30.06.2022MonitoringDMB+

Mindestlohnerhöhung (MiLoEG)

Worum geht es bei dem Gesetzesvorhaben?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erhöht mit dem Mindestlohnerhöhungsgesetz (MiLoEG) den allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohn mit einer einmaligen Anpassung auf 12 Euro brutto pro Stunde zum 1. Oktober 2022.

In welchem Stadium befindet sich das Vorhaben?

Das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung wurde am 30. Juni 2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Somit beträgt der Mindestlohn ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde.

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Hintergrund

Am 1. Januar 2015 trat in Deutschland ein allgemeiner, gesetzlicher Mindestlohn mit einem Bruttostundenlohn von 8,50 Euro in Kraft. Seitdem hat jeder Arbeitnehmer in Deutschland, bis auf bestimmte, wenige Ausnahmen, einen Anspruch auf die Zahlung dieses Mindestbruttolohns. Das Mindestlohngesetz (MiLoG) legt fest, dass der gesetzliche Mindestlohn turnusmäßig angepasst wird. Dazu hat der Gesetzgeber eine ständige, unabhängige Mindestlohnkommission eingerichtet. Die Mindestlohnkommission besteht aus Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer gleichermaßen sowie aus zwei beratenden Mitgliedern aus der Wissenschaft ohne Stimmrecht. Der Mindestlohn wird auf Vorschlag der Mindestlohnkommission durch Rechtsverordnung der Bundesregierung angepasst. In ihrer Empfehlung zur Höhe des Mindestlohns berücksichtigt die Mindestlohnkommission, welcher Wert geeignet ist, um zu einem angemessenen Schutz der Arbeitnehmer beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen und Beschäftigung nicht zu gefährden. Seit dem 1. Januar 2022 gilt ein gesetzlicher Mindestlohn von 9,82 Euro. Zum 1. Juli 2022 steigt er auf 10,45 Euro.

Der Kabinettsentwurf der Bundesregierung vom 23. Februar 2022 sieht vor, den gesetzlichen, allgemeinen Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro anzuheben. Gleichzeitig soll der im Juni 2022 turnusgemäß anstehende Termin der Mindestlohnkommission zur Beschlussfassung einer Anpassung des Mindestlohns ausgesetzt und um ein Jahr auf Juni 2023 verschoben werden. Dann soll sie die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns vorschlagen, der infolge einer Rechtsverordnung der Bundesregierung ab dem 1. Januar 2024 gelten soll.

Dieser Schritt wird im Gesetzentwurf damit begründet, dass der geltende Mindestlohn im europäischen Vergleich gemessen am prozentualen Anteil des nationalen Medianlohns unterdurchschnittlich gering ausfällt. Dazu komme außerdem, dass steigende Lebenshaltungs- und insbesondere Wohnkosten, in Frage stellen, ob der Mindestlohn zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung geeignet ist. Des Weiteren genüge eine mit dem Mindestlohn vergütete Vollzeitbeschäftigung außerdem nicht, um eine armutsvermeidende Altersrente zu erreichen.

Welches Ziel verfolgt die Bundesregierung mit diesem Gesetzesvorhaben?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) verfolgt mit der Anhebung des Mindestlohns das Ziel, aus ihrer Sicht bestehende Entwicklungspotentiale des gesetzlichen Mindestlohns zu nutzen und einen angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmer sicherzustellen. Das BMAS rechnet dadurch auch mit höheren Einnahmen für die gesetzlichen Sozialversicherungen.

Laut Gesetzentwurf ermögliche ein sich an diesem Schwellenwert orientierender Mindestlohn Arbeitnehmern, über das bloße Existenzminimum hinaus am sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen sowie für unvorhergesehene Ereignisse vorzusorgen. Damit werde der Mindestlohn dahingehend weiterentwickelt, dass der Aspekt einer angemessenen gesellschaftlichen Teilhabe von zum Mindestlohn beschäftigten Arbeitnehmern, bessere Berücksichtigung findet.

Warum ist das Gesetzesvorhaben relevant für KMU / den Mittelstand?  

Die Bundesregierung geht davon aus, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Mindestlohns von 12 Euro brutto pro Stunde rund 6,2 Millionen Arbeitnehmer von einer Erhöhung des Mindestlohns profitieren würden.

Wichtige Daten und Ereignisse

Der frühere und heutige Bundesarbeitsminister, Hubertus Heil, sprach sich bereits in der vergangenen Legislaturperiode dafür aus, einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro durch Vorgaben für die Mindestlohnkommission schneller zu erreichen. Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro brutto pro Stunde war ein zentrales Wahlkampfversprechen der SPD. In ihrem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung den Willen bekundet, den gesetzlichen Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 durch eine einmalige Anpassung von dann 10,45 Euro auf 12 Euro brutto pro Stunde zu erhöhen. Am 20. Januar 2022 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt. Am 23. Februar 2022 hat das Bundeskabinett dann den Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung beschlossen. Am 8. April 2022 hat der Bundesrat zu diesem Gesetzentwurf eine Stellungnahme abgegeben, zu der die Bundesregierung eine Gegenäußerung abgegeben hat. Am 13. April 2022 hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf an den Bundestag weitergeleitet. Die Abgeordneten des Bundestags haben am Donnerstag, 28. April 2022, erstmals über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung des Mindestlohns debattiert. Im Anschluss an diese Beratung haben sie den Gesetzentwurf der Bundesregierung sowie einen Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel "Ausweitung der Minijobs konterkariert Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns" an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung überwiesen. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales befasste sich am Montag, 16. Mai 2022, in einer Anhörung mit dem Gesetzentwurf sowie dem Antrag der Fraktion Die Linke. Am 18. Mai 2022 stimmte der Ausschuss dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro je Stunde zu. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses war die Grundlage für die zweite und dritte Lesung im Plenum am 3. Juni 2022. In dieser Plenarsitzung hat der Bundestag das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung beschlossen. Am 10. Juni 2022 hat der Bundesrat diesem Gesetzesbeschluss zugestimmt. Am 30. Juni 2022 wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Somit beträgt der Mindestlohn ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde.

Die DMB-Bewertung

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Das Gesetz ist überwiegend negativ zu bewerten. Nach Angaben der Bundesregierung gehen mit der einmaligen Anpassung des Mindestlohns Informationspflichten einher, die für Arbeitgeber Bürokratiekosten in Höhe von insgesamt rund 99,56 Millionen Euro verursachen. Zusätzlich entstehen den Arbeitgebern nach Schätzungen des BMAS im Jahr 2022 höhere Lohnkosten von ca. 1,63 Milliarden Euro. Neben diesen hohen finanziellen Kosten läuft der Gesetzentwurf der Tarifautonomie zuwider. Diese umfasst das Recht der Verbände des Arbeitsmarktes, konkret der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch Tarifverträge eigenständig zu regeln.

Dass von der geplanten Anhebung des Mindestlohns voraussichtlich rund 6,2 Millionen Beschäftigte profitieren würden, ist allerdings gerade vor dem Hintergrund steigender Energiekosten und steigender Preise auch in anderen Bereichen positiv zu bewerten. Eine höhere Kaufkraft bei den Bürgern könnte zudem eine stärkere Binnennachfrage auslösen. Dies würde dazu führen, dass der hohe Überschuss im Außenhandel der Bundesrepublik (Leistungsbilanzüberschuss) sinkt, ohne dass die Exporte verringert werden müssen.

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