20.11.2023MonitoringDMB+

Gesetz zur Zukunftsfinanzierung

Worum geht es bei dem Vorhaben?

Der Bundestag hat am 17.11.2023 das Zukunftsfinanzierungsgesetz verabschiedet. Der Gesetzesentwurf ist in enger Zusammenarbeit des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) mit dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) entstanden, der die Umsetzung von verschiedenen Maßnahmen zur verbesserten Finanzierung von Investitionen für Unternehmen, insbesondere für Start-ups und KMU, an. Dabei sollen u.a. der Kapitalmarktzugang für Unternehmen erleichtert und die Rahmenbedingungen für den Finanz- und Investmentstandort Deutschland verbessert werden. Im nächsten Schritt wir der Bundesrat seine Zustimmung für das Gesetz prüfen.

In welchem Stadium befindet sich das Vorhaben?

Am 29.06.2022 stellten das BMF und BMJ das Eckpunktepapier für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz vor. In diesem Dokument werden die geplanten Maßnahmen grob umrissen. Die Veröffentlichung des Referentenentwurfs folgte am 03.04.2023. Im nächsten Schritt geht der Entwurf in die Ressortabstimmung.

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Mehr Gesetzgebungstransparenz für DMB-Mitglieder

Die Komplexität politischer Regulierung nimmt beständig zu – auch für kleine und mittlere Unternehmen. Das bedeutet konkret: Bei rund 15.000 Drucksachen in einer Legislaturperiode ist es unmöglich, politische Entwicklungen bis ins Kleingedruckte zu verfolgen.

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Hintergrund

Nach der Bundestagswahl 2021 kündigte die neu formierte Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag an, die Rahmenbedingungen für den Finanz- und Investmentstandort Deutschland zu verbessern, um Unternehmen, die wachsen wollen, Kapitalerhöhungen und Börsengänge zu erleichtern. Laut dem Eckpunktepapier kommen „neun von zehn in Deutschland investierten Euro aus dem Privatsektor“. Die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts soll deswegen gestärkt werden. Bedenklich ist: die Anzahl der börsennotierten Unternehmen schrumpft in Deutschland laut Weltbank immer weiter. Während 2007 noch 761 Unternehmen an der Börse in Deutschland notiert waren, sank die Zahl bis 2020 kontinuierlich auf 438. In China stieg die Zahl der notierten Unternehmen in dieser Zeit von 1.530 Unternehmen (2007) auf 4.154 (2020). Die Marktkapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen in Deutschland in Relation zum nationalen Bruttoinlandsprodukt war 2020 mit 59,4 Prozent geringer als 2007, als es noch 61,5 Prozent waren. In Deutschland ist somit noch viel Potential im Kapitalmarkt vorhanden.

Welches Ziel verfolgt die Bundesregierung mit diesem Gesetzesvorhaben?

Mit dem Gesetzesvorhaben soll der deutsche Finanzmarkt attraktiver werden, damit vermehrt nationale sowie internationale Unternehmen in Deutschland wachsen können und Investoren angezogen werden. Laut dem Eckpunktepapier sollen die Rahmenbedingungen auf drei Ebenen verbessert werden: bei Digitalisierung, Entbürokratisierung, und Internationalisierung. Konkret sollen Anpassungen bzw. Fortentwicklungen des Finanzmarktrechts, des Gesellschaftsrechts und Steuerrechts erfolgen. Das grundlegende Ziel ist die Steigerung der Attraktivität von börsennotierten Wertpapieren als Kapitalanlage auf der Nachfrageseite und die Erhöhung der Anzahl börsennotierter Unternehmen in Deutschland auf der Angebotsseite.

Warum ist das Vorhaben relevant für KMU / den Mittelstand?  

Kleine und mittlere Unternehmen benötigen durchgehend Liquidität und wirtschaftliche Partner, die ebenso Mittel für Investitionen zur Verfügung haben. Für eine zukunftssichere Wirtschaft sollten bürokratische Hürden im Finanzmarkt abgebaut werden, damit der Finanzmarkt-Standort Deutschland im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig wird. Die immer weiter schrumpfende Anzahl an börsennotierten Unternehmen in Deutschland zeigt, dass in den letzten Legislaturperioden echte Fortschritte bei der Verbesserung der finanzmarktrechtlichen Rahmenbedingungen verschlafen wurden.

Folgende Punkte soll das Zukunftsfinanzierungsgesetz verbessern:

  • Lockerungen bei Börsenzulassungsanforderungen und Folgepflichten für vereinfachten Zugang zum Kapitalmarkt für Unternehmen
  • Senkung des Mindestkapitals für einen Börsengang von derzeit 1,25 Millionen Euro auf 1 Million Euro
  • Bessere Anlagebedingungen für institutionelle Investoren durch Erleichterungen bei Optionsrechten.
  • Verbesserung von Übertragbarkeit von Kryptowerten
  • Entbürokratisierung durch Abbau von Schriftformerfordernissen
  • Vereinfachte Eigenkapitalgewinnung durch Ermöglichung von Mehrstimmrechtsaktien und Verbesserung beim Ausgabebetrag bei Kapitalerhöhungen
  • Steigerung der Anlageform Aktien durch Freibetrag für im Privatvermögen erzielte Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und Abschaffung des gesonderten Verlustverrechnungskreis für Aktienveräußerungsverluste
  • Stärkung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung durch Erhöhung des Freibetrags von derzeit 1.440 Euro auf 5.000 Euro
  • Verlängerung des INVEST-Programms über das Jahr 2022 hinaus

Wichtige Daten und Ereignisse

Im gemeinsamen Koalitionsvertrag wurden im November 2021 einige Punkte des Zukunftsfinanzierungsgesetz angekündigt. Am 29.06.2022 erfolgte dann die Veröffentlichung der Eckpunkte des Zukunftsfinanzierungsgesetzes.

Die Start-up-Strategie der Bundesregierung wurde am 01.06.2022 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ( (BMWK) veröffentlicht, die Überschneidungspunkte beispielsweise bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung mit den Eckpunkten des Zukunftsfinanzierungsgesetzes aufweist.

Das Bundeskabinett hat am 16.08.2023 den Entwurf für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz beschlossen. Der Bundestag hat den Gesetzesenwurf am 17.11.2023 verabschiedet. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Der DMB wird diesen Prozess eng monitoren.

Die DMB-Bewertung

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Die Verbesserung der Rahmenbedingungen des Finanzmarktstandorts Deutschland ist zu begrüßen. In den letzten Legislaturperioden wurden hier leider echte Fortschritte verschlafen, was sich in den aktuellen Zahlen bei börsennotierten Unternehmen und Marktkapitalisierung aller börsennotierter Unternehmen in Deutschland niederschlägt.

Die Eckpunkte liefern gute Ansätze, lassen jedoch an einigen Stellen Mut bzw. konkrete Angaben zur Umsetzung vermissen. Beispielsweise ist eine Senkung des Mindestkapitals für einen Börsengang der richtige Weg, eine Senkung um 250.000 Euro auf 1 Million Euro hätte auch mutiger ausfallen können, um im internationalen Wettbewerb aufzuholen. Des Weiteren bleibt das Eckpunktepapier an vielen Stellen noch unkonkret, wie etwa beim „Freibetrag für im Privatvermögen erzielte Gewinne aus Aktien und Aktienfonds“, dessen Höhe nicht beziffert wird. Konkret wird es jedoch bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Eine Umsetzung der geplanten Erhöhung des Freibetrags dürfte dem in Deutschland noch wenig verbreiteten Modell zur Erfolgsbeteiligung von Beschäftigten Auftrieb verleihen.

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