25.08.2022Interview

„Eine Effizienzsteigerung ist immer ein wirtschaftlicher Vorteil für KMU“

Interview mit Martin Werani | Energiewelt-info GmbH

Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 14.09.2020

Experten im Gespräch - Energieeffizienz im Mittelstand

Die Steigerung der Energieeffizienz gilt als entscheidend für das Gelingen der Energiewende, als auch für einen wirksamen Klimaschutz. Das Ziel der Bundesregierung: Deutschland soll weltweit die energieeffizienteste Volkswirtschaft werden. Bis 2050 ist daher eine Senkung des Primärenergieverbrauchs um 50 Prozent gegenüber 2008 vorgesehen.

Wie kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) von einer Steigerung der Energieeffizienz profitieren können, erläutert Martin Werani, Experte für Energieeffizienz und Geschäftsführer der Energiewelt-info GmbH, im Interview mit dem DMB.


DMB: Warum sollten kleine und mittelständische Unternehmen in Energieeffizienz investieren?

Martin Werani (Energiewelt-info GmbH): Warum sollten Sie nicht? Die Thematik begleitet uns schon immer. Die Energie stellt einen großen und dauerhaften Kostenfaktor im Unternehmen dar. Aus unternehmerischer Perspektive ist es selbstverständlich, in diesem Bereich die Kosten stets im Auge zu behalten und zu minimieren. In Bezug auf die Energiewende und auch die anstehende CO2-Besteuerung wird eine Effizienzsteigerung immer mehr ein wirtschaftlicher Vorteil für den KMU.

Sie führt zwangsläufig zu niedrigeren Energiekosten und somit zur CO2-Reduktion. Sie wird gleichsam zum Aushängeschild, wenn sich KMU in der Thematik der Nachhaltigkeit entsprechend positioniert. Das wirkt sich positiv auf das Image des Unternehmens und dessen Glaubwürdigkeit aus. Ein klarer Wettbewerbsvorteil. Dies wird durch zahlreiche staatliche Förderprogramme sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene nachhaltig unterstützt, die jederzeit in Anspruch genommen werden können.



Wie viel kann ein mittelständischer Betrieb im Durchschnitt mit Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sparen?

Jedes Unternehmen ist in dieser Hinsicht individuell aufgestellt. Wie viel Kosten ein Unternehmen durch die Steigerung seiner Energieeffizienz sparen kann, hängt von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren ab. Den Ausgangspunkt bildet die Ist-Analyse. Wo steht das Unternehmen im Bereich der Energieeffizienz, wurden bereits wirkungsvolle und nachhaltige Maßnahmen erfolgreich umgesetzt oder ist ein großer Investitionsstau gegeben?

Die Einsparungspotentiale variieren je nach Branche, Größe und weiterer spezifischer Faktoren. Mit einer sinnvollen Optimierung der Beleuchtung lässt sich beispielsweise der Verbrauch in einzelnen Bereichen um bis zu 80 Prozent senken. Macht die Beleuchtung lediglich 3 Prozent des gesamten Energiebedarfs aus, relativiert sich das Einsparpotential prozentual. Absolut gesehen, kann diese Einsparung bei einem energieintensiven Unternehmen dennoch bei einem 6-stelligen jährlichen Betrag liegen.

In einem Fall konnten wir mit dem kompletten Austausch der Heizungs- und Kühlanlage sowie der Optimierung der Beleuchtung 75 Prozent des gesamten Energiebedarfs unseres Kunden senken. Die Spannweiten sind je nach Unternehmen sehr groß und sehr unterschiedlich. Grundsätzlich ist das Potenzial, Kosten mit der Steigerung der Effizienz zu reduzieren, immer vorhanden.



Gibt es Stellschrauben an denen jedes Unternehmen, unabhängig von der Branche und Größe, drehen können, um die Energieeffizienz zu steigern?

Absolut, die gibt es. Die erste Stellschraube stellt die Mitarbeitersensibilisierung dar. In der Optimierung von alltäglichen Abläufen steckt ein enormes Einsparungspotential, die in der Regel einfach umzusetzen sind. Dafür muss jedoch ein Bewusstsein bei den Beschäftigten geschaffen werden.

Zum Beispiel hatten wir in einem älteren Bürogebäudekomplex mit vielen Toiletten und Sozialräumen unter jedem Waschbecken einen eingesteckten Warmwasserboiler vorgefunden. Hier stellte sich die Frage, wie oft die einzelnen Räumlichkeiten genutzt wurden und ob dort immer heißes Wasser notwendig war. Schon eine zweitägige Abschaltung aller Boiler führte zu merklichen Einsparungen im ganzen Unternehmen.

Dies zeigt, dass sich mitunter schon mit wenig Aufwand ein großer Effekt erzielen lässt. Wichtig ist es, seine Mitarbeiter mitzunehmen und auch auf ihre Vorschläge einzugehen. Weitere Stellschrauben bilden die Bereiche Beleuchtung, Heizung, Stillstandszeiten von Maschinen und die Optimierung von Abschaltmechanismen. An diesen Stellen ist immer etwas machbar.

Daneben gilt es seine Energieverbraucher und -Flüsse zu kennen, um auch hier mit geeigneten Steuerungen und technischen Maßnahmen Verbesserungen herbeizuführen. Zudem sollte man den Einsatz erneuerbarer Energien prüfen, wie etwa Installation einer PV-Anlage oder eines BHKWs. Sinnvolle Möglichkeiten gibt es hier mittlerweile einige.

 

In welchen betrieblichen Bereichen sind die Einsparungspotentiale am höchsten?

In der Produktion sind die meisten Ansätze zu finden und hier durften wir in den letzten Jahren sehr viele Maßnahmen auch fördertechnisch sehr erfolgreich begleiten. Bei einigen Unternehmen waren energieintensive und ungeregelte prozesslufttechnische Anlagen im Einsatz, um Maschinen abzusaugen. Diese wurden dann häufig noch von ineffizienten Druckluftanlagen begleitet und zu guter Letzt blieb die Abwärme beider Querschnittstechnologien ungenutzt. 

Bei alten Abluftanlagen liefen oft alle Ventilatoren auf Höchstleistung, sobald nur eine Maschine zum Absaugen angelaufen war, ebenso verhielt es sich bei den Kompressoren. Mit der Ermittlung des Luftbedarfs für jeden einzelnen Verbraucher wurde die Grundlage für eine bedarfsgerechte und sinnvolle Steuerung geschaffen.  

So wurden mit hocheffizienten neuen Anlagen, bei denen auch ihre Abwärme nutzbar gemacht werden konnten, immense Einsparungen erzielt. Dies führte dazu, dass einige Kunden durch die effiziente Abwärmenutzung sogar Ihre komplette Ölheizung ersetzen konnten.

 

Wie beurteilen Sie die bestehenden Förderprogramme im Bereich der Energieeffizienz? Sehen Sie Bedarf für Nachbesserungen? Wenn ja, wo?

Es gibt sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene zahlreiche Förderprogramme, die für Unternehmen interessant sind. Bei der Vielzahl an Programmen, ist es für den einzelnen Unternehmer schwierig zu sehen, welches Programm am besten zu seinen Bedürfnissen passt. Dafür gib es uns als Spezialisten, die sich täglich mit dieser Materie intensiv beschäftigen.

Ein generelles Problem besteht sicherlich darin, dass eine Vielzahl der Firmen oftmals nicht um die Möglichkeiten wissen, die Ihnen geboten werden. Hier wünschen wir uns mehr Aufklärung und eine deutlich bessere Außendarstellung seitens der Fördermittelgeber.

In Bezug auf das Förderverfahren wäre eine personelle und qualifizierte Aufstockung der Behörden wünschenswert, um eine schnellere Prüfung und Bewilligung der Anträge zu gewährleisten. Zusätzlich bedarf es mehr Transparenz seitens der Behörden, wenn sich Auslegungen bestimmter Richtlinien hinsichtlich von Förderungen ändern oder sogar ganz ersetzt werden.

Eine Beschleunigung des Antragsverfahrens sowie klare und vereinfachte Richtlinien stärken das Vertrauen der Unternehmen, in Maßnahmen zu investieren, die betriebliche Energieeffizienz steigern. Im Bereich der alternativen Energien wünschen wir uns eine weitere Stärkung und Forcierung.

 

Wie schätzen Sie das Wachstumspotential von Produkten und Dienstleistungen für „Energieeffizienz Made in Germany“ ein?

Das Potential ist sehr hoch. Viele kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland sind bereits auf dem Gebiet der Energieeffizienz führend in ihren Branchen. Die Effizienz einer Maschine ist ein ausschlaggebendes Argument für eine Investition. Daher ist der Technologievorsprung vieler deutscher Unternehmen ein klarer Wettbewerbsvorteil und gleichzeitig eine Chance für ein gesundes wirtschaftliches Wachstum. Darüber hinaus gewinnt die Energieeffizienz durch die enge Verknüpfung an den Klimawandel politisch und gesellschaftlich immer mehr an Relevanz.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

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