Growth Hacking – Schnelles Wachstum mit begrenzten Mitteln
In der neuen DMB-Beitragsserie werden Herausforderungen von Unternehmen adressiert, die gesund wachsen wollen.
Viele bekannte Startup-Unternehmen haben es vorgemacht: Spotify, Uber, PayPal, AirBnB & Co. sind schnell und global gewachsen. Und eine Erfolgsformel verbindet diese Unternehmen: Growth Hacking. Das bereits seit mehreren Jahren weit verbreitete Buzzword beschreibt dabei eine besondere Form des Growth Marketing bzw. einen Teil des Performance Marketing: Mit minimalem Kosteneinsatz in kurzer Zeit den größtmöglichen Erfolg erzielen! Und hier kann man sich auch als mittelständisches Unternehmen einiges abschauen, um Wachstum zu generieren.
Was ist Growth Hacking?
Growth Hacking ist die disruptive Antwort auf die traditionellen Marketingaktivitäten in den meisten Marketingabteilungen. Als Bestandteil des Growth Marketing schafft Growth Hacking neue Lösungen. Der Begriff Growth Hacking steht für Unternehmenswachstum („growth“). Der Teilbegriff „Hack“ bedeutet “Trick“ oder Kniff“. In diesem Kontext beschreibt Growth Hacking den Versuch, durch „Hacks“ schnelles Wachstum zu erzielen. Der Hack wird dabei schnell durchgeführt, zeigt Effektivität und muss nicht unbedingt den gängigen und eleganten Regeln entsprechen.
Entwickelt wurde die Methode des Growth Hacking von Startup-Gründern. Um eine entsprechende Wirkung mit begrenzten Mitteln zu entfalten, ist vor allem der Einsatz von innovativen Marketing-Techniken erfolgversprechend. Hierzu gehören virales Marketing und in hohem Maße auch die kreative Nutzung der Social Media Kanäle. Der Verantwortliche hinter Growth Hacking – der Growth Hacker – spielt dabei gezielt Trendthemen in einer affinen Zielgruppe so aus, dass dieser Inhalt sich automatisch verbreitet – meist ohne Kosten. Seit 2011 wird der Begriff auch im deutschsprachigen Raum genutzt, um drei Kernthemen in einer Dimension zu vereinen: Kreative Techniken, analytische Kompetenzen und Social Media Fertigkeiten.
Ansätze und Methoden des Growth Hacking
Hinter Growth Hacking Ansätzen steht immer zuerst der Netzwerkeffekt: Es gilt, eine möglichst große Zielgruppe anzusprechen und dort mit der Positionierung des Produktes oder der Idee zu überzeugen. Im Idealfall, und das ist der Kern des Growth Marketing, setzt ein sich selbst verstärkender Effekt ein, indem die Botschaft durch die Zielgruppenvertreter weitergegeben bzw. empfohlen wird. Kommt der Stein einmal ins Rollen, vermarktet sich das Produkt bzw. die Idee automatisch. Nehmen wir Facebook als Beispiel: Facebook ist allein dadurch gewachsen, dass immer mehr Nutzer hinzugekommen sind, die selbst in ihrem Netzwerk die Plattform weiterempfohlen haben.
Zu beachten ist, dass Growth Hacking heute nicht mehr nur eine Disziplin für Startups ist. Immer mehr Unternehmen, die schon lange am Markt agieren, nutzen Growth Hacking für die eigenen Angebote und Lösungen.
Growth Hacking Methoden vereinen in der Regel mehrere Disziplinen, die eine Gesamtstrategie kennzeichnen. Zentral ist hierbei Social Media Marketing, da hier beste Voraussetzungen für einen Netzwerkeffekt bestehen und die Zielgruppe auch sehr genau identifiziert werden kann. Aber auch andere zentrale Online Marketing Disziplinen sind bestens geeignet, die Zielerreichung des Growth Hackings maßgeblich zu unterstützen.
Hier sei zunächst das Thema Empfehlungsmarketing zu nennen: Kaufentscheidungen werden heute kaum noch ohne Bewertungen oder persönliche Empfehlungen getroffen. Im digitalen Kontext sind die besten Voraussetzungen zu finden, um hier gezielt anzusetzen.
Ebenfalls zielführend ist Content Marketing: Durch relevante und nützliche Inhalte kann man sich als Unternehmen hervorragend positionieren. Unterschiedliche Zielgruppen können über verschiedene Medien(formen) erreicht werden, u.a. durch Videos, White Paper, Podcasts usw.
Suchmaschinenoptimierung sorgt dafür, dass Ihre Inhalte auch über die gängigen Suchmaschinen, insbesondere Google, gefunden werden.
Mithilfe von E-Mail Marketing können gezielt solche Vertreter der Zielgruppe angesprochen werde, die bereits durch Ihre Anmeldung zum Newsletter Ihr Interesse gezeigt haben.
Growth Hacking heißt bedeutet jedoch nicht, diese und weitere Maßnahmen „nur“ umzusetzen. Growth Hacking muss taktisch und zielgerichtet erfolgen. Ein erfolgreicher Growth Hacker kennt sich im Idealfall sehr gut mit den Schlüsseltechnologien der heutigen Zeit aus, z.B. HTML/CSS, Pyton, JavaScript, PHP. Er versteht es, diese zu nutzen, um Reichweite zu fördern und messbar zu machen. Die genauen Kenntnisse der Zielgruppe komplettieren die Bedingungen für erfolgreiches Growth Hacking: Benutzererfahrungen (UX – User Experience) sowie zielführende Benutzerschnittstellen (UI – User Interface) ebnen den Weg für erfolgreiche Growth Hacks entlang der Customer Journey.
Die wesentlichen Herausforderungen bei der Implementierung von Growth Marketing sind:
- Neue Prozesse strukturieren
- Die richtigen KPIs (Key Performance Indicators) und OKRs (Objectives & Key Results) definieren
- Die richtigen Mitarbeiter:innen finden
- Den richtigen Fokus für Aktivitäten setzen
Praxisbeispiele für Growth Hacking
Facebook: Ein Beispiel für erfolgreiches Growth Hacking wurde bereits oben genannt: Facebook konnte in der Blütezeit u.a. durch Profil-Widgets, die man auf der eigenen Website einbetten konnte, Milliarden von Impressionen generieren – und das ohne Kosten. Dies sorgte für mehrere Millionen Neuanmeldungen im Netzwerk und begründet den heutigen Erfolg.
Einen erfolgreichen Netzwerk-Effekt und somit auch ein erhebliches Wachstum konnte auch DropBox erzielen, indem existierende Nutzer Freunde und Bekannte einladen konnten. Als Anreiz wurde mehr Speicherplatz zur Verfügung gestellt. Dieser Hack wird heute noch häufig durch Unternehmen angewandt, meist unterstützt durch entsprechende Incentives für den Empfehler und/oder den Empfänger.
AirBnB nutzte ebenfalls einen Growth Hack, um schnell hohe Reichweiten zu erzielen. Zum Start schaltete AirBnB auf der populären amerikanischen Plattform Craigslist – vergleichbar mit einem schwarzen Brett im digitalen Umfeld – kostenlose Werbeanzeigen. Ein erfolgreicher Schachzug, der zur heutigen Beliebtheit der Plattform mit beigetragen hat.
Ein weiteres bekanntes Beispiel ist der Musik-Streaming Anbieter Spotify: In den USA konnten sich zu Beginn Nutzer nur über Facebook anmelden. Damit einher ging, dass jeder gehörte Titel direkt auf der eigenen Facebook-Profilseite gepostet und geteilt werden konnte. Freundinnen und Freunde konnten sich den Titel des Nutzers anhören oder sich selbst bei Spotify anmelden. Auch das heute noch angebotene Freemium-Modell kann als Growth Hack bezeichnet werden: Nutzer können kostenlos Songs anhören, die aber durch Werbeeinblendungen unterbrochen werden. Ein niedrigschwelliger Einstieg zu Spotify, der aufzugehen scheint: Heute sind die Hälfte aller Nutzer zahlende Abonnenten.
10 Tipps für Ihr Growth Hacking
Natürlich sind die Bedingungen der angeführten Beispiele nicht auf jedes Unternehmen übertragbar. Jedoch kann jedes Unternehmen kreativ werden und eigene Growth Hacks speziell für das eigene Unternehmen / den eigenen Markt / die eigene Zielgruppe entwickeln. Die folgenden Tipps können Sie auf dem Weg zu erfolgreichen Growth Hacks unterstützen bzw. die Basis bilden.
Tipp #1: Erfolge / Misserfolge messen
Growth Hacking erfordert ein kontinuierliches Messen der Erfolge, um darauf aufbauend Optimierungen initiieren zu können. Insbesondere mit Hilfe von Web-Analyse-Tools haben Sie ein Fundament zur Analyse der Aktivitäten auf Ihrer Website. Definieren Sie KPIs, Zielgrößen und bauen Sie dies in Ihren Alltag ein.
Tipp #2: Datenbasierte Entscheidungen treffen
Messen und Analysieren allein reicht natürlich nicht aus: Alle Entscheidungen sollten auf den Ergebnissen der Analysen beruhen. Die gesammelten Daten machen transparent, was funktioniert und was nicht. Nutzen Sie diese Daten für die weiteren Entscheidungen.
Tipp #3: E-Mail Marketing nutzen
E-Mail Marketing ist seit jeher effektiv und laut einigen Studien Wachstumstreiber Nr. 1. Durch eine Anmeldung zum Newsletter hat man die besten Voraussetzungen, mit seinen Botschaften beim Kunden auch wahrgenommen zu werden.
Tipp #4: Remarketing-Kampagnen entwickeln
In der heutigen Zeit kommen viele Besucher auf Ihre Website und kehren nicht wieder zurück. Hier setzt Remarketing an: Mithilfe von Remarketing können Sie abgesprungene Kunden an anderer Stelle wieder auf Ihr Angebot aufmerksam machen.
Tipp #5: Suchmaschinen nutzen
Suchmaschinen sind mittlerweile ein wesentlicher Traffic-Lieferant. Das Marketing in den Suchmaschinen, insbesondere die Suchmaschinenoptimierung (SEO – Search Engine Optimization) spielen für Growth Hacks eine wichtige Rolle. Ermitteln Sie die passenden Keywords und erstellen Sie relevante Beiträge / Landingpages, um in den oberen Suchergebnissen angezeigt zu werden.
Tipp #6: Trends identifizieren und nutzen
Trends und Themen mit viralem Potenzial eignen sich bestens, um durch eine Verknüpfung zu Ihren Leistungen für große Aufmerksamkeit zu sorgen. Voraussetzung ist, dass Ihr Portfolio mit dem Thema auch zusammenpasst. Andernfalls kann diese Vorgehensweise durch Ihre Zielgruppe auch schnell als „Mogelpackung“ identifiziert werden und negative Reaktionen auslösen.
Tipp #7: Facebook Werbung schalten / optimieren
Facebook Anzeigen können mehr Potenzial entfalten als nur Fans zu gewinnen! Mit den Zielgruppen-Insights von Facebook lässt sich die eigene Zielgruppe analysieren und gezielt mit Anzeigen ansprechen. Mit dem Facebook-Pixel lassen sich darüber hinaus die Besucher Ihrer Website / Landingpages herausfiltern, die über Facebook gekommen sind.
Tipp #8: Leadpages / Landingpages
Optimierte Leadpages oder auch Landingpages können die Entscheidung Ihrer potenziellen Kunden maßgeblich zum Positiven beeinflussen. Sie sollten genau auf die Erwartung der Zielgruppe zugeschnitten sein und Conversions fokussieren. Mittels A/B-Testing lassen sich Leadpages / Landingpages immer zielführender optimieren.
Tipp #9: Content und Inbound Marketing
Relevante Inhalte, die Ihrer Zielgruppe echte Mehrwerte liefern, sorgen für Aufmerksamkeit und Vertrauen. Entscheidend dabei ist, dass Inhalte nicht nur innerhalb eines Formates veröffentlicht werden sollen. Bieten Sie eine ganze Reihe von Formaten an, z.B. Videos, Blogbeiträge, Podcasts, Social Media Postings oder White Paper – so sprechen Sie auch Zielkunden mit unterschiedlichen Präferenzen an.
Tipp #10: Multiplikatoren und Kooperationen
Growth Hacking bedeutet große Wirkung mit möglichst geringen Mitteln. Genau hier können Multiplikatoren ins Spiel kommen, über die man eine große Reichweite erzielen kann. Insbesondere im Social Media Umfeld lohnt es sich, passende Multiplikatoren zu recherchieren und Kooperationen anzufragen, um seine eigene Zielgruppe zu erweitern. Der Erfolg hängt dabei in direktem Maße davon ab, wie genau man die Zielgruppe über verschiedene Multiplikatoren erreichen kann: Welche Interessen und Präferenzen hat die Zielgruppe? Welche Kanäle nutzt sie? Erst wenn diese Fragen adäquat beantwortet werden können, lohnt sich die Suche nach geeigneten Kooperationspartnern / Multiplikatoren. Die Kooperationen können beispielsweise Gewinnspiele in den sozialen Medien, Gastbeiträge oder auch gemeinsame Postings sein.
Fazit
Auch wenn die Growth Hacks erfolgreicher Startup-Unternehmen nicht immer 1-zu-1 auf alle Unternehmen anwendbar sind, so lassen sie doch einen entscheidenden Schluss zu: Auch mit begrenzten Mitteln lässt sich außerordentliches Wachstum erzielen. Hierzu sind Kreativität, Entschlossenheit und die Bereitschaft, konventionelle Wege zu verlassen, notwendig. Zudem erfordert Growth Hacking ein Gespür für die Zielgruppe, das man mithilfe von Daten kontinuierlich aufbauen kann.
Ein abschließender Tipp: Machen! Trauen Sie sich an die ersten Growth Hacks heran. Nur so können Sie Erfahrung sammeln!
Weitere Informationen zum Thema Growth Hacking finden Sie auch im Blog des Deutschen Instituts für Marketing auf https://www.marketinginstitut.biz/blog/growth-hacking/
Dieser Artikel ist Teil von Mittelstand Wissen zum Thema 'Wachstumsbeschleuniger und -bremsen | Worauf KMU achten sollten'