Win-win: Kooperationsmodelle zwischen Mittelstand und Start-up
Eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Zielvorstellung und möglichen Kooperationsformen ist für ein optimales Ergebnis zentral.
Lose Kooperation, Zuliefererverhältnis oder Entwicklungspartnerschaft? Die Zusammenarbeit zwischen Mittelstand und Start-up braucht eine gute formelle Basis und ein geeignetes Kooperationsmodell. Im Folgenden werden verschiedene Arten der Kooperation vorgestellt.
Kooperationen zwischen mittelständischen Unternehmen und Start-ups bieten große Potentiale und können die digitale Transformation im Mittelstand voranbringen. Beide Unternehmensformen suchen vermehrt den gegenseitigen Kontakt und bewerten bereits erfolgte Kooperationen überwiegend positiv. Mittelständische Unternehmen und Start-ups ergänzen sich gut und können sich gegenseitig verbessern. Eine Kooperation kann auf vielfältige Art und Weise ausgestaltet werden. Für ein optimales Ergebnis, das beide Seiten zufriedenstellt, ist eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Zielsetzung und den möglichen Kooperationsformen zwingend notwendig. Insbesondere auch, da die erste Kooperation von beiden Seiten zunächst als Wagnis und Herausforderung empfunden wird. Die Zusammenarbeit ist neu, bedeutet Veränderung und löst möglicherweise Unsicherheiten aus. Aus diesem Grunde braucht es eine gute formelle Basis mit klaren Regeln und vertraglichen Sicherheiten. Damit beide Seiten von der Zusammenarbeit bestmöglich profitieren können, sollte die Kooperationsform im Vorfeld wohlüberlegt ermittelt werden. Diese ergibt sich aus dem verfolgten Ziel, der Intensität der Zusammenarbeit und dem zeitlichen Horizont.
Zielsetzung entscheidet über Beziehungsintensität und Zeithorizont
Nach diesen Kriterien lassen sich auch die Kooperationsformen kategorisieren. Eine Projekt-Kooperation hat beispielsweise eine klare zeitliche Befristung, während eine Beteiligung eines Unternehmens an einem anderem eine dauerhafte Relation darstellt. Der Grad der Verflechtung ist bei einer vertraglich festgelegten Kooperation wesentlich höher als bei einer losen Zuliefererbeziehung, bei der ein Start-up beispielsweise über eine Lizenzvereinbarung eine Software bereitstellt. Die möglichen Kooperationsformen sind sehr umfänglich. Ein einheitliches Kooperationskonzept gibt es nicht. Zumal das Portfolio an Kooperationsformen stetig erweitert wird und sich einzelne Kooperationsarten fortentwickeln. Die gängigsten Kooperationsformen werden nachfolgend vorgestellt. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass einige Formen der Zusammenarbeit keine Kooperationsmodelle im klassischen Sinne darstellen. Darunter fallen zum Beispiel konventionelle Kunden- und Zuliefererbeziehungen. Auch sind Beteiligungen und Integrationen strenggenommen keine Kooperationen zwischen zwei Partnern mehr. Jedoch sind sie häufig das Resultat einer vorangegangenen Kooperation. Und auch eine lose Kundenbeziehung ist eine erwähnenswerte Option für eine erste Zusammenarbeit zwischen einem mittelständischen Unternehmen und einem Start-up.
Die Kooperationsmodelle im Detail
- Projektkooperation
Eine erste Zusammenarbeit in einem zeitlich befristeten Projekt eignet sich gut als Probelauf für tiefergreifende Kooperationen. Das Risiko ist für beide Seiten begrenzt und aus einer erfolgreichen Projektarbeit können sich weitere interessante Vorhaben entwickeln. Eine Projektkooperation kann in den verschiedensten Bereichen eingesetzt werden. Rechte und Pflichten können bei Bedarf vertraglich fixiert werden. Für eine Projektarbeit eignen sich auch Pilotanwendungen, bei denen ein etabliertes mittelständisches Unternehmen eine Startup-Innovation in Erstnutzung testet.
- Co-Creation
In einem kreativen Austauschprozess zwischen einem mittelständischen Unternehmen und einem Start-up lassen sich hervorragend Produkt- und Prozessideen identifizieren. Im Vorfeld sollte der Einsatzbereich eingegrenzt werden. Zudem ist es erforderlich die involvierten Akteure und Abteilungen festzulegen. Um die verschiedenen Sichtweisen und Ideen zu ordnen, kann eine externe Moderation sinnvoll sein.
- Lose Kooperation
Bei einer losen Kooperation gibt es in der Regel keine schriftlichen Vereinbarungen. Die Ausgestaltung ist sowohl in zeitlicher als auch in thematischer Hinsicht sehr flexibel. Es handelt sich hierbei eher um einen Austausch zwischen Mittelstand und Start-up über operative, technische oder strategische Angelegenheiten. Dadurch lassen sich Erkenntnisse über Einsatzmöglichkeiten von innovativen Lösungen oder über Potentiale für eine vertiefte Zusammenarbeit gewinnen.
- F&E Partnerschaft
Eine Forschungs- und Entwicklungspartnerschaft wird eingesetzt, wenn eine Aufgabenstellung mit einem klaren Ziel existiert. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Produktinnovation handeln. Bei solchen Kooperationen können Forschungseinrichtungen hinzugezogen werden. Für Digitalisierungsprojekte stehen in vielen Fällen staatliche Fördermittel bereit. Wichtig ist hierbei, dass die beteiligten Partner die Aufteilung der Rechte am Forschungsergebnis vertraglich festlegen.
- Vertragskooperation
Diese Form der Kooperation zeichnet sich durch ein sehr umfängliches Vertragswerk aus. Vertragskooperationen sind längerfristig ausgelegt und werden häufig in sensiblen Geschäftsbereichen eingesetzt. Dazu werden Wettbewerbsbeschränkungen und Ausschließlichkeitsklauseln festgelegt.
- Zuliefererbeziehung
Bei dieser Beziehung ist entweder das etablierte mittelständische Unternehmen oder das Start-up Zulieferer. Für ein Endprodukt benötigt einer der beiden Partner eine Teilkomponente, die der andere Partner bereitstellen kann.
- Konventionelles Kundensverhältnis
Ähnlich wie bei der Zuliefererbeziehung, handelt es sich hierbei letztendlich um eine Zusammenarbeit zwischen Kund*innen und Lieferant*innen. Denkbar sind aber auch engere Verflechtungen zwischen den beiden Unternehmensformen, bei denen auch der Zulieferer Erkenntnisse zur Verbesserung des eigenen Produkts gewinnen kann. Im Dienstleistungsbereich wäre zum Beispiel der Einsatz einer innovativen Software eines Start-ups mit regelmäßiger Evaluierung und gegenseitigem Austausch vorstellbar.
- Vertriebspartnerschaft
Bei einer Vertriebspartnerschaft nimmt das etablierte Unternehmen das Produkt des jungen Start-ups ins Sortiment auf. Das mittelständische Unternehmen verfügt über einen guten Marktzugang und etablierte Kund*innen. Das Start-up liefert ein innovatives Produkt.
- Gemeinschaftsunternehmen
Wenn beide Partner*innen gemeinsam ein innovatives und vielversprechendes Produkt entwickelt haben, das nicht in das eigene Portfolio passt, bietet sich die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens an. Das neue Unternehmen wird dann zu vertraglich festgelegten Anteilen von beiden Partnern getragen.
- Beteiligung
Die Gestaltungsmöglichkeiten und Zielsetzungen bei Beteiligungen sind vielseitig. Grundsätzlich beteiligt sich hierbei das etablierte Unternehmen mit einem gewissen Kapital an einem Start-up und kann so zum Miteigentümer werden. Durch die verbesserte Finanzausstattung ergeben sich auch neue Möglichkeiten für das Start-up. Das etablierte Unternehmen sichert sich innovative Technologien und das nötige Know-how und erweitert sein Produktportfolio.
- Integration
Der höchste Integrationsgrad bei einer Kooperation ist dann erreicht, wenn eine Übernahme eines Start-ups durch das mittelständische Unternehmen erfolgt. Meist sind dieser Konstellationen enge und vertrauenswürdige Kooperationen vorangegangen und das etablierte Unternehmen erfährt einen echten Mehrwert durch die Integration des Start-ups in das eigene Unternehmen.
Quellen:
Studie „Mittelstand meets Startup: Potenziale der Zusammenarbeit“ (RKW Kompetenzzentrum)
Deutsche Gründer- und Innovationsstudie (DGIS) 2020 (Gründerszene, KPMG, HTW Berlin)
KooperationsKompass Mittelstand & Startups (IHK München und Oberbayern)
Teil des Wegweisers Mittelstand trifft Start-up