13.07.2022Monitoring

Gigabitstrategie

Worum geht es bei der Initiative?

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr will den Ausbau der digitalen Infrastruktur beschleunigen, indem es Genehmigungsverfahren vereinfacht und abkürzt und die Förderarchitektur für den Glasfaserausbau optimiert.

In welchem Stadium befindet sich das Vorhaben?

Das Bundeskabinett hat am 13. Juli 2022 die vom Bundesminister für Digitales und Verkehr Volker Wissing (FDP) vorgelegte Gigabitstrategie verabschiedet.

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Mehr Gesetzgebungstransparenz für DMB-Mitglieder

Die Komplexität politischer Regulierung nimmt beständig zu – auch für kleine und mittlere Unternehmen. Das bedeutet konkret: Bei rund 15.000 Drucksachen in einer Legislaturperiode ist es unmöglich, politische Entwicklungen bis ins Kleingedruckte zu verfolgen.

Früher wissen, was wichtig wird: Der DMB beobachtet, ordnet und bewertet mittelstandsrelevante Themen und informiert tagesaktuell und verständlich über wichtige Gesetzgebungsvorhaben. 

Hintergrund

Derzeit ist nur jeder fünfte Haushalt in Deutschland an das Glasfasernetz angeschlossen. Volker Wissing (FDP) will in einem ersten Schritt bis 2025 die Anzahl der Glasfaseranschlüsse in Deutschland verdreifachen. Damit hätten am Ende der laufenden Legislaturperiode 25 Millionen Haushalte Glasfaseranschlüsse zur Verfügung. Zusätzlich soll mindestens die Hälfte aller Haushalte und Unternehmen mit FTTB/H versorgt sein. Bis 2030 soll dann jeder Haushalt und jedes Unternehmen über einen Glasfaseranschluss verfügen.

Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, sollen zum einen die Genehmigungsverfahren vereinfacht, beschleunigt und digitalisiert werden und zum anderen die Förderpolitik für den Glasfaserausbau optimiert werden.

Zur Vereinfachung der notwendigen Verfahren bittet das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) die Bundesländer das Baurecht auf Länderebene anzupassen. Unter anderem soll die Errichtung mobiler Masten vom Erfordernis der Baugenehmigung freigestellt werden und ein vorzeitiger Baubeginn von stationären Masten bis zur Erteilung einer Genehmigung möglich werden. Zudem sollen alternative Verlegemethoden (z.B. Trench-, Fräs- und Pflugverfahren) zum Einsatz kommen, damit der Ausbau schneller und günstiger gestaltet werden kann. Über ein Gigabit-Grundbuch soll mehr Transparenz über unversorgte Gebiete und mitnutzbare Infrastrukturen des Bundes geschaffen werden.

Die Förderarchitektur des Glasfaserausbaus wird sich ab 2023 grundlegend ändern. Bis 2020 durften nur unterversorgte Gebiete mit Datengeschwindigkeiten von weniger als 30 Megabit staatlich unterstützt werden. Danach hatten sich das Bundesverkehrsministerium und die Europäische Kommission darauf geeinigt, die Aufgreifschwelle auf 100 Mbit/s zu erhöhen. Ende 2022 endet die Aufgreifschwelle nun vollständig. Dann darf der Gigabit-Ausbau (1.000 Mbit/s) flächendeckend mit staatlicher Hilfe erfolgen. Die Bundesregierung will sich dabei vor allem auf „Gebiete mit einer vergleichsweise schlechten Versorgungsperspektive“ konzentrieren. Gebiete mit höherem Potenzial sollen privatwirtschaftlich erschlossen werden.

Welches Ziel verfolgt die Bundesregierung mit dieser Strategie?

Übergeordnetes Ziel der Bundesregierung ist „die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunkstandard“ (siehe Koalitionsvertrag, S. 13). Dabei habe der eigenwirtschaftliche Ausbau Vorrang. Investitionen sollen überall dort erfolgen, „wo der Nachholbedarf am größten ist, allen voran weiße Flecken“. Der Infrastrukturausbau soll durch „schlanke digitale Antrags- und Genehmigungsverfahren, Normierung alternativer Verlegetechniken und Aufbau eines bundesweiten Gigabit-Grundbuchs“ beschleunigt werden. Mithilfe von Potenzialanalysen will die Bundesregierung „die Glasfaserausbauförderung auch ohne Aufgreifschwelle“ vorantreiben.

Warum ist die Strategie relevant für KMU / den Mittelstand?  

Eine verlässliche digitale Infrastruktur und eine flächendeckende Versorgung mit Glasfasertechnologie sind elementar für die Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen. Zukunftsfähige Infrastrukturen sind nicht nur für datenintensive Geschäftsmodelle essenziell. In einer immer digitalisierteren Welt nimmt der Datenverkehr in jedem mittelständischen Unternehmen zu – unabhängig von der Branche und egal, ob in Ballungsgebieten oder im ländlichen Raum. Zudem nutzt der Mittelstand vermehrt neue Technologien wie das Internet der Dinge, autonomes Fahren oder andere KI-Anwendungen und bietet seinen Arbeitnehmern auch in ländlichen Gebieten Homeoffice an.

Wichtige Daten und Ereignisse

Die am 13. Juli 2022 vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) vorgestellte Strategie sieht vor, dass die Bundesländer bis Ende 2022 ihr Baurecht ändern, damit das Ausbautempo erhöht werden kann. Bei Baurechtserleichterungen ist nicht der Bund zuständig, sondern die Länder. Die Möglichkeiten zur Digitalisierung der Genehmigungsverfahren werden derzeit im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) von Ländern und Kommunen erprobt. Ab Ende 2022 soll ein digitales Antrags- und Genehmigungsportal allen Bundesländern zur Verfügung stehen, mit dem die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden sollen. Die Normierung- und Standardisierungsprozesse für alternative Verlegetechniken zur Beschleunigung des Ausbaus sollen in der ersten Jahreshälte 2023 abgeschlossen sein.

Die DMB-Bewertung

In vielen Aspekten bleiben die Eckpunkte zum Ausbau der digitalen Infrastruktur noch vage. Daher kann eine abschließende Bewertung erst erfolgen, wenn die endgültige Gigabitstrategie vorgestellt wurde.

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Die bisher bekannten Maßnahmen zum beschleunigten Ausbau von Gigabit-Anschlüssen sind grundsätzlich positiv zu bewerten. Dazu zählen etwa die Beschleunigung und Digitalisierung von Antrags- und Genehmigungsverfahren, der Abbau von Ausbauhürden oder der Einsatz von alternativen Verlegetechniken.

Negativ zu bewerten ist der gegenwärtige Vorschlag zur Umgestaltung der Förderarchitektur. Digital- und Verkehrsminister Volker Wissing will den Ausbau vorwiegend privatwirtschaftlich organisieren. Auch wenn die Netzbetreiber angeben in den nächsten Jahren 50 Milliarden Euro für den Ausbau mobilisieren zu wollen, braucht es zusätzlich eine verlässliche staatliche Förderarchitektur für strukturschwache Gebiete – den sogenannten weißen Flecken mit besonders niedriger Übertragungsrate. In diesen zumeist ländlichen Gebieten lohnt sich der Glasfaserausbau oft privatwirtschaftlich nicht. Daher ist es dringend erforderlich, dass solche Gebiete förderfähig bleiben.  

Begrüßenswert ist der Vorschlag einer gestaffelten Förderung. Danach könnten „Gebiete mit einer schlechteren Versorgungsperspektive schneller gefördert werden als solche, in denen ein privatwirtschaftlicher Ausbau eher zu erwarten ist.“ In der aktuellen Ausgestaltung bedeutet das jedoch auch, dass der Staat nur in bestimmten Gegenden eingreifen könnte. In den nicht-priorisierten Regionen hätte die Wirtschaft beim Ausbau Vorfahrt. Bisher konnten Gemeinden dort, wo die Wirtschaft den Ausbau nicht vorantreibt, Bundes- und Landesmittel beantragen und den Ausbau selbst in die Hand nehmen.

Auch bleibt das Förderniveau nach aktuellem Stand deutlich hinter dem der Vorgängerregierung zurück. Wissing plant eine Deckelung der Fördersumme bei einer Milliarde Euro jährlich. Die Vorgängerregierung hingegen investierte im Schnitt drei Milliarden Euro jährlich. Einige Bundesländer kritisieren bereits, dass damit eine Verlangsamung des Infrastrukturausbaus einhergehe anstatt einer Beschleunigung.

Zugehörige Dokumente

Nachstehend können Sie die zur Strategie zugehörige Drucksachen finden: 

Eckpunkte des BMDV zur Gigabitstrategie

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