„Frühes Handeln und entschlossene Führung sind der Schlüssel"
Wie Unternehmen durch strategische Anpassungen und offene Kommunikation Krisen meistern können – Sönke Schulz gibt wertvolle Einblicke.
Im DMB-Interview mit Sönke Schulz, einem erfahrenen Restrukturierungsexperten, beleuchtet er die häufigsten Ursachen für Unternehmenskrisen und zeigt auf, wie entscheidend die richtige Reaktion auf externe und interne Faktoren ist. Schulz erläutert, warum strategische Fehlentscheidungen, technologische Disruptionen und ineffiziente Prozesse oft zu tiefgreifenden Umstrukturierungen führen müssen. Dabei betont er die zentrale Rolle des Managements und die Bedeutung einer transparenten Kommunikation, um das Vertrauen aller Beteiligten zu sichern und das Unternehmen erfolgreich durch die Krise zu steuern. Ein Muss für alle, die sich auf Herausforderungen im Unternehmensumfeld vorbereiten möchten!
DMB: Herr Schulz, was sind die häufigsten Gründe, die Unternehmen zur Restrukturierung oder Sanierung bewegen?
Sönke Schulz: Die häufigsten Gründe lassen sich in externe und interne Faktoren unterteilen. Zu den externen Faktoren zählen veränderte Marktbedingungen, technologische Disruptionen und neue regulatorische Anforderungen. Diese Faktoren betreffen oft ganze Branchen, aber nicht alle Unternehmen sind gleichermaßen betroffen. Der entscheidende Punkt ist, wie ein Unternehmen mit diesen Veränderungen umgeht.
Interne Faktoren sind oft strategische Fehlentscheidungen. Beispiele sind Investitionen in falsche Produkte oder überdimensionierte Infrastruktur, wie eine zu große Logistikhalle. Auch fehlgeschlagene M&A-Transaktionen können problematisch sein. Letztlich sind es häufig betriebliche Ineffizienzen und ein Verkennen der Situation durch das Management, die zu Krisen führen.
Was sind die wesentlichen Ziele bei einer Restrukturierung?
Die Ziele hängen stark davon ab, wie weit die Krise fortgeschritten ist. Wenn ein Unternehmen kurz vor der Insolvenz steht, ist das erste Ziel, die Zahlungssicherheit wiederherzustellen. Das bedeutet, kurzfristig Liquidität zu sichern und ineffiziente Prozesse zu straffen. Mittelfristig geht es dann darum, das Unternehmen strategisch neu auszurichten, die Markt- und Kundenorientierung zu verbessern und die Effizienz zu steigern.
Können Sie bitte uns mehr über den Prozess der Restrukturierung erzählen? Wie erfolgt die Zusammenarbeit einem Unternehmen?
Der Prozess beginnt mit einer gründlichen Analyse der aktuellen Situation. Das umfasst die Prüfung der Finanzen, der operativen Abläufe und der strategischen Ausrichtung. Auf Basis dieser Analyse erfolgt die Entwicklung eines Maßnahmenpaket, das sowohl kurzfristige als auch langfristige Ziele umfasst. Kurzfristig geht es darum, Liquidität zu sichern und erste Effizienzsteigerungen zu realisieren. Langfristig müssen oft tiefgreifende Veränderungen vorgenommen werden, um das Unternehmen wieder wettbewerbsfähig zu machen.
Ein entscheidender Faktor ist dabei die Einbindung der Mitarbeiter im notwendigen Umfang. Ohne deren Unterstützung sind tiefgreifende Veränderungen kaum möglich. Deshalb legen wir großen Wert auf transparente Kommunikation und die Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses der Situation. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, können die notwendigen Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden.
Welche Rolle spielt die Kommunikation im Restrukturierungsprozess?
Kommunikation ist extrem wichtig. Eine verlässliche und transparente Kommunikation mit allen von der Restrukturierung betroffenen Stakeholdern –Banken, Lieferanten, und/oder Mitarbeitern – ist entscheidend. Häufig wird die Kommunikation vermieden, weil die Situation unangenehm ist. Das schafft Misstrauen und kann die Krise verschärfen. Vertrauen und aktive Zusammenarbeit sind hier der Schlüssel.
Können Sie ein Beispiel für eine erfolgreiche Restrukturierung nennen?
Ja, ich kann ein anonymisiertes Beispiel aus dem letzten Jahr nennen. Es handelt sich um ein Unternehmen im Bereich Sondermaschinenbau, das stark von der Automobilzulieferindustrie abhängig war. Ein wesentliches Problem bestand darin, dass das Unternehmen seine eigenen Produkte nicht sauber kalkulieren konnte, da die genutzte ERP-Software völlig ungeeignet war. Das führte dazu, dass Maschinen unter den tatsächlichen Kosten verkauft wurden. Durch den Verkauf des Unternehmens an einen strategischen Investor, der die Prozesse optimierte und neue Absatzmärkte erschloss, konnte das Unternehmen wieder auf die Beine kommen.
Was können kleine und mittelständische Unternehmen aus solchen Restrukturierungen lernen?
Ein wichtiges Learning ist, dass eine genaue Kostenkalkulation und die Wahl der richtigen Systeme und Prozesse entscheidend sind. Ebenso ist es wichtig, sich frühzeitig mit Marktveränderungen auseinanderzusetzen und entsprechend zu reagieren. Eine strategische Neuausrichtung sollte nicht erst angegangen werden, wenn es fast zu spät ist. Kontinuierliche Effizienzsteigerungen und eine offene Kommunikation sind ebenfalls essenziell.
Sie erwähnten, dass externe Faktoren eine große Rolle spielen. Können Sie ein Beispiel nennen, wo technologische Veränderungen eine Krise ausgelöst haben?
Ein gutes Beispiel ist die Einführung von Smartphones. Früher war Nokia Marktführer, gefolgt vom Blackberry. Doch dann kamen neue Spieler wie Apple und verdrängten die früheren Platzhirsche fast vollständig vom Markt. Diese technologische Disruption hat gezeigt, wie wichtig es ist, auf Veränderungen schnell und flexibel zu reagieren. Unternehmen müssen in der Lage sein, sich an neue Technologien anzupassen und gegebenenfalls ihre Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken. Das betrifft natürlich je nach Branche die mittelständischen Unternehmen in unterschiedlichem Maße.
Was sind die häufigsten Fehler, die Unternehmen in Krisenzeiten machen?
Ein häufiger Fehler ist das Verkennen der Situation. Viele Manager hoffen, dass sich die Probleme von selbst lösen oder dass es schon „immer gut gegangen“ ist. Diese Passivität kann fatal sein. Ein weiterer Fehler ist die unzureichende Kommunikation, die Misstrauen und Unsicherheit bei den Stakeholdern schafft. Zudem sind fehlende Effizienzsteigerungen und strategische Anpassungen häufige Probleme. Es ist wichtig, frühzeitig und entschlossen zu handeln, um die Krise zu bewältigen.
Welche Rolle spielt das Management bei der Krisenbewältigung?
Das Management spielt eine zentrale Rolle. Es ist verantwortlich für strategische Entscheidungen und die Umsetzung von Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Ein kompetentes und proaktives Management kann entscheidend dazu beitragen, das Unternehmen aus der Krise zu führen. Wichtig ist auch die Fähigkeit, die Mitarbeiter zu motivieren und mitzunehmen. Veränderungen müssen konsequent und mit Nachdruck umgesetzt werden, um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen.
Wie kann ein Unternehmen sicherstellen, dass es langfristig erfolgreich bleibt?
Langfristiger Erfolg erfordert kontinuierliche Anpassungen und Verbesserungen. Unternehmen sollten regelmäßig ihre Strategien und Prozesse überprüfen und bei Bedarf anpassen. Eine starke Markt- und Kundenorientierung ist entscheidend. Zudem sollten Unternehmen in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter und in neue Technologien investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Eine offene und transparente Kommunikation mit allen Stakeholdern ist ebenfalls wichtig, um Vertrauen und Zusammenarbeit zu fördern.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schulz. Ihre Einblicke sind äußerst wertvoll und werden sicherlich vielen Unternehmen helfen, sich besser auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.