25.08.2022Fachbeitrag

Klimaschonende Heiz- und Kühlsysteme – Investment in die Zukunft

Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 24.09.2020

Gewerblicher Einsatz von Wärmepumpen an zwei Beispielen

In Deutschland wird immer noch gut ein Drittel aller CO2-Emissionen durch die Gebäudeheizung verursacht. Das muss nicht so sein, denn es stehen erprobte Technologien zur Verfügung. Wärmepumpen beispielsweise finden sich in sehr unterschiedlichen Gebäudearten und sind vielseitig einsetzbar. Bei Neubauten ist die Wärmepumpe sehr beliebt. In über 40 Prozent der neu errichteten Gebäude werden sie eingesetzt (Baugenehmigungen 2019). Wärmepumpen nutzen die Umgebungstemperatur aus Luft, Erdreich Grund- Ab- und Oberflächenwasser um Gebäude zu heizen und zu kühlen.

Vom Einfamilienhaus über das Schwimmbad bis hin zur Ikea-Filiale können sich Wärmepumpen durch gute Planung und Installation flexibel an die jeweiligen Anforderungen anpassen. Besonders Unternehmen und Produktionsstätten können hiervon langfristig auch finanziell profitieren. Immer mehr Betriebe stellen ihre Produktion und Arbeitsweisen auf nachhaltige und ressourcenschonende Formate und Alternativen um. Die Rhein-Neckar Region beispielsweise, unterhalb Heidelbergs, weist eine hohe Dichte an innovativen Energiekonzepten auf – sowohl im kommunalen Bereich mit nachhaltigen Siedlungs- und Quartierskonzepten wie auch im privaten gewerblichen Mittelstand.

 

Autarke Wärmeversorgung für Kunst und Kultur: Hofgut Holzmühle in Westheim

Hofgut Holzmühle in Westheim

Die Inhaber Bernd Louis und Timo Heiny haben mit ihrem Konzept einer 500 Jahre alten Holzmühle neues Leben eingehaucht. In dem Anfang der 2000er Jahre modernisierten Hofgut Holzmühle in Westheim realisieren die Partner unterschiedliche Gewerbe, die sich jedoch gegenseitig befruchten: ein Café, luxuriöse Gästezimmer (40 m2 und 35 m2), eine weitläufige Galerie mit Dauerausstellung und ein Yogastudio. Um das Hofgut ist ein weitläufiger Park angelegt, durch welchen ein Teil der Queich fließt, ein fast 52 km langer, westlicher Nebenfluss des Oberrheins. 2012 und 2015 wurde die Beheizung der Mühle auf ein klimafreundliches System umgestellt. Das ehemalige Mühlengebäude und die Gästezimmer werden seitdem mit drei Luft-Wasser Wärmepumpen beheizt, die Warmwasseraufbereitung läuft über zwei Warmwasser Wärmepumpen.

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Wärmepumpen bestehen aus drei Einheiten: Der erste Teil, nimmt die Umgebungsenergie aus Luft Wasser oder Boden auf. Diese wird im Verdichter, dem Herzstück der Wärmepumpe auf das benötigte Temperaturniveau gebracht, dafür wird der Wärmepumpe Strom zugeführt. Mit 1 Kilowattstunde (kWh) Strom kann eine Wärmepumpe bei fachgerechter Planung und Ausführung etwa 3 bis 5 kWh Wärme erzeugen. Eine Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl (JAZ) von 3,5 nutzt im Jahresschnitt 1 kWh Strom zur Bereitstellung von 3,5 kWh Wärme. Das macht sie zu einer extrem effizienten Heiztechnologie. Wird Strom aus erneuerbaren Quellen genutzt, läuft dieses System zu 100 Prozent klimaneutral, aber auch mit dem deutschen Strommix leistet die Wärmepumpe einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz.

Anschließend wird von einer Umwälzpumpe das erwärmte Wasser ins Verteilsystem, die Heizkörper im Gebäude, geführt und so die Räume klimatisiert. Luft-Wasser Wärmepumpen nutzen die kostenlose Umgebungsenergie der Außenluft und können außen am Haus oder z.B. in einem Kellerraum aufgestellt werden.

 

 

Der Antrieb der Wärmepumpen in der Holzmühle in Westheim verbindet die neue und alte Geschichte des Hauses: Er erfolgt über eine 20 kW Wasserturbine, die die Energie des Flusswassers aufnimmt und in grünen Strom verwandelt. Damit ist die Energieversorgung des Gebäudes unabhängig und umweltfreundlich. Nicht nur die Besucher, auch die Inhaber sind mit dem durchgeführten Konzept sehr zufrieden. Das Investment für die neue Heizanlage von 55.000 Euro lohnt sich bereits jetzt. Die zuvor ausgestoßenen 38.400 kg Co² aufgrund von 12.000 Liter verbrauchtem Öl p.a. wurden nun auf null Emissionen gesenkt.

 

Heizen und Kühlen aus einer Quelle: Abwärme und Wärmepumpe machen´s möglich

MHC GmbH in Germersheim

Im Norden von Germersheim liegen die Firmengebäude der MHC Anlagentechnik GmbH. Hier nutzt man seit einigen Jahren die industrielle Abwärme zum Heizen und Kühlen mittels Wärmepumpen. Die Schwerpunkte der MHC Anlagentechnik GmbH liegen in den Bereichen Elektro-/MSR-/Gebäudetechnik, Industrieanlagentechnik, Fertigungstechnik, Nukleartechnik und Arbeitssicherheit. In den Jahren 2014 und 2015 wurde zum bestehenden Bürogebäude ein neues hinzu gebaut, und beide auf den besten technischen Standard gebracht.

Das Besondere bei der Heizanlage im modernisierten Bestandsgebäude: Die Luft-Wasser Wärmepumpe mit 10,8 kW Heizleistung wird dank einer innovativen Planung erfolgreich für die Serverraumkühlung eingesetzt. Das bedeutet, im Winter bringt sie die Wärme des Technikraumes über einen Pufferspeicher ins Heizsystem ein. Dieser mit Wasser gefüllte Stahlbehälter speichert Wärme über einige Stunden und gibt sie bei Bedarf an das Heizsystem wieder ab.

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Der Neubau weist ebenfalls einige technischen Finessen auf. Er verfügt über eine Lüftung mit 3.000 m³ Wärmerückgewinnung. Dabei wird der abgeführten Raumluft die Restwärme entzogen und in den Heizkreislauf zurückgeleitet. Im gesamten Gebäude sind Fußbodenheizungen verbaut, die zum Heizen und Kühlen verwendet werden können. Mit einem speziell entwickelten Gerät wird zusätzlich die Thermodynamik der Heizanlage optimal gesteuert und so die Heizkosten niedrig gehalten. Das Herzstück bildet eine zweistufige Sole-Wasser Wärmepumpe. Dieses Model kann über einen zweiten verbauten Kältekreislauf die Temperatur bei höherem Heizbedarf zusätzlich steigern. Sole-Wasser Wärmepumpen entziehen die gespeicherte Sonnenenergie aus dem Boden.

Es gibt zwei Varianten, die Temperatur des Bodens aufzunehmen: Entweder über Erdsonden. Das sind Kunststoffrohre, die etwa 100 Meter tief in die Erde eingebracht werden. Oder über Kollektoren, die nur knapp einen Meter unter der Grasfläche vertikal im Boden verlegt werden. In den Bodenelementen zirkuliert ein Solegemisch, welches die Umgebungstemperatur aufnimmt und an die Wärmepumpe weiterleitet.

 

Klimaschutz durch effiziente Heizlösungen

Der Kombination unterschiedlicher Wärmequellen (Luft, Erdwärme, Grundwasser, Abwärme) und der Einbindung weiterer Energie und Wärmeerzeuger (KWK, PV, Solarthermie, Biomasse) sind im gewerblichen Raum kaum Grenzen gesetzt. Die meisten Wärmepumpenanlagen sind reversibel und können auch zum Kühlen eingesetzt werden, was insbesondere bei industriellen Prozessen und wärmer werdenden Sommern ein wesentlicher Vorteil sein kann.  Mithilfe Erneuerbarer Energien können diese Anlagen nahezu CO2-neutral arbeiten und machen eine aufwändige zusätzliche Kältetechnische Lösung wie eine Klimaanlage häufig obsolet.

Die derzeitige Bundesförderung „Heizen mit Erneuerbaren Energien“ kann auch von Unternehmen in Anspruch genommen werden. Dabei werden bis zu 35 Prozent der Investitionskosten für den Einbau neuer Wärmepumpen erstattet, beim Austausch alter Ölheizungen sogar 45 Prozent. Zu den Investitionskosten zählt nicht nur das Heizgerät, sondern auch einige andere Nebenkosten wie die Entsorgung von Altanlagen, Bohrungen oder Beratung (Förderprogramm „Heizen mit Erneuerbaren Energien“). Wichtigstes Kriterium für die Bewilligung des Förderantrags ist die Effizienz der Wärmepumpe. Für den Neubau gilt hier eine JAZ von 4,5. Mit einem durchdachten Wärmepumpen-Systemdesign sind hohe energetische und somit wirtschaftliche Einsparungen möglich, die ebenfalls der Umwelt zugutekommen. Weitere Beispielobjekte aus dem industriellen Bereich finden sich in der Online Datenbank des Bundesverband Wärmepumpe (BWP).

 

Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e. V.

Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e. V. ist ein Branchenverband mit Sitz in Berlin, der die gesamte Wertschöpfungskette rund um Wärmepumpen umfasst. Im BWP sind rund 500 Handwerker, Planer, Architekten, Bohrfirmen sowie Heizungsindustrie und Energieversorger organisiert, die sich für den verstärkten Einsatz effizienter Wärmepumpen engagieren. Die deutsche Wärmepumpen-Branche erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 2,5 Milliarden Euro. Derzeit nutzen rund eine Million Kunden in Deutschland Wärmepumpen. Pro Jahr werden ca. 90.000 neue Anlagen installiert – rund 90 Prozent von BWP-Mitgliedsunternehmen. www.waermepumpe.de.

 

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