28.11.2022Fachbeitrag

Wie viel Umwelt hat (m)ein Produkt?

Die Zulieferer-Industrie steht zunehmend vor der Herausforderung, die CO2-Bilanz ihrer Produkte ermitteln zu können.

Zulieferer aus allen Branchen sollten sich dringend vorbereiten: Bereits für das Jahr 2023 gelten für die Geschäftsberichte von großen Unternehmen neue Spielregeln. Diese müssen dann „Öko-Kennzahlen“ vorlegen und dies schließt die Lieferketten explizit mit ein. Unternehmen, die diese Zahlen nicht liefern können, drohen den Kunden zu verlieren.

Der im April 2021 von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf zur CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) ändert den Umfang und die Art der Geschäftsberichte von größeren Unternehmen umfänglich. Sie soll zum 1.1.2024 in Kraft treten und gilt dann bereits für Geschäftsberichte des Jahres 2023. Bisher waren von der Nachhaltigkeitsberichterstattung nur börsennotierte Unternehmen betroffen - dies ändert sich jetzt.

Im Rahmen der neuen Richtlinie müssen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden neben den finanziellen auch nicht-finanzielle Kennzahlen in den jährlichen Geschäftsbericht aufnehmen. Zu den nicht-finanziellen Kennzahlen gehören vor allem die CO2-Emissionen in der Lieferkette. Ab dem Jahr 2024 wird diese Pflicht auf Unternehmen mit 250 Mitarbeitenden erweitert. Dadurch werden in den nächsten zwei Jahren etwa 15.000 Unternehmen in Deutschland direkt von dieser Richtlinie betroffen sein. Diese berichtspflichtigen Unternehmen werden von ihren Zulieferern CO2-Zahlen abfragen, um die entsprechenden Berichte erstellen zu können. Insofern steht ein Großteil der Zulieferer-Industrie vor der Herausforderung, die CO2-Bilanz ihrer Produkte ermitteln können zu müssen.

Zulieferer werden nicht nur nach CO2-Werten gefragt

Die direkt betroffenen Unternehmen bereiten sich vor und fordern jetzt bereits von ihren Zulieferern entsprechende CO2-Kennzahlen, nämlich die „Product Carbon Footprints“ (CO2-Emissionen der Produkte).

Viele der größeren Unternehmen handeln jetzt nach dem Motto "Wenn schon, denn schon!" und erweitern das Berichtswesen nicht nur um die notwendigen CO2-Kennzahlen, sondern führen zudem eine umfassende Ökobilanz ein. So geht man proaktiv an das Thema heran und kommt heute schon einer möglicherweise kommenden Pflicht zuvor und nimmt zusätzlich Imagegewinne mit. Zudem schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe, da es entsprechende EDV-Lösungen gibt, die beide Bereiche abdecken.

Produktökobilanzen zeigen etwa die Auswirkungen eines Produktes auf Landnutzung, Schadstoffe, Abfallerzeugung etc. Während die CO2-Emissionen insbesondere hinsichtlich des Klimawandels relevant sind, zeigen Produktökobilanzen die Auswirkungen eines Produktes auf alle wesentlichen Wirkungsbereiche des Natur- und Umweltschutzes.

Alle Branchen sind betroffen

In einzelnen Branchen wie der Automobilindustrie werden kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) schon länger dazu aufgefordert, solche Produktbilanzen zu liefern. Die Produktpalette ist vielfältig: Sie reicht von der Beschichtung von Metallteilen, über Kunststoffteile vom weichen Gummi für die Türabdichtung bis zu Hartplastik für Armaturen oder die Karosserie bis zu Motoren für Fensterheber.

Bereits 2023 werden auch andere Branchen diesem Beispiel folgen und in Kürze müssen alle kleinen und mittelständischen Unternehmen davon ausgehen, dass die Deklaration der CO2-Emissionen der eigenen Produkte von Ihren Kunden eingefordert wird.

Standard-Verfahren für Deutschland

KMU sind häufig Teil von mehreren Lieferketten großer Unternehmen. So kann es sein, dass bei einem Kunden nur die CO2-Emissionen (Product Carbon Footprint) und beim anderen Kunden eine umfassende Ökobilanz (Product Environmental Footprint) gefordert wird.

Führende deutsche Unternehmen wie die Volkswagen AG, SAP, der TÜV Rheinland haben in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bundesministerium für Umwelt (BMU) und dem Umweltbundesamt (UBA) sowie dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) aus der Schweiz den Verfahrens-Standard "eco-scout" (ecological scarcity outcome) entwickelt, welche alle Marktbedürfnisse abdeckt und gleichzeitig die nationalen Umweltziele berücksichtigt. Mit diesem Standard soll einerseits die Qualität der Berichte gesichert werden, als auch eine Vergleichbarkeit der Werte und Berichte untereinander gegeben sein.

Erste zertifizierte Softwarelösungen verfügbar

Die erste und bislang einzige Softwarelösung, welche sowohl "Product Carbon Footprints" wie auch "Product Environmental Footprints" nach dem eco-scout-Standard abdeckt und nach dem eco-scout-Standard zertifiziert ist, stammt von der Firma ECOSPEED

Christoph Hartmann, Gründer und Geschäftsführer von ECOSPEED: „Für eine effiziente Bearbeitung von Kundenanfragen zu den Themen CO2- und Ökobilanzen von Produkten braucht es ein standardisiertes Verfahren, das auch Nicht-Fachexperten eine rasche und kostengünstige Bilanzierung ermöglicht. Dennoch gibt es Unternehmen, welche aufgrund fehlender Ressourcen oder Zeit, nicht selbst solche Bilanzen erstellen wollen. Deshalb ist es ECOSPEED ein Anliegen, nicht nur Softwarelösungen zu bieten, sondern bei Bedarf auch rasch und unbürokratisch solche Bilanzen für interessierte Unternehmen zu erstellen.“

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