Mittelstand in Zahlen – neue Ausbildungsverträge
Der Mittelstand ist der Wirtschaftsmotor Deutschlands. Doch wie ist dieser aufgestellt? Was steckt dahinter? Was bewegt KMU? Der DMB stellt mit "Mittelstand in Zahlen" regelmäßig interessante Fakten und Studienergebnisse vor.
Nachdem die Zahl neuabgeschlossener Ausbildungsverträge seit 10 Jahren gesunken ist, verharrte sie auch im Jahr 2021 auf einem niedrigen Niveau. Nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes lag der Wert mit 466.176 neuen Ausbildungsverträgen zwar 0,6 Prozent über dem des ersten Corona-Jahres (2020), im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 war er aber immer noch 9 Prozent niedriger.
Im Zehn-Jahres-Vergleich liegt die Zahl im Jahr 2021 geschlossener Ausbildungsverträge damit 14 Prozent unter der Zahl von 2011 (561.099 Neuabschlüsse), was nur teilweise mit dem Rückgang der Zahl junger Menschen zu begründen ist. Weitere Gründe liegen unter anderem in der Schwierigkeit, die Wünsche der Jugendlichen und die Anforderungen der Ausbildungsbetriebe miteinander in Einklang zu bringen oder in einer niedrigen Quote von Betrieben, die Ausbildungsplätze anbieten.
Die geringe Zahl an neuen Ausbildungsverträgen dürfte die ohnehin schon prekäre Lage des Fachkräftemangels in Deutschland künftig verschärfen. Denn wenn die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten Babyboomer-Generation in den kommenden Jahren nach und nach aus dem Berufsleben ausscheiden, müssen ihre Stellen neu besetzt werden. Durch die Energiewende und die voranschreitende Digitalisierung ist außerdem davon auszugehen, dass ein zusätzlicher Bedarf an Fachkräften im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) entsteht. Um die Fachkräftesicherung unter diesen Vorzeichen zu erleichtern, sollte sich die Wahrnehmung und das Image der dualen Ausbildung bei jungen Menschen verbessern, damit sie sich wieder vermehrt für einen praxisnahen Bildungsweg entscheiden.
Die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Arbeitsagenturen sollte sich ebenfalls verbessern, damit Kinder und Jugendliche mehr Einblicke in das Berufsleben erhalten und so ihr Interesse an Ausbildungsberufen gesteigert werden kann.
Auch die ausbildenden Betriebe selbst können dazu beitragen, die Lage am Ausbildungsmarkt zu verbessern. Um ihre Ausbildungsplätze zu besetzen, sollten Ausbildungsbetriebe in Erwägung ziehen, auch jenen Schülern eine Ausbildung in ihrem Betrieb zu ermöglichen, die nicht die gewünschten Schulnoten vorweisen können. Dies kann die Chance bieten, unentdeckte Potentiale zu heben, da auch sie sich als fähige Mitarbeiter erweisen können.
Am 7. September 2022 tagte die Bundesregierung auf einem Gipfeltreffen zum Fachkräftemangel mit Vertretern der Sozialpolitik und des Bildungswesens über die Problematik.
Die Bundesregierung sieht im Rahmen ihrer Fachkräftestrategie mehr Aus- und Weiterbildung, die weitere Ausschöpfung des Potentials von Frauen für den Arbeitsmarkt, Verbesserung von Arbeitsbedingungen und eine Reform des Fachkräfte-Einwanderungsrechtes als Kernthemen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Im Koalitionsvertrag einigten sich die Ampel-Parteien auf die Einführung einer Ausbildungsgarantie, die in Österreich bereits seit 2017 existiert. Ob und wie diese in Deutschland umgesetzt werden soll, steht noch aus.
Damit dem Fachkräftemangel begegnet werden kann, sollten alle Potentiale genutzt werden. Hierfür sind ausbildende Betriebe, Schulen, Arbeitsagenturen und die Politik gefordert, intensiv zusammenarbeiten und innovative Lösungen entwickeln.