23.05.2024Interview

So gewinnen KMU den digitalen Wettbewerb

Indem wir Daten nutzen, können mit vergleichsweise geringem Aufwand und einem minimalen Streuverlust eine größere Zielgruppe mit individuellen Anzeigen ansprechen. Das Digitale ermöglicht die Personalisierung von Marketingkampagnen.

 

Im Gespräch mit dem DMB erklärt Daniel Pieper, Inhaber und CEO der Digitalagentur Second Elements, wie Unternehmen durch gezieltes digitales Marketing entscheidende Wettbewerbsvorteile erzielen können. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gibt er wertvolle Tipps, wie sie den Einstieg in die digitale Welt meistern und ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig steigern können. DMB-Mitglied Daniel Pieper zeigt zudem praxisnah auf, welche Schritte Unternehmen zuerst gehen sollten, um im digitalen Zeitalter erfolgreich zu sein.

DMB: Hallo Herr Pieper, in aktuellen Untersuchungen rangiert Deutschland häufig auf den hinteren Plätzen in Sachen Digitalisierung. Wie interpretieren Sie diese Positionierung und inwieweit sehen Sie deutsche Unternehmen in der Verantwortung?

Daniel Pieper: Zunächst einmal müssen Unternehmen in digitale Geschäftsmodelle investieren und ihre Produkte online besser vermarkten. Das ist viel Arbeit und mitunter komplex. Aber wir haben in Deutschland sehr gutes Fachpersonal, sehr gute Dienstleister, die dabei helfen, die Digitalisierung im Mittelstand voranzutreiben. Die Grundlage ist also vorhanden. Daher bin ich optimistisch, was die Unternehmen angeht. In der Verantwortung sehe ich eher die Politik.

Inwiefern?

Wir haben in Deutschland ein Infrastrukturproblem, weil es hierzulande früher mal eine politische Entscheidung gegen Glasfaser gab. Das wird jetzt nur sehr langsam aufgeholt. Das niedrige Digitalisierungsniveau ist kein Problem, was sich über Nacht schnell lösen lässt. Und wenn ich mir die aktuelle Politik anschaue, stelle ich fest, dass Digitalisierung zwar immer ein Thema ist, aber nie das zentrale. Das hat zur Folge, dass die wesentlichen digitalen Wertschöpfungen nicht bei uns stattfinden. Das ist wirklich tragisch. Wir sind das Land der Ingenieure gewesen und wir schaffen es einfach nicht, beim digital Engineering oben mitzuspielen.

Warum ist das so?

Weil wir zu lange auf Beständigkeit ausgerichtet gewesen sind und uns auf dem Erreichten ausgeruht haben. Aber ein Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, das seinen Standort im ländlichen Raum hat, kann mit einer 16 Mbit-Leitung nichts anfangen. Damit können Sie kein Machine-Learning, kein Internet of Things oder dergleichen betreiben. Das ist im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland schon gefährlich und da müssen wir dringend nachlegen.

Sie unterstützen Ihre Kunden insbesondere im digitalen Marketing, helfen Unternehmen dabei, online gefunden zu werden, Aufmerksamkeit zu generieren. Was hat digitales Marketing mit dem Thema Wettbewerb zu tun?

Sehr viel. Vorweg: Wir haben im digitalen Marketing einen erheblichen Vorteil gegenüber dem analogen, nämlich die gezielte Kundenansprache. Indem wir Daten nutzen, können wir mit vergleichsweise geringem Aufwand und einem minimalen Streuverlust eine größere Zielgruppe mit individuellen Anzeigen ansprechen. Das Digitale ermöglicht also die Personalisierung von Marketingkampagnen. Der Erfolg der Werbemaßnahmen lässt sich zudem viel genauer messen und mit den dadurch gewonnenen Erkenntnissen können Unternehmen ihre nächste Kampagne optimieren. All diese Vorteile bedeuten unterm Strich, dass man mit dem gleichen Einsatz von Ressourcen deutlich mehr erreichen kann. Für das gleiche Geld gewinnen Sie also erheblich mehr Kunden. Sie haben einen Wettbewerbsvorteil.

Klingt einleuchtend. Aber gibt es auch Unternehmen, für die sich digitales Marketing nicht anbietet?

Ich würde hier tatsächlich keine Einschränkung vornehmen. Digitales Marketing bietet sich für jedes Unternehmen an. Am Ende geht es doch immer darum, dass man gefunden wird und selbst Kunden findet. Gerade kleine Betriebe haben häufig nur die Möglichkeit, digital zu werben, weil es so kosteneffizient ist. Im Marketing-Mix muss Digital einen festen Bestand haben, auch wenn ich 80 Prozent meines Geschäfts offline mache.

Was würden Sie einem Unternehmen raten, das noch nie digitales Marketing gemacht hat, weil es den Aufwand bisher für zu groß erachtet hat, auch finanziell? Wo soll man als Unternehmer oder Unternehmerin anfangen? Bei der Website? Bei Social Media?  

Ich empfehle immer, mit einem Unternehmensprofil auf Google anzufangen. Dort einen gepflegten Eintrag zu haben, ist der erste Schritt. Und der kostet nichts, wenn man es selbst macht. Wichtig ist hier außerdem, dass man die Google-Rezensionen im Blick hat und gegebenenfalls auf Kritik reagiert. Das Unternehmensprofil ist die Grundvoraussetzung dafür, bei Google überhaupt gefunden zu werden. Hier möchte ich noch den Hinweis geben, dass alle Maßnahmen der Suchmaschinenoptimierung (SEO) eine langfristige Investition und nicht nur Kosten darstellen. Wer hier den schnellen Erfolg erwartet, wird enttäuscht werden. Gutes SEO braucht Zeit, bis es seine volle Wirkung entfaltet.

SEO soll Kunden ja auch auf die eigene Website führen. Wie sollte die aussehen?

Erstmal sollte man dafür sorgen, dass die Website aktuell ist, dort also keine veralteten Inhalte zu finden sind. Auch das Design sollte nicht verstaubt wirken. Was Unternehmen oft falsch machen, ist ihre Seiten mit Themen zu überladen. Geeigneter ist eine kleine, aufgeräumte Website mit Schwerpunkten zu meinen speziellen Themen. Die Menschen und die Suchmaschine muss verstehen, was mein Unternehmensangebot so einzigartig macht. Die Website sieht nicht nur besser aus, sondern lädt auch schneller, was wiederum die Zufriedenheit der Nutzer erhöht. Man sollte sich also in Bezug auf den Content von einem Vollständigkeitsanspruch lösen. Unternehmen müssen verstehen, dass ihre Website ihr Aushängeschild ist und oft der erste Kontakt, den potenzielle Kunden mit einer Firma haben. Da gilt einfach: Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.  

Dieser erste Eindruck ist nicht nur für potenzielle Kunden, sondern auch beim Thema Recruiting entscheidend, oder?

Korrekt. Gerade junge Bewerber achten immens darauf, wie sich ein Unternehmen online präsentiert. Das macht den Kampf um Talente nicht gerade einfacher für kleine und mittlere Unternehmen, weil die großen Konzerne dem Mittelstand beim Digitalen häufig um Meilen voraus sind. Wer mit seiner Website nicht überzeugen kann, wird es künftig noch schwerer haben, gutes Personal zu finden. Es geht eben um einen persönlichen Auftritt mit Herz und Seele.

Was sollen Online-Marketing-Einsteiger im Bereich Social Media beachten?

Auch hier gilt: Wichtig ist erstmal, überhaupt präsent zu sein. Die Follower-Zahl ist am Anfang zweitrangig. Entscheidet ist hingegen - genau wie bei der Website - dass der Auftritt regelmäßig mit aktuellen Inhalten gepflegt wird. Deshalb empfehle ich, zunächst nur eine Plattform zu bespielen; die dafür aber richtig. Das heißt auch, authentisch und zeitnah auf Anfragen aus der Community zu antworten, mit Nutzern zu interagieren.

Kommen wir zum Schluss noch zu einem aktuellen Thema: Derzeit wird viel über ökologisch nachhaltige Websites diskutiert. Ist das ein ernstzunehmender Wettbewerbsfaktor?

Auf jeden Fall. Google belohnt energieeffiziente Seiten, also Websites, die vergleichsweise wenig Rechenleistung brauchen, um zu laden. Ressourcenschonende Seiten sind schneller als andere und Google bewertet das positiv, weil davon auszugehen ist, dass Nutzer lieber auf schnellen als auf langsamen Websites unterwegs sind. Es gibt dahingehend eine Reihe von Tools, mit denen man messen kann, wie groß der CO2-Ausstoß der eigenen Website ist. Da wird beispielsweise geprüft, ob beim Hosting der Seite Strom aus erneuerbaren Energiequellen bezogen wird, oder wie viele Daten in der Cloud verbraucht werden. So wird digitale Nachhaltigkeit immer wichtiger als Wettbewerbsfaktor – nicht nur für Google, sondern auch für Kunden und Geschäftspartner.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Pieper!

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