen im Betrieb und ein familiäres Verständnis für unsere Mitarbeiter*innen. Gerade in Krisensituationen spürt man sehr, welch positive Bedeutung dies hat.

Wie stark betrifft der Fachkräftemangel Ihr Unternehmen?

Das ist auch in unserer Branche ein großes Problem. Zum einen sind wir froh darüber, dass die Wertschätzung für unsere Branche und deren Berufe in der Öffentlichkeit gestiegen ist. Zum anderen würde ich mir vor allem für den Ausbildungsbereich wünschen, dass seitens der schulischen Bildungsangebote mehr getan wird. Die Mehrwerte der Handwerks- und Bildungsangebote sollten besser kommuniziert oder auch die dualen Ausbildungsformen stärker unterstützt werden.

Können Sie uns abschließend noch kurz erläutern, wie es zum Namen Schäfer III. kam?

Die Namensgebung war eine Erfindung der Post. Es gab hier in der Region mehrere Unternehmen mit Namen Schäfer, zur besseren Unterscheidung nannte uns die Post Schäfer III. Dabei ist es geblieben.

Warum sind Sie Mitglied im Deutschen Mittelstands-Bund?

Mir ist es wichtig, dass der familiäre Mittelstand eine Stimme hat, unabhängig von der Branche. Wir sind Unternehmen, die gemeinsame Werte vertreten, und ich finde es gut, einem starken Netzwerk anzugehören, das unsere Interessen vertritt und den Austausch untereinander ermöglicht.
 

Herr Hofmann, herzlichen Dank für das Gespräch.

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