22.03.2021Fachbeitrag

Corporate Private Debt: Finanzierungsgründe und Investitionsarten

Die Kreditvergabe via Kreditfonds wird zumeist unter dem angelsächsischen Begriff „Private Debt“ zusammengefasst.

Gastautor Philipp Bunnenberg vom Bundesverband alternative Investments e.V. beleuchtet im DMB-Fachbeitrag mögliche Finanzierungsgründe sowie unterschiedliche Investitionsarten. Er nennt er den Status Quo und äußert sich zur weiteren Entwicklung des Private Debt.

 

Bunnenberg gibt im DMB-Fachbeitrag einführende Informationen ins Thema Private Debt.

 

Ein öffentlich bekanntes Beispiel für eine Kreditfondsfinanzierung im deutschen Mittelstand ist der Verkauf der Halex Holding GmbH – die Firma gehört zu den führenden Herstellern von Strangpresswerkzeugen und Dienstleistern für Wärmebehandlung – an einen neuen Finanzinvestor. Das Unternehmen erreichte zum Übernahmezeitpunkt einen Umsatz von rund 40 Mio. Euro mit 460 Mitarbeitern. Das EBITDA lag bei rund 12,5 Mio. Euro und wies in den Vorjahren teilweise einen Zuwachs von bis zu 20 % jährlich auf. Der Unternehmenswert wurde im Zuge des Verkaufes auf 80 Mio. Euro taxiert. Die komplexe Finanzierungsstruktur der Transaktion, bestehend aus einer Unitranche-Finanzierung in Form von Schuldverschreibungen und einer eingeräumten revolvierenden Kreditlinie, wurde durch Kreditfonds in Höhe von 50 Mio. Euro bereitgestellt. Insgesamt erreichte die Verschuldung des Unternehmens durch diese Finanzierung, bei voller Ziehung der Akquisitionslinie, knapp das Vierfache des EBITDA.

 

Unterschied zwischen „Sponsored“ und „Non-Sponsored“ Formen der Finanzierung

  • "Sponsored":
    Ein maßgeblicher Teil aller Kreditfonds-Finanzierungen kommt durch die Vermittlung eines Private-Equity-Investors zustande. Diese Form der Implementierung eines Kreditfonds wird auch als „Sponsored“ bezeichnet. Dadurch erhält der Kreditfonds einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Formen der Kreditvergabe: Er hat einen direkten Zugang zur Risikoprüfung (Due Diligence) des Private-Equity-Eigentümers und verfügt somit über detaillierte Kenntnisse, um das Geschäftsmodell und damit die Kreditrisiken zu beurteilen. Das Eigenkapitalengagement des Private-Equity-Investors fungiert dabei als zusätzliche Sicherheit für den Kreditfonds.
  • "Non-Sponsored":
    Alle anderen Formen der Akquisition von Kreditnehmer durch einen Kreditfonds werden als „Non-Sponsored“ bezeichnet. Oftmals spielte neben dem Private-Equity-Investor die Hausbank des Kreditnehmers eine entscheidende Vermittlerrolle. Denn bis Mai 2015 waren Kreditfonds in Deutschland auf eine Fronting-Bank angewiesen. Diese akquirierte und strukturierte die Kredite und verkaufte sie dann als Paket an einen Kreditfonds. Mit Auslaufen des Fronting-Bank-Modells veränderte sich die Rolle der Bank. Kreditfonds und Bank wurden mehr und mehr zu gleichberechtigten Partnern auf dem Kreditmarkt und bedienen unterschiedliche Finanzierungswünsche der einzelnen Kreditnehmer.

In Deutschland haben sich Kreditfonds insbesondere im Markt für fremdfinanzierte Übernahmen von mittelständischen Unternehmen durchgesetzt. Daneben hat zuletzt die Kreditvergabe für Wachstumsfinanzierungen und Betriebsmittel zugenommen. Rekapitalisierungen, die Überwindung von Liquiditätsengpässen oder Sondersituationen kommen ebenfalls als Finanzierungszweck in Frage. Somit werden Kreditnehmer mit komplexen Finanzierungsvorhaben häufig von Kreditfonds finanziert. Zudem ist einer der Hauptgründe für die Finanzierung über Kreditfonds, dass das Unternehmen die angefragte Finanzierung über die Hausbank nicht erhalten hat. Gerade in speziellen Unternehmenssituationen oder bei der Finanzierung schnellen Unternehmenswachstums sind die Kreditfonds den Banken überlegen.

 

Verschiedene Investitionsarten

Unterschiede zwischen Private Dept und Bankenfinanzierung

 

Performing Loans finanzieren vor allem Unternehmensübernahmen und Kredite für operatives Wachstum. Distressed Debt hingegen bezeichnen Investitionen in Unternehmen, die in kurzufristigen Liquiditätsproblemen stecken:

  • Performing Loans:
    Oft werden von den Kreditfonds Unternehmensübernahmen finanziert oder Kredite für operatives Wachstum bereitgestellt. Sogenannte Performing Loans, die direkte Kreditvergabe an ein finanzstarkes Unternehmen durch einen Kreditfonds, sind rechtlich und risikotechnisch vergleichbar mit einem Bankkredit, nur dass diese von Kreditfonds vergeben werden. Vor allem der Sub-Investment-Grade-Bereich (ab Ratingkategorie BB) ist die Domäne der Kreditfonds in Deutschland. Ab einem vergleichbaren Rating von BB ziehen sich die Banken in Deutschland immer weiter zurück, da im Niedrigzinsumfeld, in Kombination mit einer hohen, notwendigen Risikorückstellung, dieses Marktsegment für traditionelle Kreditinstitute kaum noch profitabel ist. Der Sub-Investment-Grade-Bereich birgt in Deutschland durch die breite, mittelständische Wirtschaftsstruktur ein hohes Wachstumspotenzial für Kreditfonds, denn die Zahlungsmoral des deutschen Mittelstandes ist vorbildlich. Im Normalfall werden auch in diesem Bereich die Kredite vollständig und ohne Probleme pünktlich bedient (Performing Loans).
  • Distressed Debt:
    Unter Distressed Debt werden Investitionen in Unternehmen verstanden, die in kurzfristigen Liquiditätsproblemen stecken. Hier werden – mit entsprechenden Risikoaufschlägen – zusätzliche Kredite vergeben und Umschuldungen durchgeführt, um weitere Zahlungsverzüge bei den Krediten oder gar komplette Ausfälle zu verhindern. Kreditfonds werden von Unternehmen kontaktiert, wenn ihre Hausbanken einer weiteren Verschuldung oder gar Umschuldung eine Absage erteilen. Distressed-Debt-Kreditfonds haben gerade aufgrund ihrer Spezialisierung eine besondere Expertise in der Restrukturierung von Unternehmen. Ziel dieser Fonds ist es immer, das Unternehmen in Teilen oder als Ganzes zu retten.
  • Sondersituationen:
    Zu den Sondersituationen zählen alle ungewöhnlichen Liquiditätsbelastungen, in die ein Unternehmen geraten kann. In der Regel sind diese Situationen nicht mit einem Liquiditätsproblem im Sinne einer klassischen Überschuldung verbunden, sondern erfordern einen realisierbaren, aber deutlich höheren Einsatz von Fremdkapital, der selten von Banken bedient wird. Beispiele für diese Sondersituationen sind komplexe Ausgründungen, bei denen die Finanzierung auf das ausgelagerte Unternehmen gelegt wird, oder Aufspaltungen von Unternehmen, die zunächst vorfinanziert werden müssen. Im Zuge von Nachfolgeregelungen kann auch die Auszahlung einzelner Erben innerhalb einer Erbengemeinschaft zu einer temporär hohen Belastung führen. Aber auch die Vorfinanzierung von Gewinnausschüttungen für fremdfinanzierte Investoren, zur Begleichung ihrer Verpflichtungen, fällt in diese Kategorie.
     

Kreditfonds als Alternative für institutionelle Investoren

Da Kreditfonds oftmals Kreditnachfragen bedienen, die nicht oder nur ungern von Banken bedient werden, bieten diese ein attraktives Rendite-Risiko-Verhältnis, welches gerade für Investoren aus dem Bereich der Altersvorsorge interessant ist. Diese finden hier Anlagehorizonte vor, die die meisten syndizierten Bankkredite nicht bieten können. Daher wächst diese Form der Kreditbereitstellung nicht nur in Deutschland, sondern auch global.

Zum anderen ist für institutionelle Investoren die Anlage in Unternehmenskredite als Ersatz für Anlagen in Anleihen/Renten von immenser Bedeutung. Im Niedrigzinsumfeld der vergangenen und vermutlich auch zukünftigen Jahre war und ist das Erreichen der Zielrendite mit festverzinslichen, liquiden Kapitalmarktanlagen zuzüglich einer geringen Aktienquote kaum möglich. Institutionelle Investoren, zu denen u. a. Versicherungen, Versorgungswerke, Pensionsfonds, Pensionskassen, Family Offices und Stiftungen zählen, können ihren langfristigen Verpflichtungen mit traditionellen, liquiden Investments an den öffentlichen Märkten nicht hinreichend gerecht werden. Durch die stärkere Verflechtung der internationalen Finanzmärkte steigen zudem die Korrelationen klassischer Kapitalanlagen, wodurch selbst eine geografische Diversifikation über verschiedene Märkte – und zum Teil auch über verschiedene Anlageklassen – nicht mehr den gewünschten risikomindernden Effekt bringt. Institutionelle Investoren müssen sich zwangsläufig nach Alternativen umsehen. Viele Investoren entscheiden sich für Private-Markets-Unternehmenskredite, weil diese einen anleiheähnlichen regelmäßigen Ertrag (Zinszahlung) über den investierten Zeitraum generieren und zugleich die Diversifikation des Portfolios erhöhen.

 

Kreditfonds werden auch weiterhin in Deutschland an Bedeutung gewinnen

Die bisherige Marktentwicklung deutet an, dass Kreditfonds im Segment für Klein- und Kleinstkredite auch zukünftig nur in Ausnahmesituationen eine Alternative zu ortsansässigen Banken darstellen. Bei EBITDA-Größen unterhalb von 5  Mio. Euro werden daher die Banken auf absehbare Zeit marktbeherrschend bleiben. Nichtsdestotrotz werden Kreditfonds weiter an Bedeutung gewinnen: Insbesondere dort, wo für den Mittelstand Wachstums- und Übernahmefinanzierungen bereitgestellt werden müssen. In Frage kommen Unternehmen, deren Bonitäten im Sub-Investment-Grade-Bereich liegen und solche, die über kein (offizielles) Rating verfügen. Gerade dieser Bereich ist in der deutschen mittelständischen Wirtschaft traditionell stark verankert. Deutschland ist der größte Markt innerhalb Europas und birgt ein hervorragendes Wachstumspotenzial. Kreditfonds haben bisher erst an der Oberfläche des Potenzials des gesamten deutschen Mittelstandes gekratzt. Um dieses voll auszuschöpfen, muss ferner die Bekanntheit alternativer Finanzierungswege bei Unternehmern gefördert werden.

 

Entlastung für Banken während und nach Pandemie-Zeiten

Kreditfonds sollten zudem für die noch nicht abschließend absehbaren mittel- bis langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise gut gerüstet sein. Sie werden wie bereits in den vergangenen Jahren in notleidende Kredite investieren und somit den Bankensektor entlasten können. Unternehmen werden bei Restrukturierungen und in schwierigen Unternehmenssituationen neue Wege der Finanzierung aufgezeigt – speziell in solchen Situationen, in denen sich Banken traditionell schwertun.

Dass es hierzulande zu US-amerikanischen Verhältnisse kommt, bei denen Kreditfonds den Löwenanteil der kreditbasierten Mittelstandsfinanzierung stemmen, ist eher unwahrscheinlich. Nichtsdestotrotz werden Kreditfonds ihren Anteil an der Unternehmenskreditfinanzierung der deutschen Wirtschaft ausbauen und auf Augenhöhe mit den deutschen Banken die Finanzierung der deutschen Wirtschaft bereitstellen. Die Kreditvergabe durch Nicht-Banken leistet damit einen wichtigen zusätzlichen Beitrag zur Finanzierung des deutschen Mittelstands und bildet zugleich eine sinnvolle Erweiterung der Investitionsmöglichkeiten für professionelle Investoren insbesondere aus dem Bereich der Altersvorsorge, die neue Anlageopportunitäten vorfinden.

 

Der Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI) ist die zentrale assetklassen- und produktübergreifende Interessenvertretung für Alternative Investments (AI) in Deutschland. Der BAI setzt sich dafür ein, dass institutionelle Investoren in Deutschland international wettbewerbsfähige und attraktive Rahmenbedingungen vorfinden, um ihre Kapitalanlage einfacher und besser in alternative Anlageklassen diversifizieren zu können. Dabei agiert der BAI als Katalysator zwischen professionellen deutschen Investoren und anerkannten Private-Debt-Produktanbietern sowie -nachfragern, vertreten die Interessen der Stakeholder gegenüber Politik und Regulatoren und begleiten den Entwicklungsprozess mit Marktstudien. Weiterführende Informationen zu Private Debt im Allgemeinen und zur Mittelstandsfinanzierung über Kreditfonds im Besondern sind auf der Homepage des BAI und in der BAI-Studie zur Unternehmenskreditfinanzierung durch Nicht-Banken in Deutschland zu finden.

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