Finanzierungsansätze für die Neuaufstellung
In Krisen können KMU verschiedene finanzielle Optionen für den Erhalt neuer Liquidität prüfen.
2022 war für KMU geprägt von Energiekrise und Unsicherheit. Auch das aktuelle Jahr verspricht keine Erleichterung. Unternehmen stehen unter Anpassungsdruck; viele müssen sich neu ausrichten oder sanieren. Allerdings machen steigende Kredithürden solche Vorhaben schwierig. Abhilfe können alternative Ansätze wie Sale & Lease Back oder Asset Based Credit bieten – das zeigt auch die Praxis.
Deutschland rutscht in die Rezession. So sieht der DIHK in seiner Herbstumfrage 2023 einen BIP-Rückgang von drei Prozent auf die Wirtschaft zukommen. Unabhängig von Branche oder Region sehen 82 Prozent der Befragten die Energie- und Rohstoffpreise als Geschäftsrisiko an. Es verwundert daher kaum, dass die Unternehmer in der Umfrage pessimistisch auf die nächsten 12 Monate blicken: 52 Prozent gehen davon aus, dass sich ihre Geschäfte verschlechtern werden. Die Energiefrage wird eines der Hauptthemen für KMU bleiben, aber auch hartnäckig andauernde Lieferengpässe und eine Inflationsrate von zehn Prozent oder mehr sorgen für Herausforderungen.
Zudem können Preissteigerungen oft nicht ausreichend an die Kunden weitergegeben werden: Nach einer Umfrage des ifo-Instituts haben Firmen ihre Einkaufspreise in den vergangenen Monaten nur zu 34 Prozent durchgereicht. Die schwache Nachfrage, der Wettbewerbsdruck und langfristige Vertragslaufzeiten verhinderten die Weitergabe der Kosten. Die Liquiditätslage ist vielerorts angespannt. Der Umfrage des DIHK zufolge klagen 41 Prozent der Unternehmen über eine problematische Finanzierungssituation.
Wie schwierig die Wirtschaftslage ist, spiegelt sich auch in den Insolvenzen wider: Waren sie im ersten Halbjahr 2022 noch historisch niedrig, hatten die Experten des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle allein im September 34 Prozent mehr Insolvenzen festgestellt als im Vorjahresmonat. Der ansteigende Verlauf hält indes an – im November lagen die Insolvenzen 23 Prozent über dem Vorjahreswert.
Anpassungsdruck trifft steigende Kredithürden
Der Mittelstand steht unter Veränderungsdruck. Viele KMU wollen sich restrukturieren oder den Turnaround schaffen, bevor sie in eine akute Schieflage geraten. Dabei fordert neben der Energiekrise auch der aktuelle Strukturwandel seinen Tribut. Um bei Themen wie Digitalisierung und Energieeffizienz den Anschluss nicht zu verlieren, müssen Mittelständler ihre Strukturen, Angebote und Geschäftsmodelle anpassen. Doch das erfordert Liquidität – und hier erschweren steigende Kredithürden so manche Neuaufstellung. Laut der KfW-ifo-Kredithürde berichteten fast 28 Prozent der KMU, die sich in Verhandlungen mit der Bank befanden, von einem erschwerten Kreditzugang. Ohne eine Top-Bonität ist es momentan sehr unwahrscheinlich an eine Bankenfinanzierung zu gelangen. Doch es gibt Finanzierungsalternativen. Dazu zählen objektbasierte Ansätze wie Asset Based Credit und Sale & Lease Back. Sie sind unabhängig von der Bonität der KMU verfügbar.
Sale & Lease Back – krisenkompatible Innenfinanzierung
Diese reine Innenfinanzierung richtet sich besonders an maschinenreiche Mittelständler. Ein KMU verkauft bei einem Sale & Lease Back (SLB) seinen werthaltigen, mobilen und fungiblen Maschinen-, Anlagen- oder Fuhrpark und mietet ihn direkt wieder zurück. Dadurch wird meist Liquidität in erheblichem Umfang frei. Oft können auch stille Reserven gehoben werden. Durch SLB steht ein Mittel zur Überbrückung von Umsatzflauten, für größere Einkäufe sowie zum Abwenden oder Bewältigen von unternehmerischen Schieflagen bereit. Durch Bonitätsunabhängigkeit und Geschwindigkeit ist SLB insbesondere auch für Restrukturierungen, Sanierungen oder Insolvenzen geeignet. Die Auftragsvorfinanzierung nach einer überstandenen Krise ist mit SLB ebenfalls möglich.
In der Regel dauert es von der ersten Anfrage bis zur finalen Auszahlung des Kaufpreises drei bis sechs Wochen. Durch das direkte Zurückmieten und nahtlose Weiternutzen der jeweiligen Maschinenparks wird das operative Geschäft in keinem Fall beeinträchtigt. Bei SLB liegt das Finanzierungsvolumen in der Regel zwischen 400.000 und 15 Millionen Euro. In Einzelfällen kann es auch darüber hinausgehen.
Praxisfall I: Neuausrichtung eines Werkzeugmaschinenbauers
Ein Werkzeugmaschinenhersteller hatte in seinen gewohnten Kundensegmenten wie der Schiffbauindustrie starke Verschiebungen erlebt und deshalb eine Neuausrichtung eingeleitet. Sale & Lease Back half dem Produzenten in diesem Restrukturierungsprozess, seine Arbeitsliquidität zu stärken. Denn trotz Kundenanzahlungen blieb stets ein hoher Vorleistungsaufwand, der gestemmt werden musste.
Nach dieser ersten Erfahrung half eine erneute Finanzierung dem Hersteller jüngst dabei, die Herausforderungen durch die Energiekrise zu bewältigen. SLB stabilisierte die Liquidität des Betriebes und unterstützte ihn bei der Anpassung an die neue Marktsituation. Im Rahmen weiterer Modernisierungsmaßnahmen greift Sale & Lease Back der Firma auch bei Investitionen unter die Arme.
Den Dreh- und Angelpunkt der Finanzierung bildet eine selbstgenutzte CNC-Großfräse aus eigener Produktion. Die Maschine wurde im Rahmen des SLB verkauft und vom Unternehmen unmittelbar zurückgemietet. So konnte die Finanzierung in weniger als einem Monat realisiert werden. Wichtig war dabei, dass die Maschine keine Sonderanfertigung ist, sondern ein marktgängiges Modell.
Asset Based Credit – bonitätsunabhängiges Fremdkapital
Diese objektbasierten Spezialkredite bieten Produzenten, Händlern, Dienstleistern und Wachstumsunternehmen die Möglichkeit, auf sämtliche im Betrieb verfügbare Assets als Sicherheiten zurückzugreifen: Bei einem Asset Based Credit können neben Anlagevermögen wie Maschinen auch das Umlaufvermögen aus dem Fertig- und Handelswarenlager sowie Sachwerte oder Immobilien besichert werden. Die verfügbare Liquidität unterstützt Unternehmen in Restrukturierungsprozessen etwa bei der Sicherung des Tagesgeschäfts oder in der Überbrückung von Umsatzflauten. Auch Transformationsprojekte und Investitionen sind damit finanzierbar. Selbst in der Sanierung – außergerichtlich oder gerichtlich – oder bei Auftragsvorfinanzierungen nach überstandener Krise greift das Modell.
Die Kreditsummen liegen zwischen 250.000 und fünf Millionen Euro; die Laufzeiten sind im kurz- bis mittelfristigen Bereich angesiedelt. Die Vermögensgegenstände eines Betriebes müssen für Asset Based Credit bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Mobiles Anlagevermögen muss wertbeständig und fungibel; Umlaufvermögen aus Warenlagern sollte werthaltig und marktgängig sein. Unfertige Produkte oder verderbliche Waren scheiden aus.
Praxisfall II: Spezialkredit ermöglicht ertragswirtschaftliche Sanierung
Im Zuge der Corona-Pandemie waren die Aufträge eines Luftfahrt-Zulieferers eingebrochen. Der Betrieb entschied sich für eine Sanierung in Eigenverwaltung. Dabei machte der Absprung eines Hauptkunden die Schließung eines der Standorte des Lieferanten erforderlich. Um die nötige Personalanpassung sozial verträglich zu gestalten, wurden Transfergesellschaften ins Leben gerufen. Sie verschafften den ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Zeit für die berufliche Neuausrichtung sowie Trainings- und Weiterbildungsangebote.
Allerdings stand die Finanzierung zwischenzeitlich infrage, denn zunächst in Aussicht gestellte Bankkredite wurden nicht bewilligt. Abhilfe verschaffte schließlich das objektbasierte Modell Asset Based Credit. Hier konnten auch die lastenfreie Immobilie und der freie Maschinenpark zur Kreditbesicherung herangezogen werden. Die belastbare Sanierungsplanung und das zukunftsfähige Geschäftsmodell waren zusätzliche Erfolgsfaktoren.
In knapp einem Monat wurde so eine Lösung mit zwei echten Massekrediten gefunden, durch die das Unternehmen seinen Anteil an den eingesetzten Transfergesellschaften tragen konnte. Die ertragswirtschaftliche Sanierung des Lieferanten wurde frühzeitig realisiert und der Geschäftsbetrieb stabilisiert und neu ausgerichtet.