Der steuerrechtliche Notfall – Die Durchsuchung
Durch den Überraschungseffekt einer Durchsuchung entsteht für Betroffene eine Ausnahmesituation. Häufig kommt es zu unüberlegten Äußerungen.
Durchsuchungen im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens erfolgen überraschend und sind für Betroffene emotional herausfordernd. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema hilft daher, Fehler zu vermeiden und die eigenen Rechte in Anspruch zu nehmen. Strafrechtexperte Markus Schmuck gibt Verhaltenstipps und spricht über die Auslöser eines Verdachts, über gesetzliche Grundlagen und über die Rechte und Pflichten der Betroffenen.
Unternehmen sowie natürliche Personen können bei Vorliegen eines Verdachtes durchsucht werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Delikte im Bereich des Steuerrechtes. Auslöser eines solchen Verdachtes können Kontrollmitteilungen anderer Behörden, anonyme Anzeigen oder sogenannte Steuer-CDs sein.
Maßnahmen wie eine Durchsuchung sind immer mit einem erheblichen Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen verbunden. Die Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen, der Rechte und Pflichten sowie die möglichen Gegenmaßnehmen sind für jeden Geschäftsführer und Steuerpflichtigen wichtig.
Durchsuchungsmaßnahmen dürfen von Steuerfahndern grundsätzlich nur mit richterlichem Durchsuchungsbeschluss durchgeführt werden. Und obwohl Durchsuchungsmaßnahmen nicht selten morgens in aller Frühe stattfinden und der Adressat der Durchsuchungsmaßnahme „im Schlafanzug“ überrascht wird, lohnt sich die Überprüfung des die Durchsuchung anordnenden Beschlusses auf formale und inhaltliche Mängel. Das Bundesverfassungsgericht formuliert z.B. in einer seiner grundlegenden Entscheidungen: „Ein Durchsuchungsbeschluss, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und keine Beweisgründe nennt, lässt besorgen, dass es an einer eigenverantwortlichen Prüfung der Voraussetzungen für die Anordnung der Durchsuchung fehlt. Er gestattet es dem Beschuldigten auch nicht, sich sachgerecht gegen den Deliktsvorwurf zu verteidigen und die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren sowie etwaigen Ausuferungen bei ihrer Vollziehung im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vorneherein entgegenzutreten.“
Folgerichtig sollte sich der von der Maßnahme Betroffene zunächst den amtsgerichtlichen Beschluss übergeben lassen und dessen Inhalt anhand der schriftlichen Tatkonkretisierung analysieren. Bei allen dann zu treffenden Entscheidungen ist jedoch zu berücksichtigen, dass die situationsbedingte Eigenschaft der Durchsuchungsmaßnahme vor dem Hintergrund der ausgelösten eigenen emotionalen Betroffenheit zu sehen ist. Betriebliche und private Abläufe werden durch den unerwarteten Zugriff der Ermittler erheblich beeinträchtigt. Hier begehen Betroffene oder Entscheidungsverantwortliche häufig schwerwiegende Fehler, indem sie, in der Hoffnung eine schnelle und komplikationslose Erledigung der Angelegenheit herbeiführen zu können, „informatorische Gespräche“ mit Ermittlern der Steuerfahndung führen und so erst Ermittlungsansätze oder Zufallsfunde für die Behörde liefern. Gerade im Hinblick auf die möglicherweise rügenswerte Fehlerhaftigkeit des Durchsuchungsbeschlusses und ein daraus unter Umständen resultierendes Verwertungsverbot empfiehlt es sich somit ruhig vorzugehen und zunächst von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Ein Verteidiger sollte schon während der laufenden Durchsuchungsmaßnahme beigezogen werden. Eine „hemdsärmelige“ Vorgehensweise ist unprofessionell und führt häufig zu Problemen, die es bei korrekter Vorgehensweise nicht gegeben hätte.
Tipps für den steuerrechtlichen Notfall
- Lassen Sie sich die Dienstausweise vorlegen und halten Sie die Namen und die Dienststelle der Beamten schriftlich fest.
- Der schriftliche Durchsuchungsbeschluss muss Ihnen vorgelegt werden. Lesen Sie diesen sorgfältig und ohne Anmerkungen zu machen durch; behalten oder fotokopieren Sie diesen.
- Drängen Sie darauf, dass mit der Durchsuchung erst begonnen wird, wenn der Anwalt und/oder Steuerberater und/oder Wirtschaftsprüfer Ihres Vertrauens anwesend ist. Hierauf besteht jedoch kein Rechtsanspruch.
- Auch, wenn Beamte versuchen sollten, Auskünfte zur Sache im scheinbar harmlosen Gespräch zu erhalten, führen Sie keine informatorischen Gespräche. Machen Sie konsequent von Ihrem Aussage-/Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch!
- Klären Sie technische Fragen wie z.B. die Möglichkeit die im Betrieb benötigten Unterlagen oder Daten vor dem Abtransport sichern oder fotokopieren zu können.
- Beschuldigten- und/oder Zeugenvernehmungen nur im Beisein eines Anwalts gestatten! Sowohl der jeweilige Beschuldigte als auch der Zeuge haben das Recht sich in jedem Stadium des Verfahrens eines Anwalts zu bedienen.
- Verlangen Sie eine ins Detail gehende Auflistung der sichergestellten Gegenstände (z.B. nicht: „5 Ordner mit schriftlichen Unterlagen“) und verweigern Sie eine bestätigende Unterschrift bei fehlender ausreichender Konkretisierung.
- Geben Sie keine strafprozessualen Erklärungen wie z.B. Verzicht auf Rechtsmittel oder Bestätigung der freiwilligen Herausgabe der sichergestellten Gegenstände ab.