02.01.2013Fachbeitrag

Rechtskommentar:
Erbt mein Stiefkind? Stiefkinder gehören nicht zu den gesetzlichen Erben des verstorbenen Stiefelternteils!

Die Erblasserin hatte selbst keine eigenen Kinder und auch sonst keine Verwandten, die ihr besonders nahe standen. Nach dem Tod ihres Ehemannes kümmerte sich ihre Stieftochter, die ihr Ehemann aus erster Ehe mitgebracht hatte, liebevoll um sie. Obwohl die Stieftochter nicht ihr eigenes Kind war, standen sie sich sehr nahe. Sowohl die Erblasserin als auch die Stieftochter gingen davon aus, dass die Stieftochter eines Tages alles erben wird… Nach dem Tod der Erblasserin meldet sich der Neffe der Erblasserin bei der Stieftochter und teilte ihr mit, dass er der nächste gesetzliche Erbe sei und sie gar nichts erbe.

Die gesetzliche Erbfolge
Gesetzliche Erben sind die Verwandten des Erblassers sowie der Ehegatte. Die Verwandtschaft beruht meist auf der Abstammung, der sog. Blutsverwandtschaft. Mit der Erblasserin verwandt ist jeder, der von ihr selbst abstammt (wie beispielsweise Kinder, Enkel, Urenkel) oder von derselben dritten Person abstammt (wie beispielsweise Eltern, Großeltern, Geschwister, Onkel, Neffe). Da die Erblasserin keine eigenen Kinder hatte, die Eltern und Großeltern sowie ihr Bruder bereits vorverstorben waren, ist der nächste gesetzliche Erbe ihr Neffe.

Rechtliche Verwandtschaft
Die Verwandtschaft kann aber auch eine rein rechtliche sein. Eine rechtliche Verwandtschaft entsteht z.B. durch Adoption. Da die Stieftochter kein leibliches Kind der Erblasserin ist und von ihr auch nicht adoptiert wurde, gehört sie nicht zum Kreise der gesetzlichen Erben. Der Neffe verlangte daher zu Recht die Herausgabe des Nachlasses.
Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV, rät deshalb: „Beabsichtigten Stiefeltern den Stiefkindern nach ihrem Tode etwas zukommen zu lassen und kommt eine Adoption nicht in Frage, so müssen die Stiefkinder in einem Testament als Erbe eingesetzt oder zumindest mit einem Vermächtnis bedacht werden. Ansonsten gehen Stiefkinder leer aus.

Erbschaftsteuer
Wenn den Stiefkindern testamentarisch was zu Gute kommt, werden sie privilegiert, indem sie erbschaftsteuerrechtlich gleich wie Kinder behandelt werden. Der Erbschaftsteuerfreibetrag beträgt sowohl für Kinder als auch für Stiefkinder 400.000 Euro.

Autorin: Melanie Scharf ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Rudolf & Kollegen und ausschließlich im Erb- und Stiftungsrecht sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich tätig. Sie ist Mitglied in der DVEV, der Rechtsanwaltskammer Karlsruhe und im FORUM Junge Anwaltschaft des Deutschen Anwaltvereins.

www.dvev.de

www.rudolf-kollegen.de

Mehr zu diesen Themen