18.04.2013Fachbeitrag

Schwarzgeld-Schenkung als steuerstrafrechtliches Langzeit-Risiko – Fallstricke einer Selbstanzeige

Rechtskommentar:

 

Der Erwerb sog. Steuer-CDs – zuletzt durch das Land Rheinland-Pfalz – und die laufende Berichterstattung darüber quer durch alle Medien wird aktuell noch flankiert durch die unverblümte Aufforderung ausländischer Banken an deren Kunden, zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Dies alles veranlasst immer mehr deutsche Steuerpflichtige, bereits vor Jahren im Ausland angelegtes (Schwarz-)Geld durch Erstattung einer Selbstanzeige wieder in den steuerlich legalen Geldkreislauf zu integrieren. Besondere Vorsicht sollte allerdings dann walten, wenn das ausländische Geldvermögen durch die Abfolge von Schenkung und Erbfall auf Dritte übergegangen ist bzw. übergeht.

Begünstigte solcher Erbfälle stellen dabei – oft erst nachträglich bei entsprechender Beratung – fest, dass der teilweise fest eingeplante Erbsegen mit überraschenden steuerstrafrechtlichen Risiken gespickt ist.

Besonders dann, wenn Erben erst nach Ablauf der Ausschlagungsfrist von sechs Wochen im Nachlass auch ausländisches (Geld-)Vermögen vorfinden, kommen sie zu dem unverhofften Schluss, dass sie als Gesamtrechtsnachfolger – von jetzt auf gleich – in die steuerlichen Pflichten des Erblassers zur steuerlich korrekten Deklaration hineingewachsen sind, ohne zuvor hierauf einmal aufmerksam geworden zu sein.

Übergegangene Deklarationspflichten des Erblassers

Diese Deklarationspflichten können u.U. sehr weit reichen und ab Erlangung positiver Kenntnis bereits nach relativ kurzer Zeit beim Erben zur Annahme einer Steuerstraftat durch Unterlassen führen. Dabei umfassen die fortbestehenden Deklarationspflichten nicht nur bislang geheim gehaltene Zinseinkünfte des Verstorbenen, die sich noch als Ertrag im Nachlass finden, sondern können auch ohne Weiteres auch auf in der Vergangenheit vom Verstorbenen vorgenommene steuerpflichtige Schenkungen erstrecken, die teilweise deutlich mehr als 15 Jahre zurückliegen können.

Wodurch kann es zu einer solch nachteiligen „Nachwirkung“ einer Schenkung kommen?

Im Zentrum dieser Fragestellung steht die steuerliche Festsetzungsverjährung. Diese ist im Steuerverfahrensrecht besondere wichtig, weil diese Form der Verjährung im Unterschied zur privatrechtlichen Konstellation keine bloße „Einrede“ darstellt, die nur zum Tragen käme, wenn sie separat geltend gemacht wird. Das Finanzamt muss sich vielmehr von Amts wegen an die Wirkung der Verjährung halten, da der Steueranspruch gemäß §§ 47 i.V.m. 232 AO durch den Eintritt der Festsetzungsverjährung zum Erlöschen kommt. Nach Eintritt der Verjährung ist die Festsetzung der Steuer aus diesem Grunde nicht mehr zulässig (vgl. § 169 Abs. 1 S. 1 AO).

Eintritt der Festsetzungsverjährung bei Erbschaft- und Schenkungsteuer

Für Fälle, in denen die Erbschaft- und Schenkungsteuer eingreift, gilt grundsätzlich die vierjährige (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) Festsetzungsfrist. Gemäß § 170 Abs. 1 AO fängt die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen an, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO besagt, dass der Lauf der Festsetzungsfrist bei der Erbschaftsteuer, d.h. bei einem Erwerb im Zuge eines Todesfalls, nicht vor Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat. Anders stellt sich die Situation im Falle einer Schenkung dar: § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO zufolge beginnt die Festsetzungsfrist erst dann, wenn der Schenker verstorben ist oder das Finanzamt von der Schenkung bereits Kenntnis erlangt hat. Sofern das Ableben des Schenkers erst kurze Zeit zurückliegt und das Finanzamt nicht auf anderem Wege von der Schenkung erfahren hat, bedeutet dies u.U., dass Schenkungsteuer bezogen auf einen solchen Vorgang auch nach 25 oder mehr Jahren noch wirksam festgesetzt werden kann.

Steuerstrafrechtliche Auswirkungen für den Erben

Sollte der Erblasser eine Schenkung aus dem nicht deklarierten Geldvermögen an einen außenstehenden Dritten vorgenommen haben, der später von dem Erbfall nicht tangiert wurde, wird man dem Erben nur dann einen strafrechtlichen Vorwurf machen können, wenn er über diese Schenkung informiert war oder später davon erfahren hat und dennoch eine Anzeige dieses Vorgangs bei der Finanzbehörde unterlassen hat.

Sofern der Fall sich aber so darstellt, dass die damalige Schenkung an den späteren Erben erfolgte und dieser weder eine Schenkungsteuererklärung abgegeben noch später in der Erbschaftsteuererklärung die Vorschenkung offengelegt hat, wird man zu Lasten dieses Erben grds. von einer (fortbestehenden) Deklarationspflicht sowohl in seiner ursprünglichen Funktion als Beschenkter, als auch in seiner Funktion als späterer Erbe auszugehen haben.

Es ist zwar richtig, dass der Erbe – ebenso wie andere Steuerpflichtige – grundsätzlich nicht verpflichtet ist, sich in strafrechtlicher Hinsicht selbst zu belasten. Diese Überlegung wird im Falle der Vorbereitung einer Selbstanzeige jedoch relativiert. Unterlässt der Erbe eine solche berichtigende Erklärung im Rahmen der dann abgegebenen Selbstanzeige, kann dies zur partiellen Unwirksamkeit der beim Finanzamt eingereichten Selbstanzeige führen. Das wiederum verhindert den von der Rechtsprechung geforderten „reinen Tisch“ und konterkariert die vom sich selbst Anzeigenden eigentlich bezweckte Strafbefreiung.

Stets zusätzliche Deklarationspflichten prüfen

Wenngleich durch die bemerkenswerte Anzahl an CD-Käufen die Anspannung derer steigt, die in den vergangenen Jahre insbesondere Auslandsvermögen nicht oder nicht vollständig gegenüber der Finanzverwaltung angezeigt haben, sollte selbst bei aller berechtigter Eile vor Abgabe einer Selbstanzeige insbesondere in schenkungsteuerlicher Hinsicht exakt geprüft werden, ob ggf. hier weitere Deklarationspflichten bestehen.

Nur so kann gewährleistet werden, dass die Wirksamkeit der Abgabe einer Selbstanzeige nicht an vermeintlich unwichtigen Details scheitert, die hätten erkannt werden können.

Schon insoweit ist selbstanzeigewilligen Steuerpflichtigen dazu zu raten, mit gebotener Genauigkeit und in Abstimmung mit einem versierten Berater die Informationssammlung vor dem Verfassen und der Abgabe einer Selbstanzeige nochmals genau auf Vollständigkeit hin zu überprüfen.

Autor: Dr. Joerg Andres ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater (www.andresrecht.de

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