06.08.2021Fachbeitrag

Neue Chancen für den Mittelstand – Japan als Wachstumsmarkt

Die Beitragsserie „Markteinstieg in Japan“ fasst alles Wissenswerte für wirtschaftliche Aktivitäten in „Nippon“ (jap. für Japan) zusammen.

Mit über 125 Millionen Einwohnern und einem Bruttoinlandsprodukt von 5,08 Billionen US-Dollar ist Japan eine der stärksten Wirtschaftsmächte der Welt. Dennoch spielt Japan als Exportdestination deutscher Waren lediglich eine untergeordnete Rolle. In der Rangfolge deutscher Handelspartner nimmt das ostasiatische Land nur den 19. Platz ein. Doch aufgrund der großen Potentiale und nicht zuletzt durch die Aufhebung der gegenseitigen Handelsbeschränkungen könnten sich die Exportchancen für deutsche Unternehmen in den nächsten Jahren äußerst positiv entwickeln. SN

 

Der Japanische Markt weckt zunehmend das Interesse deutscher und europäischer Unternehmen. Gleichzeitig herrscht auf japanischer Seite große Begeisterung für europäische Qualitätsprodukte. Das Land verfügt über ein hohes Pro-Kopf-Einkommen und eine starke Kaufkraft. Seit den 2010er-Jahren verzeichnet die japanische Volkswirtschaft ein stabiles Wachstum. Die zunehmende Verflechtung und wirtschaftliche Integration des asiatischen Kontinents tragen zusätzlich zur Attraktivität Japans für ausländische Unternehmen bei.

 

Pandemie bremst den Handel mit Deutschland – Erholung aber bereits erkennbar

 

Doch auch in Japan hat die Corona-Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im Krisenjahr 2020 um 4,83 Prozent. Die deutschen Ausfuhren nach Japan sind während der ersten beiden Pandemie-Wellen um bis zu 29 Prozent zurückgegangen. Inzwischen lässt sich jedoch eine Konjunkturerholung beobachten. Die Geschäftserwartung ist grundsätzlich positiv und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage hat bereits wieder angezogen. Der Internationale Währungsfonds geht von einem Wirtschaftswachstum von 3,3 Prozent für 2021 aus. Das dürfte auch den Importbedarf für Vorerzeugnisse ankurbeln.

 

Freihandelsabkommen zwischen EU und Japan verspricht hohe Wachstumseffekte

Am 8. Dezember 2017 wurde der Abschluss der Verhandlungen über das Freihandel- und Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Japan verkündet. Das EU-Japan-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA EU-Japan) bietet für EU-Unternehmen jeglicher Größe neue Chancen, nach Japan zu exportieren. Laut Europäischer Kommission ist es das umfänglichste bilaterale Freihandelsabkommen, das die EU je verhandelt hat. Es umfasst einen Markt, der rund ein Drittel des globalen Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Beide Seiten haben sich auf ehrgeizige Standards für eine nachhaltige Entwicklung geeinigt. Darin eingeschlossen ist das klare Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzübereinkommen. Durch das Handelsabkommen werden 99 Prozent der Zölle zwischen der EU und Japan abgeschafft.

 

Der deutsche Export nach Japan könnte um bis zu 70 Prozent steigen

Anfang 2019 trat das WPA EU-Japan schließlich in Kraft. In den ersten zehn Monaten stiegen die EU-Exporte nach Japan um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders starke Anstiege waren unter anderem in den Sektoren Lederwaren und Bekleidung (14 Prozent bzw. 9,5 Prozent) und elektrische Maschinen (16,4 Prozent) zu verzeichnen. Neben den Zollsenkungen für europäische Produkte beinhalt das Abkommen auch Regelungen zur Öffnung des japanischen Dienstleistungsmarkts. Eine Studie des Ifo-Instituts rechnet vor, dass die deutschen Ausfuhren nach Japan in den nächsten Jahren um bis zu 70 Prozent steigen könnten.

 

75 Prozent der nach Japan exportierenden Unternehmen sind Mittelständler

Für deutsche Unternehmen bietet das WPA EU-Japan einmalige Chancen. Bereits jetzt exportieren 12.480 deutsche Unternehmen nach Japan. Die Europäische Kommission beziffert die Arbeitsplätze in Deutschland, die durch EU-Exporte nach Japan gesichert werden auf 195.348. Unter den Exportunternehmen liegt der KMU-Anteil bei 75 Prozent.

 

Welche Branchen sind am stärksten auf dem japanischen Markt aktiv?

 

Die wesentlichen Exportgüter deutscher Unternehmen nach Japan sind chemische und pharmazeutische Erzeugnisse, Kunststoffe, Maschinen, Datenverarbeitungsgeräte, elektrische und optische Erzeugnisse sowie Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile. Darüber hinaus exportieren sehr viele kleinere Unternehmen aus ganz Deutschland lokale Erzeugnisse wie Porzellan, Spielzeug, Süßwaren, Gartengeräte oder Bürostühle. Durch das EU-Japan-Handelsabkommen werden auch für Kleinstunternehmen die Exporttätigkeiten noch einfacher und kostengünstiger. Davon könnten viele Nischenprodukte profitieren.

 

Wachstumsmärkte Energie und Technologie

Die japanische Regierung hat im November 2018 ein „Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien auf See“ verabschiedet und damit – nach langem Zögern – den Ausbau der Windenergie und die Etablierung eines Offshore-Windmarkts in Gang gesetzt. Für deutsche Unternehmen aus diesem Sektor ergeben sich dadurch große Potentiale: Japan verfügt über die sechstlängste Küstenlinie der Welt.

Im Oktober 2020 verkündete Premierminister Yoshihide Suga bis zur Mitte des Jahrhundert Klimaneutralität durch die Umsetzung einer grünen Wachstumsstrategie erreichen zu wollen. Im Zuge dessen sind hohe Investitionen für den Umbau der Energieversorgung – insbesondere auch in der Wasserstoffwirtschaft – zu erwarten. Gleichzeitig steht auch in Japan das Thema digitale Transformation sehr weit oben auf der Agenda.

Auch in den Bereichen Feinmechanik und optische Technologien entstehen für deutsche Unternehmen große Potentiale, da die Inlandsnachfrage in Japan größer als das nationale Angebot ist. Das Handelsabkommen bietet zudem große Handels- und Investitionschancen im pharmazeutischen Sektor, in der Lebensmittelindustrie und im Großhandel. Weitere bedeutende Wachstumssektoren für ausländische Exporte: Arznei- und Medizinprodukte, Agrarwirtschaft, Kraftfahrzeug- und Beförderungsmittelindustrie.

 

Deutsch-japanische Zusammenarbeit intensiviert sich

Die verstärkte Kooperationsbereitschaft der beiden Länder auf verschiedensten Gebieten zeigt, dass beide Seiten große Potentiale in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sehen. So gibt es derzeit schon zahlreiche Kooperationsplattformen in Wirtschaft und Forschung. Im Bereich Optik und Photonik tauschen sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Japan Science and Technology Agency (JST) in regelmäßigen Sitzungen über gemeinsame Aktivitäten mit Forschungs-, Förder- und Mittlerorganisationen aus. Das BMBF kooperiert im Rahmen der Fördermaßnahme „Internationalisierung von Spitzencluster, Zukunftsprojekten und vergleichbaren Netzwerken“ in sechs Clustern mit Japan. Zudem soll der digitale Wandel Kernthema einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen dem japanischen Wirtschaftsministerium und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie werden. Die Intensivierung der institutionellen Zusammenarbeit bietet auch für mittelständische Unternehmen die Chance mit japanischen Unternehmen in Kontakt zu treten.

 

Teil IX der Beitragsserie Markteinstieg in Japan

 

 

Genutzte Quellen

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German-tech (2020): https://www.german-tech.org/projekte-bmwi-abgeschlossen/projekte-2020/gab-japan-2020-maritime-wirtschaft

IXPOS (2020): https://www.ixpos.de/IXPOS18/Content/_SharedDocs/Downloads_neu/BMWI-MEP/2020/bmwi-mep-ergebnisbericht-japan-optik-photonik.pdf?v=2

Bundesministerium für Bildung und Forschung (2021): https://www.bmbf.de/de/japan-seit-vier-jahrzehnten-ein-starker-partner-473.html

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