13.06.2024Fachbeitrag

Wie der Mittelstand vom Netzausbau profitiert

Dieser Artikel zeigt, warum eine umfassende Netzmodernisierung nötig ist, um erneuerbare Energien effektiv zu verwenden. Denn der deutsche Mittelstand kämpft mit den hohen Energiekosten. Doch Solaranlagen, die Strom auf dem eigenen Dach produzieren, können oft nicht ans Netz gehen. Der Grund: Begrenzte Netzkapazitäten. Dieser Artikel beleuchtet die Gründe dafür und eine potenzielle Lösung.


Hürdenlauf ohne Ziel

In den letzten Jahren stand der Mittelstand vor vielen Herausforderungen. Besonders die hohen Strom- und Energiepreise belasten die Unternehmen. Politische Unterstützungen wie das im Dezember beschlossene Strompreispaket für produzierende Unternehmen sind mehr kurz- als langfristige Entlastungen. Eine Lösung: den externen Strombedarf durch eigene Solaranlagen zu senken. So können die Strommengen, die aus dem Netz bezogen werden müssen, reduziert werden. Die begrenzten Netzkapazitäten schieben dem aber immer öfter einen Riegel vor. Gerade wenn eine Überproduktion ins Netz eingespeist werden soll. Denn der produzierte Solarstrom passt allzu oft nicht mehr ins Netz.

 

Ein Netz aus dem letzten Jahrhundert

Unser Netzsystem stammt aus einer Zeit der Kohle- und Atomkraftwerke. Um die Kraftwerke herum wurde das Stromnetz so verlegt, dass viel Strom transportiert werden kann. Je weiter entfernt die Endverbraucher von dem Kraftwerk sind, desto weniger Strom können die Kabel transportieren. Die Energiewende stellt das Netz vor neue Herausforderungen. Dort, wo jetzt viel Energie produziert werden kann – am Meer oder in sonnenreichen Gebieten –  ist nicht zwingend die passende Netz-Infrastruktur gegeben. Hier waren nicht zwingend auch Kraftwerke. Deswegen kann das Stromnetz hier nur wenig Strom transportieren, dabei kommt mehr an. Die fluktuierenden Energiequellen Wind und Sonne stellen das Netz vor zusätzliche Probleme. Ein besonders windiger und zugleich sonniger Tag kann schnell zu einer Überlastung führen.

Auch der Netzanschluss ist ein Problem. Viele Solarprojekte können nicht ans Netz gehen, weil die Infrastruktur vor Ort nicht vorhanden ist. Kleine Anlagen werden meist direkt über den Hausanschluss an das Niederspannungsnetz angeschlossen. Bei größeren Anlagen ist jedoch ein Zugang zum Mittelspannungsnetz notwendig. Denn die produzierte elektrische Energie übersteigt die Kapazität des lokalen Niederspannungsnetzes. Um eine effiziente Einspeisung in das Mittel- oder sogar Hochspannungsnetz zu garantieren, muss deshalb die Spannung transformiert werden: durch eine Trafostation.

Diese sind jedoch derzeit nicht ausreichend verfügbar und kosten schnell 150.000 Euro und mehr. Einem Projekt kann somit schnell die Rentabilität geraubt werden. Deshalb bauen viele Unternehmen gezielt kleinere Photovoltaik-Anlagen. Das ist ärgerlich, denn das volle Erzeugungspotenzial wird somit nicht genutzt. Die geringere Strommenge wird dann entweder hausintern verbraucht oder in das Niederspannungsnetz eingespeist. Dadurch verlieren Unternehmen potenzielle Einnahmen, da sie keinen oder nur wenig Solarstrom in das Stromnetz einspeisen.

Unserer Meinung nach muss  die Energieversorgung dezentralisiert werden. Damit stehen wir nicht allein da: Andere Energieunternehmen sowie Umwelt- und Naturschutzorganisiationen haben die Wichtigkeit ebenfalls erkannt. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz arbeitet an dem Ausbau des Stromnetzes. Die Ballungen der Stromproduktion sollen aufgebrochen werden. Eine dezentrale Energieversorgung bringt jedoch technische sowie regulatorische Herausforderungen mit sich. Das gesamte Stromnetz muss einer Umstrukturierung unterzogen werden. Deshalb werden wir noch Jahre warten müssen, bis die Netzinfrastruktur in Deutschland einer dezentralen Energieerzeugung vollumfänglich gewachsen ist. Dadurch wird der Strompreis in den nächsten Jahren eher steigen als sinken.

Die Bundesnetzagentur hat in ihren Szenarien für den Netzentwicklungsplan 2030 geschätzt, dass der Ausbau und die Verstärkung des Stromnetzes in Deutschland bis 2030 Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden Euro erfordern könnte. Die genauen Zahlen können sich je nach Planungsstand und aktualisierten Bedarfsprognosen ändern. 2023 schätzten die Übertragungsnetzbetreiber die Kosten für 14.000 Kilometer neuer Stromtrassen allein auf 128 Milliarden Euro.  Diese Kosten sind einer der Gründe, warum das Netzentgelt in den nächsten Jahren zunächst weiter steigen dürfte.

 

Wie der Mittelstand vom Netzausbau profitiert 

Langfristig profitieren alle vom Netzausbau. Die Versorgungssicherheit wird gestärkt und erneuerbare Energien können einfacher genutzt werden. Das langfristige Ziel ist die Nutzung kostengünstiger, grüner und zuverlässiger Energie und alles steht und fällt mit dem Netzausbau.

Auf der einen Seite sind KMUs, denen nur kleine Geschäftsflächen zur Verfügung stehen. Für sie lohnen sich auch eigene Solaranlagen, jedoch können sie ihren Strombedarf nicht immer komplett aus eigenem Solarstrom decken. Mit dem Ausbau des Energienetzes könnten mehr große Anlagen Solarstrom in das Netz einspeisen, wodurch der Strompreis langfristig gesenkt werden kann.

Auch KMUs mit einer potenziell größeren Solarfäche und geringem Eigenverbrauch profitieren. Aktuell müssen sie in eine eigene Trafostation investieren, um ihren Strom einspeisen zu können. Leider lohnt sich der Kauf jedoch aufgrund des hohen Preises selten. So müssen sie auf Einnahmen aus dem Einspeisen des Solarstroms verzichten.

Hinzu kommt, dass der Stromverbrauch durch Faktoren wie beispielsweise den  wachsenden Einsatz von Wärmepumpen und E-Mobilität weiter steigt. Um hier eine zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten, ist ein leistungsstarkes Stromnetz unabdingbar.

 

Abwarten?

Der Ausbau funktioniert nicht von heute auf morgen. Aber wir sollten den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern nach innovativen Lösungen suchen. Eine schnelle Hilfe bieten etwa intelligente Speicherlösungen. Diese entwickeln wir passgenau für das jeweilige Unternehmen. So ist es trotz der Begrenzung durch die Netzinfrastruktur möglich, größere Anlage zu bauen. Der Speicher dient gewissermaßen als Puffer, der die schwankende Produktion erneuerbarer Energien ausgleicht. Damit man Solarstrom nicht nur zur Mittagszeit, sondern auch in den Abendstunden zuverlässig nutzen kann. Zudem können mit einem Speicher Lastspitzen gekappt werden (sog. Peak-Shaving). Dabei wird der Speicher gezielt zu Zeiten von hoher Nachfrage eingesetzt, um die teuren Spitzenlasttarife zu umgehen und Kosten zu sparen. Speicher sind dementsprechend essentiell, um den Netzausbau zu überbrücken und eine günstige Versorgung mit Grünstrom sicherzustellen. 

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