02.04.2024Interview

„In der Transformation muss ehrlich kommuniziert werden.“

Frithjof Punke spricht über Ursachen von Konflikten in der Transformation, die mittelständische Unternehmen erleben.

Ursprünglich bat das mittelständische Unternehmen der Metallverarbeitung nur um eine Beratung, aber aufgrund der Wucht der - aus Transformationen und Veränderungen entstandenen - Verspannungen im gesamten Unternehmen wurde daraus ein einjähriger Interimsauftrag für den Senior Executive Advisor des AAA Advisors Netzwerks. Der DMB sprach mit Frithjof Punke, der im Rahmen seiner Interim-Aufgabe das Unternehmen wieder in die Erfolgsspur zurückgebracht hat. In dem Interview werden die Ursachen der Konflikte und Probleme bei jeglicher Art der Transformation und Veränderung hinterfragt, die gerade mittelständische Unternehmen dauernd erleben, und Herr Punke zeigt die gewählten Lösungen in dem erwähnten Beispiel aus der Praxis auf.

 

DMB: Guten Morgen Herr Punke, Sie sehen kurz nach dem erfolgreichen Abschluss Ihres letzten Projektes entspannt aus. Liegt das nur daran, dass Sie Ihr Auftrag beendet wurde, oder ist das Endergebnis Grund für Ihre gute Laune?

Frithjof Punke (lacht): Nein, ehrlicherweise hat es mir bei viel vergossenem Schweiß auch sehr viel Spaß gemacht, dieses tolle Unternehmen in den letzten zwölf Monaten wieder in die Spur zu bringen. Und dass es vor einem Jahr dort nicht mehr war, war für mich von außen genauso erkennbar wie für die Eigentümer.

 

Was war denn passiert, dass das Unternehmen so aus der Spur geriet?

Im Endeffekt, wie wir das in vielen unserer Aufträge immer wieder sehen, war es den Geschäftsführern über einen längeren Zeitraum einfach nicht gelungen, ihre Mannschaft, also die Beschäftigten im Unternehmen, durch die notwendigen Veränderungen mitzunehmen. Der durch die beiden damaligen Geschäftsführer aufgebaute Druck führte zu zahlreichen Konflikten und final dazu, dass sich die Mitarbeiter einzelner Funktionen zum Schluss mehr gegenseitig blockierten, als dass eine Zusammenarbeit stattfand. In der Not sinkender Erträge und Umsätze wurden dann einfach mehrmals die Geschäftsführer ausgetauscht, ohne dabei an den Kern der Probleme zu gehen. All‘ diese Wechsel führten natürlich zu einer weiteren massiven Verunsicherung in der Belegschaft – wem soll ich denn eigentlich folgen? -, zu einer Stagnation in der Produktentwicklung und fehlender Akquise von Neukunden. In kurzen Worten: die Rendite ging kräftig den Bach runter.

 

Das heißt doch im Kern, dass das Unternehmen nichts wirklich falsch gemacht hat, außer der Vernachlässigung des Veränderungsmanagements durch die Führung. Also eine reine Frage der Führung?

Na ja, das ist vielleicht etwas zu einfach ausgedrückt, aber Sie haben natürlich recht, wenn man es auf das Produkt und den Markt beschränkt, da wurden keine wirklichen Fehler gemacht, ganz im Gegenteil. Leider vergessen allerdings viele Führungskräfte, dass Veränderungen zwar notwendig sind, aber von der gesamten Belegschaft getragen und gelebt werden müssen, um als Unternehmen erfolgreich agieren zu können. Und Veränderungen sind für sich genommen nicht etwas, was die große Mehrheit der Mitarbeitenden gerne und mit dem Hurra-Schrei sofort aufgreift.

 

Ja, das verstehen wir gerne, geht uns ja selbst auch oft so. Was also genau haben Sie verändert?

Die Eigentümer drückten letztendlich den „Reset“-Knopf und installierten einen mich als Interimsmanager und Geschäftsführer mit der klaren Aufgabenstellung, die Situation in allen Dimensionen wieder zu bereinigen, Vertrauen und Geradlinigkeit in der Führung zu entwickeln, und die Mannschaft wieder zu begeistern.

Damit begann für mich eine sehr intensive Phase mit vielen Einzelgesprächen quer durch die Mannschaft, nicht immer einfache Gespräche, aber immer Gespräche, die zeigten, dass die Menschen eigentlich gerne bereit waren, hohen Einsatz zu bringen und ein Interesse daran hatten, das Unternehmen voranzubringen. In dieser Analysephase wurde mir klar, dass das Einläuten eines Vertrauensaufbaus eine klare Durchgängigkeit und Transparenz durch die Hierarchieebenen hinweg benötigte. Leider ging damit auch einher, dass sich das Unternehmen konsequent von einem Teil des Managements trennen musste, das nicht wirklich hinter einer solchen offenen und transparenten Unternehmenskultur stand.

 

Auch dies erscheint uns verständlich, nicht immer wird im mittleren Management die von Ihnen gewünschte Durchlässigkeit und Transparenz gefördert, viele schotten da ja immer ihr kleines eigenes Reich ab. Genügte es denn dann schon, hier einfach aufzuräumen?

Nein, ganz sicher nicht. Vertrauen gewinnt man nicht zurück, wenn man einfach die Figuren austauscht – das hatte man als Unternehmen ja gerade schon bei den Geschäftsführern erlebt.

 

Was waren dann die weiteren Teile Ihrer Lösung?

Zuallererst einmal mussten die Eigentümer dazu gebracht werden, in einem echten Strategie-Workshop parallel zum Vertrauensaufbau in der Belegschaft die Soll-Profile der zukünftigen Geschäftsleiter und auch der mittleren Management-Funktionen zu erarbeiten. Dass damit auch gleichzeitig die Zuschnitte der Organisation überarbeitet und angepasst wurden, war ein zusätzliches Resultat – im Mittelpunkt aber standen die Vorgaben für die Führungsqualitäten und die Elemente der Unternehmenskultur. Erst damit wurden dann zwei Geschäftsführer von außen gesucht und auch gefunden.

 

Wenn wir das richtig verstehen, waren also bei der Lösung oder anders gesagt beim „zurück in die Spur“ bringen alle internen Stakeholder eingebunden?

Ja, und das ist nach meiner Erfahrung auch der Schlüssel zum Erfolg. Eine ordentliche Unternehmenskultur schließt immer alle Beteiligten ein und bereitet so das Unternehmen für die Akzeptanz der notwendigen Transformationen und Veränderungen vor. Die beiden neuen Geschäftsleiter wurden mit einer veränderten Funktionszuordnung installiert und eine inhaltliche Weiterentwicklung der Produkte festgelegt. Die Vertriebs-, Entwicklungs- und Produktionsprozesse wurden neu geordnet, sowie eine verbesserte Nutzung der Marketinginstrumente mit einer stärkeren Priorisierung von Neukunden eingeführt. Damit wurde kurzfristig eine Rückkehr zu den bisherigen Renditen erreicht sowie eine solide Basis für die zukünftige Ausrichtung gelegt. Die Belegschaft ist wieder initiativ mit eigenen Ideen und Vorschlägen und vertraut auf eine positive Zukunft.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Punke!

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