30.05.2023Interview

Schutz vor unerwarteten Kosten durch Extremwetterereignisse?

Extremwetterereignisse können sehr teuer für KMU werden. Wie können sich Unternehmen versichern?

In Deutschland kommt es durch das Voranschreiten des Klimawandels immer häufiger zu Extremwetterereignissen, die ein hohes Risiko für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) darstellen. Der DMB im Gespräch mit Stefan Opalka vom Verband öffentlicher Versicherer (VöV) über passende Versicherungslösungen für KMU. 

DMB: Gegen welche Extremwetterereignisse können sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) versichern lassen? 

Stefan Opalka: Die Gebäude- und Inhaltsversicherung bietet Unternehmen Schutz vor den Extremwetterereignissen Sturm und Hagel. In Zeiten des Klimawandels reicht das oft nicht mehr aus. Deshalb gibt es die so genannte erweiterte Elementarschaden-Versicherung. Sie sichert zusätzlich die Schäden ab, die durch Extremwetter wie den zuletzt immer häufiger beobachteten Starkregen oder auch extremen Schneefall auftreten können, wenn Unternehmen also von Überschwemmungen, Rückstau, Lawinen oder Schäden durch Schneedruck betroffen sind. Die erweiterte Elementarschaden-Versicherung deckt zudem auch Schäden ab, die durch andere Naturgefahren wie Erdbeben, Erdrutsch, Erdsenkung oder auch Vulkanausbruch entstehen können.  

Wie sollten sich KMU gegen Extremwetterereignisse und deren Folgen versichern? 

Ohne die erweiterte Elementarschaden-Versicherung gehen Unternehmen ein enormes wirtschaftliches und existenzielles Risiko ein, denn gerade Elementarschäden können verheerend ausfallen. Hinzu kommt, dass Starkregen- und Sturzflutereignisse zunehmend unvorhergesehen und lokal begrenzt auftreten, sodass es keine Möglichkeit gibt, sich darauf vorzubereiten oder Hab und Gut noch rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Doch selbst wenn man noch Vorkehrungen treffen konnte: Ganz verhindern lassen sich Schäden durch Naturkatastrophen in der Regel nicht.  

KMU empfehlen wir, neben Betriebsgebäuden, Betriebseinrichtung, Vorräten und Waren auch eine mögliche Betriebsunterbrechung abzusichern. Denn der Stillstand des Betriebs bei weiterlaufenden Fixkosten und der dadurch drohende Ausfall der Erträge und Gewinne stellt ein weiteres, existenzielles Risiko dar, das erst nach der eigentlichen Naturkatastrophe folgt, sich aber ebenso versichern lässt. 

Worauf sollten KMU achten, wenn sie sich gegen Extremwetterereignisse versichern möchten? 

Die Unwetterereignisse der vergangenen Jahre haben gezeigt, wie real die Bedrohung durch Klimawandel und Umweltkatastrophen auch in Deutschland ist, und das nicht nur in ausgewiesenen Risikogebieten. 

Unternehmen und besonders kleine und mittelständische Betriebe, die hier keine Schadenprävention betreiben, werden von den finanziellen Folgen eines Schadenfalls schwer getroffen. Wer sich nicht absichert, riskiert seine Existenz. 

Neben dem Abschluss einer erweiterten Elementarschaden-Versicherung ist es aber genauso wichtig, den Versicherungsschutz regelmäßig zu überprüfen. Güter oder Maschinen können im Wert steigen oder es kommt im Lauf der Jahre neue Ausstattung hinzu. Ist im Schadenfall nicht alles abgedeckt, kann das unerwartet sehr teuer werden.  

Die Höhe des Versicherungsbeitrags lässt sich beeinflussen durch die Vereinbarung eines Selbstbehalts, sprich den Anteil am Schaden, den das KMU selbst trägt. Je höher der Selbstbehalt, umso günstiger wird der Versicherungsbetrag. Hier sollte sich der Unternehmer fragen, welchen Anteil er im Ernstfall selbst tragen kann und will. Zumindest das existenzbedrohende Risiko sollte durch eine Versicherung abgedeckt sein. 

Die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg möchten über den Bundesrat die bundesweite Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung auf den Weg bringen. Halten Sie die Einführung einer solchen Versicherungspflicht für sinnvoll? Was spricht aus Ihrer Sicht dafür, was spricht dagegen? 

Die öffentlichen Versicherer unterstützten nachdrücklich das Ziel, die Absicherung gegen Elementarschaden-Risiken deutlich zu steigern. Eine Versicherungspflicht für Wohngebäude, wie von den Bundesländern gefordert, halten wir jedoch nicht für den geeigneten Weg. Aus verfassungsrechtlichen Gründen müsste eine solche Pflicht mit sehr hohen Selbstbehalten ausgestattet sein, so dass sie den Staat auch in Zukunft nicht wirklich von Hilfszahlungen befreien und somit ins Leere laufen würde. Außerdem würde die Kontrolle der Pflichterfüllung bei über 16 Millionen privaten Wohnimmobilien einen nicht zu bewältigenden Aufwand verursachen. Die Versicherungsbranche hat daher ein deutlich einfacheres, aber ähnlich wirksames Alternativmodell entwickelt. Bei allen Kunden würde die Wohngebäudeversicherung automatisch um Elementarrisiken erweitert, sofern sie nicht aktiv dagegen widersprechen. Damit die Prämien bezahlbar bleiben, muss der Staat jedoch erstens die kollektive Schadenprävention deutlich erhöhen und zweitens im Falle eines extrem hohen Schadens eine Mithaftung übernehmen. 

Die Einführung einer Pflichtversicherung wird derzeit nur für Wohngebäude diskutiert. KMU und deren Betriebsgebäude stehen noch nicht im Fokus. Es ist aber nicht auszuschließen, dass – sobald eine Lösung für Wohngebäude geschaffen wurde – dies in einem nächsten Schritt auch für Betriebe gefordert werden könnte. 

Welche Schäden werden durch eine Umwelthaftpflichtversicherung versichert? 

In der Umwelthaftpflichtversicherung (UHV) ist die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Umfangs eines Versicherungsnehmers, die aus den Risiken seines Unternehmens heraus entsteht, versichert.  

Gedeckt sind dabei Personen- und Sachschäden sowie bestimmte Vermögensschäden, die durch Umwelteinwirkungen auf Boden, Luft oder Wasser entstanden sind. Zum Beispiel: Durch eine defekte Filteranlage entweichen schädliche Stoffe in die Luft und verursachen Gesundheitsschäden bei Anwohnern. 

In der Umweltschadenversicherung (USV) sind öffentlich-rechtliche Ansprüche nach dem Umweltschadengesetz (USchadG) gedeckt, also konkrete Ereignisse, die eine Sanierung nach sich ziehen. Ein Beispiel hierfür wäre: Aus einer Biogasanlage gelangt Gülle in ein benachbartes Gewässer. Die Gemeinde verlangt eine Rekultivierung und Wiederansiedlung von Flora und Fauna, die mehrere Jahre dauert. 

Für welche Betriebe ist eine Umwelthaftpflichtversicherung sinnvoll? 

Grundsätzlich sollte jeder Betriebsinhaber unabhängig von der Betriebsgröße über eine Versicherung gegen Umweltschäden verfügen. Für Unternehmen, die mit umweltgefährdenden Stoffen hantieren – hier reichen schon kleinere Mengen aus –, ist ein Abschluss schon fast ein Muss, da im Schadenfall hohe Forderungen auf den Betrieb zukommen können, die seine Existenz gefährden können. 

Dieser Beitrag ist Teil von Mittelstand WISSEN zum Thema "Unternehmerische Widerstandsfähigkeit"

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