04.05.2023Fachbeitrag

Den hybriden Rechnungseingang zentralisieren

Wie können KMU ihre Rechnungen zusammentragen?

Laut dem Digital Office Index 2022 des Branchenverbandes Bitkom erstellen mittlerweile 40 Prozent der Unternehmen in Deutschland ihre Rechnungen überwiegend elektronisch, 32 Prozent nutzen digitale sowie analoge Wege etwa zu gleichen Teilen und 25 Prozent setzen meist noch auf Papier. Im Umkehrschluss ist also der Mittelstand weiterhin gefordert, seine Eingangsrechnungen aus digitalen und analogen Quellen zusammenzutragen.

Postalisch empfangene, papierbasierte Eingangsrechnungen zu verarbeiten, ist mit diversen Nachteilen verbunden. Hierzu gehört vor allem der manuelle Aufwand für das Abtippen buchungsrelevanter Daten. Darüber hinaus kann stets nur ein Mitarbeiter auf die Papierrechnung zugreifen, was den Freigabeprozess verlangsamt und die Nutzung von Skontooptionen verhindert. Hinzu kommt, dass Unternehmen laut der Abgabenordnung verpflichtet sind, Rechnungen zehn Jahre aufzubewahren, was das Vorhalten wertvoller Regalmeter im Büro bedeutet.

Diese Nachteile lassen sich mit digitalen Rechnungen eliminieren, sofern sie bestimmte Eigenschaften aufweisen. Hierzu gehört vor allem, dass sie mithilfe einer Optical-Character-Recognition-Technologie (kurz OCR) im Volltext auslesbar sind. Buchungsrelevante Daten lassen sich dann automatisch in weiterführende Systeme, beispielsweise in eine Buchhaltungssoftware, übernehmen. Das spart im Vergleich zum händischen Abtippen einerseits Zeit und vermeidet andererseits Übertragungsfehler. Zusätzlich können in den Dokumenten konkrete Begriffe gesucht und Informationen somit schneller gefunden werden.

Da jedoch insbesondere mittelständischen Unternehmen häufig die Kapazitäten und das Know-how für die Digitalisierung des Rechnungseingangs fehlen, ist es empfehlenswert, diese Aufgabe an einen Dienstleister auszulagern. Dieser empfängt die Rechnungen mithilfe eines Nachsendeauftrags bzw. eines Umroutings oder holt die Unterlagen direkt von seinem Kunden ab. Anschließend erfolgt das Scannen inklusive des Auslesens wichtiger Datenpunkte, etwa des Lieferantennamens, der Rechnungsnummer sowie der Beträge. Der Kunde erhält schließlich seine Dokumente als PDF-Datei inkl. der extrahierten Daten.

 

Welche Anforderungen sollte ein Anbieter erfüllen?

Unternehmen sollten bei der Auswahl eines Dienstleisters, der für sie die eingehenden Papierrechnungen digitalisiert, vor allem folgende Kriterien berücksichtigen:

Große Kundenbasis

  • Diese lässt auf umfangreiche Erfahrungen schließen.

Agnostische Tätigkeit

  • Der Dienstleister sollte Post von allen Postunternehmen digitalisieren.

Vertrag zur Auftragsverarbeitung (AVV)

  • Eine solche Vereinbarung ist Pflicht.

Zeitmanagement

  • Das Scannen inklusive digitaler Bereitstellung sollte nicht länger als 24 Stunden dauern. Service Level Agreements und Same Day Scanning sind vertraglich festzuhalten.

Archivierung

  • Die physischen Dokumente sollten nach dem Scannen für einen definierten Zeitraum aufbewahrt werden. Währenddessen kann der Kunde entscheiden, ob er sie im Original weiter benötigt oder sie datenschutzkonform vernichtet werden können.

Zertifizierungen

  • Anerkannte Siegel und Zertifizierungen wie ISO 9001 oder 27001 weisen auf Vertrauenswürdigkeit hin.

 

Wie lassen sich Rechnungen effizient verarbeiten?

Doch die Digitalisierung der eingehenden Rechnungen ist nur die halbe Miete, um sie effizient zu verarbeiten. Sichergestellt sein muss auch, dass alle involvierten Mitarbeiter auf die Belege zugreifen können und ihnen der Verarbeitungsstatus bekannt ist. Dies gewährleistet ein Dokumentenmanagement-System (DMS). Solche Lösungen bündeln Dokumente und ermöglichen einen kontrollierten Zugriff darauf, wobei mehrere Nutzer an einem Dokument arbeiten können und jederzeit den aktuellen Stand vor sich haben. Mithilfe von Rechte- und Rollen-Konzepten lässt sich definieren, wer welche Dokumente sehen, bearbeiten oder freigeben darf. In diesem Zuge ist es auch möglich, sämtliche Änderungen zu protokollieren, sodass diese jederzeit nachvollziehbar sind. Dokumentenmanagement-Systeme aus der Cloud gewähren darüber hinaus einen einfachen, ortsunabhängigen – also auch aus dem Homeoffice – und sicheren Zugriff von diversen Endgeräten aus.

Im konkreten Fall der Rechnungsbearbeitung gestaltet sich der Prozess wie folgt: Papierbasierte Rechnungen werden gescannt und dann in das DMS hochgeladen, während per E-Mail eingehende Rechnungen über eine Schnittstelle aus dem Postkorb in das DMS gelangen. Mithilfe einer sogenannten Tagging-Funktion wird den Rechnungen der Dokumententyp „Rechnung“ zugewiesen. Diese Kategorisierung ermöglicht dann das Aufsetzen von Workflows, also einer regelbasierten Abfolge von Bearbeitungsschritten. Üblich ist etwa das zeitgleiche Informieren der Buchhaltung und der zuständigen Fachabteilung über die neu vorhandenen Dokumente. Sie können parallel darauf zugreifen und diese freigeben. Daran anschließend werden die Rechnungen bezahlt und gebucht. Dabei bieten leistungsfähige DMS-Schnittstellen zu gängigen Buchhaltungslösungen bzw. eine Anbindung an DATEV Unternehmen online an. Auf diese Weise verkürzt sich die Zeit vom Eingang der Rechnung bis zur finalen Bezahlung und Verbuchung rapide. Etwaige Skontooptionen können genutzt werden. Zudem wissen alle Beteiligten, in welchem Bearbeitungsschritt sich die Rechnungen gerade befinden. Der Informationsfluss wird somit beschleunigt und sämtliche Daten liegen automatisch in Echtzeit in den Anwendungen vor, in denen sie benötigt werden.

 

Rechtliche Vorgaben einhalten

Neben diesen täglich spürbaren Vorteilen ist die revisionssichere Archivierung der Rechnungen ein weiterer Pluspunkt, der spätestens bei einer Betriebsprüfung zum Tragen kommt. Dieser können Unternehmen, die ihre Dokumente mit steuerlicher Relevanz nach den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) archivieren, gelassen entgegensehen. Nach diesen Regelungen müssen Unternehmen sicherstellen, dass jeder einzelne buchhalterische Vorgang

  • nachprüfbar,
  • vollständig,
  • richtig,
  • rechtzeitig,
  • geordnet und
  • unveränderlich erfasst wird.

Mit einer sogenannten Verfahrensdokumentation stellen Verantwortliche die Einhaltung dieser Vorgaben sicher. Darin beschreiben sie lückenlos, wie Prozesse in ihrem Unternehmen ablaufen – inklusive der eingesetzten Systeme und involvierten Mitarbeiter.

 

Digitalisierung sukzessiv ausweiten

Natürlich lässt sich die Kombination aus Dokumentendigitalisierung und DMS von Rechnungen auf sämtliche anfallende Dokumente ausweiten. Liegt beispielsweise zu einer Eingangsrechnung digital auch das dazugehörige Angebot vor, dann können beide Dokumente miteinander verglichen und die Rechnung schneller freigegeben werden. Zusammenfassend bieten leistungsfähige DMS als Single Point of Truth gepaart mit der Digitalisierung der eingehenden Briefpost einen zentralen Überblick über alle im Unternehmen anfallenden Dokumente. So wird die Arbeit im Backoffice beschleunigt und jene im Homeoffice erst möglich.

 

Dieser Beitrag ist Teil von Mittelstand WISSEN zum Thema "Unternehmerische Widerstandsfähigkeit"

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